• Keine Ergebnisse gefunden

Ostdeutschland

2 Berufsidentität als Gegenstand der Analyse des institutionellen Übergangs von der Kindertagesstätte zur Grundschule

2.2 Analyse der Ausgangslage (M.S.)

2.3.2 Ergebnisse der quantitativen Bestandsaufnahme

2.3.2.3 Inhalte der Zusammenarbeit (M.S.)

Bei der aufgezeigten hohen Kooperationsbereitschaft von Kindertagesstätten und Grundschulen sind die inhaltlichen Ausgestaltungsmöglichkeiten mannigfaltig. Die Pä-dagoginnen beider Institutionen, die Erzieherinnen und die Grundschullehrerinnen, wurden daher nach den Aktivitäten ihrer Zusammenarbeit gefragt.82

Die Kooperationsaktivitäten der Institutionen lassen sich hinsichtlich ihrer Zielperso-nengruppe einteilen. Die problemzentrierten Interviews haben deutlich werden lassen, dass es unterschiedliche Aktivitäten mit unterschiedlichen Zielgruppen gibt. Einige Ak-tivitäten richten sich gezielt an die Eltern und die Kinder, wieder andere richten sich gezielt an die pädagogischen Fachkräfte der kooperierenden Institutionen.

In den nachfolgenden Grafiken zu den Inhalten der Zusammenarbeit werden die Ant-wortmöglichkeiten „monatlich“, „vierteljährlich“, „halbjährlich“ und „einmal im Jahr“

kumuliert als „mindestens einmal im Jahr“ dargestellt.

Bezogen auf das den Übergang vollziehende Kind lassen sich folgende Aktivitäten der Kindertagesstätten und Grundschulen aufzeigen:

82Bei dieser Frage hatten die Teilnehmer der Untersuchung die Möglichkeit, ihre Angaben für insgesamt drei Kindergärten bzw. Schulen zu machen. In die Auswertung fließen ausschließlich Angaben zur je-weils erstgenannten Kindertagesstätte oder Grundschule mit ein. Der Grund dafür liegt darin, dass ein Großteil der Kindergärten in Thüringen mit nur einer Grundschule kooperiert.

- Schnupperstunden/ -tage der Kindergartenkinder in der Schule,

- Gemeinsame Projekte der Kindergartenkinder und der Grundschulkinder, z.B.

Kindergarten- und Grundschulkinder studieren Theaterstücke gemeinsam ein, - Besuche der Schulkinder im Kindergarten,

- Gemeinsame Gestaltung von Festen und Feiern durch Kindergarten- und Schul-kinder

- Durchführung abgestimmter Rituale, z.B. Beschäftigung mit Gedichten, Liedern oder Symbolen (Piktogramme, Buchstaben, Zahlen).

Abbildung 16: Inhalte der Zusammenarbeit bezogen auf die Kinder

Schnupperstunden und Schnuppertage, die die Kindergartenkinder in einer Grundschule wahrnehmen, gibt es offenbar in der übergroßen Mehrheit der Einrichtungen. Die Schnupperstunden der Kinder dienen dem ersten Kennenlernen einer Grundschule. 87,8 Prozent der Erzieherinnen geben an, mindestens einmal im Jahr mit Kindern zu Schnupperstunden oder Schnuppertagen zu gehen. Die Schnupperstunden/ -tage finden in der Grundschule statt. Ob dieses Angebot ausschließlich durch die Grundschule vor-bereitet wird oder die Kindertagesstätten an der Vorbereitung und Ausgestaltung betei-ligt sind, ist hierbei nicht erkennbar. Aus den strukturellen Gegebenheiten ergibt sich zudem, dass nicht alle Kinder in diejenige Grundschule eingeschult werden, die die Ko-operationsgrundschule des Kindergartens ist.

36,9%

29,6%

87,8%

30,3%

18,6%

68,0%

50,8%

95,5%

56,6%

35,4%

0%

25%

50%

75%

100%

Gemeinsame Projekte der

Kinder Besuche der Schulkinder

im Kindergarten Schnupperstunden/-tage der Kindergartenkinder in

der Schule

Gemeinsame Gestaltung Festen und Feiernvon

Durchführung abgestimmter Rituale

Häufigkeit der Antworten: "mindestens einmal im Jahr"

Aus Sicht der Kitapädagoginnen (n=641) Aus Sicht der Grundschulpädagoginnen (n=132)

Die Grundschulpädagoginnen geben zu 95,5 Prozent an, dass Schnupperstunden oder Schnuppertage der Kindergartenkinder in der Grundschule stattfinden. Denkbar ist, dass es auch unabhängig von der Kooperation mit Kindertagesstätten derartige Angebote einer Grundschule gibt, deren Nutzung in der Verantwortung der Eltern zukünftiger Schulanfänger liegt.

Auffällig bei der Beantwortung des Items „Gemeinsame Projekte der Kinder“ ist, dass die Grundschulpädagoginnen zu 68 Prozent angeben, diese mindestens einmal im Jahr durchzuführen, während weniger als die Hälfte der Kindergartenpädagoginnen angeben, gemeinsame Projekte der Kinder durchzuführen. Diese unterschiedliche Einschätzung der Erzieherinnen und Lehrerinnen kann darin begründet sein, dass die Befragten die Frage missverstanden haben. Möglicherweise beziehen sich die Grundschullehrerinnen bei der Beantwortung der Frage nochmals auf die Schnupperstunden-/ tage. Inhaltlich bezog sich die Frage nach den gemeinsamen Projekten der Kindergarten- und Schulkin-der jedoch darauf, inwieweit es Projekte gibt, bei denen beispielsweise Grundschulkin-der Lesestunden im KinGrundschulkin-dergarten anbieten oGrundschulkin-der KinGrundschulkin-dergarten- und GrundschulkinGrundschulkin-der Theaterstücke gemeinsam einstudieren o.ä.. Da die Intention der Frage für die Infor-mantinnen nicht aktuell in der Befragungssituation erklärt wurde, kann eine Klärung nun auch retrospektiv nicht mehr stattfinden. Die mögliche Diskrepanz des Verstehens der Frage nach gemeinsamen Projekten der Kindergarten-und Schulkinder muss deshalb später in der Feinanalyse der kooperierenden Kindergarten- und Schuleinrichtungen aufgegriffen werden, damit ein analytischer Klärungsversuch unternommen werden kann.

Eine ähnlich große Differenz zwischen den Angaben von Erzieherinnen und von Grundschullehrerinnen findet sich in der Einschätzung des Items nach den Besuchen der Schulkinder im Kindergarten. 50,8 Prozent der Grundschullehrerinnen geben an, dass mindestens einmal im Jahr die Schulkinder den Kindergarten besuchen. Nur 29,6 Prozent der Erzieherinnen schätzen ein, dass diese Besuche mindestens einmal jährlich stattfinden. Zu welchen Anlässen Grundschulkinder den Kindergarten besuchen, wird sich in der Feinanalyse voraussichtlich klären lassen. Aus der Wahrnehmung der Erzie-herinnen finden die Besuche der Grundschulkinder im Kindergarten deutlich seltener statt als aus der Perspektive der Grundschullehrerinnen. Das könnte darauf zurückzu-führen sein, dass das Antwortverhalten der Grundschullehrerinnen eine

professionsbe-zogene Erwünschtheit widerspiegelt oder aber dass eine unterschiedliche Wahrnehmung zwischen beiden Berufsgruppen in Bezug auf das Häufigkeitsempfinden besteht.

Bei der Einschätzung der nächsten Frage nach der gemeinsamen Gestaltung von Festen und Feiern der Kindergarten- und Schulkinder ist erneut eine hohe Differenz der Sicht-weisen von Erzieherinnen und Grundschullehrerinnen erkennbar. Fast 60 Prozent der Grundschullehrerinnen geben an, mindestens einmal jährlich gemeinsam mit den Erzie-herinnen Feste und Feiern zu gestalten. Denkbar sind beispielsweise die gemeinsame Gestaltung von Geburtstagen, Wochenbeginn- und oder Wochenendfeiern mit Präsenta-tionen der Arbeiten der Kinder, das Zuckertütenfest des Kindergartens oder das Schu-leinführungsfest der Schule. Nur 30 Prozent der Erzieherinnen geben an, dass Feste und Feiern gemeinsam mit der Grundschule gestaltet werden.

Auch die Frage nach der Abstimmung gemeinsamer Rituale des Kindergartens und der Grundschule wird von Erzieherinnen und Grundschullehrerinnen unterschiedlich einge-schätzt. Insgesamt geben 35,4 Prozent der Grundschullehrerinnen an, dass sich beide Institutionen, d.h. Kindergarten und Grundschule, mindestens einmal im Jahr bei der Durchführung von Ritualen absprechen. Dagegen schätzen nur 18,6 Prozent der Erzie-herinnen ein, dass Rituale in Absprache mit der Grundschule durchgeführt werden.

Möglicherweise haben Erzieherinnen und Grundschullehrerinnen ein unterschiedliches Verständnis des Begriffes „Ritual“. Wir bezogen die Frage auf Rituale, die Kinder so-wohl im Kindergarten als auch in der Schule vollziehen, um in der neuen Umgebung der Schule an Bekanntes anknüpfen zu können.

Bezogen auf die vom Übergang ihrer Kinder betroffenen Eltern lassen sich folgende Aktivitäten aufzeigen:

- gemeinsame Elternabende,

- gemeinsamer Infobrief an die Eltern.

Abbildung 17: Inhalte der Zusammenarbeit bezogen auf die Eltern

Circa 70 Prozent der Grundschullehrerinnen geben an, gemeinsam mit den Erzieherin-nen mindestens einmal im Jahr eiErzieherin-nen Elternabend durchzuführen. Dagegen schätzen nur 45 Prozent der Erzieherinnen ein, gemeinsam mit der Grundschule einen Elternabend zu veranstalten.

Bei den Angaben zum gemeinsamen Infobrief von Kindergarten und Grundschule an die Eltern verhält es sich ähnlich; gut 35 Prozent der Grundschulpädagoginnen schätzen ein, gemeinsam einen Infobrief mit dem Kindergarten zu verfassen. Dagegen geben lediglich 20 Prozent der Erzieherinnen an, einen gemeinsamen Infobrief mit der Grund-schule an die Eltern zu verfassen.

Bezogen auf die in kooperierenden Erzieherinnen und Grundschullehrerinnen lassen sich folgende Aktivitäten aufzeigen:

- gemeinsame Fortbildungen der Erzieherinnen und Grundschullehrerinnen, - Austausch von Infomaterial zwischen den kooperierenden Institutionen,

- gemeinsame pädagogische Beratungen der Erzieherinnen und Grundschullehre-rinnen,

- Gespräche der Erzieherinnen und Grundschullehrerinnen zu jedem einzelnem Kind,

45,2%

20,5%

68,7%

36,1%

0%

25%

50%

75%

100%

Gemeinsame Elternabende Gemeinsamer Infobrief an die Eltern

Häufigkeit der Antworten: "mindestens einmal im Jahr"

Aus Sicht der Kitapädagoginnen (n=641) Aus Sicht der Grundschulpädagoginnen (n=132)

- Hospitationen der Pädagoginnen des Kindergartens in der Grundschule, - Hospitationen der Pädagoginnen der Grundschule im Kindergarten.

Abbildung 18: Inhalte der Zusammenarbeit bezogen auf die Pädagoginnen

44,4 Prozent der Grundschullehrerinnen geben an, mindestens einmal im Jahr gemein-same Fortbildungen mit den Erzieherinnen des kooperierenden Kindergartens zu haben.

Dies schätzen nur 21,3 Prozent der Kindergartenpädagoginnen ein. Ob die Erzieherin-nen und die GrundschullehreinErzieherin-nen gemeinsam Fortbildungen besuchen oder diese ge-meinsam gestalten, ist dem Datenmaterial nicht zu entnehmen. In den Feinanalysen der Fallstudien wird sich diese Frage voraussichtlich klären lassen. 37 Prozent der Grund-schulpädagoginnen geben an, Informationsmaterial mit Kindergartenpädagoginnen aus-zutauschen. 27,2 Prozent der Kindergartenpädagoginnen sehen dies ebenfalls so. Inte-ressant ist, dass nur ein relativ geringer Teil der Befragten Erzieherinnen und Grund-schullehrerinnen angibt, Informationsmaterial auszutauschen; schließlich ist der Aus-tausch von Informationsmaterial niederschwelliger, als gemeinsam Fortbildungen zu besuchen.

Bei der Einschätzung beider Berufsgruppen, der Erzieherinnen und der Grundschulleh-rerinnen, zur Durchführung gemeinsamer pädagogischen Beratungen fällt wiederum die große Differenz bei den Angaben auf. 65,2 Prozent der Grundschullehrerinnen geben an, gemeinsam mit den Erzieherinnen pädagogische Beratungen durchzuführen.

Dage-21,3%

27,2%

33,0%

43,1%

67,2%

51,2%

44,4%

37,0%

65,2% 65,4%

87,7%

67,5%

0%

25%

50%

75%

100%

Gemeinsame

Fortbildungen Austausch von

Informationsmaterial Gemeinsame pädagogische Beratungen

Gespräche zu jedem

einzelnen Kind Hospitationen der Pädagogin der Schule

im Kindergarten

Hospitationen der Pädagogin aus dem Kindergarten in der

Grundschule

Häufigkeit der Antworten: "mindestens einmal im Jahr"

Aus Sicht der Kitapädagoginnen (n=641) Aus Sicht der Grundschulpädagoginnen (n=132)

gen geben nur 33 Prozent der Erzieherinnen an, pädagogische Beratungen gemeinsam mit den Grundschullehrerinnen durchzuführen.

65,4 Prozent der Grundschulpädagoginnen schätzen ein, innerhalb der Kooperation mit dem Kindergarten zu jedem Kind, das im nächsten Schuljahr in die Schule aufgenom-men wird, mit einer Erzieherin Gespräche zu führen, während lediglich 43,1 Prozent der Kindergartenpädagoginnen angeben, zu jedem einzuschulenden Kind mit einer Grund-schullehrerin Gespräche zu führen.

87,7 Prozent der Grundschullehrerinnen geben an, dass sie mindestens einmal im Jahr im Kindergarten hospitieren. Diese Einschätzung treffen nur 67,7 Prozent der Erziehe-rinnen.

67,5 Prozent der Grundschullehrerinnen geben an, dass die Erzieherinnen mindestens einmal im Jahr in der Grundschule hospitieren. Die Angabe der Erzieherinnen liegt auch hier unterhalb dieses Wertes. 51,2 Prozent der Erzieherinnen geben an, in der Grundschule zu hospitieren. Es wird sichtbar, dass die Erzieherinnen und die Grund-schullehrerinnen das Stattfinden von Hospitationsaktivitäten der Grundschulpädagogin-nen im Kindergarten gemeinsam häufiger bejahen als das Stattfinden dieser Aktivitäten von Erzieherinnen in der Schule. Möglicherweise ist es für die Grundschullehrerinnen dringlicher einzuschätzen, welches Kind in der Schule aufgenommen wird.

Zusammenfassend ist in Bezug auf die inhaltliche Ausgestaltung der Kooperation zwi-schen Kindertagesstätten und Grundschulen festzuhalten, dass Schnuppertage der Kin-dergartenkinder in der Grundschule für die beiden beteiligten Berufsgruppen die häu-figste Aktivität der Übergangsgestaltung darstellen. Sie werden von Pädagoginnen bei-der Einrichtungen am häufigsten genannt. Es scheint ein Schwerpunkt bei-der Kooperation zwischen Kindergarten und Grundschule darauf zu liegen, dass die Kinder die für sie neue Einrichtung kennenlernen. Die Frage, die an dieser Stelle unbeantwortet bleibt, ist, ob alle Kinder die Möglichkeit haben, in „ihrer“ zukünftigen Schule „schnuppern“ zu können, oder ob es darum geht, vor dem Schuleintritt schon einmal in „einer“ Schule gewesen zu sein.

Generell ist hervorzuheben, dass für alle Formen der Kooperationsaktivitäten, unabhän-gig um welche Inhalte der Zusammenarbeit es sich handelt, mehr Grundschullehrerin-nen als ErzieherinGrundschullehrerin-nen angeben, die jeweilige Übergangsaktivität zu vollziehen. Das deutet – zumindest ist das eine plausible Annahme – auf eine höhere Aktivität der Grundschulen bei der Kooperationsgestaltung hin.

Beschränken wir den Blick und nehmen die 50 Prozentmarke als Mindestwert, besteht die inhaltliche Ausgestaltung der Kooperation aus Sicht der Grundschulpädagoginnen aus:

- Schnuppertagen der Kindergartenkinder (95,5 Prozent),

- Hospitationen der Grundschullehrerinnen in der Kindertageseinrichtung (87,7 Prozent),

- gemeinsamen Elternabenden (68,7 Prozent), - gemeinsamen Projekten der Kinder (68 Prozent),

- Hospitationen der Kindergartenpädagoginnen in der Grundschule (67,5 Prozent),

- gemeinsamen pädagogischen Beratungen (65,2 Prozent), - Gesprächen zu jedem einzelnem Kind (65,4 Prozent),

- gemeinsamer Gestaltung von Festen und Feiern (56,6 Prozent).

Betrachtet man unter dem gleichen Gesichtspunkt der Mindestmarke von 50 Prozent, besteht die inhaltliche Ausgestaltung der Kooperation aus Sicht der Kindergartenpäda-goginnen aus:

- Schnuppertagen (87,8 Prozent),

- Hospitationen der Grundschulpädagoginnen im Kindergarten (67,2 Prozent), - Hospitationen der Kindergartenpädagoginnen in der Grundschule (51,2 Prozent).

Die aufgeführten Punkte bilden aus Sicht der befragten Erzieherinnen und Grundschul-lehrerinnen die Praxis der Kooperationsgestaltung ab. Sichtbar wird ein Mindestmaß an Kooperationsgestaltung mit Aktivitäten, die mindestens einmal im Jahr stattfinden und alle am Übergang Beteiligten in den Blick nehmen: die Kinder, die Eltern und die Pä-dagoginnen der Kindergärten und Grundschulen.