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Hans von Minckwitz stand knapp anderthalb Jahre an der Spitze der Niederlausitzer Landvogtei. In dieser Zeit wog Ferdinand I. sorgfältig die Vor- und Nachteile der Kandi-daten ab, die Interesse am höchsten Amt der Niederlausitz zeigten. Obwohl sich unmit-telbar nach dem Tod Heinrich Tunkels relativ viele Kandidaten gemeldet hatten, disku-tierte man offensichtlich erst sehr viel später über einen tatsächlichen Nachfolger. Die Entscheidung fi el aber vor dem 27. Oktober 1540, denn an diesem Tag wurden in Ferdi-nands Kanzlei einige Briefe geschrieben, mit denen der böhmische Herrscher die nieder-lausitzischen Prälaten, Herren, Ritter und Städte sowie die Kommissare Sebastian von Weitmühl (Šebestián z Weitmile) und Georg von Schleinitz (Jiří ze Šlejnic) darüber in-formierte, dass er Albrecht Schlick, Graf von Passaun und Weißkirchen (Albrecht Šlik, hrabě z Bassana a Holíče), zum neuen Niederlausitzer Landvogt ernannt habe und dessen Amtseinführung für Montag, den 6. Dezember, geplant sei.202

Zur Teilnahme am Festakt, der nach den alten, bewährten (uns leider unbekannt blei-benden) Bräuchen ablaufen sollte, war neben den erwähnten Kommissaren und den nie-derlausitzischen Ständen auch Hans von Minckwitz eingeladen, dem man befohlen hatte, das Amt einschließlich aller Register und sonstigen Kanzleidokumente zu übergeben und zugleich das Spremberger Schloss abzutreten. Dieses war nämlich entgegen den Plänen Ferdinands I. und der Böhmischen Kammer nicht verpfändet worden, sondern in den Händen des Verwalters der Landvogtei bzw. seines Bruders Hieronymus geblieben, der das Amt des Spremberger Hauptmanns versah.203 Hans von Minckwitz sollte auch alle Einkünfte und Ausgaben des ihm anvertrauten Amtes während seiner Verwalterschaft bi-lanzieren, wobei Ferdinand I. die Ergebnisse so schnell wie möglich zu sehen wünschte.

Obwohl dem böhmischen König die geforderte Übersicht noch Ende 1542 nicht vorlag und umstritten ist, ob Hans von Minckwitz sie überhaupt je ausarbeitete,204 steht anderer-seits fest, dass Albrecht Schlick bereits im Dezember 1540 tatsächlich Landvogt wurde

Landvögte, S. 459. – DERS.: Die Reformation in der Niederlausitz, in: JBKG 25, 1930, S. 83 – 117. – BLASCHKE, Karlheinz: Reformation in den Lausitzen, in: DERS.: Beiträge zur Geschichte der Ober-lausitz. Gesammelte Aufsätze (Mitteilungen des Zittauer Geschichts- und Museumsvereins, Bei-heft; 1; NLM, SonderBei-heft; 2), Görlitz – Zittau 2000, S. 66 – 86, hier S. 71 und 73. – Die Minckwitz hatten den katholischen Glauben bereits in den 1520er Jahren aufgegeben. Hans’ Onkel gleichen Namens verfasste für seine Herrschaft Sonnewalde sogar eine Kirchenordnung, die er zur Be-gutachtung an Martin Luther schickte, den er in Worms kennengelernt hatte. Luther las sich die Minckwitz’sche Ordnung durch und äußerte sich 1525 in einem seiner Briefe darüber: Die ordnung […] gefällt mir nicht übel, und wo sie im schwange wäre, liesse ich sie so bleiben, […]. SEHLING, Emil (Hg.): Die evangelischen Kirchenordnungen des 16. Jahrhunderts. Die Mark Brandenburg. – Die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz. – Schlesien, Leipzig 1909, S. 371.

202 NA v Praze, LŽ, Sign. III 17/5; RG 23, f. 118 – 119.

203 NA v Praze, RG 44, f. 62v–63v (12.3.1549).

204 NA v Praze, RG 25, f. 174r und 220 – 221r (5. 10. und 27.12.1542).

und damit seine mehr als vierzehn Jahre währende Karriere als oberster Beamter der Nie-derlausitz begann.205

Einer Theorie zufolge lassen sich die Anfänge des Geschlechts, aus dem der neue Nie-derlausitzer Landvogt stammte, Mitte des 13. Jahrhunderts in der Umgebung der Städte Oelsnitz und Plauen im Vogtland ausmachen.206 Erst aus dem ausgehenden 14. Jahrhun-dert stammen jedoch sichere Hinweise auf Heinrich Schlick von Lazan (Jindřich Šlik z Lažan), der Bürger, Ratsherr und Tuchhändler in Eger war. Heinrich war der Vater von Kaspar Schlick (Kašpar Šlik, 1395 – 1449), dem wohl berühmtesten Mitglied dieser Fa-milie, der allem Anschein nach ein Mann mit vielen Talenten war. In den Diensten König Sigismunds von Luxemburg gelang ihm ein außergewöhnlicher Aufstieg, in dessen Ver-lauf er sein Geschlecht hervorragend positionieren konnte. Für seine Verdienste wurde er 1422 in den Reichsfreiherrenstand und fünfzehn Jahre später in den Reichsgrafenstand erhoben; er erhielt das Prädikat „von Passaun“, das Albrecht von Habsburg 1438 noch um Weißkirchen erweiterte.207 Sein Geschlecht lebte in den Brüdern Nikolaus, Hieronymus und Kaspar (II.) – den Söhnen von Kaspars Bruder Matthes – fort. Die drei Brüder teilten den Besitz unter sich auf und wurden zu Begründern der drei Schlick’schen Linien: des Falkenauer, des Elbogener und des Schlackenwerther Zweigs.208

Über das Privatleben Albrecht Schlicks ist wenig bekannt.209 Er wurde um 1490 als jüngster von drei Söhnen des Hieronymus Schlick (Jeroným Šlik), des Begründers der El-bogener Linie, und der Dorothea Calta von Steinberg (Dorota Caltová z Kamenné Hory) geboren. Ab 1506 regierte er gemeinsam mit seinen Brüdern Sebastian und Quirin in El-bogen (Loket). Nach Sebastians Tod im Jahr 1528 war er der einzige Regent des Elboge-ner Kreises, aber in den vierziger Jahren trat er diesen Besitz an seinen Vetter Hieronymus (II.) aus der Schlackenwerther Linie des Geschlechts ab. Ab 1534 besaß er eine Ver-schreibung auf Kaaden, das ihm Ferdinand I. gegen 3000 Schock böhmischer Groschen verpfändet hatte, und er wird mehrfach als Burggraf von Eger erwähnt.210 Er war

zwei-205 Über die Einführung Albrecht Schlicks in das Amt des Landvogts sind keine Nachrichten überlie-fert. Bereits am 12.12.1540 wandte sich Ferdinand I. mit der Bitte an Schlick, in den Streit der Stadt Guben über das Bierbrau- und -schankrecht einzugreifen, woraus sich schließen lässt, dass Schlick damals bereits an der Spitze der Niederlausitz stand. NA v Praze, RG 23, f. 129.

206 GRANDL, Heinrich: Zur Herkunft der Schlicke, in: MVGDB 20, 1882, S. 347 – 351.

207 Auch von Bassano (nach Burg und Stadt in Norditalien, die bereits 1431 zur Grafschaft erhoben worden waren) und Holíč (heute in der Westslowakei).

208 BUBEN, Milan: Hrabata Schlikové, in: SE 8, 1992, Nr. 25, S. 97 – 107, hier S. 97 ff. – HALADA: Le-xikon, S. 153 ff. – VINAŘ, Otakar: Pět století Šliků (Heraldika a genealogie 31, 1998, Nr. 3 – 4; Son-derdruck), Praha 1998. – OSN XXIV, S. 673 f.

209 Genauso wenig ist über das gesamte Geschlecht bekannt, das noch auf eine moderne Bearbeitung seiner Geschichte wartet. Archivbestände zur Geschichte der Schlick befi nden sich im SOA Zámrsk und im SOA Plzeň (Zweigstelle Klatovy); HANZALOVÁ, Jarmila (Hg.): Soupis osobních písemných pozůstalostí a rodinných archivů v České republice, Praha 1997, S. 585 f., 617.

210 Albrecht Schlick erhielt Kaaden gemeinsam mit seinem Sohn Georg am 19. März 1534 als Pfand-herrschaft. Dabei berief sich Ferdinand I. auf die Zustimmung der Stände vom 24. Februar 1530, wonach er „an seinen Einkünften im böhmischen Königreich oder an den Schlössern 33 333 Schock und 29 böhmischer Groschen verpfänden konnte“ [mohl zastaviti na důchodech svých v království českém aneb na zámcích 33 333 kop a 29 grošův českých]; SČ I, Nr. 220, S. 327 – 332, hier S. 329,

mal verheiratet. Seine zweite Gemahlin war Elisabeth Ungnad von Sonneck, die älteste Schwester des Hans Ungnad (1493 – 1564),211 die ihren Mann um ca. zwanzig Jahre über-leben sollte. Von seinen drei Söhnen starben Georg und Christoph noch vor dem Vater, Andreas spätestens 1563.212 Mit Andreas’ Sohn Albrecht, den er mit Brigitte, einer Toch-ter Albin Schlicks aus der Falkenauer Linie, gezeugt hatte, starb der Elbogener Zweig der Schlick um 1592 aus.213

Albrecht Schlick trat spätestens unter Ludwig II. Jagiello, an dessen Hof er das Amt des Marschalls bekleidete, in herrscherliche Dienste.214 Unmittelbar nach der Schlacht bei Mohács engagierte er sich zugunsten Ferdinands, dessen Kandidatur er im Unterschied zu zahlreichen anderen Adligen von Anfang an unterstützte. Gemeinsam mit Johann Pfl ug von Rabstein überzeugte er sogar einige Tage vor der Wahl des neuen Königs Zdeněk Lev von Rožmitál von den Vorzügen des Habsburgers. Nach dessen Wahl gehörte er zu den sechs böhmischen Herren, die gemeinsam mit sechs Rittern und sechs Bürgern Ende 1526 zu Ferdinand nach Wien reisten, um die Wahlkapitulation auszuhandeln. Ferdinand I. dankte Schlick für seine Unterstützung bei der Wahl zunächst wohl nur mit der Verlei-hung des antiquierten Titels eines königlichen Kammermeisters (1527 – 1553), da ihm da-mals kein anderes Amt zur Verfügung stand.215 Aber selbst für dieses Amt bezog Albrecht Schlick einen Sold, den er auch einzufordern verstand.216 Als Gunsterweis dürfte auch die Aufnahme der Tochter seiner ersten Gemahlin in das Frauenzimmer der Anna Jagiello zu verstehen sein,217 und weitere Belohnungen ließen sich erwarten, da Albrecht Schlick weiterhin im Dienst des böhmischen Königs tätig war. In Ferdinands Auftrag nahm er an zahlreichen wichtigen Verhandlungen in den Ländern der Böhmischen Krone sowie im Reich teil und schaltete sich zweimal auch in den Kampf gegen die Türken ein, ohne je-doch nachweisliche Erfolge zu erzielen. Man darf wohl eher von Misserfolgen sprechen:

Sein erster Zusammenstoß mit dem Feind der Christenheit im Jahr 1527 war

bedeutungs-Punkt 6. Beim Prager Brand 1541 verbrannte auch die ursprüngliche Verschreibung, sodass Alb-recht Schlick um deren erneute Ausfertigung ersuchte; NA v Praze, RG 23, f. 317v (17.8.1541).

Diese erfolgte am 16. Dezember 1541; NA v Praze, RG 22, f. 69v–71v.

211 ZIMMERMANN, Bernd: Landeshauptmann Hans Ungnad von Sonnegg (1493 – 1564). Ein Beitrag zu seiner Biographie, in: PFERSCHY, Gerhard (Hg.): Siedlung, Macht und Wirtschaft. Festschrift Fritz Posch zum 70. Geburtstag (Veröffentlichungen des Steiermärkischen Landesarchives; 12), Graz 1981, S. 203 – 216, hier S. 204. – Außer Elisabeth Ungnad von Sonneck heiratete 1534 auch ihr Bruder Andreas (1499 – 1557) nach Böhmen. Er nahm Bohunka, eine Tochter des Obersthofmeis-ters Adalbert von Pernstein, zur Frau; JANÁČEK: České dějiny I/2, S. 127; BŮŽEK: Ferdinand Ty-rolský, S. 53 f.

212 In einem Schreiben Erzherzog Ferdinands an Ferdinand I. vom 14. November 1563 wird Andreas Schlick bereits als verstorben bezeichnet; NA v Praze, ČDKM, Sign. IV S, Kart. 209.

213 BUBEN: Hrabata, S. 99 f. – VINAŘ: Pět století, S. 131 f., 137 f., 141, 169 – 172. – OSN XXIV, S. 676 f.

214 DVORSKÝ (Hg.): Dopisy, AČ IX, S. 77 ff., Nr. 530 (22.6.1526).

215 REZEK: Zvolení, S. 630 und 635. – TOMEK: Dějepis XI, 20 ff., 24, 410. – JANÁČEK: České dějiny I/2, S. 121.

216 ÖStA – FHKA Wien, Gedenkbücher, Nr. 300 (1527 – 1531), f. 165 und 168 (6. 6. und 12.7.1530).

217 NA v Praze, RG 2, S. 200 (25.9.1533).

los (er führte damals 200 Reiter an), und sein zweiter Kriegszug zehn Jahre später führte sogar zu einer Tragödie.218

Nach der erfolglosen Belagerung Wiens im Jahr 1529 gestanden die Türken der Habs-burgermonarchie einige Jahre relativer Ruhe zu, obwohl ihre Ausfälle in Richtung Wes-ten nie ganz aufhörWes-ten. Der Feldzug 1532 bedrohte sogar die königliche Familie, und nur durch das rechtzeitige Eingreifen des aus Kroatien stammenden Feldhauptmanns Hans Katzianer und des steirischen Landeshauptmanns Hans Ungnad von Sonneck konnte Wien erneut vor der Eroberung gerettet werden. 1537 griffen die Türken mit mehre-ren zehntausend Mann die Gmehre-renzen der Habsburgermonarchie an. Ferdinand I. ließ ein Heer aus allen seinen Ländern zusammenrufen. Aus der Niederlausitz schickte man 100 und aus der Oberlausitz 200 Reiter, in Schlesien wurden sogar 1000 Reiter aufgeboten.

Die meisten Männer unter den 16 000 Fußknechten und den 8000 Reitern waren jedoch böhmischer Herkunft. Die oberste Heeresführung übernahm Hans Katzianer, der frühere Held der Belagerung von Wien. Ihm wurden die Hauptleute Hans Ungnad und Albrecht Schlick zugeteilt, wobei Schlick für das Heer aus allen Ländern der Böhmischen Krone verantwortlich war. Neben Verteidigungsoperationen sollten sie einen Angriff organisie-ren, bei dem die slowenische Stadt Ossek (Osek) und die im Lauf der letzten Jahre verlo-rengegangenen Gebiete zurückerobert werden sollten.219

Die Hauptleute erreichten mit ihrem Heer den Bestimmungsort, zeigten jedoch über Monate hinweg keine größere Aktivität. Die Truppen verhielten sich wegen der unzurei-chenden Versorgung, des regnerischen Wetters und der uneinigen Führung sehr undiszi-pliniert; die Söldner drohten sogar mit Desertion, falls ihr Sold zurückgehalten werde.220 Außerdem verhandelte Hans Katzianer anscheinend hinter dem Rücken der Habsburger mit dem Feind. Als es am 9. Oktober 1537 zur Schlacht kommen sollte, rief er 7000 Rei-ter und viel Fußvolk zusammen und fl üchtete, um sein Leben zu bewahren.221 Seinem Bei-spiel folgten auch Hans Ungnad und sogar Albrecht Schlick. Als dieser feststellte, dass der oberste Feldhauptmann verschwunden war, rief er angeblich aus: Der teuffel schlahe den Turcken, jch werde jnen allein nicht schlahn! Danach stieg er aufs Pferd und fl oh ebenfalls mit einem Teil seiner Truppen. Im Lager blieben nach Angaben von Johannes Haß, der seine Informationen direkt von Albrecht Schlick bezog, ca. 4000 zumeist aus Böhmen stammende Männer sowie 1500 böhmische Herren und Ritter zurück.222

Natür-218 DVORSKÝ (Hg.): Dopisy, AČ X, S. 217, Nr. 743 (4.8.1527). – NA v Praze, RG 2, S. 98 – 99 (20.5.1533), 400 – 401 (6.3.1534); RG 17, f. 1r (2.9.1536). – VINAŘ: Pět století, S. 140 – 141.

219 SRL IV, S. 354. – MANLIUS: Commentariorum rerum Lusaticarum libri VII, Liber VI, Caput CXXVI, S. 406 f., § V. – JANÁČEK: České dějiny I/2, S. 129 f. – ZIMMERMANN: Landeshauptmann, S. 209 f. – VINAŘ: Pět století, S. 141. – VOREL: Velké dějiny VII, S. 134 – 136. – Zu Hans Katzianer MATSCHKE, Klaus-Peter: Das Kreuz und der Halbmond. Die Geschichte der Türkenkriege, Düssel-dorf/Zürich 2004, S. 259 – 264. – Albrecht Schlick lieh Ferdinand I. für diesen Feldzug 4000 rheini-sche Gulden in bar, wofür ihm der König einige zum Kloster Grünhain gehörende Dörfer als Pfand überließ; ÖStA – FHKA Wien, Gedenkbücher, Nr. 302 (1536 – 1540), f. 20 – 21r (22.3.1537).

220 ZIMMERMANN: Landeshauptmann, S. 210.

221 NK v Praze, Sign. XXIII A 6: Marcus Bydzovinus a Florentino, Prima Pars Annalium seu eorum quae sub Ferdinando Rege Bohemiae contingerunt, f. 79v.

222 SRL IV, S. 355, Z. 36 – 38.

lich endete die bald danach beginnende Schlacht mit einem eindeutigen Sieg der Türken.

Ferdinands Heer wurde zur Gänze geschlagen und kläglich ermordet.223 In der Nähe von Ossek starben damals auch Peter Rašín von Riesenburg (Petr Rašín z Rýzmburka), der am 9. Mai zum Feldmarschall über die Fuß- und Reitertruppen aus dem böhmischen König-reich ernannt worden war, sowie zwei Söhne des Oberstlandrichters Heinrich Berka von Duba (Jindřich Berka z Dubé) und viele weitere Angehörige des böhmischen und mähri-schen Adels, während andere in türkische Gefangenschaft gerieten.224

Welches Schicksal erwartete die Hauptleute, die ihr Heer kurz vor der Schlacht ver-lassen und es so zur Niederlage verurteilt hatten? Hans Katzianer wurde einige Wochen später gefangen genommen und in der Wiener Hofburg in einem Raum über der Kanzlei inhaftiert, wo ihn eine zehnköpfi ge Wache beaufsichtigen sollte. Mit Hilfe eines treuen Dieners gelang es ihm Anfang 1538, sich in die Kanzlei abzuseilen und zu fl iehen. Asyl fand er bei dem kroatischen Magnaten Nikolaus Zrinyi von Zerin, der ihn jedoch im Ok-tober des folgenden Jahres mit dem Schwert duchbohrte, um zu verhindern, dass Katzi-aner in türkische Dienste trat. Als Zeichen seiner Loyalität gegenüber den Habsburgern sandte der künftige Held von Szigetvár und Gemahl der Eva von Rosenberg, Schwester Wilhelms und Peter Woks von Rosenberg, Katzianers Kopf nach Wien.225 Hans Ungnad von Sonneck hatte mehr Glück. Auf der Novembersitzung des steirischen Landtags und später vor dem König konnte er seine Flucht erklären und eine komplette Rehabilitierung erreichen, obwohl er später zu Unrecht wegen einer Handlung beschuldigt wurde, die er seiner Behauptung nach auf Befehl von Hans Katzianer begangen hatte.226

Albrecht Schlick, der Hauptmann des Heers aus den Ländern der Böhmischen Krone, befand sich in einer etwas komplizierteren Situation und fi el bei Ferdinand I. auf lange Zeit in Ungnade. Er durfte zunächst nicht einmal an den böhmischen Landtagen teilneh-men, obwohl er sich sofort nach seiner Tat schriftlich beim König entschuldigte und seine Flucht vom Schlachtfeld auch bei einer persönlichen Audienz zu erklären versuchte.227 Schließlich sah der König ein, dass Albrecht Schlick, ein kleiner rundlicher Mann, nochm ansehnn zu solchen ernsten vnd krigissachen wiedir den Turcken gar vngeschicht war228,

223 NK v Praze, Sign. XXIII A 6: Marcus Bydzovinus a Florentino, Prima Pars Annalium seu eorum quae sub Ferdinando Rege Bohemiae contingerunt, f. 80r; dort wird gesagt, dass es am 8. Oktober zur Schlacht kam, Katzianer mit 8000 Mann fl oh und in der Schlacht 6000 Mann ums Leben ka-men. – VINAŘ: Pět století, S. 141, macht ohne nähere Quellenangabe darauf aufmerksam, dass in der Schlacht an die 5000 Mann gefallen seien.

224 TOMEK: Dějepis XI, S. 164 und 173 f. – VOREL: Velké dějiny VII, S. 136.

225 SRL IV, S. 357, Z. 11 – 24; S. 379, Z. 21 – 24. – MATSCHKE: Das Kreuz, S. 263. – TOMEK: Dějepis XII, S. 170. – Zu Nikolaus Zrinyi von Zerin neuerdings BŮŽEK, Václav; JAKUBEC, Ondřej; KRÁL, Pavel:

Jan Zrinský ze Serynu. Životní příběh synovce posledních Rožmberků, Praha 2009, S. 23 – 26.

226 ZIMMERMANN: Landeshauptmann, S. 210 – 214.

227 NA v Praze, RG 18, f. 223 und 344 (2. 1. und 16.5.1538).

228 SRL IV, S. 358, Z. 7 – 12: Albricht Sligk ist der person sehr ein clein man, des leibs geringe, vnd nochm ansehnn zu solchen ernsten vnd krigissachen wiedir den Turcken gar vngeschicht, vnd wirt jme diese fl ucht vndir den Behmenn sein leben lang nochzotten, vnd hette billich der kon. mt. ge-buren Allen einen solchen ernsten groswichtigen handel vnd krieg mit andern krigisheubtleuten zu bestellenn.

und verzieh ihm. Zum Beweis seines guten Willens ernannte er Schlick dann Ende 1540 zum Niederlausitzer Landvogt, womit er zugleich dessen ansonsten ergebene Dienste würdigte.229 Außerdem bewies Ferdinand damit erneut sein Talent zur Auswahl geeigne-ter Beamgeeigne-ter, denn niemand eignete sich aufgrund von Loyalität, bisherigen Erfahrungen, Sprachkenntnissen, Kontakten zu Sachsen und religiöser Überzeugung besser für das Amt des Landvogts als Albrecht Schlick, für den die Niederlausitz wegen seines Interes-ses an Spremberg und der gelegentlichen Teilnahme an den dortigen Landtagen in seiner Funktion als königlicher Kommissar außerdem kein unbekanntes Territorium war.230 Mit Schlicks Ernennung machte Ferdinand I. zudem deutlich, dass er sich bei der Besetzung des höchsten Landesamtes der Niederlausitz von niemandem hineinreden ließ und künf-tig vor allem nach eigenem Willen handeln würde.231