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3. DAS HANDBOOK-OFFICE

3.1. Einbindung in das Johnson Institute

3.1.2. Als "intern" im Johnson Institute

Der Beginn meines Aufenthaltes am Johnson Institute war für mich mit bürokrati-schen Schwierigkeiten verbunden, die sich aus einem von dort zu spät abgesandten, für die Einreise in die USA jedoch nötigen Formular ergaben. Bei der Ankunft am Flughafen konnte ich die zuständige Beamtin der Einwanderungsbehörde nur mit Mühe überzeugen, mich nicht mit dem nächsten Flugzeug zurück nach Deutschland zu schicken. Unter der Auflage, bis zum Ende der nächsten Woche (Einreisetag war Mittwoch, der 30. Dezember 1992) wieder am Flughafen mit den benötigten

Papieren zu erscheinen, durfte ich mit meinem Gepäck die Absperrungen passieren und von Freunden empfangen werden.

Am Anfang der folgenden Woche fand ich mich bei dem zuständigen Sachbear-beiter des Johnson Institute in dessen Büro ein und erläuterte ihm meine Misere.

Das Johnson hatte eine eigene Stelle allein für die Bearbeitung der Papiere von in-ternationalen Gästen und der für mich zuständige Sachbearbeiter verdrehte die Au-gen, als ich ihm von meinem Problem erzählte. Er fragte, warum ich denn so früh gekommen wäre (meine Unterlagen hatte er erst am 15. Dezember abgeschickt). Er stellte mir allerdings sofort das benötigte Papier aus und meinte, ich sollte mich nach meinem Besuch bei der Einwanderungsbehörde bei ihm melden, was ich auch tat.

Er reagierte bei diesem zweiten Besuch allerdings sehr ungehalten auf die Vor-gehensweise der Beamten, die mich durch falsche "Status"-Zuordnung in eine

Ge-setzeslücke manövriert hatten, aus der ich nur mit einem $ 70,- Ummeldeantrag herausgekommen wäre. Er riet mir daher, alles beim alten zu belassen und nichts

"aufzurühren", da ich ja, so meinte er, eine Aufenthaltserlaubnis hätte.

Am ersten Tag meines 'offiziellen' Volontär-Daseins, dem 19. Januar 1993, wurde ich, zusammen mit anderen Praktikanten, von einer speziell mit dieser Auf-gabe betrauten Angestellten in das Johnson Institute eingeführt. Nach einigen In-formationsfilmen und -vorträgen ging es dann zur "Ausweisstelle", da ich (und die anderen) nun einen eigenen Johnson Institute-Ausweis erhielten, der uns den Zu-gang in die für die Öffentlichkeit gesperrten Bereiche ermöglichte. Bereits an einem der ersten Tage meines Aufenthaltes war ich von einer Frau des Wachpersonals am Eingang des Museums für Ethnologie und Umwelt abgefangen worden, als ich noch vor der offiziellen Öffnungszeit ins Museum gekommen und die Treppen zum Büro der Praktikanten-Beauftragten schon halb hoch gelaufen war. Bevor ich meinen Ausweis erhielt, durfte ich nur nach der täglichen Registrierung in einem Besucher-Buch und der Aushändigung eines Besucherausweises (Visitor-Batches) die nicht der Öffentlichkeit zugänglichen Räume betreten. Dieser Ausweis war permanent mitzuführen, um sich jederzeit gegenüber dem Sicherheitspersonal ausweisen zu können.

Die allgemein als security bezeichneten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen waren für die Bewachung der Gebäude verantwortlich. Stets in schwarze Uniformen ge-kleidet, waren sie an jedem Eingang eines Gebäudes postiert und kontrollierten die Ausweise und gelegentlich auch die Taschen, um Diebstähle zu verhindern. Dabei konnte es durchaus zu Konflikten zwischen (ehrlichen) Wissenschaftlern, die Teile zur weiteren Bearbeitung mit nach Hause nehmen wollten, und dem Wachpersonal kommen, wobei die Autorität dieses Sicherheitsdienstes in der Regel jedoch nicht in Frage gestellt wurde. Die Bewachung der Gebäude erfolgte 24 Stunden am Tag, ei-ne Folge der hohen Kriminalitätsrate in der amerikanischen Bundeshauptstadt. Sie hatte allerdings auch ihr gutes; auf diese Weise konnten Mitarbeiter zu jeder Tages- und Nachtzeit und am Wochenende (außerhalb der Öffnungszeiten nach Eintrag in ein Anwesenheitsbuch) in das Gebäude und in ihre Büros, wenn sie etwas zu arbei-ten hatarbei-ten. Auf gelegentliche Besuche patroullierender Wachleute mußte man sich später am Abend allerdings einstellen.

Einige von ihnen führten ihren Dienst sehr regelgenau aus und hielten sich strikt an ihre Vorschriften, andere reagierten mir gegenüber (und wahrscheinlich ebenso gegenüber anderen), vor allem, nachdem sie mein Gesicht langsam kannten, locke-rer. Es gab z.B. im Versandbereich (gleich neben und unter dem Handbook-Büro gelegen) eine Verladerampe, von der eine mehrstufige Treppe zum Parkplatz hinun-terführte. Hier war eine Sicherheitskraft stationiert, unter anderem um zu verhindern, daß Lieferanten in das Gebäude liefen, aber auch, um zu unterbinden, daß Ange-stellte das Gebäude über diese Rampe verließen, da es im Falle von Ent- und Bela-dungen sicherheitsgefährdend sein konnte. Angestellte hatten einen Umweg über

mehrere Treppen und Gänge mit verschlossenen Türen zu machen. Da ich mein Fahrrad immer mit ins Büro nahm (Diebstahlgefahr), war es mühselig, mit dem Fahr-rad durch die sich automatisch wieder schließenden Türen zu kommen, so daß ich gelegentlich die Abkürzung über die Rampe nahm, was mir, wenn kein Ladeverkehr bestand, von einigen Sicherheitsposten auch erlaubt wurde. Speziell eine Kraft al-lerdings hielt sich sehr genau an die Vorschriften und schickte mich regelmäßig auf den umständlichen Umweg, obwohl weit und breit kein Ladefahrzeug zu sehen war.

3.1.3. "Museum für Ethnologie und Umwelt" und "Department of Anthropology"

Das Museum für Ethnologie und Umwelt war 1993 eins der 15 Museen des Johnson Institutes und lag in Washington in zentraler Lage. Neben der Abteilung Anthropology fanden sich alle Bereiche der Naturkunde, angefangen von Mineralien über Reptilien, Insekten, Vögel, Fische und Säugetiere bis hin zu den frühen Formen menschlichen Zusammenlebens.

Im Vorwort des Jahresberichts für 1992 wies der Direktor auf die "Mission" des Museums hin:

"Outlining our special purpose within the broad sweep of the Johnson Institute's mandate to increase and diffuse knowledge, our mission statement dedicates us to 'understanding the natural world and our place in it.'" (aus dem Vorwort des Direktors des Museums für Ethnologie und Umwelt zum Jahresbericht 1992).

Die Aufgaben des Museum, das 1992 rund 7 Millionen Besucher hatte, sah der Direktor in den drei Bereichen "scientific research, stewardship of the vast collec-tions, and public education"29

"These range from highly specialized monographs to technical articles in pro-fessional journals, academic books, and popular books and articles" (Einleitung zur "Selected Publications"-Liste im Jahresbericht des Museums für Ethnologie und Umwelt 1992: 8).

. Mitarbeiter des Museum brachten 1992 mehr als 600 Veröffentlichungen heraus:

Mit rund 120 Millionen Objekten platzte das Museum aus allen Nähten und alle nicht öffentlich zugänglichen Räume waren mit Magazincontainern zugestellt. Viel-fältig waren die Aufgaben, die von den Mitarbeitern des Museums wahrgenommen wurden:

"A much larger report would be necessary to review all the outstanding work of our 120 Ph.D.-level research scientists, their technical assistants, the collection

29 Ausgehend von den "klassischen" Aufgaben der Museumsarbeit Sammeln und Bewahren, For-schen und Bilden fällt auf, daß der Bereich des Sammelns neuer Stücke nicht erwähnt wird.

Angeblich, so erzählte mir Catherine Osake, würden selbst Schenkungen und Vererbungen nur nach sehr sorgfältiger Prüfung angenommen, oft aber ausgeschlagen.

managers, exhibit specialists, educators, administrators, and the rest of our near-ly 700 staff members, and our hundreds of devoted volunteers." (aus dem Vor-wort des Direktors des Museums für Ethnologie und Umwelt zum Jahresbericht 1992).

Knapp 30 dieser 120 Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen waren dem De-partment of Anthropology innerhalb des Museums für Ethnologie und Umwelt zuge-ordnet, das sich wiederum in verschiedene Zweige aufteilte. Entsprechend der ame-rikanischen Ausrichtung der Anthropology waren Archäologie, physische Anthropolo-gie, Ethnologie und selbst die Linguistik vertreten. Zum Department gehörten wei-terhin ein großes Fachbereichsarchiv mit vielen Originaldokumenten, z.T. aus dem letzten Jahrhundert, ein eigener Bibliotheksbereich mit mehr als 75.000 Büchern und 400 Zeitschriftenreihen, ein nur dem ethnologischen Film gewidmetes Archiv,

Programme für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen, wie z.B. Indianer oder Asiaten, und natürlich das Handbook.