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Helm-Azurjungfer (Coenagrion mercuriale) [1044]

Im Dokument Managementplan für das FFH-Gebiet 7015- (Seite 112-115)

3 Ausstattung und Zustand des Gebiets

3.3 Lebensstätten von Arten

3.3.23 Helm-Azurjungfer (Coenagrion mercuriale) [1044]

Erfassungsmethodik

Die Erfassung wurde nach MaP-Handbuch mit einem Stichprobenverfahren begonnen, d. h.

nach einer umfangreichen Habitatanalyse wurden einzelne Gewässerabschnitte begangen.

Schließlich wurden 2009 und 2010 vom Bearbeiter doch sämtliche geeigneten Gewässer im Offenland der Altaue nach Vorkommen der Art abgesucht.

Erhaltungszustand der Lebensstätte der Helm-Azurjungfer LS = Lebensstätte

a Anzahl der Erfassungseinheiten richtet sich nach der Nennung in Haupt- und Nebenbogen Erhaltungszustand

A B C Gebiet

Anzahl Erfassungseinheitena 2 2

Fläche [ha] 2,74 2,74

Anteil Bewertung von LS [%] 100 100

Flächenanteil LS am FFH-Gebiet [%] 0,05 0,05

Bewertung auf Gebietsebene C

Beschreibung

Nach ihrem Verbreitungsareal ist die Helm-Azurjungfer eine atlanto-mediterrane Art mit Ver-breitungsschwerpunkt von der Iberischen Halbinsel über Frankreich, Italien, Nordafrika, ost-wärts über das Rheintal, das östliche Alpenvorland bis zum nördlichen Balkan; in Deutsch-land nördlich bis zur Elbe. In Baden-Württemberg konzentrieren sich die Vorkommen auf den südlichen und mittleren Oberrheingraben zwischen Kehl und Appenweier im Norden und Müllheim im Süden. Weiter nördlich sind nur wenige Nachweise bekannt.

Am häufigsten besiedelt C. mercuriale in Mitteleuropa langsam fließende, kalkreiche, som-merwarme Wiesenbäche und -gräben. Diese liegen am Rand der großen Fluss- und Strom-täler, wie auch die Verbreitungskarte der Art in Baden-Württemberg zeigt (STERNBERG ET AL

1999). Am südlichen Oberrhein, wo die meisten Vorkommensnachweise liegen, besiedelt die Art quellnahe, grundwasserbeeinflusste Wiesenbäche, Schluten und Gießen der Auen. "Hin-sichtlich der Vegetationszusammensetzung ist C. mercuriale sehr wählerisch, d. h. bei der Habitatselektion werden nur solche Gewässer besiedelt, die von wenigen hochspezialisierten Pflanzengesellschaften oder -beständen geprägt sind." (STERNBERG ET AL 1999).

Nach den Angaben der Literatur werden die Eier in eine Vielzahl von Pflanzenarten abgelegt, wie z. B. Callitriche-Polster (Wasserstern), Eleocharis palustris (Gewöhnliche Sumpfbinse), Elodea canadensis (Kanadische Wasserpest), Nasturtium officinale (Echte Brunnenkresse), Phalaris arundinacea (Rohr-Glanzgras). "Eine strenge Bindung an bestimmte zur Eiablage geeignete Pflanzenarten liegt also nicht vor." (STERNBERG ET AL 1999).

Der Aufrechte Merk (Sium erectum) und die Brunnenkresse (Nasturtium officinale) kenn-zeichnen deutlich den Charakter der von C. mercuriale in der Oberrheinebene besiedelten Gewässertypen. Der Aufrechte Merk ist in der Rheinniederung weit verbreitet, hier vor allem an den Alluvionen der Schwarzwaldbäche (s. Verbreitungskarte in SEBALD,SEYBOLD,P HILIP-PI 1992, S. 283). Hier bildet er "lockere bis mäßig dichte Bestände an lichtreichen bis be-schatteten, nassen, flach überschwemmten Stellen. In Gräben mit schwach fließendem, meist kühlem, höchstens mäßig nährstoffreichem, klarem und sauberem Wasser...".

Das Ausbreitungspotenzial der Helm-Azurjungfer ist gering, sie ist durch große Habitattreue gekennzeichnet und verlässt die unmittelbare Nähe der Brutgewässer meist nicht.

Die Helm-Azurjungfer steht in der Roten Liste Deutschland in der Kategorie 1 (vom Ausster-ben bedroht) und in der landesweiten Liste in Kategorie 2 (stark gefährdet).

Verbreitung im Gebiet

2010 konnte die Art im Untersuchungsgebiet nur an einem Gewässer in den Bruchwiesen südlich Rastatt, im Rheinfeld neben dem Saatgutbetrieb Späth in einer starken Population aufgefunden werden. Auf einem Grabenabschnitt von etwa 350 m wurde ein Bestand von etwa 150 bis 200 Exemplaren geschätzt. Am dichtesten besiedelt waren zwei vor einigen Jahren vorgenommene Bachbetterweiterungen, die neben dichten Callitriche-Teppichen be-sonders durch Brunnenkresse (Nasturtium officinale) und Merk gekennzeichnet sind. Diese Pflanzenbestände stellen mit großer Wahrscheinlichkeit die Eiablageplätze der

Helm-102

Azurjungfer dar. Die Art wurde im Jahr 2010 von Mitte Juni bis Anfang September beobach-tet. Bei einer Geländebegehung im Juni 2011 konnten nur 4 Exemplare gezählt werden.

2011 war dieser Lebensraum weniger gut ausgeprägt, die Brunnenkresse auf einer viel ge-ringeren Fläche entwickelt und Teile des Gewässers mit einem bräunlichen Algenteppich bedeckt, wohl bedingt durch die sehr hohen Temperaturen und die stärkere Erwärmung des Gewässers. 2012 wurden an diesem Gewässer im Rahmen einer Erfassung für das LIFE+-Projekt „Rheinauen bei Rastatt“ 66 Paarungstandems und weitere 396 männliche Helm-Azurjungfern gezählt (INULA 2012). Am 19. Juni 2013 wurden an dem Graben durch den Bearbeiter Schwärme von vielen hundert Exemplaren der Libelle festgestellt. Die meisten Tiere waren bei der Paarung. Der Graben war durch reichliche Regenfälle und hohe Grund-wasserstände deutlich durchflossen. Am 5. Juli 2013 wurden deutlich weniger Individuen festgestellt und am 18. Juli nur noch vereinzelte Tiere.

Ein Nachweis am neu gestalteten Riedkanal im Bereich des Daimler-Benz-Werks von H UN-GER &RÖSKE (2001) konnte 2009/10 nicht bestätigt werden. 2011 wurden am Riedkanal im Bereich der Geggenau, im Rahmen einer Erfassung für das LIFE+-Projekt „Rheinauen bei Rastatt“, mehrere Hundert Helm-Azurjungfern gefunden (INULA 2011). Dabei wurden über 230 Tandems, weitere 250 männliche Tiere und 120 Exuvien gezählt. Am 18. Juli 2013 wur-de durch wur-den Bearbeiter am Riedkanal oberhalb wur-der Einmündung wur-des oben genannten Wie-sengrabens am Waldrand der Geggenau ein Weibchen der Helm-Azurjungfer im Riedkanal festgestellt.

Für die Erfassungen des LIFE+-Projektes wurde der Schmidtbach in den Bruchwiesen süd-lich Durmersheim kontrolliert. Hier wurde die Helm-Azurjungfer 2011 und 2012 in geringer Abundanz festgestellt (INULA 2012). Es wurden mehr als 15 männliche Tiere und 5 Tan-dems 2012 beobachtet, so dass der Gutachter von einer kleinen bodenständigen Population ausgeht.

Als Lebensstätten wurden der Graben in den Bruchwiesen südlich Rastatt, der Abschnitt des Riedkanals in der Geggenau bis zur Einmündung des Grabens aus den Bruchwiesen, der renaturierte Abschnitt des Riedkanals auf der Ostseite des Daimler-Benz-Werkes und der Schmidtbach mit zwei einmündenden Grabenabschnitten südlich Durmersheim ausgewie-sen.

Die Gräben südlich Rastatt und Durmersheim werden durch langsam fließendes, klares und relativ kühles Wasser, welches seinen Ursprung in Hangsickerquellen des Hochgestades hat, gespeist. Die entsprechen damit typischen grundwassergespeisten Wiesenbach-Habitaten.

Im Folgenden sind die Ergebnisse einer Vegetationsaufnahme im Hochsommeraspekt 2010 in den Bruchwiesen südlich Rastatt dargestellt. Die Flutende Vegetation besteht vor allem aus Callitriche und Lemna; die emerse Vegetation aus Echter Brunnenkresse (Nasturtium officinalis), Aufrechtem Merk (Sium erectum), Bachbunge (Veronica beccabunga) u.a.

Die unmittelbare Uferzone und die Uferböschung werden durch eine artenreiche und reich strukturierte Hochstaudengesellschaft besiedelt. Sie dient den Libellen als Aufenthaltsort, als Reife-, Nahrungs- und Übernachtungshabitat. In dieser Ufervegetation wurden folgende Pflanzenarten festgestellt:

Lythrum salicaria Filipendula ulmaria Epilobium hirsutum Rumex conglomeratus Iris pseudacorus Scutellaria galericulata Dipsacus laciniatus Calistegia sepium Solanum dulcamara Das angrenzende Umland sind großflächige Mähwiesen.

Die Riedkanal-Abschnitte in der Gegenau und beim Daimler-Werk weisen ebenfalls Wasser-pflanzenbestände auf, die als Eiablageplätze dienen können. Der Schmidtbach zeichnet sich durch klares Wasser, deutliche Strömung und ausgeprägte Wassersternpolster (Callitriche spec.) aus.

Bewertung auf Gebietsebene

Die Individuenzahlen der Helm-Azurjungfern in den Rastatter Bruchwiesen waren jahreswei-se jahreswei-sehr unterschiedlich. 2010 war die Lebensstätte in ihrer Ausprägung mit Brunnenkresjahreswei-se (Nasturtium officinale) sehr gut und es wurden über 200 Individuen der Helm-Azurjungfer an einem Gewässerabschnitt von 250 m festgestellt. 2011 war die Lebensstätte weniger gut ausgeprägt, weil die Brunnenkresse auf einer viel geringeren Fläche entwickelt war. In die-sem Jahr wurden nur 4 Individuen beobachtet. 2012 und 2013 wurden wieder mehrere Hun-dert Tiere gezählt.

Außer dem angrenzenden Abschnitt des Riedkanals, der besiedelt wird, sind auch andere Abschnitte, z. B. am Daimler-Werk als Lebensstätte geeignet. Die Renaturierungen, die im LIFE+-Projekt „Rheinauen bei Rastatt“ umgesetzt wurden, werden sehr wahrscheinlich wei-tere Abschnitte des Riedkanals in geeignete Habitate verwandeln. Eine wahrscheinlich klei-nere Population am Schmidtbach besitzt durch die isolierte Lage eine hohe Empfindlichkeit.

Die Habitateignung und mittelfristige Prognose wird deshalb mit mittel bis schlecht (C) be-wertet. Die Bestandsgröße schwankt stark, wodurch die Empfindlichkeit der Vorkommen verstärkt wird. Die Beeinträchtigungen sind mittel bis stark, wobei der Faktor der Wasserqua-lität (naher Altlasten-Standort in den Bruchwiesen bei Rastatt!) schwer einzuschätzen ist. Der Gewässerrandstreifen sollte noch vergrößert werden, damit sich Bestände von Hochstau-denfluren besser entwickeln können, die den adulten Tieren als Lebensraum dienen. Sollten angrenzende Wiesen intensiver genutzt oder sogar umgebrochen werden, ist mit Nährstoffe-inträgen in die Gewässerabschnitte oder sogar Pestiziden zu rechnen. Insgesamt wird das Vorkommen mit dem Erhaltungszustand C bewertet.

Im Dokument Managementplan für das FFH-Gebiet 7015- (Seite 112-115)