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Die Bebauung von Grundstücken mit Wohngebäuden und die Notwendigkeit staatlicher Interventionen

5 Der optionstheoretische Ansatz

5.2 Die Bebauung von Grundstücken als optionstheoretische Problemstellung

5.2.3 Die Bebauung von Grundstücken mit Wohngebäuden und die Notwendigkeit staatlicher Interventionen

Das für den Büromarkt konstruierte Beispiel zur Bebauung von Grundstücken kann nicht schlechthin auf den Mietwohnungsmarkt übertragen werden. Die Nachfrage der Wohnungsmieter ist preiselastisch, so dass bei homogenen Erwartungen über fallende Mieten die Mieter die Preissenkung antizipieren werden und bewusst in ti der Abbil-dung 28 noch weniger Fläche anmieten würden, als sie es aufgrund der noch hohen Mie-ten in Verbindung mit ihrer Preiselastizität j e täMie-ten.

Die Preiselastizität der Wohnungsnachfrager ist der Grund, weswegen die Volatilität der Mieten und damit die Preisrisiken der Vermieter geringer sind. Zwar könnte

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men werden, dass aufgrund der geringeren Volatilität der Mieten die Volatilität der Er-trags- und damit Grundstückswerte dementsprechend geringer ausfallen sollte, so dass die aus dem Optionscharakter von Grundstücken sich ergebende Problematik bei der Bebauung zu vernachlässigen wäre, doch hängt die Volatilität der Ertragswerte und folglich der Grundstückswerte wesentlich stärker von Höhe und Volatilität der onsraten ab, wie unter Punkt 4.2 dargelegt wurde. So führt eine Veränderung der Inflati-onsrate von 0 auf 5 % bei entsprechend sinkenden Realrenditen bereits zu einer Preis-schwankung der Ertragswerte um weit mehr als 100 %, was eine extrem sensible Reak-tion der Ertragswerte auf Änderungen der InflaReak-tionsrate ist, mit der Konsequenz, dass die Volatilität der Ertragswerte kräftig ansteigt, womit sich die Aufgelder der Grundstü-cke erhöhen, obgleich die Volatilität der Mieten niedrig ist.

Aufgrund der auf güterwirtschaftlicher Ebene relativ geringen Risiken von Wohnimmo-bilien kann ferner angenommen werden, dass jene Investoren, die aus vermögensmarkt-wirtschaftlichen Gründen Immobilienwerte in ihr Portfolio aufnehmen, eher wohnungs-wirtschaftlich genutzte Objekte als Bürogebäude kaufen werden, mit dem Nebeneffekt, dass die Preisdifferenz zwischen Büro- und Wohnimmobilien nicht mehr allein über die unterschiedlichen Rendite- und Risikoerwartungen erklärt werden kann, sondern viel-mehr der vermögensmarktwirtschaftliche Faktor bei Wohnimmobilien überproportional zum Tragen kommt. Damit fallt die Volatilität der Ertragswerte und demzufolge die der Aufgelder der wohnungswirtschaftlich zu nutzenden Grundstücke entsprechend hoch aus. Doch selbst wenn die Mieter preisunelastische Wohnungsnachfrager wären, könn-ten die Grundstückseigentümer nicht ihre Investitionen in Wohnimmobilien über lang-laufende Wohnungsmietverträge absichern, weil Wohnungsmieter i. d. R. nicht über ge-nügend Bonität verfugen.

Dass unabhängig von der fehlenden hinreichenden Bonität der Mieter die Vermieter auch an rechtliche Grenzen stoßen, insofern Mieten, die über 20 % der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen, in den meisten Ballungsräumen gemäß § 5 Wirtschaftsstrafsetz nicht zulässig und Mietverträge, die den Mieter um mehr als vier Jahre binden, ge-mäß § 10 a Miethöhegesetz nicht wirksam sind, sei nur am Rande erwähnt, als dieses grundsätzlich für den Gesetzgeber dispositiv ist.

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Die Probleme der geringen Bonität der Wohnungsmieter sowie jene der rechtlichen Pro-bleme fallen weg, wenn der Flächennutzer zugleich auch Eigentümer der Wohnung ist, wenn also das zu errichtende Objekt in der Form der Eigentumswohnungsanlage entsteht und die Wohnungen an Selbstnutzer verkauft werden. Hinsichtlich der Boni-tätsanforderungen können dann nur Haushalte besserer Bonität Nutzer werden. Das pri-märe Problem, nämlich das der preiselastischen Nachfrage in Verbindung mit der An-nahme homogener Erwartungen, bleibt jedoch bestehen. So werden sich auch die Nut-zer, die sich in Form von Wohneigentum mit den nachgefragten Flächen versorgen, auf eine erwartete Preissenkung (in Periode 3 unseres Modells bereits in Periode 1 und 2 der Abbildung 28) einstellen und entsprechend eine abwartende Haltung einnehmen, so dass es letztlich auch nicht in Form von Eigentumswohnungen zu einer nachhaltigen markt-inhärenten Angebotsausweitung kommen kann.

Als Zwischenergebnis kann festgehalten werden, dass es in einem ungestörten Markt-prozess nicht zu baulichen Wohnungsinvestitionen (Neubau und Sanierung) bei Exis-tenz von Aufgeldern im Grundstücksmarkt in Verbindung mit der preiselastischen Nachfrage nach Wohnflächen kommen kann.

Mit sinkender Inflationsrate und insbesondere mit damit i. d. R. einhergehenden gerin-geren Volatilität der Inflationsraten verliert die Problematik der bei der Bauinvestition zu vernichtenden Aufgelder der Option Grundstück an Bedeutung, insoweit die Volatili-tät der Ertragswerte und damit das Aufgeld beim Grundstück eher Vermögens- als gü-termarktbedingt ist. Aus marktlogischen Gründen kann es selbst in einer Welt ohne In-flationsrisiken nur schwer zu baulichen Investitionen kommen, solange Mieten und da-mit die Ertragswerte der Immobilien schwanken.

Um zu verstehen, wie es im Rahmen des dargestellten Modells zu Wohnungsbauinvesti-tionen kommen kann, müssen die Voraussetzungen für BauinvestiWohnungsbauinvesti-tionen nochmals sorg-faltig untersucht werden. Verallgemeinernd kann formuliert werden, dass dann gebaut wird, wenn der erwartete Vermögenszustand nach Auslösung der Bauinvestition höher ist als der erwartete Vermögenszustand ohne Realisierung der Bauinvestition, wobei für eingegangene zusätzliche Risiken marktkonforme Risikozuschläge zu kalkulieren sind.

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Entscheidend ist dabei der relative Vermögensvorteil unter Einbeziehung von Opportu-nitätskosten.

Nunmehr ist der Staat als Akteur einzuführen. In einem ersten Schritt wird angenom-men, dass jede Bauinvestition um einen Betrag gefordert wird, der über dem Aufgeld der Option Grundstück liegt. Damit soll dem Grundstückseigentümer der entsprechende Anreiz gegeben werden, die bauliche Maßnahme zu realisieren, da auf diese Weise mit der Bauinvestition Zahlungen ausgelöst werden, die die eigentliche Vernichtung des Aufgeldes kompensieren. Die Marktreaktion wird nun jedoch nicht primär in Bautätig-keit bestehen, sondern in einer entsprechenden Preissteigerung der Grundstücke.

Die zugesagte Zahlung (Subvention) kommt einer Anhebung der Ertragswerte gleich, die wiederum zu einer entsprechenden Erhöhung des inneren Wertes der Option führt.

Ein vorhandenes Aufgeld der Option bleibt jedoch tendenziell bestehen. Es kann sich der Höhe nach sogar aufgrund der Anhebung des Basiswerts leicht erhöhen, wird jedoch letztlich nicht nennenswert tangiert. Aus diesem Grunde führt die Subvention aus-schließlich zu einer Verteuerung der Bodenwerte, nicht aber zu einer Bebauung der Grundstücke.

Einer Subventionierung der Bautätigkeit, d. h. des Bauherren, kommt dabei die Subven-tion der Mieter selbst gleich. Wenn die Mieter eine Transferzahlung erhalten (z. B.

Wohngeld), so steigt die Nachfrage nach Wohnflächen, was zu einer Erhöhung der Mie-ten, damit der Ertragswerte und damit der inneren Werte der Option fuhrt, ohne dass sich die Aufgelder der Option nennenswert verringern.

Subventionen, seien es Wohngelder oder Baukostenzuschüsse, bewirken im Ergebnis keine signifikante Bautätigkeit. Zahlungen dieser Art haben zunächst die Erhöhung des inneren Wertes einer Option zur Folge. Oft führen diese Zahlungen dazu, dass der inne-re Wert der Option überhaupt positiv wird, weswegen angenommen wird, eine Bebau-ung könnte durch die ZahlBebau-ung ausgelöst werden.281 Dies ist aber nicht richtig, weil die

281 Beispielsweise im Expertenkommission Wohnungspolitik, Wohnungspolitik, wird dies über das gesam-te Gutachgesam-ten hin angenommen.

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Problematik, welche sich mit dem äußeren Wert der Option verbindet, grundsätzlich be-stehen bleibt.

In Analogie zum Beispiel der Bebauung eines Grundstückes mit einem Bürogebäude (Abbildung 28) wird ein Grundstück mit einem Wohnhaus dann bebaut, wenn die Ver-nichtung des Aufgeldes zumindest durch die erwartete Senkung des inneren Wertes der Option kompensiert wird. Ist eine Subvention einmal eingeführt, so wird nur eine erwar-tete Abschaffung derselben eine Bautätigkeit in Gang setzen, wenn die mit der Abschaf-fung der Subvention verbundene Senkung des inneren Wertes des Grundstücks den bei Bebauung zu opfernden äußeren Wert der Option kompensieren kann.

Hierbei zeigt sich, dass es nunmehr nicht mehr irrelevant ist, ob die Subvention dem Mieter in Form von Transferzahlungen (Subjektförderung, z. B. Wohngeld) oder dem Vermieter (Objektförderung) in Form von Zuschüssen gewährt wird. Der homogen er-wartete Wegfall der Transferzahlungen an den Mieter kommt schließlich im Ergebnis der homogen erwarteten Mietpreissenkung gleich, die bei preiselastischer Nachfrage an-tizipiert wird und aus diesem Grunde nicht zu einer Bebauung der Grundstücke führt, während die homogen erwartete Streichung der Subvention an den Vermieter zu einer Bebauung führen kann, ganz gleich, ob es sich bei der Subvention um einen Einmalbe-trag (z. B. Baukostenzuschuss) oder um eine Zahlungsreihe handelt. Bautätigkeiten können also durch die Erwartung, dass Subventionen für Bauinvestitionen wegfallen, ausgelöst werden.

Wird der Staat als rahmenschaffender und intervenierender Akteur in die Betrachtungen einbezogen, kann und muss die Existenz von Steuern berücksichtigt werden. Gehen Steuerfragen in die Überlegungen ein, so bedeutet dies, dass der Grundstückseigentümer jeweils eine „Nach-Steuerbetrachtung" anstellen wird, so dass steuersenkende

Regelun-gen wie eine Zahlung nach Steuern zu behandeln sind.

Das deutsche Steuerrecht geht von einem synthetischen Einkommensbegriff aus. So werden in § 2 Abs. 1 EStG sieben Einkunftsarten unterschieden. Eventuelle steuerliche Verluste können teilweise zwischen den verschiedenen Einkunftsarten verrechnet wer-den. Wenngleich der 14. Deutsche Bundestag die Verrechnungsmöglichkeit der

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künfte im § 2 Abs. 3 EStG teilweise beschränkt hat, bleibt doch eine Verrechnungsmög-lichkeit weiterhin bestehen, was verfassungsrechtlich auch geboten ist.282 Wir gehen zu-nächst für die weiteren Überlegungen davon aus, dass eine volle Verlustverrechung zwi-schen den Einkunftsarten möglich ist und behandeln die Einschränkungen in einem zweiten Schritt.

Die Besonderheit von Steueranreizen in der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung liegt darin begründet, dass diese in dem jeweiligen Steuerjahr, welches dem Kalender-jahr entspricht, in Ansatz gebracht werden müssen. Dies bedeutet, dass die Inanspruch-nahme von Steuervorteilen in dem jeweiligen Jahr bei den Steuerpflichtigen zu einer Rückzahlung von Steuern flihrt.

Kann beispielsweise - wie es zu Zeiten des Fördergebietsgesetzes möglich war - der Steuerpflichtige auf Neubauten Abschreibungen von 50 % der Baukosten steuerlich in Ansatz bringen, so führt dies bei einem angenommenen Steuersatz von 50 % zu einer Zahlung von 25 % der Baukosten an den Grundstückseigentümer. Diese Zahlung erhält er jedoch nur, wenn er in dem betreffenden Jahr die Investition tätigt. Verschiebt er die Investition, kann er von der begrenzten Möglichkeit der Verlustrückträge abgesehen -in diesem Jahr diese Steuerrückerstattung nicht mehr realisieren. Die Möglichkeit schreibungen vorzunehmen - die über den immobilienwirtschaftlich gebotenen Ab-schreibungen liegen - entspricht einer jährlich auslaufenden Subvention. Wenn nun die Höhe der Zahlungen, in unserem Beispiel 25 % der Baukosten, über dem Aufgeld der Option Grundstück liegt, kommt es zu einer Bautätigkeit. Die Einführung von steuerli-chen Abschreibungsmöglichkeiten, ist also ein weiteres geeignetes Instrument, Bauin-vestitionen auszulösen.

282 Raupach/Böckstiegel, Verlustregelungen, S. 487-503, 557-573 und 617-628.

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