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Die Übertragung der Kapitalstrukturregel auf die Fragestellung der Finanzierung auf der ersten Ebene

3 Theorieansätze der betrieblichen Finanzwirtschaft

3.4 Die Übertragung der Kapitalstrukturregel auf die Fragestellung der Finanzierung auf der ersten Ebene

Das zuvor dargestellte finanzierungstheoretische Postulat von Williamson kann nun-mehr auf die Finanzierung auf der ersten Ebene, also die Finanzierung der Nutzung übertragen werden. Offensichtlich ist die Vermietung von Flächen stets die günstigere Variante, insofern bei dieser Form einerseits geringere Transaktionskosten entstehen und darüber hinaus Fremdkapital stets preiswerter als Eigenkapital ist. Eine Fremdfi-nanzierung der Nutzung und damit die Vermietung der Fläche ist jedoch nicht immer ein gangbarer Weg. Sind Immobilien zu spezifisch, steigt das Risiko der Drittverwen-dungsfahigkeit der Immobilie für den Vermieter. Eine Vermietung scheidet sodann als Transaktionsform für den Vermieter aus. Zwar ist es für einen Mieter i. d. R. günstig ei-ne spezifische Wohnung zu mieten, doch wird er normalerweise keiei-nen Vermieter fin-den, der diese anbietet.

Wenn eine Fläche nicht hinreichend drittverwendungsfähig ist, wird sich selten ein Vermieter, sondern viel eher nur ein Verkäufer für die Fläche finden. Allerdings ist die Anmietung dann, wenn sie möglich ist, stets die günstigere Finanzierungsform. Es ver-bleibt die Frage, welche Faktoren die Spezifität von Wohnungen bestimmen.

167 Williamson, Corporate Finance, S. 579 ff.

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3.4.1 Die Spezifität des Kreditgegenstandes im Wohnungsmarkt

Eine Wohnung gilt als spezifisch, wenn ihre Drittverwendungsfähigkeit gering ist. Da-mit reduziert sich die Frage der Spezifität einer Wohnung primär auf eine der Struktur der Nachfrage und nicht auf die eines konkreten Angebots. Die Drittverwendungsfähig-keit ist insbesondere dann äußerst gering, wenn die Wohnung aufgrund ihrer Merkmale nur für ganz bestimmte Nutzer in Frage kommt. Eine Drittverwendungsfähigkeit von Wohnungen ist bis zu einem gewissen Grad stets gegeben, weil die Nachfrager preis-elastisch sind und damit auch zwischen unterschiedlichen Wohnungen mit verschiede-nen Merkmalen substituieren könverschiede-nen.

Je spezifischer eine Wohnung, desto kleiner die Zahl der potentiellen Nutzer. Je weniger Interessenten aufgrund spezifischer Charakteristika einer Wohnung in Frage kommen und j e mehr von diesen eigentlich eher andere Wohnungsmerkmale nachgefragt werden, um so stärker müssen die fehlenden Merkmale substituiert werden. Dieser Zusammen-hang bekommt dadurch zusätzlich quantitative Relevanz, als die Determinanten der Nachfrage nach Wohnflächen mit steigendem Gesamtwohnbudget des Nutzers multipli-kativ und nicht additiv verknüpft sind. Je höher das Wohnbudget insgesamt ist, welches der Nutzer für eine Fläche auszugeben bereit ist, desto eher werden negativ wahrge-nommene Ausprägungen einzelner Eigenschaften einer Wohnung nicht mehr akzeptiert.

Je kleiner das Budget hingegen ist, welches ein Nutzer für eine Wohnung ausgeben möchte, desto eher werden negative Ausprägungen einzelner Merkmale hingenommen.

Beispielsweise wird ein Student, der ein Zimmer für seine Studienzeit sucht, bei einem sehr beschränkten Budget bereit sein, auf eine gute Belichtung seines Zimmers zu ver-zichten, wenn er dafür eine gute Anbindung zu seiner Universität hat. Dagegen wird ein Angestellter hohen Einkommens, der mit seiner Familie eine Wohnung gehobenen Standards sucht, nicht bereit sein beispielsweise Lärmemission, einen schlechten Grund-riss, eine einfache Ausstattung, fehlende Belichtung oder einen schlechten Bauzustand zu akzeptieren. Die Determinanten der Nachfrage sind bei Nutzern mit hohem Budget nicht kompensierbar, d. h. formal betrachtet nicht additiv, sondern multiplikativ ver-knüpft. Wenn ein Faktor gering bewertet wird, sinkt die Nachfrage extrem. Dieses

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halten lässt sich in jedem Wohnungsmarkt beobachten. Es ist eine direkte Folge des ab-nehmenden Grenznutzens und hat eine Fülle von Konsequenzen.'68

Gerade wegen der multiplikativen Verknüpfung der Determinanten der Nachfrage bei steigendem Budget für Wohnen sind spezifische Wohnungen insbesondere unter teure-ren Wohnungen anzutreffen. Villen und Einfamilienhäuser sind Wohnformen, die ex-trem spezifisch sind. Die Spezifität rührt dabei nicht primär aus den Merkmalen und Ei-genschaften der Fläche selber, sondern aus dem Umstand, dass es sich um Wohnformen handelt, die ein insgesamt recht hohes Wohnbudget verlangen, so dass die Nachfrager, die bestimmte Eigenschaften aufgrund ihrer subjektiven Präferenzen nicht schätzen, nunmehr wegen der multiplikativen Verknüpfung der Nachfragedeterminanten die Ge-samtfläche ablehnen, wodurch die jeweilige Fläche als spezifisch wahrgenommen wird.

Da zugleich die Anzahl der Varianten an Wohnungsmerkmalen mit dem Gesamtbudget steigt, nimmt die Spezifität von Wohnungen überproportional zum aufzubringenden Budget zu.

Die Überlegungen entsprechen auch der Alltagserfahrung, wonach Villen i. d. R. ver-kauft, Einzimmerwohnungen aber vermietet werden. Zwar ist es für einen Mieter günstig, eine Villa zu mieten, doch wird er gewöhnlich keinen Vermieter finden, der be-reit wäre, die spezifische Villa zur Vermietung zu bauen. Wenn Villen vermietet wer-den, sind es meist solche, bei denen Bauherren als ehemalige Erstnutzer einen Großteil der spezifischen Investitionen nicht mehr kapitalisieren können.

Als Ergebnis der Überlegungen soll zum Einen festgehalten werden, dass es sich nicht pauschal sagen lässt, eine Finanzierungsform zum Verkauf von Flächennutzungsmög-lichkeiten sei günstiger als die andere und zum anderen, dass die Abhängigkeit der op-timalen Transaktionsform für den Verkauf von Flächennutzungsmöglichkeiten von der Spezifität der jeweiligen Immobilie abhängt. Dies ist das Ergebnis, welches sich aus der Übertragung des Finanzierungspostulats von Williamson auf die Transaktionsform von Flächen ergibt.

168 So ist dies z. B. auch der Grund dafür, dass Projektentwicklungen von Wohnungen in sehr guten Lagen für den Entwickler wesentlich riskanter sind als Projekte in einfachen und mittleren Wohnlagen.

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3.4.2 Die optimale Transaktionsform von Flächennutzungs-möglichkeiten

Erst mit der Möglichkeit, gehaltvolle Aussagen über die optimale Finanzierung von Un-ternehmen formulieren zu können, was der Finanzierungsansatz von Williamson er-laubt, kann nunmehr durch Übertragung dieser Ergebnisse auf die Finanzierung auf der ersten Ebene die Frage, ob es sinnvoller ist, eine Wohnung zu mieten oder zu kaufen, beantwortet werden.

Ein erstes Ergebnis ist, dass es grundsätzlich günstiger ist, eine Wohnung zu mieten als zu kaufen, insoweit eine Fremdfinanzierung stets preiswerter ist als eine Eigenkapital Fi-nanzierung der Nutzung. Dies bedeutet, dass gerade auch in entwickelten Volkswirt-schaften die Vermietung von Wohnungen eine gesamtwirtschaftlich sinnvolle Transak-tionsform ist. Es gibt aber Wohnungen, deren Finanzierung auf der ersten Ebene wegen ihrer Spezifität nur schwer bzw. gar nicht möglich ist, insoweit sich kein Finanzier (Vermieter) hierfür findet. Solche Wohnungen sind auf der ersten Ebene mit Eigenkapi-tal zu finanzieren, sind also vom Nutzer käuflich zu erwerben.

3.5 Wohnungspolitische Handlungsempfehlungen aus dem