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Der Amtsantritt des Bohuslav Felix Lobkowitz von Hassenstein

Albrecht Schlick starb Anfang April 1555.1 Ferdinand I. wurde von seinem Ableben be-reits am 7. April durch Erzherzog Ferdinand informiert, der seinem Vater zugleich mit-teilte, dass Andreas Schlick, der Sohn des Verstorbenen, mit der einstweiligen Verwal-tung des Amtes betraut worden war.2 Gleich am nächsten Tag schrieb der böhmische Statthalter dem König erneut. Diesmal setzte er sich dafür ein, dass zum neuen Landvogt in der Niederlausitz Karl von Žerotín (Karel ze Žerotína) ernannt werden solle – der kö-nigliche Hauptmann des Herzogtums Glogau und allter getreuer diener,3 über den Paul Korka von Korkyně (Pavel Korka z Korkyně) bemerkte, er habe „sein Leben lang keinen freieren und durchweg höfl icheren Menschen“ gesehen.4 Karl von Žerotín, mit dem Al-brecht Schlick zu Lebzeiten im Briefwechsel gestanden hatte,5 hätte das Amt des Land-vogts sicher verdient. Bereits unter König Ludwig und später unter Ferdinand I. hatte er in Ungarn gekämpft und auch Karl V. seine Ergebenheit bewiesen, indem er ihn bei zwei Expeditionen nach Afrika und schließlich auch in der Schlacht bei Mühlberg begleite-te.6 Ferdinand I. hörte in diesem Fall jedoch nicht auf die Ratschläge seines Sohnes und kam unter Verweis auf das Alter auch dem Gesuch des Andreas Schlick nicht nach,7 ob-wohl er mit der Zeit Rücksicht auf dessen bedrückende Besitzverhältnisse nahm und ihn mit den zuvor Heinrich und Bastian von Zabeltitz entzogenen Dörfern Altnau und Mlodo belehnte; die vom Vater ererbte Schuld in Höhe von 4700 Talern erließ er Andreas aber nicht.8 Anstelle der beiden genannten Persönlichkeiten bevorzugte der böhmische König einen anderen Kandidaten, Bohuslav Felix Lobkowitz von Hassenstein (Bohuslav Felix

1 Rudolf Lehmann (Quellen II, S. 132, Anm. 8) behauptete, dass Albrecht Schlick am 18. April 1555 gestorben sei. So interpretierte er irrtümlich eine Bemerkung in einem Brief Erzherzog Ferdinands vom 3. April 1555; Inventarium, S. 394, Nr. 1241.

2 NA v Praze, LŽ, Sign. III 10/4, f. 36 – 37. Aus dem Inhalt des Schreibens von Erzherzog Ferdinand geht klar hervor, dass Albrecht Schlick kurz vor dem 7. April gestorben sein muss. Das genaue Ster-bedatum lässt sich anhand der bekannten Quellen aber nicht feststellen. Vgl. auch LEHMANN: Mate-rialien, S. 152.

3 NA v Praze, LŽ, Sign. III 10/4, f. 38 – 40 (8.4.1555), hier f. 38r.

4 Zitiert nach OSN XXVII, S. 819 (Zitat aus dem Tschechischen übersetzt).

5 Inventarium, S. 393 f., Nr. 1240 (18.2.1554).

6 OSN XXVII, S. 818 f.

7 NA v Praze, LŽ, Sign. III 17/5 (25.4.1555).

8 ÖStA – FHKA Wien, Gedenkbücher, Nr. 308 (1555 – 1557), f. 197v–198r. – NA v Praze, RG 57, f.

97 – 98r (6. 11. 1556). – Die Verhandlungen über die Dörfer Altnau und Mlodo kamen mit der kö-niglichen Entscheidung jedoch nicht zum Abschluss; BLHA Potsdam, Rep. 17 A Landvogtei der Niederlausitz, Nr. 265, f. 89v–91r und 106r(12.7.1559 und 24.1.1560).

Hasištejnský z Lobkovic), von dessen Vorzügen er sich im Lauf der vergangenen Jahre unzählige Male hatte überzeugen können.

Bohuslav Felix wurde am 13. Januar 1517 als Sohn des Wenzel Lobkowitz von Has-senstein (Václav Hasištejnský z Lobkovic) und der Sidonie von Vitzthum (Sidonie z Fic-tumu) geboren.9 Lange deutete nichts auf eine große Karriere in der Politik und auf eine erfolgreiche Besitzvermehrung hin. Der Stern des Adligen setzte nach ersten zaghaften Andeutungen Anfang der vierziger Jahre während des Schmalkaldischen Krieges zum Höhenfl ug an, als Bohuslav Felix eindeutig die Partei der Habsburger ergriff. Zu Beginn des Krieges, im September und Oktober 1546, trat er gemeinsam mit Christoph von Gen-dorf als Kommissar in St. Joachimsthal (Jáchymov) auf, ab November verteidigte er dann über mehrere Monate an der Seite von Melchior Hoberk die Interessen des Herrschers an den böhmischen Lehen im Vogtland.10 Nach dem Ende des Konfl ikts ließ die Belohnung nicht lange auf sich warten. Bereits im September 1547 bedankte sich Ferdinand I. bei Lobkowitz für dessen Treue mit dem Amt des königlichen Oberberghauptmanns in St. Jo-achimsthal, das diesem neben anderen Vorteilen ein jährliches Gehalt in Höhe von 1200 Talern einbrachte.11 Im Februar 1548 wurde ihm unter ausdrücklichem Hinweis auf die im Krieg erwiesenen Dienste eine Belohnung in Höhe von 3000 Talern zugesprochen.12 Im Juni 1550 erlaubte man ihm die Förderung von Steinkohle, welches hievor in unnser Cron Beheim nie erfunden, im Saazer, Leitmeritzer und Schlaner Kreis.13 Daneben er-hielt er ebenso wie einige andere treue Anhänger des Königs Belohnungen in Form von Gütern und Pfandobjekten.14 Hatte Bohuslav Felix Lobkowitz von Hassenstein seinen Besitz noch 1544 auf nur 8000 Schock böhmischer Groschen geschätzt,15 stand er bloße dreizehn Jahre später, im Jahr 1557, mit seinen 48 835 Schock in der Rangliste der reichs-ten böhmischen Adligen bereits auf Platz 15; im Saazer Kreis hatte nur Heinrich V. von Plauen ein größeres Vermögen.16

9 Zu ihm zuletzt BOBKOVÁ, Lenka: Bohuslav Felix Hasištejnský z Lobkovic (1517 – 1583), in: RAK, Petr (Hg.): Comotovia 2002. Sborník příspěvků z konference věnované výročí 750 let první pí-semné zmínky o existenci Chomutova (1252 – 2002), Chomutov 2002, S. 23 – 30, wo irrtümlich gesagt wird, dass Lobkowitz bereits 1550 Landvogt geworden sei und dem Niederlausitzer Land-gericht vorgesessen habe. – Vgl. auch KASÍK, Stanislav; MAŠEK, Petr; MŽYKOVÁ, Marie: Lobkowi-czové. Dějiny a genealogie rodu, České Budějovice 2002, S. 68.

10 ÖStA – FHKA Wien, Gedenkbücher, Nr. 303 (1541 – 1546), f. 344, 344v–345r, 347r–348r (25. 10, 15. und 25.12.1546). – ROUBÍK, František (Hg.): Regesta fondu Militare archivu Ministerstva vni-tra RČS. v Praze, I, 1527 – 1589 (Prameny k československým dějinám vojenským; 1), Praha 1937, S. 19 – 40, 42 – 43, 47 – 51. – PEŠÁK: Dějiny, S. 149. – JANÁČEK: České dějiny I/2, S. 192, 206, 208, 210, 218.

11 ÖStA – FHKA Wien, Gedenkbücher, Nr. 304 (1547 – 1548), f. 196v–200v, hier bes. f. 196v (11.5.1548).

12 ÖStA – FHKA Wien, Gedenkbücher, Nr. 304 (1547 – 1548), f. 157v–158r (12.2.1548).

13 ÖStA – FHKA Wien, Gedenkbücher, Nr. 304 (1547 – 1548), Nr. 305 (1549 – 1550), f. 199v–200v (8.6.1550), hier f. 200r.

14 PÁNEK: Stavovská opozice, S. 40. – JANÁČEK: České dějiny I/2, S. 328.

15 PEŠÁK: Berní rejstříky z roku 1544 a 1620, S. 32.

16 PLACHT (Hg.): Odhad, S. 92.

In der ersten Hälfte der fünfziger Jahre und auch in der späteren Zeit erhielt der ehr-geizige Lobkowitz kleinere fi nanzielle Beträge für besondere Dienste und unzählige di-plomatische Missionen ins Ausland, die ihn zumeist an die Höfe der brandenburgischen Hohenzollern oder der sächsischen Wettiner, in die schlesischen Herzogtümer und die Oberlausitz, aber auch an andere Orte führten.17 Mit der Erledigung der habsburgischen Angelegenheiten wurde er mehr als einmal gemeinsam mit dem damaligen Niederlausit-zer Landvogt Albrecht Schlick betraut.18 Häufi ger bewegte er sich allerdings in der Nähe des Oberstkanzlers Heinrich IV. von Plauen (1542 – 1554), dessen Schwester Margare-the, Tochter des ehemaligen Niederlausitzer Landvogts Heinrich III. von Plauen, er zur Frau genommen hatte.19 Gemeinsam mit Heinrich mischte sich Lobkowitz in den Jahren 1553 – 1554 auch in den Krieg gegen den Markgrafen Albrecht Alcibiades von Branden-burg-Kulmbach ein.20 Um 1550 begab er sich mehrfach in die Niederlausitz, wo er als kö-niglicher Kommissar an den Sitzungen des Landtags teilnahm.21 Im Vorhinein lernte er so das Land kennen, das ihm später zur Verwaltung anvertraut werden sollte. Seine Hin-wendung zu den Regionen nördlich der Grenze des böhmischen Königreichs harmonierte dabei perfekt mit seiner religiösen Überzeugung, die dem Luthertum zuneigte, und mit der bemerkenswerten Erweiterung seines Grundbesitzes in Nordwestböhmen.22 In dieser Hinsicht ließ er sich ebenfalls in gewisser Weise von dem bereits erwähnten Heinrich IV.

von Plauen inspirieren, zu dessen engsten Freunden er gehörte. Heinrich war es nämlich mit Hilfe Karls V. und besonders Ferdinands I. innerhalb weniger Jahre nach Ende des Schmalkaldischen Krieges gelungen, im böhmisch-sächsischen Grenzgebiet aus den böh-mischen Lehen im Vogtland und dem verpfändeten Großgrundbesitz im Elbogener Land ein ausgedehntes Dominium zu schmieden – eine Art „Burggrafenstaat“, der jedoch bald nach dem Tod seines Schöpfers wieder zerfi el.23

Spätestens Anfang 1555 beschäftigte sich Ferdinand I. mit dem Gedanken, Bohus-lav Felix Lobkowitz von Hassenstein zum Rat in der Böhmischen Kammer zu ernennen.

Lobkowitz verwies auf seine bisherigen Erfahrungen und war von diesem Vorschlag, den

17 Z. B. ÖStA – FHKA Wien, Gedenkbücher, Nr. 305 (1549 – 1550), f. 253 (4.10.1550), 270 (12.11.1550); Nr. 307 (1553 – 1554), f. 45v (28.5.1553); Nr. 310 (1561 – 1564), f. 466v(24.4.1564);

Nr. 312 (1567 – 1568), f. 76v (26.6.1567). – NA v Praze, LŽ, Sign. III 8/8, f. 28 – 32 und 45 (19.10.1554).

18 HERRMANN, Johannes; WARTENBERG, Günther; WINTER, Christian (Hg.): Politische Korrespondenz des Herzogs und Kurfürsten Moritz von Sachsen, V, Berlin 1998, S. 698 f., Nr. 390 (10.3.1552);

S. 740 f., Nr. 418 (17.3.1552).

19 Margarethe von Plauen starb Ende Oktober 1555. Bald danach heiratete Bohuslav Felix erneut, diesmal Anna von Vitzthum; LEHMANN: Materialien, S. 153.

20 PÁNEK, Jaroslav: Zápas o vedení české stavovské obce v polovině 16. století (Knížata z Plavna a Vi-lém z Rožmberka 1547 – 1556), in: ČsČH 31, 1983, S. 855 – 884, hier S. 866 f.

21 Z. B. NA v Praze, RG 48, f. 319v (10.11.1551).

22 HRUBÝ, Petr: Vývoj pozemkové držby Bohuslava Felixe Hasištejnského z Lobkowicz, in:

Vlastivědný sborník Kralupska 5, 1998 (Lobkowiczký sešit), S. 32 – 50.

23 PÁNEK: Zápas, S. 858 f. – KLEIN, Thomas: Politik und Verfassung von der Leipziger Teilung bis zur Teilung des ernestinischen Staates (1485 – 1572), in: PATZE, Hans; SCHLESINGER, Walter (Hg.): Ge-schichte Thüringens, III, Das Zeitalter des Humanismus und der Reformation (Mitteldeutsche For-schungen; 48/III), Köln – Graz 1967, S. 146 – 294, hier S. 278 – 281.

er als sträfl iche Geringschätzung seiner Fähigkeiten ansah, offensichtlich nicht sonder-lich angetan, obwohl er nach einem persönsonder-lichen Gespräch mit dem Herrscher keinen Widerstand mehr leistete.24 Dessen Absichten änderten sich jedoch mit dem Tod Albrecht Schlicks schlagartig, so dass Lobkowitz letztlich das Amt in der Böhmischen Kammer nicht annehmen musste. Spätestens am 26. April war nämlich entschieden, dass er zum Niederlausitzer Landvogt ernannt werde.25 Die Schnelligkeit, mit der sein Name unmittel-bar nach Schlicks Tod ausgesprochen wurde, lässt erahnen, dass man von Anfang an mit ihm für das Amt das Niederlausitzer Landvogts rechnete; in dieser Hinsicht scheinen die vorherigen Überlegungen bezüglich eines Platzes in der Böhmischen Kammer nur den Charakter einer Notlösung aufgrund mangelnder anderer Möglichkeiten gehabt zu haben.

Das vergleichbare Amt des Landvogts in der Oberlausitz war nach der Abdankung des Zdislav Berka von Duba seit 1549 mit Christoph von Dohna (Kryštof z Donína),26 einem anderen loyalen Anhänger der Habsburger, besetzt, und für die Landesregierung in Böh-men zog Ferdinand I. Lobkowitz zu diesem Zeitpunkt wohl nicht in Betracht. Wäre dies der Fall gewesen, hätte er ihm sicher eines der freigewordenen Ämter anvertraut, die er vor seiner Abreise aus Prag im September 1554 besetzte.27

Bereits Ende April 1555 wurde bestimmt, dass Bohuslav Felix Lobkowitz von Has-senstein, die königlichen Kommissare und die niederlausitzischen Landstände am Sonn-tag, dem 26. Mai, nach Lübben kommen sollten, damit der neue Landvogt dort ins Amt eingeführt werden konnte.28 Anfang Mai wurde der Festakt jedoch auf den 6. Juni ver-schoben, da Bohuslav Felix plötzlich erkrankt war.29 Die von hohem Fieber begleitete Erkrankung besserte sich nicht, und so musste das Fest noch zweimal verschoben wer-den: zunächst auf den 26. Juni,30 dann sogar auf den 7. August, da das fi ber von Neuen angestossen hatte.31 Zwei Wochen vor dem neu festgesetzten Termin erhielt der König aber eine weitere beunruhigende Nachricht: Wiewoll Ine [Bohuslav Felix] das fi eber ver-lassen, so sei Ine doch die Collica dargegen anngestossen. Ferdinand I. hatte aus der Si-tuation gelernt und setzte kein weiteres Datum mehr fest; vielmehr wartete er, bis der künftige Niederlausitzer Landvogt wieder vollständig gesund war.32 Erst am 28. Au-gust verkündete er als neuen Termin der Amtseinführung den 23. September. Briefe mit dieser Entscheidung sandte er an Bohuslav Felix Lobkowitz von Hassenstein, an seine Kommissare, die niederlausitzischen Landstände und den vorläufi gen Verwalter Andreas

24 NA v Praze, RG 57, f. 40 (20.2.1555).

25 NA v Praze, LŽ, Sign. III 10/4, f. 41 – 42 und 44 (26. 4. und 3.5.1555).

26 KÄUFFER: Abriß III, S. 246 – 255. – KNOTHE, Hermann: Die Burggrafen von Dohna auf Königsbrück, in: NLM 41, 1864, S. 1 – 18, hier S. 11 – 16. – DERS.: Urkundliche Grundlagen, S. 404 ff.

27 PÁNEK: Stavovská opozice, S. 49 f. – DERS.: Zápas, S. 873.

28 NA v Praze, LŽ, Sign. III 10/4, f. 41 – 42 (26. 4. 1555). – In den Schreiben an die Stände taucht der Name Lobkowitz nicht auf.

29 NA v Praze, LŽ, Sign. III 10/4, f. 45 – 46 (11. und 18.5.1555).

30 NA v Praze, LŽ, Sign. III 10/4, f. 43 (15. oder 18.5.1555; im Register ist das offensichtlich fehler-hafte Datum 1.5.1555 angeführt), 46 (18. 5. 1555).

31 NA v Praze, LŽ, Sign. III 10/4, f. 49 – 51 (17. 6. 1555), hier f. 49r.

32 NA v Praze, LŽ, Sign. III 10/4, f. 52 – 56 (27.7.1555).

Schlick.33 Dem Letztgenannten wurde das königliche Schreiben mit erheblicher Verspä-tung (nur vier Tage vor dem geplanten Termin) zugestellt, was der Adressat auf das Wir-ken von Feinden seines Vaters und seiner eigenen Person zurückführte, die sie beide bei Ferdinand I. anschwärzen wollten.34

Bohuslav Felix Lobkowitz von Hassenstein wurde schließlich erst am 25. Septem-ber 1555 in das Amt des Niederlausitzer Landvogts eingeführt. Die neue, nur zweitägige Verschiebung des Festakts wurde diesmal nicht durch eine Krankheit ausgelöst, sondern durch Verhandlungen mit dem sächsischen Kurfürsten August, an denen Lobkowitz auf Wunsch des Königs teilnahm. In das Amt führten ihn drei aus diesem Anlass vom König besonders bevollmächtigte Kommissare ein: der Oberlausitzer Landvogt Christoph von Dohna, der den bis zuletzt eingeplanten Georg von Schleinitz (Jiřího ze Šlejnic) ersetzte, Karl von Biberstein (Karel z Biberštejna), den Lobkowitz bald darauf als seinen Nach-folger im Amt des Joachimsthaler Hauptmanns empfahl,35 und Peter Bechin von Lazan (Petr Bechyně z Lažan), Hauptmann der Prager Altstadt. Anschließend erfolgte die An-nahme durch die Stände, und dann wurde Lobkowitz von Andreas Schlick als Verwalter der Landvogtei das Ambt apgetretten, dasselbe auch mit sampt dem hause unnd zugehö-renden schlusseln underthenigst eingereumbt und uberandwortet.36

Bei seinem Amtsantritt legte Bohuslav Felix Lobkowitz von Hassenstein gegenüber dem durch die Kommissare vertretenen Ferdinand I. einen Eid ab, der bereits Ende April formuliert worden war und in dem er sich verpfl ichtete, das Amt des Landvogts und das ganze Land immer nach bestem Wissen und Gewissen zu verwalten. Er schwor auch, treu an der Seite des Herrschers und seiner Nachfolger zu stehen, die Armen wie die Reichen zu schützen und als ergebener und gehorsamer Diener alles für das Wohl seines Amtes zu tun.37 Sein sehr allgemein gehaltener Eid unterschied sich im Grunde nicht von ähn-lichen Eiden, wie sie in den deutschen Territorien des Reichs bereits im 14. Jahrhundert weit verbreitet waren; deren wesentliche Bedeutung lag in der symbolischen Demonstra-tion einer bedingungslosen Ergebenheit gegenüber dem Herrscher.38 Lobkowitz’ Rechte und Pfl ichten im Amt wurden in einer mehrere Punkte umfassenden Instruktion genauer aufgezählt, die damals wohl zum ersten Mal für einen Niederlausitzer Landvogt ausgear-beitet wurde. Ferdinand I. ging hier genauso vor wie in der Oberlausitz, wo man am 18.

November 1549 eine ähnliche Instruktion für Christoph von Dohna angefertigt hatte.39

33 NA v Praze, LŽ, Sign. III 10/4, f. 57 – 60 (28.8.1555).

34 NA v Praze, LŽ, Sign. III 10/4, f. 61 – 63 (19.9.1555).

35 HIRTZ/HELBIG (Hg.): Urkundliche Beiträge, S. 329, Nr. 2409 (6.11.1555).

36 NA v Praze, LŽ, Sign. III 10/4, f. 64 – 65 (25.9.1555), hier f. 64v. Das Ritual der Amtseinführung des Niederlausitzer Landvogts beschreiben GROSSER: Lausitzische Merckwürdigkeiten III, S. 10 f.,

§ 8 – 10; KNOTHE: Urkundliche Grundlagen, S. 375 f.

37 NA v Praze, LŽ, Sign. III 10/4, f. 71r. – Einen Eid von im Prinzip identischem Wortlaut hatte am 22.11.1549 auch der Oberlausitzer Landvogt Christoph von Dohna abgelegt; NA v Praze, RG 44, f.

491r.

38 JESERICH/POHL/UNRUH (Hg.): Deutsche Verwaltungsgeschichte, S. 133 f. und 352.

39 NA v Praze, RG 44, f. 489v–490v; LŽ, Sign. III 10/4, f. 1 – 8 (anscheinend irrtümlich auf den 18.10.1549 datiertes Konzept). – Auf diese Instruktion verweist BOBKOVÁ: Die Oberlausitz, S. 127, die dort auch deren Inhalt in den Hauptpunkten zusammenfasst.

Die Gründe, die den Herrscher zur Abfassung von Instruktionen für die Landvögte in der Ober- und der Niederlausitz veranlassten, sind nur schwer aufzuklären, besonders wenn man sich bewusst macht, dass in dieser Zeit kein vergleichbares Dokument für den schlesischen Oberlandeshauptmann ausgestellt wurde, dessen Amt trotz aller auf der sehr viel komplizierteren Gebiets- und Verwaltungsstruktur Schlesiens beruhenden Besonder-heiten ähnliche oder zumindest vergleichbare Funktionen erfüllte wie das Amt des Land-vogts in den beiden Lausitzen.40 Man darf jedoch vermuten, dass Ferdinand I. sich ähn-lich wie beim Erlass der Instruktionen für andere Ämter in den übrigen Ländern seines Staatengebildes – einschließlich der Ämter der Landeshauptleute in den unmittelbaren schlesischen Fürstentümern – von dem Bemühen leiten ließ, deren Kompetenzen so ge-nau wie möglich zu defi nieren und schrifl ich zu fi xieren und damit eine größere Kontrolle über die Ämter zu erhalten.41 In diesem Verhalten spiegeln sich ebenso wie in manch an-deren, besonders nach 1547 intensiv umgesetzten Maßnahmen klar seine absolutistischen Herrschaftsvorstellungen wider.42 Die Landvögte der Ober- und der Niederlausitz waren außerdem immer noch rein königliche Amtsträger, und Ferdinand mag sich mit dem Er-lass genauer Instruktionen bemüht haben, seinen Einfl uss auf sie noch weiter zu verstär-ken – was er aber andererseits im Fall des schlesischen Oberlandeshauptmanns nicht tat, der eine sehr viel ausgeprägtere Mittelposition zwischen dem König und den schlesischen Herzögen und Ständen innehatte.43 Die neuen Instruktionen für die Landvögte der Ober- und der Niederlausitz waren aber sicher auch eine Begleiterscheinung der zunehmenden Bürokratisierung der beiden Ämter.44

Die Instruktion für Bohuslav Felix Lobkowitz von Hassenstein wurde am 26. April 1555 erlassen. Ihr Original ist verschollen, aber es fand sich eine Abschrift, die mit größ-ter Wahrscheinlichkeit Ende September oder Anfang Oktober 1570 erstellt und zweifel-los versehentlich auf das Jahr 1560 datiert wurde.45 Wie das überlieferte Konzept ver-rät, diente ihr als Vorbild nachweisbar die erste Instruktion für Christoph von Dohna,46 obwohl dem Oberlausitzer Landvogt aufgrund bitterer Streitigkeiten zwischen ihm und den oberlausitzischen Ständen bereits am 28. September 1554 – also nach fünf Jahren im Amt – eine zweite Instruktion ausgestellt worden war, die sehr viel stärker ins Detail ging

40 RACHFAHL: Die Organisation, S. 159 – 160. – GRÜNHAGEN: Geschichte Schlesiens II, S. 94 f.

41 Z. B. HAIMERL: Die deutsche Lehenhauptmannschaft, S. 61 – 64, Nr. 5 (Instruktion für den Haupt-mann der deutschen Lehen Johann d. J. Popel von Lobkowitz / Jan ml. Popel z Lobkovic vom 24.2.1544).

42 JESERICH/POHL/UNRUH (Hg.): Deutsche Verwaltungsgeschichte, S. 352 f.

43 KLIESCH, Gottfried: Bischof Balthasar von Promnitz (1539 – 1562). Oberlandeshauptmann von Schlesien, in: JSFWUB 29, 1988, S. 73 – 102, hier S. 76.

44 JESERICH/POHL/UNRUH (Hg.): Deutsche Verwaltungsgeschichte, S. 31. – VOREL: Velké dějiny VII, S. 138. – HLEDÍKOVÁ/JANÁK/DOBEŠ: Dějiny správy, S. 114. – PÁNEK: K úloze byrokratizace, S. 75 – 85. – HRDLIČKA: Úředník, S. 216 – 238.

45 NA v Praze, LŽ, Sign. I 30. – Die Instruktion wurde ediert von BŘEZINA, Luděk: Proměny dolnolužické správy a sídla zemského fojta za Bohuslava Felixe Hasištejnského z Lobkovic (1555 – 1570), in: BOBKOVÁ/KONVIČNÁ (Hg.): Korunní země III, S. 479 – 498, hier S. 494 f. – Zur Verfügung hatte den Text der Instruktion auch NEUMANN: Versuch II, S. 277.

46 NA v Praze, LŽ, Sign. III 10/4, f. 68 – 70.

als ihre Vorgängerin, um so zur Lösung der entstandenen Krisensituation beizutragen.47 In der Niederlausitz war es jedoch in der ersten Hälfte der fünfziger Jahre nicht zu einem ernsthafteren Konfl ikt dieser Art gekommen, und daher konnte auch Lobkowitz’ Instruk-tion allgemeiner gehalten werden und brauchte den sensiblen Bereich der Beziehungen zwischen der landesherrlichen Verwaltung bzw. dem Landvogt und den hiesigen Ständen nicht stärker zu berühren.

Die Instruktion bestand aus fünf Haupt- und zwei ergänzenden Punkten. Laut Punkt eins sollte Bohuslav Felix Lobkowitz von Hassenstein so oft wie möglich in seinem Amt verweilen und auf die Wahrung von Recht und Gerechtigkeit im Land achten. Nur in Aus-nahmefällen konnte der König ihn zu sich rufen und mit besonderen Aufgaben betrauen.

Der zweite Punkt erlegte dem Landesvogt auf, die katholische Geistlichkeit und die Laien zu schützen und sich gegen das Vordringen neuer religiöser Sekten in der Niederlausitz zur Wehr zu setzen. Im dritten Punkt bestimmte Ferdinand I., dass Lobkowitz im Land Ordnung zu halten, auf die Erfüllung der königlichen Befehle zu achten und scharf ein-zuschreiten habe, wenn etwas gegen die majestas des Herrschers geplant werde; darüber sollte er auf jeden Fall informieren. Laut Punkt vier sollte der Landvogt auch auf das Ein-treiben der Zölle und Mautgebühren achten und sich für die Sicherheit der Wege einset-zen, damit die Tätigkeit der Händler nicht gestört wurde, und laut Punkt fünf sollte er sich um die ordnungsgemäße Erledigung der Lehnsangelegenheiten kümmern. In den letzten beiden Punkten wurde Lobkowitz auferlegt, sich um alles zu sorgen, was zu seinem Amt gehörte, gute Beziehungen zu den Nachbarn zu unterhalten und die Renovierungsarbei-ten an den Schlössern in Spremberg und vor allem in Lübben, wo die Niederlausitzer Landvögte bereits seit mehreren Jahrzehnten ihren Hauptsitz hatten, fortzuführen. In der erwähnten Instruktion waren die Pfl ichten des Landvogts in treffender Kürze klar aufge-zählt, und so blieb Bohuslav Felix Lobkowitz von Hassenstein nichts anderes übrig, als das Amt tatsächlich anzutreten.