• Keine Ergebnisse gefunden

Gründe für die Vermeidung von Mietverträgen

3 Theorieansätze der betrieblichen Finanzwirtschaft

3.2 Finanzwirtschaftliche Analyse der Transaktion von Flächen- Flächen-nutzungsmöglichkeiten

3.2.3 Mieten oder Kaufen als Frage der optimalen Finanzierung auf der ersten Ebene

3.2.3.2 Gründe für die Vermeidung von Mietverträgen

Eine Reihe von Vorteilen (hierbei auch als Wegfall von Nachteilen) bei der Bewirt-schaftung von Flächen durch einen Investor und der anschließenden Vermietung an Nutzer sind bereits genannt worden. Es stellt sich daher die Frage, weshalb eigentlich nicht alle Flächen zur Miete angeboten werden, wo doch diese Transaktionsform offen-sichtlich große relative Vorteile aufweist, die mit folgenden Stichworten nochmals zu-sammengefasst werden können:

• Kostenvorteile, weil Fremdfinanzierung immer preiswerter als Eigenfinanzierung ist,

• Pagatorische Kostenvorteile, die sich aus Skalenerträgen und Synergieeffekten

151 Cornell/Shapiro, Stakeholders, S. 5-14.

80

beim Vermieter ergeben und

• Kostenvorteile durch Vermeidung hoher Delegationskosten, die in einer WEG un-vermeidbar sind.

Allein aus der Tatsache, dass es Eigentumswohnungen gibt, kann jedoch gefolgert wer-den, dass es auch Gründe geben sollte, die gegen die Vermietung von Immobilien als Transaktionsform und für den Verkauf von Flächennutzungsmöglichkeiten sprechen.

Ausgehend von der These, dass der Mietmarkt als Kreditmarkt zu verstehen ist, können - analog zu möglichen Eingriffen in einen Kreditmarkt - Eingriffe in den Mietmarkt in-terpretiert werden. In Volkswirtschaften, in denen die Höhe der Zinsen staatlich festge-legt wird, gibt es regelmäßig eine sehr starke Kreditrationierung, einen ausgeprägten so-genannten informellen Kreditsektor und damit auch die Notwendigkeit, stärker mit Ei-genkapital zu finanzieren.152 Schließlich treffen die Zinsregulierungen i. d. R. nur die Fremdkapital-, also Kreditzinsen, und nicht die Eigenkapitalkosten. Analog kann man in Volkswirtschaften, in denen die Mieten staatlich reguliert werden, eine Wohnungsra-tionierung sowie einen informellen Wohnungsmarkt (Schwarzmarkt) beobachten. Der Möglichkeit, in einem zinsregulierten Kreditmarkt vermehrt über Eigenkapital zu finan-zieren, entspricht die Bildung von Wohnungs- oder Sondereigentum. Kann der Vermie-ter nicht den Marktwert über die Vermietung erhalten, so wird er den Wert der zukünfti-gen Marktmieten diskontiert als Kaufpreis für die Wohnung verlanzukünfti-gen.

Wenn die Preise im Mietmarkt reguliert und die Preise im Markt für Eigentumswoh-nungen nicht reguliert werden, so lässt sich über die Bildung von Wohnungseigentum ein Arbitragegewinn erzielen. Sind Anbieter und Nachfrager von Flächennutzungsmög-lichkeiten im Mietmarkt beschränkt, weichen sie auf den Eigentumsmarkt aus.

Interventionen bei der Mietpreisbildung, aber auch andere Mietmarktregulierungen kön-nen zu einem Zusammenbrechen des Mietmarktes und damit zu einem Ausweichen auf den Eigentumsmarkt führen. Wie unter Punkt 2.4.3 bereits dargelegt, führt

beispiels-152 Zur Frage der Zins- und Kapitalmarktregulierung in Entwicklungsländern siehe McKinnon, Financial Liberalisation.

81

weise die derzeitige Praxis bei der Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete nach

§ 2 MHG zu erheblichen Problemen.

Da es in Kapitalmärkten, in denen die Zinsen nicht reguliert werden, dennoch Eigenka-pitalfinanzierungen gibt, kann angenommen werden, dass es auch gute Gründe für die Finanzierung mit Eigenkapital gibt. Ebenso kann aus der Tatsache, dass es in Volkswirt-schaften, in denen keine oder praktisch keine Mietpreisregulierungen vorhanden sind, auch Eigentumswohnungen als Transaktionsform für Flächennutzungsmöglichkeiten existieren, analog gefolgert werden, dass es ebenso Gründe für diese Transaktionsform geben muss.

3.3 Das Finanzierungspostulat von Williamson als moderne Kapitalstrukturregel

Die Frage nach der optimalen Finanzierung einer Investition, die i. d. R. als Frage der optimalen Finanzierungsstruktur eines Unternehmens behandelt wird, führt zu einem Grundproblem der betrieblichen Finanzwirtschaft, welches an dieser Stelle nicht mit der der Thematik gebührenden Breite behandelt werden kann. Skizzenhaft dargestellt ging die Entwicklung von der traditionellen goldenen Bankregel, einer horizontalen Finanzie-rungsregel, nach der Fristenkongruenz zwischen den Aktiva und Passiva herrschen soll, über das Leverage-Theorem, nach dem aufgrund bestimmter Verhaltensannahmen eine Optimierung des Eigenkapitalanteils möglich ist, hin zur Irrelevanzthese der Finanzie-rungsstruktur nach Modigliani/Miller153. Nach diesem Meilenstein gab es eine Reihe von Weiterentwicklungen im Sinne der Erhöhung des Gehaltes der Aussage durch Re-duktion der Annahmen, Modigliani/Miller154, Stiglitz155, Miller156 und Fama157, als auch im Sinne der Relativierung der Annahmen, insbesondere durch Einbeziehung von

Dele-153 Modigliani/Miller, Cost of Capital.

154 Modigliani/Miller, Tax.

155 Stiglitz, Irrelevance.

156 Miller, Debt and Taxes.

157 Fama, Decisions.

82

gationskosten als Transaktionskosten aus der Agency-Theorie - Jensen/Meckling158, Meyers1 5 9 - sowie aufgrund des Betonens einer asymmetrischen Informationsverteilung zwischen Eigentümern und Managern - Meyers/Majluf160.

Parallel und zunächst unabhängig von der betrieblichen Finanzwirtschaft verlief die Entwicklung der Transaktionskostentheorie. Williamson zählt neben Klein, Crawford und Alchian zu den wichtigsten Vertretern der Transaktionskostenökonomie, deren Ur-sprung mit Coase T h e Nature of the Firm' auf das Jahr 1937 datiert werden kann.161

Die ursprüngliche und die die Entwicklung der Transaktionskostenökonomie prägende Frage ist jene nach der optimalen Transaktion als Alternative zwischen der Bereitstel-lung einer Leistung innerhalb eines Unternehmens und über den Markt.162 „Die Transaktionskostentheorie behauptet, es sei unmöglich, die gesamte Verhandlungstätig-keit in der Vorvertragsphase, also ex ante, unterzubringen. Vielmehr finden durchge-hend Verhandlungen statt - von daher gewinnen die Institutionen der außergerichtlichen Regelung und die Untersuchung des Vertrages in seinem vollen Umfang ihre kritische ökonomische Bedeutung. Die Verhaltenseigenschaften von Entscheidungsträgern, in denen sich begrenzte Rationalität und Opportunismus verbinden, und die komplexen Eigenschaften von Transaktionen (mit besonderer Berücksichtigung der Faktorspezifität) sind für diese Entwicklung verantwortlich."163

Begrenzte Rationalität (bounded rationality) und Opportunismus sind die beiden konsti-tuierenden Verhaltensannahmen der Transaktionskostenökonomie.164 Die Transaktions-kostenökonomie erklärt die Existenz von Unternehmen mittels der unterschiedlichen Transaktionskosten, welche die Transaktion innerhalb einer Firma gegenüber der Trans-aktion über den Markt hat. „TransTrans-aktionskosten sind Kosten, die als Folge des zur Ko-ordination eines als gerecht empfundenen Leistungsaustausches zwischen Wirtschafts-subjekten erforderlichen Ressourceneinsatzes anfallen. Sie ergeben sich aus dem Erfor-dernis der Überbrückung räumlicher, zeitlicher, quantitativer und qualitativer

Diskre-158 Jensen/Meckling, Firm.

159 Meyers, Corporate Borrowing.

160 Meyers/Majluf, Corporate Financing.

161 Brand, Transaktionskostenansatz, S. 18.

162 Coase, Firm, S. 388.

163 Williamson, Institutionen, S. 33, Hervorhebungen im Original.

164 Williamson, Institutionen, S. 49 ff.

83

panzen zwischen Anbietern und Nachfragern und fallen in den Phasen der Vorbereitung, Abwicklung und Durchführung eines der Austauschbeziehung zugrundeliegenden Ver-trages an." 165

Mit Hilfe des Transaktionskostenansatzes lässt sich die Existenz von Firmen als Hierar-chieform gegenüber der Austauschbeziehung über einen Marktmechanismus erklären.

Abbildung 20: Organisationsformen und Umfang der Informationsprobleme

Transaktions-Umfang der Informations-probleme einer Transaktion Quelle: Picot, Transaktionskostenansatz, S. 277.

Wesentliche Determinanten für die Transaktion sind die Faktorspezifität, Unsicherheit und die Häufigkeit der Transaktion.166 Die Spezifität eines Faktors bedeutet, dass ein Akteur, der einen solchen anbieten will, für diesen eine geringe Drittverwendungsfähig-keit hat, so dass bei einer Markttransaktion gerade auch im Zusammenhang mit der An-nahme über opportunistisches Verhalten ein hohes Risiko besteht, Kosten zu versenken, was aufgrund der Antizipation dieser Situation durch den Anbieter zu hohen Transakti-onskosten führt. Unterschiedliche Transaktionsformen reagieren auf die Faktorspezifität

165 Brand, Transaktionskostenansatz, S. 114.

166 Williamson, Institutionen, S. 59 f.

8 4

mit verschieden hohen Transaktionskosten, so dass die Transaktionsform funktionell von der Faktorspezifität in Abhängigkeit gebracht werden kann, was in Abbildung 21 zum Ausdruck kommt.

Abbildung 21: Kosten der Transaktionsform als Funktion der Spezifität des Aktivas

Kosten der Transaktionsform

Spezifität des Aktivas Quelle: Williamson, Economic Organization, S. 116.

Mit Williamsons Aufsatz „Corporate Finance and Corporate Governance" erfolgte die Übertragung der transaktionskostenökonomischen Überlegungen auf die Frage der op-timalen Finanzierungsstruktur, indem die unterschiedlichen Finanzierungsformen, ins-besondere die Finanzierung mit Eigen- und Fremdkapital als Transaktionsform bzw. als Herrschaftsform identifiziert werden. Williamson postuliert, dass spezifische Anlagegü-ter mit Eigenkapital und unspezifische mit Fremdkapital zu finanzieren seien, weil die Transaktionskosten von Fremdkapital zwar grundsätzlich geringer sind, mit steigender Spezifität des finanzierten Aktivas jedoch prohibitiv hoch werden, so dass die

Finanzie-85

rung spezifischer Aktiva mit Eigenkapital schließlich geringere Transaktionskosten aufweise.1 6 7

Williamsons Kernaussage kann an einem Beispiel erläutert werden: Erwirbt ein Unter-nehmer eine Maschine, die für seine eigenen Bedarf zugeschnitten ist, so wird er keine Bank finden, die diese als Sicherungsobjekt für eine Finanzierung akzeptiert. Würde nämlich der Unternehmer Konkurs gehen, so hätte die finanzierende Bank eine Maschi-ne, mit der kein Dritter etwas anfangen könnte.

3.4 Die Übertragung der Kapitalstrukturregel auf die Fragestellung