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3. DAS HANDBOOK-OFFICE

3.12. Das Handbook

für strittige Fragen' angemessen zu sein hatte. Dazu war es ebenfalls notwendig, wie bereits mehrfach angesprochen, gewisse Verfahrensregeln zur Standardisierung der einzelnen Beiträge vorzugeben, extern an die Autoren und intern an die Redaktion.

Diese Arbeit wurde auch öffentlich anerkannt, was im nächsten Abschnitt

"Rezeptionen" angesprochen werden wird. 1979 erhielt "The Staff of the Handbook of ..." im Rahmen des "Blue Pencil Award for Outstanding Government Publications"

der National Association of Government Communicators eine Ehrenauszeichnung (Honorable Mention) in der Kategorie Bücher für ihre Arbeit und die Produktion des Bandes Nr. 8. Auch von Rezensentenseite wurde die Serie vielfach gelobt. Hier als Beispiel für die komplette Serie eine Besprechung des Bandes 5:

"The production of this book is superb. It is illustrated with hundreds of photo-graphs many from private collections and archival ressources which were se-lected by members of the permanent editorial staff. The figures are clearly drawn and the type face is large enough not to strain one's eyes. Very few errors were noted in either the text or the bibliography. Both the bibliography and the index are well prepared and invaluable to the specialist fieldworker and the interested layperson. It is impossible to overstress the importance of this work as a refer-ence manual ... . That this opinion is shared by many others is borne out by the fact that the first printing was sold out within weeks of publication." (Rezension des Bandes 5 in einer kanadischen Fachzeitschrift, 1982).

wußten. Ich sprach unter anderem mit Lehrern, Museumsangestellten und Künst-lern, mußte aber jedesmal ausführlich erklären, um was für ein Projekt es sich han-delte.

Bei der Planung der jeweiligen Bände war versucht worden, Angehörige der thematisierten Gruppe(n) als Autoren zu finden, um eine Sichtweise 'von innen' einzubeziehen. In den ersten neun Bänden waren dies 21 der 466 Autoren und Autorinnen sowie ein Volume Editor, der allerdings zwei Bände herausgebracht hatte; der Einsatz eines Anderen als Volume Editor war vorgesehen. Hauptgrund für die vergleichsweise geringe Zahl war wohl der, daß es nur wenige gab, die die ge-stellten Ansprüche, vor allem den einer wissenschaftlichen Ausbildung, erfüllen konnten. Die Zahl möglicher Kandidaten nahm aber im Lauf der Zeit zu. Eine direkte Zusammenarbeit aus dem Handbook-Büro heraus war marginal und bezog sich meines Wissens hauptsächlich auf die Beschaffung von Bildmaterial.

Die nur geringe Einbeziehung von Angehörigen der ethnischen Gruppe in das Handbook-Projekt war ein mehrfach erwähnter Kritikpunkt in Rezensionen, vor allem an den 1988 und 1990 erschienenen Bänden. Im Handbook-Büro waren hauptsäch-lich amerikanische und kanadische Rezensionen und einige wenige aus Europa eingegangen. Aus anderen Ländern standen mir keine Besprechungen zur Verfü-gung.

Kurze Besprechungen und Ankündigungen fielen meist sehr positiv angesichts der Fülle des präsentierten Materials aus. Hervorgehoben wurde vor allem die Mög-lichkeit, über das Handbook

Fachleute, die sich auskannten und längere Besprechungen in einer ethnologi-schen oder archäologiethnologi-schen Fachzeitschrift verfaßten, waren sehr viel kritischer und hinterfragten und bemängelten vor allem viele Details. Wer etwas genauer

hin-schaute, sah auch Schwachpunkte, vor allem gemessen an dem vom General Editor im Vorwort jeweils postulierten eigenen Anspruch, "to give an encyclopedic summary of what is known about prehistory, history, and cultures of ...". Dies sei schon vom Umfang her nicht zu realisieren, so ein Rezensent des vierten veröffentlichten Ban-des.

einen ersten Einstieg in ein Thema zu bekommen und sich anhand der sehr guten Bibliographie weiter vorarbeiten zu können.

Aber auch bei den z.T. scharfen Kritikern wurde die enorme Leistung der Auto-ren und vereinzelt der Redaktion betont, und die bereits erwähnte Möglichkeit, sich einen ersten Überblick zu einem Thema zu verschaffen. Ein Rezensent des Bandes 9 aus dem Jahre 1981 faßte zusammen:

"Most Handbooks are apt to be criticized by specialists because their format re-quires generalizations rather than comprehensive, detailed discussions. Fur-thermore, the opinions, biases, and personal experiences of the chosen con-tributors are reflected in their writings, and, even though editors strive to elimi-nate them, there may be contradictions, overlaps, and unexplained divergent opinions. ... But, for the general reader, for students of anthropology and history,

and for others with a concern [for the topic] ..., this is a tremendously important and useful reference book. ... scholars, recognizing the aims and methods of the Handbook, should also find the summations and bibliographic references of im-measurable value to their future studies. It undoubtedly will be the standard, readily available, encyclopedic coverage ... for years to come." (Rezension in einer amerikanischen Fachzeitschrift, 1981).

Die beiden 1988 und 1990 veröffentlichten Bände erfuhren mehr Schelte aus ei-ner gesellschaftskritischen Perspektive heraus. Angemahnt wurde die aus der Sicht einiger Rezensenten moralische Verpflichtung zur Berücksichtigung der eigenen Ansichten der Bevölkerungsgruppe(n) (native point of view) von sich selbst. Dazu gehörte z.B. deren Forderung, die vor Ort benutzten Eigenbezeichnungen statt der in der Literatur etablierten Namen zu verwenden.

Ein deutscher Rezensent hat sich ausführlich mit der Handbook-Serie befaßt und Mitte der Achziger in einer deutschen Fachzeitschrift eine Besprechung der bis dato erschienenen Bände veröffentlicht. Er lobte den Umfang und die sorgfältige Recherche der Handbook-Bände, zu deren Veröffentlichung wohl nur eine Institution wie das Johnson Institute in der Lage gewesen sei. Seine Kritik an einer mangeln-den theoretischen Fundierung der Beiträge sah er als Indiz für die Schwierigkeit, Empirie und Theorie miteinander zu verbinden, da dazu selbst das Johnson Institute nicht in der Lage gewesen sei. Für ihn war das Handbook ein hervorragendes Bei-spiel für die Entwicklung der Ethnologie in den USA, die durch die große Zahl der in diesem Bereich arbeitenden Wissenschaftler prädestiniert für ein solches Vorhaben war und welches anderswo nicht zu verwirklichen gewesen wäre. Er brachte auch Verständnis für die lange Publikationszeit auf, da er um die Schwierigkeiten einer redaktionellen Arbeit wußte. Den Vorschlag eines von ihm zitierten deutschen Eth-nologen, ein entsprechendes Handbook

Die mir vorliegenden Rezensionen habe ich nach unterschiedlichen Bereichen untersucht und die positiven den negativen Punkten gegenübergestellt. Wenn die negativen Anmerkungen zu überwiegen scheinen, liegt dies daran, daß Rezensen-ten zwar alle die gleichen positiven EigenschafRezensen-ten hervorhoben, aber je nach Blick-winkel und Spezialgebiet unterschiedliche Punkte negativ bewerteten. Dabei kam es auch vor, daß ein und derselbe Artikel eines Bandes von einem Rezensenten be-sonders gelobt, von einem anderen dagegen negativ beurteilt wurde.

über alle Ethnien der Welt zu schaffen, sah er als absolut unrealistisch an.

Vom rein technischen her wurde die umfangreiche und gute Bebilderung, die ei-ne eigeei-ne Informationsquelle darstelle und gut recherchiert sei, hervorgehoben, auch wenn es zum zweiten veröffentlichten Band eine harsche Kritik anhand von vier oder fünf ausgewählten Fotografien gab, die in den Bildleisten falsche Informationen enthielten. Andere sahen die Aufnahmen als zu klein wiedergegeben an und

meinten, diese wären mit den vorhandenen technischen Möglichkeiten besser re-produzierbar gewesen. Gute Illustrationen, viele und gute Karten, umfangreiche

Stichwortverzeichnisse, ansprechende Aufmachung (Papier, Schrift, Bindung, Um-schlag) und nicht zuletzt der niedrige Preis wurden positiv hervorgehoben. Stellver-tretend hierfür die folgende Aussage:

"..., one is struck by the fruitful efforts of the editors, contributors, and illustrations researchers and others on the Handbook staff in locating and presenting what is one of the joys of [the volume] ...: its photographs and illustrations. ... This volume contains much of great interest in material culture. As stated before, it is superbly illustrated. The synonymies (and maps) make an important, lasting contribution. The production is impressive, and there seem to be few technical errors." (Rezension im American Anthropologist).

Mit dem letzten Satz des Zitates ist die redaktionelle Überarbeitung der Beiträge angesprochen. Von unterschiedlichen Kritikern wurde das immense Werk und die redaktionelle Arbeit hervorgehoben, die zu einer guten Abstimmung der einzelnen Kapitel und wenigen technischen oder Schreibfehlern geführt hätte. Im großen und ganzen wurde die Leistung der Autoren und ihre Auswahl als ausgewiesene Exper-ten positiv hervorgehoben, obwohl natürlich die Qualität bei einer so großen Zahl von Autoren unterschiedlich sei und es die eine oder andere Stimme gab, die fragte, ob mehr nach persönlicher Sympathie denn nach Fachwissen ausgewählt worden war. Daß es verschiedene Meinungen zu einem Themenbereich gab, wurde positiv gesehen, allerdings sollten diese durch Querverweise aufeinander verwiesen wer-den. Die Konzentration auf nordamerikanische Autoren, vor allem was die verarbei-tete Literatur betraf, wurde in europäischen Besprechungen kritisiert.

Die in jedem Abschnitt vorhandenen Synonyme, die umfangreiche Dokumenta-tion der materiellen Kultur und die guten, einen aktuellen Überblick vermittelnden Bibliographien wurden als Beispiele für professionelles Arbeiten genannt.

Negativ gesehen wurde die lange Dauer der Veröffentlichung und die dadurch nicht mehr gegebene Aktualität mancher Kapitel und Literaturlisten. Eine mangelnde Abstimmung der verwendeten Termini, z.B. aus dem religiösen Bereich, wurde von einem Rezensenten in einer deutschen Besprechung festgestellt. Der selbe Autor vermißte in dem überwiegenden Teil der Beiträge des 1990 veröffentlichten Bandes einen Hinweis darauf, daß die nebeneinandergestellten "zentrale[n] Bereiche des kulturellen Systems (Ökonomie, Soziales System, Religion) sich gegenseitig durch-dringen bzw. einander bedingen." (Rezension in einer deutschen Fachzeitschrift, 1992).

Zur Verständlichkeit der Handbook-Beiträge gab es unterschiedliche Stimmen, z.T. natürlich bedingt durch die unterschiedlichen Autoren und ihrer Schreibstile und Themen. Während vielfach anerkannt wurde, daß für jeden etwas dabei und der überwiegende Teil der Texte auch für ein breites Publikum verständlich sei, meinten andere, daß der gestellte Anspruch, ein Werk für gebildete Laien ebenso wie für das Fachpublikum zu sein, nur z.T. erfüllt würde. Vor allem die linguistischen Passagen, kritisiert hier am zweiten erschienenen Band, wären wohl überwiegend für die

Mit-glieder der eigenen Gemeinde geschrieben und für Nichtlinguisten in der präsentier-ten Form wertlos:

"These language pieces are characteristically esoteric speeches of linguists to their brethren, making no concessions to the world outside the fraternity." (Re-zension des Bandes 15 in einer amerikanischen historischen Fachzeitschrift, 1979).

Als Verbesserung wurde mehrfach die Einführung eines Glossars vorgeschla-gen, um den noch nicht so tief in der Materie stehenden Lesern den Einstieg zu er-leichtern und Fachausdrücke verstehen zu helfen. Auch würden mehr zusammen-fassende Kapitel helfen, das über den Band verstreute Wissen zu einem Themen-komplex zu finden, bzw. einen Überblick über einzelne Abschnitte zu erhalten.

Zum Konzept und zum Inhalt wurde positiv vermerkt, daß die Serie ein wahres Jahrhundertwerk sei und alle Bereiche abgedeckt würden (Archäologie, Geschichte, Ethnologie, Linguistik, Demographie); sie sei damit wichtig als Nachschlagewerk und eine gute Einführung zu jedem Thema. Die Literaturliste sei hilfreich und die

aufgeführten Synonyme erleichterten die Identifizierung einzelner Gruppen. Fehlen würden jedoch, z.B. im 1990 veröffentlichten Band 7, im 1986 veröffentlichten Band 11, aber auch im 1984 veröffentlichten Band 5, deutlichere Hinweise auf die Situa-tion zum Zeitpunkt der Veröffentlichung, vor allem in (bildungs-)politischer Hinsicht, was aber ein Spiegel des allgemeinen Zustandes der Ethnologie zu der Zeit sei.

Die Verteilung einzelner Themenbereiche auf verschiedene Bände, dadurch bedingte Überschneidungen, die Aufteilung der gesamten Serie sowie die unter-schiedliche Gliederung in den einzelnen Bänden wurde gelegentlich in Frage ge-stellt. Anderen fehlte ein Verzeichnis der Illustrationen, Karten und Tabellen; eine Liste der Abbildungen, kapitelweise sortiert, gab es ab dem 1986 herausgegebenen Band.

Kritik gab es auch an der theoretischen Ausrichtung des Handbook. Nach Mei-nung des oben bereits erwähnten deutschen Ethnologen, dessen Rezension Mitte der Achziger in einer deutschen Fachzeitschrift veröffentlicht wurde, war das Hand-book als Ganzes zu sehr auf die "kulturhistorische Schule amerikanischer Proveni-enz" ausgerichtet und würde zu wenig die neueren theoretischen Entwicklungen in-nerhalb der Ethnologie, wie z.B. den kognitiven Ansatz, berücksichtigen. Gerade der General Editor habe in den Sechzigern mit einem Artikel über Ethnoscience eine wegweisende Rolle in dieser Richtung gespielt und somit sei die rein kulturhistorisch ausgerichtete Konzeption des Handbook

"Anlage und Ausführung sind in den wesentlichen Zügen konventionell, meta-phorisch ausgedrückt, gutbürgerliche, teilweise auch kleinbürgerliche Haus-mannskost." (Rezension in einer deutschen Fachzeitschrift, 1986).

umso unverständlicher. Sein Kommentar zu der generell auf alle Kapitel angewandten Gliederung:

Dabei werden von ihm einzelne Beiträge z.B. im Band 6 explizit ausgenommen, deren Autoren in ihren Beiträgen unter anderem "Momente wie ökologische Adapti-on, das Verhältnis von Entscheidungsfindung und Führerschaft, die Wechselwirkun-gen von sozialen Institutionen und ethischen Maßstäben" herausgearbeitet hätten.

Im großen und ganzen also eine positive Würdigung der Gesamtleistung mit ei-nigen Kritikpunkten an Details und einer grundsätzlichen Kritik an der nicht umfang-reich genug ausgefallenen Einbeziehung der Betroffenen.