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Biographiestudie (Kapitel 3)

I. Außenansichten: Determinanten des Erzieherinnenberufes Erzieherinnenberufes

1 Institutionskunde der Kindergartenpädagogik

1.4 Kindergartenpädagogik im Aufbruch (M.S.)

1.4.4 Die Ausbildungsdebatte (M.S.)

1.4.4.2 Die Akademisierungsdebatte (M.S.)

Vor dem Hintergrund der im Diskurs um die Qualitäts- und Bildungsdebatte in der Frühpädagogik angeführten Herausforderungen und der damit verbundenen Anforde-rungen an die Professionalisierung der Erzieherinnen wurde zunehmend eine Diskussi-on um die Aus- und Weiterbildung der Erzieherinnen geführt. So wurde die Schlüssel-rolle pädagogischer Fachkräfte bei der innovativen Veränderung und Weiterentwick-lung im Elementarbereich thematisiert. Demnach sollte die Qualifizierung der Erziehe-rinnen ein wichtiges qualitätssicherndes und qualitätsentwickelndes Instrument in Kin-dertageseinrichtungen sein.

Wie in Kapitel 1.1 gezeigt, reicht die Tradition der Qualifizierung im frühpädagogi-schen Bereich bis ins 19. Jahrhundert zurück. An dieser Stelle sei noch einmal auf die Idee Fröbels verwiesen, dass Bildung im Sinne Humboldts im frühen Kindesalter be-ginnt und Fröbel selbst einen Ort der Bildung, den Kindergarten, einrichtete. Fröbel, in der Tradition bürgerlicher Bildungsideale stehend, stellte dabei höchste Ansprüche an das Bildungsniveau der Erziehenden. Sein Versuch, eine Ausbildung von Erzieherinnen auf wissenschaftlicher Basis zu etablieren, scheiterte. Der Fröbelsche Kindergarten wurde sogar eine Zeit lang verboten (Rabe-Kleberg 2008: 238). Die Idee des Kindergar-tens als Bildungsort für Kinder war in Deutschland über 100 Jahre in Vergessenheit geraten und ist Ende der 1990er Jahren wieder in die Diskussion gekommen (vgl. Ab-schnitt 1.4.3). Es mag an dieser Stelle Einwände geben, dass der Kindergarten in der DDR doch eine dem Bildungssektor zugeteilte Bildungseinrichtung war oder dass dung in den 1970er Jahren im Zusammenhang mit der westdeutschen allgemeinen

Bil-dungsreform69 in der Bundesrepublik Deutschland im Kindergarten formuliertes Ziel war. Hier ist zwar durchaus der Begriff „Bildung“ das verbindende Element, dessen Verständnis jedoch in beiden Fällen vom Humboldt’schen Bildungsbegriff abweichend vornehmlich eine rein kognitive Wissensvermittlung intendierte.

Mit der Debatte um die Qualität und Bildung in Deutschland war in Bezug auf den Kin-dergarten die Ausbildung von Erzieherinnen seit Mitte der 1990er Jahre einer zuneh-menden Kritik ausgesetzt. In der Analyse der längst überfälligen Überholungsbedürftig-keit der Erzieherinnenausbildung und in der Forderung, dass die Erzieherinnenausbil-dung akademisiert werden müsse, bestand weitgehender Konsens unter den Akteuren des noch jungen frühpädagogischen Forschungsfeldes (Fthenakis/Oberhuemer 2002: 9;

Spieß/Tietze 2002: 151; Kron 2005: 243; Oberhuemer 2003b: 157). Allein politische und administrative Akteure, aber auch Vertreter der Fachschulen distanzierten sich von der Akademisierungsforderung der Erzieherinnenausbildung. Erstere sahen vermutlich Kosten ungeahnten Ausmaßes entstehen: zum einen bei der Finanzierung der hochschu-lischen Ausbildung, und zum anderen würde langfristig eine Erzieherin mit Hochschul-abschluss besser bezahlt werden müssen. Fachschulvertreter sahen mit der Forderung nach einer Hochschulausbildung die Arbeit der Fachschulen in Frage gestellt und plä-dierten für eine Reform innerhalb der Fachschulausbildung.

Deutschland hat europaweit neben Österreich das formal niedrigste Ausbildungsniveau für den Erzieherinnenberuf, dass zudem innerhalb deutscher Grenzen unübersichtlich ist und viele verschiedene Wege der formalen, curricularen und inhaltlichen Ausgestaltung der fachschulischen Ausbildung enthält (Rauschenbach/Beher/Knauer 1995: 363ff.;

Dippelhofer-Stiem 2003: 152). Während in den anderen europäischen Ländern die Aus-bildung an Fachhochschulen respektive Universitäten stattfindet, wurden in Deutsch-land Erzieherinnen bis nach der Jahrtausendwende ausschließlich an Fachschulen aus-gebildet. Eine Folge war und ist, dass die in Deutschland an Fachschulen ausgebildeten Erzieherinnen international nicht vermittelt werden können (Oberhuemer/Ulich 1997).

Fthenakis und Oberhuemer setzten im Diskurs um die Erzieherinnenausbildung Schwerpunkte, die mit Ausbildungslücken begründet wurden. Sie stellten in der

beste-69 In der allgemeinen Bildungsreform der 1970er Jahre in der Bundesrepublik Deutschland kamen Forde-rungen nach der Zusammenarbeit von Kindergarten und Grundschule auf. Es wurden unterschiedliche Formen der Zusammenarbeit entwickelt; aber die strukturkonservative Trennung blieb bestehen. Das bezeichnet Reyer als die fünfte Verdichtungszone im Verhältnis von Kindergarten und Schule (Reyer 2006: 212).

henden Ausbildung Defizite bei der Kooperation mit Eltern, bei interkultureller Erzie-hung, bei der ErzieErzie-hung, Betreuung und Bildung von Kindern mit Behinderung sowie bei der Kenntniserweiterung hinsichtlich der Forschungsergebnisse in der Hirnfor-schung, Kindheitsforschung etc., wie auch bei der Evaluation fest. Sie forderten einen Perspektivwechsel im gesamten Ausbildungssystem. Dieser umfasst die Anerkennung der Pluralität der Welt und stellt absolutes Wissen in Frage. Bei der Betrachtung von Wissen und dessen Konstruktion müsse, so Fthenakis und Oberhuemer, bedacht wer-den, dass es kontextgebunden und nicht wertfrei ist. Ein weiteres Kriterium, das in der Ausbildung aufgegriffen werden müsse, sei das Bild vom Kind, denn es liege der Aus-bildung „inhärent zugrunde“ (Fthenakis/Oberhuemer 2002: 20). In der vorliegenden Arbeit wurde bereits herausgestellt, dass die Frage nach dem Wesen des Menschen Grundlage für den Umgang mit ihm ist (vgl. Kapitel 1.3). Die Auseinandersetzung mit anthropologischen Grundlagen in der Erzieherinnenausbildung ist z.B. mit Blick auf die Inklusion von Bedeutung. Außerdem wurde kritisiert, dass Auszubildende nicht ausrei-chend vorbereitet würden, Bildungsprozesse von Kindern, die die Selbsttätigkeit des Kindes und seine Selbstbildungsprozesse als Primat haben, anzuregen und zu begleiten.

Überdies liege ein Defizit bei der Erarbeitung und der Umsetzung zeitgemäßer Konzep-te (ebd.: 9). Mit einer Akademisierung und den damit verbundenen höheren Zugangsvo-raussetzungen könnten komplexere, den theoretischen Bezugsrahmen offenlegende Ausbildungsinhalte vermittelt werden. Fried veröffentlichte eine Untersuchung zur Qualität von Kindergärten aus der Perspektive der Erzieherinnen (Fried 2002: 192ff.).

Die Ausbildung wurde von den Erzieherinnen als lückenhaft bezeichnet. Ihnen würden Kenntnisse in folgenden Bereichen fehlen: Beobachtung von Kindern, Beobachtungs-techniken, Diagnosekenntnisse, Beratung der Eltern und Zusammenarbeit mit Fach-diensten. Nur wenige Erzieherinnen gaben an, dass sie sich für die Beobachtung der Kinder, die angebotenen Fördermaßnahmen und die Zusammenarbeit mit Fachdiensten gut ausgebildet fühlten. Ein Großteil der Erzieherinnen gab an, zu wenig heil-, bzw.

sonderpädagogisches Wissen zu haben. Sie sind nach eigenen Angaben unzufrieden mit der praktischen Arbeit in diesem Bereich (ebd.). Kron bestätigte, dass heilpädagogische und integrative Themen bisher kaum oder gar nicht in der Erzieherausbildung zu finden waren (Kron 2005: 132). Wenn, wie in der Debatte um inklusive Pädagogik gefordert, eine Trennung von Regel- und Sonderpädagogik aufzuheben sei, gehören die Inhalte der Inklusionspädagogik in die Ausbildung des pädagogischen Nachwuchses. Inklusion beginnt in den Köpfen. Umso wichtiger sei es, in der Ausbildung Vorverständnisse zu

reflektieren und Einstellungen zu überdenken. Eine Weiterführung des Qualitätsdiskur-ses würde damit begünstigt.

Die aufgeführten Untersuchungen zeigten, dass die Erzieherinnenausbildung in Deutschland an vielen Stellen Defizite aufweist. Auch Speth zeigt auf der Grundlage des gewandelten Bildes von Kindheit, Erziehung und Bildung anhand einer Defizitana-lyse Bedarfe der Ausbildung in Deutschland auf. Sie macht neun Themenkomplexe aus, die sich in den vergangenen Jahren stark verändert haben und „auf die die erziehenden und bildenden Einrichtungen reagieren müssen und somit auch eine Anpassung der Ausbildung“ (Speth 2010: 18) notwendig ist. Die gesellschaftlichen Veränderungen und ihre Auswirkungen auf das Leben von Kindern und Familien erfordern nach Speth Be-darfe in den Bereichen: Strukturwandel in der Wirtschaft und Arbeitswelt; Demographi-scher, ökonomischer und sozialer Kontext; Bevölkerung; Sinkende Kinderzahlen; Ver-änderte Familien- und Lebensformen; Mobilität; Migrationssituation; Kinderarmut;

Übergang in die Schule (ebd.: 57ff.). – Aber: Die Wirkung der Qualitätsinitiativen und der Bildungspläne für den Elementarbereich blieben eingeschränkt – so Fried – solange sie nicht in der Ausbildung der Erzieherinnen aufgegriffen würden (Fried 2002: 192ff.).

Ein weiteres Argument der Debatte um die Akademisierung der Erzehrinnenausbildung war und ist die Durchlässigkeit der Ausbildung. Erst mit den im Jahr 2004 eingerichte-ten frühpädagogischen Studiengängen in Berlin, Freiburg und Emden gab es für Erzie-herinnen die Möglichkeit, ein einschlägig frühpädagogisches Hochschulstudium aufzu-nehmen. Bestand zuvor bei Erzieherinnen der Wunsch, ein Studium aufzunehmen, war das an Fachhochschulen möglich. Die meisten Absolventinnen der Fachschulen haben die Fachhochschulzugangsberechtigung70 zusammen mit dem Fachschulabschluss abge-legt. Da den studierwilligen Erzieherinnen keine einschlägige Studienrichtung zur Aus-wahl stand, studierten sie meist Soziale Arbeit71 und erschlossen sich damit auch das gesamte Arbeitsfeld der Sozialen Arbeit. Für das Feld der Frühpädagogik hieß das, dass einige Erzieherinnen, die Soziale Arbeit studiert hatten, rasch in Leitungspositionen der Träger von Kindertageseinrichtungen aufsteigen konnten. Problematisch dabei war, dass wissenschaftliche Diskurse der Bildung, Betreuung und Erziehung von Kindern häufig, je nach Hochschule, kaum thematisiert wurden (Balluseck 2008).

70 Die Absolventinnen der staatlichen und konfessionellen Fachschulen der ehemaligen DDR erhielten eine fachgebundene Hochschulreife in Folge der KMK-Vereinbarung (1991) zum Einigungsvertrag.

71 Soziale Arbeit steht hier stellvertretend für alle Studiengänge der Sozialpädagogik und der Sozialarbeit.

Nach Rabe-Kleberg liegen über die Ausbildung von Erzieherinnen „historisch und em-pirisch belastbare Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung kaum vor“ (Rabe-Kleberg 2008: 240). Dieses Forschungsdefizit sei der „systematischen Vernachlässigung der pädagogischen Arbeit mit kleinen Kindern vor der Schule zuzuschreiben“ (ebd.) und hänge nicht zuletzt mit der Verortung der Ausbildung an Fachschulen zusammen. Denn im Gegensatz zur Schulforschung, die etabliert sei, da die Ausbildung an Universitäten stattfindet und damit ein Zusammengehen von Lehre und Forschung konstitutiv ist, ist für den Bereich der Frühpädagogik ein Forschungsdefizit die Folge (ebd.: 240ff.). Die Frühpädagogik, als Teildisziplin der Erziehungswissenschaft, verfügt „aufgrund ihrer begrenzten Institutionalisierung in Wissenschaft und Forschung (...) jedoch noch nicht über umfassende, in sich konsistente, Wissensbestände“ (Schmidt/Roßbach/Erning 2005: 4f.). Das die Akademisierung der Erzieherinnenausbildung legitimierende Argu-ment des Forschungsdefizits ist in dieser Diskursarena ein wichtiges Beleg, das eben-falls zur Rekrutierung wissenschaftlichen Nachwuchses herangezogen werden kann.

Wie bisher aufgezeigt, ging und geht es in der Debatte um eine den veränderten Anfor-derungen gerechtwerdende Ausbildung, die Durchlässigkeit zu einschlägigen Studien-gängen, die Schaffung der Bedingung der Möglichkeit zu frühpädagogischer Forschung und damit der Rekrutierung wissenschaftlichen Nachwuchses im Forschungsfeld der Frühpädagogik.

Nun steht, das Forschungsargument ausgeklammert, der Forderung der akademischen Ausbildung die Frage gegenüber: kann eine reformierte Fachschulausbildung nicht ebenso auf die veränderten Anforderungen reagieren? Ein Einwand gegen die Akademi-sierung ist, dass mit der Wissenschaftsorientierung der Ausbildung an Hochschulen die Handlungsorientierung der Ausbildung an Fachschulen aufgegeben werde. An dieser Stelle des Diskurses macht es Sinn, kurz der Frage nachzugehen, was mit dem Begriff

„Akademisierung“ konnotiert ist.

Pasternack konstatiert, dass innerhalb eines Hochschulstudiums, anders als in Fach-schulausbildungen, Spannungen bewältigt werden, die einer Hochschule auf verschie-denen Ebenen inhärent sind und von dieser selbst erst konstituiert werden: „Theorie und Praxis, Forschung und Lehre, akademische Freiheit und gesellschaftliche Verantwor-tung, (...), Gewissheit und Ungewissheit“ (Pasternack 2008: 37). Paradoxien werden im Binnenraum entfaltet, Hochschule geht mit ihnen um und lehrt gleichermaßen, umzuge-hen auch und im Besonderen mit der zentralen Spannung von Routine und Krise (ebd.:

37; Oevermann 2005: 22). Hochschule bietet gewissermaßen ein Experimentierfeld der Krisen, „sie muss systematisch Krisen simulieren, nämlich Geltungskrisen von allge-mein für gültig gehaltenem Wissen; sie muss ohne Not Routinen in Krisen verwandeln, indem sie erstere künstlich in Zweifel zieht“ (Pasternack 2008: 38). Wenn pädagogi-sches Handeln, wie Pasternack sagt, permanente Krisenbewältigung ist, müssen Päda-gogen auf „die Bewältigung nichtstandardisierbarer Situationen vorbereitet werden“

(ebd.: 40). Pädagogen im Bereich der Frühpädagogik, also insbesondere Erzieherinnen, können „kein Produkt vorweisen“ (Rabe-Kleberg 1999b: 21); stattdessen müssen sie ihr abstraktes Wissen auf den Einzelnen anwenden und dieser ist existenziell auf die richti-ge Anwendung des Wissens anrichti-gewiesen (Ebert 1999: 146), Erzieherinnen stehen immer unter Handlungszwang, auch wenn es für ein Problem noch kein erprobtes Problemlö-sungswissen gibt (Rabe-Kleberg 1999b: 21f.). – Die aufgeführte Problematik des päda-gogischen Handelns als ein Gezwungensein zum Handeln in nichtstandartisierten Situa-tionen weist auf einen Diskurs der pädagogischen Professionalität hin. Wildgruber und Nagel haben eine Gegenüberstellung der angestrebten Ziele der jeweiligen Ausbil-dungsstätten, Fachschule und Hochschule, in Bezug auf die Absolventinnen, die Aus-bildung und die Lehre vorgelegt.

Abbildung 13: Gegenüberstellung der angestrebten Ziele in Fachschule und Hoch-schule in Bezug auf die Absolventinnen, die Ausbildung und die Lehre

Fachschule / Fachakademie Hochschule Absolventin: „muss in der Lage sein, das

Erlernte qualifiziert umzusetzen“

Absolventin: muss „befähigt sein, das Er-lernte kritisch nach wissenschaftlichen Kri-terien zu hinterfragen“

Ziel der Ausbildung: „Sicherheit für das Handeln in der Praxis zu schaffen“

Ziel der Ausbildung: „qualifizieren mit Komplexität und Uneindeutigkeit umzuge-hen und damit auch das Vorhandensein unterschiedlicher Lösungsansätze für ein Problem und eventuell keiner eindeutigen Lösung zu akzeptieren“, „Rezeptunabhän-gigkeit“

Lehre: „Ausbildung hat einen stärker schu-lischen Charakter“

Lehre: „der Anteil selbstständiger Arbeit und Wissensaneignung außerhalb von Lehrveranstaltungen ist (...) deutlich höher“

Quelle: Wildgruber/Nagel 2007: 7

Diese Gegenüberstellung veranschaulicht die Zieldimensionen der Ausbildungsebenen und verdeutlicht damit das erwartbare Qualifikationsniveau der Absolventinnen.

Als starker Einwand gegen die frühpädagogischen Studiengänge wird vorgetragen, mit der Wissenschaftsorientierung werde die Handlungsorientierung aufgegeben. Dabei wird allerdings außer Acht gelassen, dass Hochschulen eine spezifische Praxisbindung haben, die an die Forschungsbindung geknüpft ist. Ein reflektiertes Theorie-Praxis-Verhältnis, das auf der Grundlage der Forschungserfahrung möglich ist, bezeichnet Pas-ternack als „das zentrale Alleinstellungsmerkmal von akademischen Studiengängen innerhalb der frühpädagogischen Ausbildungslandschaft“ (Pasternack 2008: 45).

Eine im dargestellten Sinne die Frage der Professionalisierung ernst nehmende Debatte schließt der Forderung nach einer Ausbildung von Erzieherinnen an Hochschulen ein.

Die Akademisierungsdebatte hat Früchte reifen lassen. Im Jahr 2013 gab es in Deutsch-land 67 früh- bzw. kindheitspädagogische Bachalor-Studiengänge an Fachhochschulen, Universitäten, pädagogischen Hochschulen und Berufsakademien (Rauschen-bach/Hanssen/König/Reitzner/Walter/Beher 2014: 154), die in ihrer strukturellen und inhaltlichen Gestaltung zum Teil sehr verschieden sind. Hier entsteht die spannende, jedoch an dieser Stelle offen bleibende Frage, inwieweit sich durch die vorangeschritte-ne Veränderung der Ausbildung und insbesondere durch die Absolventinvorangeschritte-nen der Studi-engänge, die einen Abschluss als Kindheitspädagogin erhalten, die Landschaft der Frühpädagogik verändert.

Die durch das Wissen um die Bedeutung der frühkindlichen Bildung angeschobene strukturelle und fachliche Weiterentwicklung in den Kindergärten, aber auch die Dis-kurse zur Ausbildung der Erzieherinnen haben ein komplexes Anforderungsprofil der Erzieherinnen zum Ziel. Fachschulausbildung und Hochschulstudium, beides wird es mittelfristig geben. Damit stellt sich die grundsätzliche Frage, ob es ein generalistisch konzipiertes sozialpädagogisches Berufsbild weiterhin geben soll. Als notwendig er-weist sich bei dieser Debatte allerdings, den Stellenwert der beruflichen Praxis mit in die Überlegungen nach Professionalisierung einzubeziehen. Nach Thole und Cloos le-gen empirische Beobachtunle-gen nahe, dass eine grundlele-gende Professionalisierung des Handlungsfeldes nicht allein durch eine Anhebung des Qualifikationsniveaus erreicht wird. Gleichzeitig müssten darüberhinaus die arbeitsfeldspezifischen Regeln und Ge-wohnheiten, das Zusammenspiel aus Aus-, Fort- und Weiterbildung und Bezugspunkte zu andern Handlungs- und Berufsfeldern in den Fokus genommen werden (Thole/Cloos 2006: 55). Professionelle Handlungskompetenz stellt sich im Verlauf der Berufspraxis

ein und ist „als dynamisches Vermögen zu konzeptualisieren, das an Lernprozesse im Berufsvollzug gebunden ist“ (Merten 1997: 141).

Es besteht die Gefahr, vorschnell anzunehmen, mit einer Ausbildung an Hochschulen wären die Probleme der Frühpädagogik gelöst. Aber auch mit einer Ausbildung auf Hochschulniveau wäre ein zentrales Problem des Berufs der Erzieherin nicht gelöst: Es besteht weiterhin Dissens über das Berufsbild und über den Grad der fachlichen Anfor-derungen der Erzieherinnen (Ebert 2007: 9).

II. Innenansichten: Rekonstruktion der Entwicklung