• Keine Ergebnisse gefunden

Als Wiege des weit verzweigten Adelsgeschlechts, dem der Niederlausitzer Landvogt Heinrich III. von Plauen entstammte, gilt die kleine Stadt Weida. Hier errichteten Hein-richs Vorfahren Heinrich I. und Heinrich II. in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts auf Befehl Friedrich Barbarossas auf einer Felszunge die feste Burg Osterburg, die das Territorium zwischen dem heutigen Sachsen, Thüringen, der Oberpfalz (Bayern) und dem Egerland sichern sollte, das später nach dem Amt der Burgbesitzer Vogtland genannt wurde.33 Zu Böhmen besaß dieses Geschlecht, das allen männlichen Nachkommen bei

32 Destinata II, S. 43. – NEUMANN: Versuch II, S. 161. – LEHMANN: Die Landvögte, S. 457. – Noch am 25. Januar 1493 war Heinrich III. von Plauen anscheinend nur haythmanem krále JMti učiněném nad many, kteříž vně z země sú, a many těmi, kteřížto s ním v súdě sedají [Hauptmann Seiner Durchlaucht des Königs über die Lehnsleute, die sich außerhalb des Landes befi nden, und die-jenigen Lehnsleute, die mit ihm im Gericht sitzen]. In dem an diesem Tag gefällten Urteil des Kammergerichts wird bei seinem Namen der Titel Niederlausitzer Landvogt zumindest nicht er-wähnt: ČELAKOVSKÝ, Jaromír (Hg.): Registra soudu komorního, in: AČ X, Praha 1890, S. 441 – 560, Nr. 793 – 989, hier S. 459 f., Nr. 818. Aus diesem Grund darf man vermuten, dass Heinrich III. Ende Januar 1493 noch nicht als Landvogt in der Niederlausitz eingesetzt worden war, sondern dass seine Ernennung zwischen dem 25. Januar und dem 29. April 1493 erfolgte, als er erstmals in dieser neuen Funktion nachgewiesen ist. – LEHMANN: Die Urkunden des Luckauer Stadtarchivs, S. 150 ff., Nr. 269.

33 Zum Geschlecht der Herren von Plauen existiert eine recht vielfältige Literatur. Das erste umfang-reiche, allerdings recht unkritische Werk, das ganz im Geist seiner Zeit steht, ist BECKLER, Peter: Il-lustre Stemma Ruthenicum, Das ist Gräfl . Reuß-Plauische Stamm-Tafel / Sampt Einer Historischen Erläuterung / Die Ankunfft Derer Hochgebohrnen Herren Reußen / Grafen und Herren von Plauen / Herren zu Greiz / Cranichfeld / Gera / Schleiz und Lobenstein, Schleiz 1684. Diese Arbeit, die z. B.

zwei Heinriche zu einer Person verbindet oder umgekehrt einen Heinrich in zwei Personen spaltet, ist deshalb bedeutend, weil ihr Autor als erster die ihm zugänglichen Urkunden bearbeitete, von de-nen einige im Lauf der Zeit verloren gingen. Daher konnte er auch formulieren, dass Heinrich III.

„Land-Voigt oder Statthalter des Marggrafthumbs Laußnitz umbs Jahr 1492“ (S. 74) war, was im wesentlichen den heutigen Erkenntnissen entspricht (LEHMANN: Die Landvögte, S. 457), obwohl die spätere Forschung zunächst das Jahr 1494 bevorzugte (NEUMANN: Versuch II, S. 161 f.). – Von grundlegender Bedeutung für die Geschichte des Geschlechts sind die um 1900 entstandenen Arbei-ten; SCHMIDT, Berthold: Die Reussen. Genealogie des Gesamthauses Reuss älterer und jüngerer Li-nie sowie der ausgestorbenen VogtsliLi-nien zu Weida, Gera und Plauen und der Burggrafen zu Meis-sen aus dem HauMeis-sen Plauen, Schleiz 1903; DERS.: Burggraf Heinrich IV. zu Meißen, Oberstkanzler der Krone Böhmen und seine Regierung im Vogtlande, Gera 1888. – Kritisch zu den Arbeiten von

der Taufe den Namen Heinrich gab,34 zunächst keine engeren Verbindungen. Erst Hein-rich II. (1238 – 1303) mit dem Beinahmen der Böhme, ältester Sohn des Familienzweig-gründers der Vögte und Herren von Plauen, änderte diese Situation, indem er sich mit Katharina von Riesenburg (Kateřina z Rýzmburka) vermählte. Tiefere, durch Besitz be-kräftigte Wurzeln schlugen die Herren von Plauen während des 14. Jahrhunderts im Eger-land und in Nordwestböhmen, wozu sie nicht nur die Unterstützung verschwägerter Ge-schlechter – besonders der eben erwähnten Riesenburger –, sondern auch der Könige aus der Luxemburgerdynastie nutzten.35

Eine erste Blütezeit erlebten die Vögte und Herren von Plauen unter Heinrich X., der sich im Kampf gegen die Hussiten so sehr auszeichnete, dass ihn König Sigismund am 21. Juli 1426 mit der Meißner Burggrafschaft belehnte. Dieses Ereignis stand am Anfang eines Jahrzehnte währenden Streits zwischen den Herren von Plauen und den Wettinern, die das Interesse eines fremden Geschlechts an einem Gebiet, das sie zu ihrer Einfl uss-sphäre rechneten, nur unwillig ertrugen. Die erste Phase des Konfl ikts wurde durch das Eingreifen Albrechts II. im Jahr 1439 mit einem Vergleich beendet, wonach die Meiß-ner Burggrafschaft den WettiMeiß-nern zufi el und Heinrich X. bzw. I. die kurz zuvor verlo-rene Herrschaft Plauen zusammen mit einer fi nanziellen Entschädigung zurückerhielt;

zugleich stand ihm das Recht zu, sich auch weiterhin Burggraf von Meißen zu nennen, obwohl es sich nur noch um einen Titel ohne Inhalt handelte. Die Verluste in Meißen hat-ten allerdings keinerlei Einfl uss auf die Position Heinrichs I. in Böhmen, wo er wieder-holt mit Verhandlungen mit den Reichsfürsten über das Schicksal des Königreichs betraut wurde. So bot er 1440 die böhmische Krone dem brandenburgischen Markgrafen Alb-recht an und war drei Jahre später gemeinsam mit Ulrich II. von Rosenberg (Oldřich II.

z Rožmberka), Meinhard von Neuhaus (Menhart z Hradce), Alesch von Sternberg (Aleš Holický ze Šternberka) und anderen bedeutenden Adligen Mitglied der Delegation nach Wien, wo mit dem römischen König Friedrich III. über die Thronbesteigung des Ladis-laus Posthumus in Böhmen verhandelt wurde.36

Nach dem Tod des Meißner Burggrafen Heinrich I. von Plauen um die Jahreswende 1446/1447 konnte sein Sohn Heinrich II. zwar an die Erfolge seines Vaters anknüpfen, erbte aber zugleich auch etliche aus dem Konfl ikt mit den Wettinern folgende Probleme.

Dazu kam mit der Zeit noch der Streit mit den Plauener Lehnsleuten, der für Heinrich II.

in gewisser Weise schicksalhaft werden sollte. In dessen Lösung mischte sich Georg von Podiebrad ein, der Heinrich am 9. März 1466 Plauen abnahm und Albrecht von Sachsen damit belehnte; Albrecht gehörte zu den Verbündeten und seit Ende der 1450er Jahre zu-gleich zu den Verwandten des böhmischen Königs. Um die Herrschaften im Vogtland

ent-Berthold Schmidt neuerdings NEUMEISTER, Peter: Beobachtungen und Überlegungen zur Herrkunft der Vögte von Plauen, Weida und Gera, in: NASG 68, 1997, S. 1 – 45.

34 SCHMIDT: Die Reussen, S. 54 f.

35 Besonders zu den Beziehungen der Herren von Plauen zu Böhmen URBAN, M.: Die Burggrafen zu Meißen aus plauischem Geschlechte in Böhmen, in: MVGDB 44, 1906, S. 210 – 219, 477 – 492, hier bes. S. 211 f.

36 PALACKÝ: Geschichte IV/1, S. 20, Anm. 18, S. 99, Anm. 96. – SCHMIDT: Burggraf Heinrich IV., S. 6 – 15. – URBAN: Die Burggrafen zu Meißen, S. 213 – 216.

brannte ein Krieg, in dessen Verlauf Heinrich II. vom sächsischen Herzog sogar gefangen genommen und inhaftiert wurde; erst 1476 ließ man ihn unter der Bedingung frei, dass er auf Plauen und außerdem auf die Burgen in Böhmen verzichte. Energische Einwände hiergegen erhob nicht nur Heinrichs Sohn, der seinen Vater nicht allzu sehr schätzte, son-dern auch der böhmische König Wladislaw II. als dessen oberster Lehnsherr. Der kom-plizierte Streit konnte lange nicht beigelegt werden. Erst bei dem Treffen in Brüx (Most), wo Wladislaw II. Ende April und Anfang Mai 1482 mit Unterstützung der obersten Lan-desbeamten und zahlreicher Adliger mit den sächischen Herzögen verhandelte, wurde ein Frieden geschlossen, der für Ruhe an der böhmisch-sächsischen Grenze sorgte. Hein-rich II., der von seinem Sohn wegen des fortgeschrittenen Alters und der ständigen Strei-tigkeiten bereits lange zuvor in den Hintergrund geschoben worden war, blieb von der ganzen Angelegenheit im Prinzip unberührt. Für seinen Nachfolger Heinrich III. bedeu-tete das Brüxer Abkommen neben dem bestätigten Verlust der Güter im Vogtland aber vor allem die Rückgabe von Petschau (Bečov), Königswart (Kynžvart) und Hartenstein (Hartenštejn) in Böhmen.37

Spätestens zwei Jahre nach den Vereinbarungen mit den Wettinern verstarb Hein-rich II., und sein Sohn HeinHein-rich III. musste nun endgültig keine Rücksicht mehr auf sei-nen Vater nehmen.38 Was seine Besitzungen betraf, war die Ausgangslage zwar nicht allzu gut, aber er konnte sich auf die Unterstützung Wladislaws II. verlassen, der ihm die Verluste im Vogtland auf andere Weise zu kompensieren suchte. Noch zu Lebzeiten Hein-richs II. hatte er ihm im Jahr 1480 erlaubt, ein Bergwerk auf dem Grundbesitz des Prä-monstratenserklosters Tepl (Teplá) anzulegen, und sich zugleich für die Überprüfung der alten Causa ausgesprochen, bei der Georg von Podiebrad dem Meißner Burggrafen die Burg Graslitz (Kraslice) abgenommen und sie dem sächsischen Hauptmann von Voigts-berg, Konrad Metzsch, zu Lehen gegeben hatte.39 Es ist daher verständlich, dass Hein-rich III. dem böhmischen König Wladislaw II. sehr nahe stand und keine Gelegenheit ver-streichen ließ, um auf eine positive Erledigung der eigenen Angelegenheiten zu drängen.

Der dramatischen Verkleinerung der eigenen Domäne suchte Heinrich III. durch den gezielten Erwerb neuer Herrschaften entgegenzuwirken. In Böhmen fi elen ihm das rei-che Theusing (Toužim) und die kleine, aber befestigte Engelsburg (Andělská hora) nahe Karlsbad (Karlovy Vary) in die Hände, und in der Oberpfalz belehnte ihn Wladislaw II.

mit der Burg Breitenstein, die er zuvor den gleichnamigen Herren abgenommen hatte.

Diesen Besitz verlor Heinrich III. zwar bald wieder, aber sein Interesse an der Oberpfalz

37 PALACKÝ: Geschichte V/1, S. 235 – 238. – ERMISCH, Hubert: Studien zur Geschichte der sächsisch-böhmischen Beziehungen in den Jahren 1464 bis 1468, in: NASGA 1, 1880, S. 209 – 266, hier bes.

S. 218 – 223, 230 f. – SCHMIDT: Burggraf Heinrich IV., S. 15 – 30. – URBAN: Die Burggrafen zu Mei-ßen, S. 217 ff., 477 – 483.

38 Über die Streitigkeiten zwischen Heinrich II. und Heinrich III. PRIEBATSCH, Felix (Hg.): Politi-sche Correspondenz des Kurfürsten Albrecht Achilles, I–III (Publicationen aus den K. PreußiPoliti-schen Staatsarchiven; 59, 67, 71), Leipzig 1894 – 1898, hier III, S. 130 – 135. – MACEK: Jagellonský věk II, S. 116.

39 SCHMIDT: Burggraf Heinrich IV., S. 34. – URBAN: Die Burggrafen zu Meißen, S. 483.

war damit nicht erloschen,40 was sicherlich auch mit dem Amt des Hauptmanns der deut-schen Lehen zusammenhing, das er defi nitiv bereits 1492 bekleidete. Damals wurde er zugleich zum Hauptmann der „Gesellschaft des Löwen“ ernannt – eines gegen die Ter-ritorialpolitik der bayerischen Herzöge Albrecht und Georg gerichteten Adelsbundes im Zeichen des Löwen.41 Nach der Einsetzung in das Amt des Landvogts, für das er nicht nur wegen der Gunst des Königs und der Familientradition, sondern auch wegen seiner engen Kontakte nach Brandenburg und seiner sicheren Kenntnis der deutschen Sprache prädes-tiniert war,42 wollte Heinrich III. seinen Grundbesitz in der Niederlausitz erweitern. Sein Versuch, die reiche, im Norden an die Herrschaft Cottbus unter brandenburgischer Ver-waltung und im Süden an die Oberlausitz grenzende Herrschaft Spremberg zu erwerben, sollte jedoch nicht von Erfolg gekrönt sein.