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Der Erlass der Instruktion für die Böhmische Kammer Mitte 1548 war der erste Schritt, mit dem Ferdinand I. die weitreichende, in der Abfolge bereits zweite Reform des Finanz-apparats in den Ländern der Böhmischen Krone einleitete. Weitere Maßnahmen ließen nicht lange auf sich warten. Wegen des ungewöhnlichen Anwachsens der Finanzquellen in der Oberlausitz erwies es sich zur gleichen Zeit als unabdingbar, auch in diesem Land eine neue Behörde ausschließlich für fi skalische Zwecke einzurichten. Sie erhielt die

Be-128 BLHA Potsdam, Rep. 17 A Landvogtei der Niederlausitz, Nr. 35, f. 2 – 5 (29. 10., 10. und 30.11.1562); Rep. 17 C Landeshauptmannschaft der Niederlausitz, Nr. 1058 (1568). – Zur Münzre-form VOREL: Velké dějiny VII, S. 251.

129 BLHA Potsdam, Rep. 17 A Landvogtei der Niederlausitz, Nr. 436, f. 84v–85; Nr. 335, f. 1. – NEU

-MANN: Versuch I, S. 141 f. – Inventarium, S. 420, Nr. 1338. – Vgl. zur Geschichte dieser Apo-theke DAENICKE, Robert: Aus der Geschichte der privil. Delphinen-Apotheke zu Lübben. Zu ihrem 350-jährigen Bestehen 1569 – 1919, Lübben 1919.

130 NA v Praze, RG 59, f. 95v–96 (14.7.1562).

131 NA v Praze, LŽ, Sign. I 29 (8.3.1570).

zeichung „Landeshauptmannschaft“, und ihr erster Vorsteher war Dr. Ulrich von Nostitz auf Ruppersdorf,132 der bereits ab 1542 das Amt des Bautzner Hauptmanns innehatte und in dieser Funktion den damaligen Landvogt Zdislav Berka von Duba vertrat, der nicht allzu häufi g in die Oberlausitz reiste. Die Landeshauptmannschaft wurde Ulrich von No-stitz nicht nur deshalb anvertraut, weil er Erfahrungen mit der Verwaltung der Landvog-tei besaß, sondern vor allem wegen seiner Treue und der ergebenen Dienste, die er dem König während des Schmalkaldischen Krieges bewiesen hatte. Dank der Mitgliedschaft in der Kommission, die im Sommer 1548 die Oberlausitzer Städte bereiste und die neue Ordnung aushandelte, hatte er zudem einen guten Überblick über den konfi szierten Be-sitz, für den er als Landeshauptmann bis zu seinem Tod im Jahr 1552 verantwortlich war.133

Wesentliche Veränderungen erlebte in den fünfziger Jahren auch die Verwaltung der schlesischen Finanzen, die bereits 1552 in einen königlichen und einen ständischen Be-reich aufgeteilt worden war und die Aufgabe hatte, die Erhebung der Steuern nach der Besitzschätzung sicherzustellen. An die Stelle der königlichen Behörde rückte 1554 als Vicedomus Friedrich von Redern, in dessen Amtszeit man ernsthaft über die Gründung einer Schlesischen Kammer zu sprechen begann: eines Kollektivorgans, das in seiner Zusammensetzung und seinem Aufgabenbereich der Böhmischen Kammer nahestehen sollte. Ihre Einrichtung stieß jedoch besonders im Hinblick auf Personal und Kompeten-zen auf zahlreiche Probleme. So war zum Beispiel unklar, ob der Schlesischen Kammer auch die beiden Lausitzen unterstellt sein sollten, und man diskutierte außerdem darüber, ob die Schlesische Kammer direkt oder mittels der Böhmischen Kammer der Hofkam-mer unterstehen sollte. Im Spiel war dabei nichts Geringeres als die administrative Ab-trennung der schlesischen Finanzverwaltung von Böhmen. Im Sommer 1558 wurde die Schlesische Kammer als rein königliche Behörde feierlich gegründet, wobei die Ober- und die Niederlausitz direkt der Böhmischen Kammer unterstellt blieben. Die einzige Ausnahme bildeten die Zölle, deren Erhebung die Schlesische Kammer weiterhin auch für diese beiden Länder sicherstellen sollte. Seit der Einführung der neuen Grenzzölle im Jahr 1556 handelte es sich dabei um erhebliche Summen, die aus den beiden Lausitzen nach Breslau fl ossen; dies sollte die Schlesische Kammer einige Jahre später zu spüren bekommen, als sie die Zollverwaltung für einige Zeit einbüßte.134 Als Hinweis sei ange-führt, dass von Ende 1556 bis Ende 1558 allein in der Niederlausitz offi ziell 29 153 Och-sen verzollt wurden und man für jeden OchOch-sen nach dem Zollmandat für die Ober- und die Niederlausitz vom 1. August 1558 neun Weißgroschen zu zahlen hatte.135

132 Das überlieferte Konzept seiner Instruktion trägt das Datum des 1. Dezember 1549; NA v Praze, LŽ, Sign. III 5/5, f. 2 – 18. – Eine Instruktion erhielt auch sein Vertreter Hans Pitzenberger; NA v Praze, LŽ, Sign. III 5/5, f. 19 – 24 (6.12.1549).

133 KÄUFFER: Abriß III, S. 258 f. – KNOTHE: Urkundliche Grundlagen, S. 390 – 395 und 400.

134 RACHFAHL: Die Organisation, S. 322 – 329. – Ende der 1560er Jahre dachte man auch über die Gründung einer Mährischen Kammer nach dem Vorbild der Schlesischen Kammer nach; FELL

-NER/KRETSCHMAYR: Die österreichische Zentralverwaltung I/2, S. 319 – 357, Nr. 21 (1.6.1568), hier S. 353, Abs. 77.

135 NA v Praze, RG 72, f. 61 – 63 (4.3.1561), hier f. 61v; RG 59, f. 40 – 46, hier f. 41r.

Wie bereits angedeutet, kam es in der Niederlausitz unmittelbar nach 1547 zu keinen gravierenderen Eingriffen in die Finanzverwaltung, was in erster Linie damit zusammen-hing, dass die Kammergüter nicht anwuchsen. Aufgrund der Einführung der Biersteuer und der Viehzölle musste aber doch ein Beamter ernannt werden, der die königlichen Einkünfte beaufsichtigte. Unter Albrecht Schlick übte Peter von Rodstock diese Funk-tion aus, der jedoch vor Mitte 1555 wegen Fehlverhaltens sein Amt einbüßte.136 Bald nach Rodstocks Abberufung trennte man die Verwaltung der niederlausitzischen Finan-zen wohl im Zusammenhang mit den wachsenden Einnahmen aus den neuen Grenzzöllen in zwei Bereiche: die Steuerverwaltung, die auch die Biersteuer umfasste, und die Zoll-verwaltung. An der Spitze beider Bereiche stand der Obereinnehmer. 1560 war als Ober-zolleinnehmer nachweislich Niclas Trötscher tätig,137 der weiter dem Oberzollkommissar für die Ober- und die Niederlausitz unterstand. In dieser Funktion ist ab 1559 wiederholt Christoph von Schreibersdorf belegt, der zugleich das Amt des Oberzolleinnehmers in der Oberlausitz versah;138 seine ursprüngliche Besoldung in Höhe von 200 Talern wurde 1561 durch eine Pensionszahlung um 100 Taler angehoben.139 Als das Amt des Oberzolleinneh-mers für die Niederlausitz Ende 1563 frei wurde, übernahm Christoph von Schreibersdorf diesen Aufgabenbereich, wodurch seine Besoldung um weitere 100 Taler anstieg.140 Jähr-lich verdiente er insgesamt 400 Taler, so viel wie die Räte der Schlesischen Kammer.141 Als Obereinnehmer der Niederlausitzer Steuern und der Biersteuer war um 1560 Wenzel von Zeschau tätig,142 der in einem Freihaus vor dem Lübbener Schloss lebte, das er durch die Eheschließung mit Barbara von Gleiche, der Witwe des ehemaligen Niederlausitzer Kanzlers Erasmus Günther von Schreckenberg, erheiratet hatte.143 Nachrichten über seine Besoldung fehlen, aber dafür lässt sich verlässlich nachweisen, dass ihm ein Kontroll-schreiber zur Hand ging, dem für seine Arbeit 150 Taler jährlich gezahlt wurden.144

Obwohl die personelle Besetzung der Niederlausitzer Finanzverwaltung auf den ers-ten Blick zufriedenstellend aussah, häufers-ten sich mit der Zeit Beschwerden über die ge-ringe Effektivität der Steuer- und Biersteuereintreibung.145 Ein nachlassender Geldstrom und hohe Steuerschulden, die 1563 bereits 30 000 Taler überstiegen, zwangen die

zu-136 NA v Praze, RG 57, f. 56 – 58r (1.8.1555).

137 NA v Praze, RG 63, f. 77v (5.3.1560); RG 67, f. 8v–9 und 189r (16. 1. und 31.5.1560).

138 NA v Praze, RG 164, f. 282 – 283r (16.5.1559); RG 63, f. 30v–31r (31.5.1559); RG 67, f. 155 (14.5.1560); RG 72, f. 61 – 63 (4.3.1561), hier f. 62r.

139 NA v Praze, RG 72, f. 61 – 63 (4.3.1561), hier f. 63r.

140 NA v Praze, RG 57, f. 548 (8.10.1563).

141 RACHFAHL: Die Organisation, S. 327, Anm. 2.

142 ÖStA – FHKA Wien, Gedenkbücher, Nr. 309 (1558 – 1560), f. 19r (1.3.1559). – SächsHStA Dres-den, 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 9475/39, Nr. 21 (23.1.1561). – NA v Praze, LŽ, Sign. II 43 (2.1.1563).

143 NA v Praze, RG 58, f. 355 (16.1.1560). – Barbara von Gleiche starb vor der Ausstellung die-ses Schreibens, das Wenzel von Zeschau die weitere Nutzung des Freihaudie-ses vor dem Lübbener Schloss gestattete, das nach Barbaras Tod zu einem Heimfall wurde. HOUWALD: Die Niederlausitzer Rittergüter III, S. 23, irrt also, wenn er behauptet, dass Barbara von Gleiche ihren zweiten Mann um viele Jahre überlebte.

144 NA v Praze, RG 57, f. 56 – 58r (1.8.1555).

145 Z. B. NA v Praze, RG 67, f. 375v–376r (15.11.1560). – CLAUSNITZER: Versammlungen, S. 186.

ständigen Beamten in der Böhmischen Kammer zu Überlegungen, wie das nicht funkti-onierende Fiskalsystem verbessert werden könnte. Als Hauptproblem wurden dabei die Einnehmer identifi ziert, denn die Besetzung dieser Posten war der Willkür der Stände preisgegeben, sodass im Prinzip fast jeder Einnehmer werden konnte. Die Anzahl der Einnehmer war nicht beschränkt, und diese erhielten nicht nur eine jährliche Besoldung in Höhe von 100 Talern, sondern bereicherten sich außerdem häufi g auf verschiedenste Weise an den eingetriebenen Steuergeldern. Aus diesem Grund wurde Anfang Dezem-ber 1563 der Vorschlag gemacht, einen neuen ODezem-bersteuereinnehmer für die ODezem-ber- und die Niederlausitz zu ernennen, der für Ordnung sorgen sollte. Für dieses Amt empfahl der damalige Oberlausitzer Landeshauptmann Hans von Schlieben Jakob von Salza auf Heidersdorf, der als geeigneter und darüber hinaus fähiger Mann galt.146 Zu Heiligabend 1563, kurz vor der Eröffnung der Landtage in der Nieder- und der Oberlausitz, bei denen die geplante Reform in persönlicher Anwesenheit Maximilians II. nach der Genehmigung der Steuern durch die versammelten Stände bekanntgegeben werden sollte, schickte Erz-herzog Ferdinand seinem Vater ein Schreiben, in dem er ihm die erwarteten Veränderun-gen detailliert schilderte. Anstelle eines Obereinnehmers ging der Brief von zwei Amts-inhabern aus. Zweiter Obereinnehmer neben Jakob von Salza sollte Hans Pitzenberger, der bisherige Vertreter des Oberlausitzer Landeshauptmanns, werden. Zugleich mit der Ernennung zweier neuer Beamter rechnete man aber auch mit einer Einschränkung der einfachen Einnehmer auf nur drei pro Land – zwei Adlige und einen Bürger, die für ihre Dienste 100 bzw. 50 Taler jährlich erhalten sollten.147

Bei der Sitzung des Landtags in Lübben Anfang Januar 1564 wurde zwar über die Pläne zur Reform des Fiskalapparats gesprochen,148 aber es ist unklar, wie das direkte Echo darauf ausfi el. Aus späteren Berichten ergibt sich zumindest, dass die Anzahl der Einnehmer mit der Zeit tatsächlich auf drei reduziert wurde.149 Wichtiger war jedoch, dass neben dieser relativ kleinen Veränderung noch ein weiterer, durch die Oberlausitz inspi-rierter Vorschlag formuliert wurde, wonach auch in der Niederlausitz eine Landeshaupt-mannschaft gegründet werden sollte.150 Vor Mitte April 1564 ergriff dabei der böhmische Statthalter Erzherzog Ferdinand die entscheidende Initiative. Er schlug nach Konsultati-onen mit Bohuslav Felix Lobkowitz von Hassenstein Jakob von Salza auf Heidersdorf als Landeshauptmann vor, mit dem man sowieso für den Posten des neuen Obereinneh-mers gerechnet hatte. Über seinen Vertreter oder Kontrolleur, der in den Quellen mit dem Begriff Gegenhandler bezeichnet wird, bestand damals kein Streit: Vorgesehen war der bisherige Obereinnehmer der Biersteuer Wolf von Zeschau. Lobkowitz regte an, für den neuen Landeshauptmann und seinen Vertreter eine Instruktion auszustellen, in der die

146 NA v Praze, RG 74, f. 223 – 224r (6.12.1563).

147 NA v Praze, RG 74, f. 234 – 237.

148 ÖNB Wien, Cod. 7700, f. 220 – 222.

149 NA v Praze, LŽ, Sign. I 29 (10.11.1570). – GStA PK Berlin, I. HA Geheimer Rat, Rep. 43 Herr-schaften Beeskow und Storkow, Nr. 4 c, Pk.-Nr. 14290 (1576 – 1583), f. 194 – 196 (29.5.1582).

150 GROSSE: Entwickelung, S. 39 f. – LEHMANN: Die Landvögte, S. 468 f. – DERS.: Geschichte der Nie-derlausitz, S. 187.

Kompetenzen des neuen Amtes genau aufgezählt werden sollten. Damit wollte er even-tuellen Konfl ikten ausweichen, die er für die Zukunft befürchtete. Erzherzog Ferdinand lud deshalb Jakob von Salza und Wolf von Zeschau für den 15. Mai 1564 nach Prag ein, um mit ihnen die mit ihrer Amtseinführung verbundenen Fragen, besonders die Höhe der Besoldung und den Inhalt der vorbereiteten Instruktion, zu diskutieren.151

Mit den persönlichen Verhandlungen mit Jakob von Salza und Wolf von Zeschau so-wie der Ausarbeitung der neuen Instruktion wurden die Beamten der Böhmischen Kam-mer betraut. Während der Entwurf der einzelnen Instruktionsartikel nicht auf größeren Widerstand stieß, galt für die Höhe der Besoldung etwas anderes. Jakob von Salza lehnte den Betrag von 300 Talern ab und forderte 100 Taler mehr, was die Beamten der Böhmi-schen Kammer schließlich genehmigten. Dem Drängen des Wolf von Zeschau, der seine Unzufriedenheit mit 200 Talern nicht verbarg, hielten sie jedoch stand und erhöhten seine Besoldung nicht. Nach diesem Streit verließ Wolf von Zeschau die Verhandlungen und verzichtete so auf die Möglichkeit, Vertreter des Landeshauptmanns zu werden.152 Über einen Ersatzmann wurde erst Ende Juli entschieden: Vorgesehen war Caspar Freund, der sich auf eine Besoldung in Höhe von 200 Talern einlassen wollte – vorausgesetzt, er er-halte für den Umzug von Böhmen in die Niederlausitz weitere 100 Taler.153 Freund wurde jedoch als Ausländer von den niederlausitzischen Ständen abgelehnt, so dass man nach einem neuen Kandidaten suchte. Auf Vorschlag des Kammerrates Benno von Salza wurde nach langen Verhandlungen schließlich Heinrich von Nostitz Vertreter des Niederlausitzer Landeshauptmanns;154 er wurde am 1. November 1564 in sein Amt eingeführt155 und am 1. Mai 1565 erneut darin bestätigt.156

Die Niederlausitzer Landeshauptmannschaft sollte ihrer relativ umfangreichen Inst-ruktion zufolge, in deren ursprünglicher Fassung neben Jakob von Salza auch Wolf von Zeschau genannt wird, obwohl dieser das Amt nie antrat, in erster Linie auf das Eintrei-ben der erlaubten Steuern und der Steuerschulden, der Biersteuer und anderer landesherr-licher Abgaben achten. Dabei wurde genau festgesetzt, auf welche Weise und in welchen zeitlichen Intervallen die Gelder zu erheben waren. Die Zölle und Mautgebühren wurden weiterhin durch Christoph von Schreibersdorf, den gemeinsamen Oberzollkommissar für die Ober- und die Niederlausitz, verwaltet. Neben dem Landvogt war der Landeshaupt-mann dann als zweiter königlicher Beamter in der Niederlausitz auch mit der Aufsicht über die Lehensvergabe und das Kirchengut betraut. Hier handelte es sich zumeist um Heimfälle, mit denen in der Vergangenheit ohne Wissen des Herrschers häufi ger manipu-liert worden war.157 Der Landvogt stand zwar formal weiterhin über dem

Landeshaupt-151 NA v Praze, RG 75, f. 107v–109r (15.4.1564).

152 NA v Praze, RG 75, f. 152 – 154r (25.5.1564).

153 NA v Praze, RG 75, f. 222 – 223 (22.7.1564).

154 NA v Praze, RG 75, f. 319v–320 (26.10.1564).

155 NA v Praze, RG 76, f. 49 – 50r.

156 NA v Praze, RG 76, f. 102v–103.

157 Abschrift der ursprünglichen Fassung der Instruktion ÖStA – FHKA Wien, Gedenkbücher, Nr. 310 (1561 – 1564), f. 492v–498r(31. 5. 1564). – Eine Abschrift der gleich datierten Instruktion, jedoch mit dem Namen Heinrich von Nostitz, befi ndet sich in BLHA Potsdam, Rep. 17 C

Landeshaupt-mann und behielt auch einen eingeschränkten Einfl uss auf das Eintreiben der Steuern,158 aber seine Stellung wurde durch den Verlust eines wichtigen Teils seiner Kompetenzen stark erschüttert. Aus diesem Grund muss man die Einrichtung der Landeshauptmann-schaft als einen der bedeutendsten Wendepunkte in der Geschichte der Niederlausitzer Landvogtei ansehen.159

Die ersten Jahre nach der Gründung der Landeshauptmannschaft zeichneten sich durch verschiedene Ereignisse aus, die eng mit der Finanzverwaltung der Niederlausitz verbun-den waren. Kurz nach dem Erlass der Instruktion für verbun-den Landeshauptmann wurverbun-den der Obereinnehmer der Biersteuer und dessen Vertreter abberufen, weil sie überfl üssig ge-worden waren.160 Noch 1566 erstellte man ein detailliertes Steuerregister, in dem sich die Angehörigen aller vier Stände zu Besitz in Höhe von 991 230 Gulden bekannten,161 aber bereits im Folgejahr wurde ähnlich wie in den anderen Ländern der Böhmischen Krone eine neue Art der Steuererhebung nach der Anzahl der untertänigen Höfe und der Häuser in den Städten eingeführt.162 1568 wurde auch das wohl erste Urbar für die gesamte Nie-derlausitz angelegt, das jedoch nicht überliefert ist.163 Zur gleichen Zeit erlebte das Klos-ter Guben, dessen letzte Äbtissin Margarethe von Werdeck im AlKlos-ter von 91 Jahren am 24. Januar 1564 gestorben war, unter bedeutender Beteiligung des Jakob von Salza einen Umbau für die Zwecke des neu gegründeten Salzamtes, das die Aufgabe hatte, aus Portu-gal über Stettin und später Hamburg eingeführtes Salz zu verarbeiten. Die Verwaltung des Gubener Salzamtes fi el jedoch bald dem Obersalzbeamten zu, der auch für die Salzberg-werke in Schlesien verantwortlich und aus diesem Grund direkt der Schlesischen Kam-mer unterstellt war, sodass die Niederlausitzer Landeshauptmannschaft letztlich keinerlei Einfl uss auf den Salzhandel und die Verarbeitung dieses Rohstoffs hatte.164

mannschaft der Niederlausitz, Nr. 10, f. 1 – 7. – Vermutlich nach dieser Abschrift wurde die Inst-ruktion veröffentlicht von SÜSSMILCH, Friedrich August (Hg.): Kaiser Ferdinands Instruktion für die Landeshauptmannschaft der Niederlausitz, in: GALLUS, C. S. G.; NEUMANN, Johann Wilhelm (Hg.):

Beiträge zur Geschichts- und Alterthums-Kunde der Nieder-Lausitz, II, Lübben 1838, S. 134 – 142.

158 SächsHStA Dresden, 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 9475/39, Nr. 36 und 38 (26. 10.

und 3.12.1564). – NA v Praze, RG 81, f. 265v–266, 331 und 398 (15. 6., 24. 7. und 14.10.1568);

RG 82, f. 53v–54r (14.3.1568).

159 LEHMANN: Die Landvögte, S. 468. – KNOTHE, Urkundliche Grundlagen, S. 401.

160 NA v Praze, RG 79, f. 3r–4 (8.1.1565).

161 GStA PK Berlin, I. HA Geheimer Rat, Rep. 43 Herrschaften Beeskow und Storkow, Nr. 8 a–b, Pk.-Nr. 14299, f. 207 – 214 (Original auf Pergament); Pk.-Nr. 4 c, Pk.-Pk.-Nr. 14290 (1576 – 1583), f. 33 – 40 (2.7.1566).

162 KOLLMANN, Josef: Berní rejstříky a berně roku 1567, in: SAP 13, 1963, Nr. 1, S. 169 – 246. – LEH

-MANN: Geschichte der Niederlausitz, S. 176. – VOREL: Velké dějiny VII, S. 303 ff. – RAUSCHER: Die Oberlausitz als Kreditgeber, S. 418 f.

163 GStA PK Berlin, I. HA Geheimer Rat, Rep. 43 Herrschaften Beeskow und Storkow, Nr. 4 a–b, Pk.-Nr. 14289 (1561 – 1570), f. 184 – 189 (15.3.1568), hier f. 188v. – LEHMANN: Geschichte der Nieder-lausitz, S. 175 f.

164 KRAUSCH, Hainz-Dieter: Das Gubener Kloster in der Zeit seiner Aufl ösung, in: NS 20, 1986, S. 70 – 85, hier S. 81 f. – RACHFAHL: Die Organisation, S. 366 ff. – PEŠÁK: Dějiny, S. 218. – Zahlreiche Quellen zum Gubener Kloster befi nden sich in NA v Praze, LŽ, Sign. III 4/14. – Instruk-tion für den Obersalzbeamten vom 19. Juli 1572 in NA v Praze, ČDKM, Sign. IV S, Kart. 229.

Der erste Landeshauptmann Jakob von Salza war zweifellos ein sehr fähiger Beam-ter, dessen Dienste auch Maximilian II. zu schätzen wusste, da er ihm zum Beispiel im Frühjahr 1570 als Belohnung für erwiesene Dienste 1000 rheinische Gulden versprach,165 obwohl er um 1800 Gulden und dazu noch um 30 Taler für den Schreiber gebeten wor-den war.166 Ein Dorn im Auge war Salza jedoch den Landständen, denen es nicht gefi el, dass an der Spitze der die Finanzströme kontrollierenden Behörde, mit deren Existenz sie sich lange nicht abfi nden konnten,167 ein Ausländer stand, der in der Niederlausitz keine Güter besaß. Über diese Tatsache beschwerten sie sich so lange beim König,168 bis ihnen Maximilian II. entgegenkam und am 1. Juni 1570 ein Privileg ausstellte, wonach künftig nur Landeshauptmann werden könne, wer in der Niederlausitz geboren sei und dort ein ordnungsgemäß zu Lehen erteiltes Gut besitze.169 Kurz darauf wurde entschieden, Jakob von Salza zu dessen großem Missfallen nach den Bestimmungen des erwähnten Privilegs durch Esaias von Minckwitz zu ersetzen,170 der bereits am 8. April 1571 den geforderten Eid in die Hände des Oberstkanzlers des böhmischen Königreichs Vratislav von Pernstein ablegte.171 Als sein Vertreter sollte weiterhin Heinrich von Nostitz wirken, obwohl Esaias von Minckwitz bezweifelte, dass dessen Tätigkeit in der Finanzverwaltung notwendig war.172 Jakob von Salza verwaltete das Amt jedoch bis Ende 1571 und resignierte erst, als Esaias von Minckwitz am 15. März 1572 von der Böhmischen Kammer offi ziell ernannt wurde; die Kammer war dazu im Unterschied zur Böhmischen Hofkanzlei berechtigt, wo-rauf sie alle Beteiligten deutlich hinwies.173 Am gleichen Tag wurde auch eine Instruktion ausgefertigt, die sich von der Instruktion für Minckwitz’ Vorgänger nicht nur durch viele präzisierende und erweiternde Ergänzungen unterschied, sondern vor allem dadurch, dass sie ihm die Aufsicht über die Zollerhebung auferlegte.174 Bereits an der Jahreswende 1570/71 war Maximilian II. mit Hilfe der Böhmischen Kammer zu der Erkenntnis ge-langt, dass das Amt des Oberzolleinnehmers trotz der unbestrittenen Verdienste des Chris-toph von Schreibersdorf aufgelöst werden könnte, wodurch sich 400 Taler einsparen

lie-165 NA v Praze, RG 76, f. 403v–404r (30.4.1570). – Vierzehn Jahre später war der versprochene Betrag aber immer noch nicht ausgezahlt worden; NA v Praze, RG 100, f. 47 – 48r (22.4.1584).

166 NA v Praze, LŽ, Sign. I 28 (25.2.1570).

167 NA v Praze, LŽ, Sign. II 43 (23.4.1570).

168 Z. B. BLHA Potsdam, Rep. 23 C Niederlausitzische Stände, Nr. 1322, f. 20 – 21 (26.1.1565). – NA v Praze, LŽ, Sign. II 45 (6.1.1570).

169 BLHA Potsdam, Rep. 23 C Niederlausitzische Stände, U 25. – NEITMANN/SCHRÖDER/WEIRAUCH: „Ist Zierde des Landes gewest“, S. 40 ff. – Der Oberlausitz wurde ein vergleichbares Privileg gegen Zahlung von 7000 Talern am 20. März 1603 durch Rudolf II. ausgestellt; NA v Praze, RG 109, f.

94 – 95. – FICKENSCHER: Die Oberlausitzer Stände, S. 105, Anm. 43.

170 NA v Praze, LŽ, Sign. I 32 (13.1.1571).

171 NA v Praze, RG 92, f. 73 – 74r; LŽ, Sign. II 35. – ÖStA – FHKA Wien, Gedenkbücher, Nr. 115 (1571), f. 158v–159r (19.4.1571).

172 NA v Praze, LŽ, Sign. I 33 (5. 6. und 2.7.1571).

173 BLHA Potsdam, Rep. 17 C Landeshauptmannschaft der Niederlausitz, Nr. 10, f. 20 – 21. – NA v Praze, RG 92, f. 73 – 74r. – Jakob von Salza war später Görlitzer Hauptmann und starb 1589; KNO

-THE: Geschichte des Oberlausitzer Adels, S. 470.

174 BLHA Potsdam, Rep. 17 C Landeshauptmannschaft der Niederlausitz, Nr. 10, f. 8 – 19, hier bes. f.

12v–18.

ßen.175 Wichtiger als die Abberufung des Christoph von Schreibersdorf, der Transfer der Zollangelegenheiten von der Schlesischen Kammer auf die Niederlausitzer Landeshaupt-mannschaft und damit verbunden die Unterordnung der gesamten Fiskalverwaltung un-mittelbar unter die Böhmische Kammer war jedoch, dass alle landesherrlichen Finanzen sich nun unter der Kontrolle von Beamten befanden, die ausschließlich aus den Reihen der einheimischen Stände ausgewählt wurden. Damit hatten die Stände in ihrem Kampf um die Macht einen weiteren deutlichen Erfolg erzielt. Die Gründung der Landeshaupt-mannschaft erwies sich so letztlich als bedeutender Beitrag zur Emanzipation der Nieder-lausitz in ihrem Verhältnis zum böhmischen Königreich.176