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B. METHODISCHER TEIL

6. HYPOTHESEN

Die Gruppe der Sexualstraftäter ist, je nach Straftat, in Vergewaltigungstäter und Täter mit sexuellem Missbrauch von Kindern, unterteilt. Die klinischen Gruppen setzen sich aus Patienten mit sexuellen Funktionsstörungen, Patienten mit Kinderwunsch und Patienten mit koronaren Herzerkrankungen zusammen, so dass die Hypothesen entsprechend dieser Gliederung formuliert wurden.

6.1 Hypothesen: Sexualstraftäter (Vergewaltigungstäter)

VW1a:Vergewaltigungstäter haben eher einen vermeidenden oder ängstlich-vermeidenden Allgemeinen-Bindungsstil als die klinischen Gruppen

VW1b:Vergewaltigungstäter haben eher einen vermeidenden oder ängstlich-vermeidenden Allgemeinen-Bindungsstil als andere Bindungsstile

VW2a:Vergewaltigungstäter haben eher eine niedrigere Zustands- und Eigenschaftsangst, als die klinischen Gruppen

VW2b:Vergewaltigungstäter mit einem vermeidenden - oder ängstlich-vermeidenden Allgemeinen-Bindungsstil haben eher eine niedrigere Zustands- und Eigenschafts-angst, als Vergewaltigungstäter mit anderen Bindungsstilen

VW3a:Vergewaltigungstäter haben eher eine höhere „soziale Erwünschtheit gesamt“ bzw.

höheren Lügenscore, als die klinischen Gruppen

VW3b:Vergewaltigungstäter mit einem vermeidenden oder ängstlich-vermeidenden Allgemeinen-Bindungsstil haben eher eine höhere „soziale Erwünschtheit gesamt“ als Vergewaltigungstäter mit anderen Bindungsstilen

VW4a:Vergewaltigungstäter haben eher eine höhere körperliche Aggressivität und eher eine höhere offene Aggression, als die klinischen Gruppen

VW4b:Vergewaltigungstäter mit einen vermeidenden - oder ängstlich-vermeidenden Allge-meinen-Bindungsstil haben eher eine höhere körperliche - und eher eine höhere offene Aggression als Vergewaltigungstäter mit anderen Bindungsstilen

6.2 Hypothesen: Sexualstraftäter (sexuelle Missbrauchstäter von Kindern)

SM1a: sexuelle Missbrauchstäter von Kindern haben eher einen ängstlich-vermeidenden oder vermeidenden Allgemeinen-Bindungsstil als die klinischen Gruppen

SM1b: sexuelle Missbrauchstäter von Kindern haben eher einen ängstlich-vermeidenden oder vermeidenden Allgemeinen-Bindungsstil als andere Bindungsstile.

SM2a: sexuelle Missbrauchstäter von Kindern haben eher eine niedrigere Zustands- und Eigenschaftsangst, als die klinischen Gruppen

SM2b: sexuelle Missbrauchstäter von Kindern mit einem vermeidenden - oder ängstlich-vermeidenden Allgemeinen-Bindungsstil haben eher eine niedrigere Zustands- und Eigenschaftsangst, als sexuelle Missbrauchstäter mit anderen Bindungsstilen

SM3a: sexuelle Missbrauchstäter von Kindern haben eher eine höhere „soziale Erwünschtheit gesamt“, als die klinischen Gruppen

SM3b: sexuelle Missbrauchstäter von Kindern mit einem vermeidenden oder ängstlich-vermeidenden Allgemeinen-Bindungsstil haben eher eine höhere „soziale Erwünscht-heit gesamt“ bzw. höheren Lügenscore, als sexuelle Missbrauchstäter von Kindern mit anderen Bindungsstilen

SM4a: sexuelle Missbrauchstäter von Kindern haben eher eine höhere körperliche Aggressivität und eher eine höhere offene Aggression, als die klinischen Gruppen SM4b: sexuelle Missbrauchstäter von Kindern mit einen vermeidenden - oder

ängstlich-vermeidenden Allgemeinen-Bindungsstil haben eher eine höhere körperliche Aggressivität und eher eine höhere offene Aggression als Missbrauchstäter mit anderen Bindungsstilen

Begründung der Hypothesen

Viele aggressive Sexualdelikte sind einerseits Reaktionen auf Kränkungen und Ängste, die oft durch den Haß auf Frauen, die Wut über das eigene Versagen, durch Impotenzerlebnisse oder Zurückweisungen ausgelöst werden. Andererseits spielt der Wunsch, durch Sexualität zu beherrschen, zu demütigen und zu unterwerfen, auch eine entscheidende Rolle (Nedopil, N.;

2000).

6.3 Hypothesen: Patienten mit sexuellen Funktionsstörungen

SF1a: Patienten mit sexuellen Funktionsstörungen haben eher einen sicheren- oder ängstlichen Allgemeinen-Bindungsstil als die anderen Gruppen, einschließlich der Straftäter.

SF1b: Patienten mit sexuellen Funktionsstörungen haben eher einen sicheren - oder ängstlichen Allgemeinen-Bindungsstil als andere Bindungsstile

SF2a: Patienten mit sexuellen Funktionsstörungen haben eher eine höhere Zustands- und Eigenschaftsangst, als die klinischen Gruppen

SF2b: Patienten mit sexuellen Funktionsstörungen mit einem sicheren oder ängstlichen Allgemeinen-Bindungsstil haben eher eine höhere Zustands- und Eigenschaftsangst als Patienten mit sexuellen Funktionsstörungen mit anderen Bindungsstilen

SF3a: Patienten mit sexuellen Funktionsstörungen haben eher eine höhere „soziale Erwünschtheit gesamt“, als die anderen Gruppen

SF3b: Patienten mit sexuellen Funktionsstörungen mit einem sicheren - oder ängstlichen Allgemeinen-Bindungsstil haben eher eine höhere „soziale Erwünschtheit gesamt“, als Patienten mit sexuellen Funktionsstörungen mit anderen Bindungsstilen

SF4a: Patienten mit sexuellen Funktionsstörungen haben eher eine gehemmte Aggression, als die anderen Gruppen

SF4b: Patienten mit sexuellen Funktionsstörungen mit einen sicheren - oder ängstlichen Allgemeinen-Bindungsstil haben eher eine gehemmte Aggressivität als Patienten mit sexuellen Funktionsstörungen mit anderen Bindungsstilen

Begründung der Hypothesen

Aus zahlreichen Untersuchungen (DSM-IV; ICD-10; Bräutigam W., 1977; Hertoft P., 1989;

Zimmer D., 1985; Sigusch V., et al. 1996; Strauß B., Lobo-Drost, A., Pilkonis, P. A., 1999) geht hervor, daß das Störungsbild der sexuellen Funktionsstörungen in zwischenmenschlichen Beziehungen mit Schwierigkeiten und Leiden verbunden ist.

Bei sexuellen Funktionsstörungen resultieren Aversion und Vermeidung von Sexualität aus Ängsten und Konflikten (Kaplan; In: Hertoft P., 1989). Es ist anzunehmen, daß sich dieses in einem ängstlichen Bindungsstil widerspiegelt.

Die Angst zu versagen spielt bei sexuellen Funktionsstörungen eine große Rolle. Deshalb treten häufig aversive Reaktionen in Zusammenhang mit Vermeidungsverhalten auf, d. h. mit dem Versuch, der Sexualität aus dem Weg zu gehen (Zimmer D., 1985; Kaplan in Hertoft P., 1989). Diese Fakten berechtigen zu der oben formulierten Hypothese.

Die sexuelle Funktionsstörung ist oft ein Vorwand für Passivität, ein Verteidigungs- und Angriffsmittel (Hertoft P., 1989). Dahinter verbirgt sich oft eine Art Aggressionsbewälti-gung. Aufgrund dessen wurde diese Hypothese formuliert.

6.4 Hypothesen: Patienten mit Kinderwunsch

KW1a:Patienten mit Kinderwunsch haben eher einen sicheren Allgemeinen-Bindungsstil als die anderen Gruppen

KW1b:Patienten mit Kinderwunsch haben eher einen sicheren Allgemeinen-Bindungsstil als andere Bindungsstile

KW2a:Patienten mit Kinderwunsch haben eher eine durchschnittliche Zustands- und Eigenschaftsangst, als die anderen Gruppen

KW2b:Patienten mit Kinderwunsch mit einem sicheren Allgemeinen-Bindungsstil haben eher eine durchschnittliche Zustands- und Eigenschaftsangst als Patienten mit Kinderwunsch mit anderen Bindungsstilen

KW3a:Patienten mit Kinderwunsch haben eher eine durchschnittliche „soziale Erwünschtheit gesamt“, als die anderen Gruppen

KW3b:Patienten mit Kinderwunsch mit einem sicheren Allgemeinen-Bindungsstil haben eher eine durchschnittliche „soziale Erwünschtheit gesamt“, als Patienten mit Kinderwunsch mit anderen Bindungsstilen

KW4a:Patienten mit Kinderwunsch haben eher eine gehemmte und durchschnittliche Aggression, als die anderen Gruppen

KW4b:Patienten mit Kinderwunsch mit einen sicheren Allgemeinen-Bindungsstil haben eher eine gehemmte und durchschnittliche Aggression als Patienten mit Kinderwunsch mit anderen Bindungsstilen

Begründung der Hypothesen

Zunächst ist anzunehmen, daß Patienten die nur wegen einer biologischen Zeugungs-unfähigkeit in Behandlung kommen, psychisch weitgehend gesund sind.

Der Kinderwunsch entsteht aus einer partnerschaftlichen Beziehung, d. h. die Partner wollen ein Kind, das sie als Bereicherung ihrer gemeinsamen Lebensqualität erfahren können. Eine andere Möglichkeit wäre auch denkbar: das Kind als eine narzißtische Selbsterweiterung. Es soll eine bessere Welt schaffen und die Leere und Einsamkeitsgefühle verhindern, den Partner möglicherweise ersetzen oder binden. Alles was Angst macht wird verleugnet und damit ins Unbewußte verdrängt (Schirren, C., Bettendorf, G., Leidenberger, F., Frick-Bruder, V.;1989).

6.5 Hypothesen: Patienten mit koronaren Herzerkrankungen

HK1a: Patienten mit koronaren Herzerkrankungen haben eher einen ängstlichen oder ängstlich-vermeidenden Allgemeinen-Bindungsstil als die anderen klinischen Gruppen und die Straftäter

HK1b: Patienten mit koronaren Herzerkrankungen haben eher einen ängstlichen oder ängstlich-vermeidenden Allgemeinen-Bindungsstil als andere Bindungsstile

HK2a: Patienten mit koronaren Herzerkrankungen haben eher eine höhere Zustands- und Eigenschaftsangst, als die anderen Gruppen

HK2b: Patienten mit koronaren Herzerkrankungen mit einem ängstlichen oder ängstlich-vermeidenden Allgemeinen-Bindungsstil haben eher eine höhere Zustands- und Eigenschaftsangst als Patienten mit koronaren Herzerkrankungen mit anderen Bindungsstilen

HK3a: Patienten mit koronaren Herzerkrankungen haben eher eine höhere „soziale Erwünschtheit gesamt“, als die anderen Gruppen

HK3b: Patienten mit koronaren Herzerkrankungen mit einem ängstlichen oder ängstlich-vermeidenden Allgemeinen-Bindungsstil haben eher eine höhere „soziale Erwünschtheit gesamt“, als Patienten mit koronaren Herzerkrankungen mit anderen Bindungsstilen

HK4a: Patienten mit koronaren Herzerkrankungen haben eher eine gehemmte Aggression, als die anderen Gruppen

HK4b: Patienten mit koronaren Herzerkrankungen mit einen ängstlichen - oder ängstlich-ver-meidenden Allgemeinen-Bindungsstil haben eher eine gehemmte Aggressivität als Patienten mit koronaren Herzerkrankungen mit anderen Bindungsstilen

Begründung der Hypothese

Psychosoziale Risikofaktoren bei Herzpatienten sind z. B. Mangel an menschlicher Nähe bzw. unbefriedigte zwischenmenschliche Interaktionen. Der Mangel an menschlicher Nähe, der plötzliche Verlust von Liebe, chronischer Einsamkeit etc., können zur Herzerkrankung führen. Es kann zum Durchbruch von Angst kommen oder die Angst wird auf die Umwelt projiziert. Abwehrmechanismen sind ein wesentlicher Bestandteil einer Überlebensstrategie bei Patienten mit koronaren Herzerkrankungen (Ahrens, S.; 1997).

Viele wissenschaftliche Studien weisen daraufhin (In: von Uexküll, T., S. 782; 1998; Ahrens, S., 1997), daß im Typ A Konzept, u. a. Rivalitätsverhalten, offene und unterdrückte Aggressivität usw. vorkommen, die bei verschiedenen Personen in unterschiedlichen Situationen unterschiedlich aktiviert werden.

Die Aggressionsbereitschaft ist, z. B. nur dann bei Koronarsklerose, Angina pectoris oder Herzinfarkt vorhanden, wenn der Ärger gleichzeitig zurückgehalten wird (Williams et al.

1980). Das Typ A-Verhalten tritt bei etwa 30 % der Herzinfarkt-Patienten auf. In diesem Kontext bedeutet das, daß mit hoher Feindseligkeit zu rechnen ist.