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Angebot von und Nachfrage nach Flächen

2 Güterwirtschaftliche Theorieansätze

2.2 Angebot von und Nachfrage nach Flächen

Die Nutzungsmöglichkeit einer Immobilie ist ein Gut, welches sich als Stromgröße er-fassen lässt, die von einer Immobilie über einen langen Zeitraum hinweg abgegeben und von Nutzern nachgefragt wird. Auch wenn Nutzer Immobilien juristisch häufig mieten, ist das Verhältnis ökonomisch doch als Kauf von zeitlich begrenzten Verfugungsrechten anzusehen.77 Nutzungsmöglichkeiten bzw. Flächennutzungsmöglichkeiten sind somit Güter, die mit dem Zeitablauf untergehen. Sie gehen auch dann unter, wenn sie nicht verkauft werden: Die Nutzungsmöglichkeit einer Fläche ist nicht lagerbar.

66 Jones/MacLennan, Housing Market, S. 113-126.

67 Lloyd/Newlands, Interaction, S. 31-40.

68 Adair/McGreal, Housing Market, S. 121-134.

69 Whitehead, Affordability, S. 871-887.

70 Block/Olsen, Rent Control.

71 Olsen, Maintainance, S. 295-308.

72 Arnott, Rent Control.

73 Amott, International Rent Control, S. 203-216.

74 Gyourko/Linneman, Rent Control, S. 54-74.

75 Hubert, Regulation.

76 Dieser Begriff wird unter Punkt 3.2.2 definiert.

77 Die Darlegungen zu Angebot und Nachfrage nach Flächen basiert auf Bone-Winkel/Sotelo, Büroflä-chen, S. 200 f.

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Zur ökonomischen Analyse des Marktes für Nutzungsmöglichkeiten von Immobilien sind die güterwirtschaftlichen Kategorien von Angebot und Nachfrage geeignet. Nicht die Wohnung an sich, sondern ihre Nutzungsmöglichkeit wird nachgefragt. Der Preis für die Nutzung der Fläche bestimmt sich in Geldeinheiten je Flächeneinheit und Zeitein-heit. Allgemein von einer Wohnungsnachfrage zu sprechen bleibt undeutlich. Spätestens mit dem optionstheoretischen Ansatz wird sich zeigen, dass die Nachfrage nach dem In-vestitionsgut Wohnung grundsätzlich unabhängig von der nach ihrer Nutzungs-möglichkeit ist. Doch selbst wenn es einen Zusammenhang zwischen der Nachfrage nach der Nutzungsmöglichkeit einer Wohnung und der Nachfrage nach dem Vermö-genswert Wohnung gäbe, sind die unterschiedlichen Konzepte zu differenzieren.

Das Angebot an Immobiliennutzungsmöglichkeiten beinhaltet den gesamten Bestand vorhandener Flächen, die diese Nutzungsmöglichkeit abgeben. Das Angebot umfasst die gesamten, tatsächlich vorhandenen Flächen, somit die Summe genutzter und nicht ge-nutzter (leerstehender) Flächen. Diese Summe der Flächen lässt sich auch als Summe der vermieteten und unvermieteten Flächen darstellen, doch ist diese Interpretation letzt-lich nicht weiterführend, wie sich im Folgenden zeigen wird.

Die hier vorgenommene Definition von Angebot entspricht nicht der üblichen und mag paradox erscheinen. So könnte eingewendet werden, dass nicht der gesamte (vermietete und unvermietete) Flächenbestand Angebot ist, sondern nur die leerstehende, unvermie-tete Fläche. Hinter dieser Vorstellung verbirgt sich jedoch eine Verwechslung von Strom- und Bestandsgrößen sowie von Angebot und Nachfrage. Das gehandelte Gut ist die Nutzungsmöglichkeit und diese ist unabhängig davon gegeben, ob die Nutzung er-folgt. Ob eine Nutzung erfolgt, ist schließlich eine Frage der Nachfrage, nicht des Ange-bots. Nur die unvermieteten bzw. leerstehenden Wohnungen zum Angebot zu zählen, heißt nur das Potential an flächenmäßiger Ausweitung der Nachfrage zu betrachten. Die meisten Fehleinschätzungen in Immobilienmärkten beruhen auf einer falschen Interpre-tation von Angebot und Nachfrage; alle dem Verfasser bekannten Marktberichte der großen deutschen Maklerhäuser begehen diesen Fehler.78

78 Stellvertretend für alle: Blumenauer Immobilien Research (2000): Marktinformationen Deutschland.

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Zum besseren Verständnis kann die Situation eines fiktiven Mieters betrachtet werden.

Ein Mieter habe im Jahre 1988 ca. 200 m2 Wohnfläche zum Preis von 5 DM/m2 gemie-tet. Eine Untervermietung der Räume ist vertraglich ausgeschlossen. Im Jahre 1990 wird eine fast identische Wohnung eine Etage über dem Mieter für 25 DM/m2 vermietet. Der Mieter denkt, dass er diesen Mietpreis nicht bezahlen könnte und sich flächenmäßig re-duzieren würde. Er überprüft mit seiner Familie die effektiv genutzte Fläche, macht ein Flächeneinsparungspotential von 20 % aus und verhandelt mit dem Vermieter über die Untervermietung dieser Fläche. Als Ergebnis vermietet der Mieter 40 m2 für 25 DM/m2

unter und teilt sich den Mehrerlös mit dem Vermieter. Dadurch reduziert sich rechne-risch die Miete für die übrige Fläche von 5 auf 3,13 DM/m2.

Das Beispiel zeigt, dass jeder Mieter die ökonomische Verfügungsgewalt über sein Mietobjekt hat. Entweder darf er untervermieten und tut es oder er muss sich eine Er-laubnis vom Vermieter besorgen und den Gewinn teilen.

Der Mieter orientiert sich also bei seiner Flächennachfrage an den Opportunitätskosten und nicht an den bei Vertragsabschluss festgelegten Konditionen. Die Frage, ob nun der Mieter oder der Vermieter den Mehrerlös der Untervermietung vereinnahmt, ist für die Bestimmung der richtigen und damit sinnvollen Definition von Angebot und Nachfrage unerheblich. Insofern ist, da aus bestehenden Mietverhältnissen heraus j e nach Markt-preis Flächen an den Markt kommen, der vermietete Bestand dem Angebot zuzurech-nen. Aufgrund der Preiselastizität der Nachfrage bildet der vermietete Bestand sogar den weitaus größeren Teil des Angebots. Die Nachfrage nach Immobiliennutzungs-möglichkeiten besteht aus der Zahlungsbereitschaft für die zu nutzenden Flächen.

Die Nachfrage bezieht sich auf die zu nutzende Fläche. Das eigentlich nachgefragte Gut ist daher zunächst ein anderes, als jenes, welches i. d. R. von den Anbietern angeboten wird. Damit eine Fläche nutzbar ist, muss der Nachfrager nicht nur über die reine Fläche verfügen können, sondern diese muss auch bewirtschaftet sein. Hierzu zählt selbstver-ständlich die Beheizung der Fläche, so dass in einem ersten Schritt nicht die Bereitschaft zur Zahlung einer Nettokalt-, sondern die zur Zahlung einer Bruttowarmmiete als Nach-frage zu begreifen ist. In Deutschland wird der Unterschied zwischen der Netto- und der

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Bruttokaltmiete über die nach § 27 samt Anlage 3 der II. Berechnungsverordnung aufge-führten umlagefahigen Bewirtschaftungskosten definiert.

Streng ökonomisch betrachtet ist aber auch die bewirtschaftete und beheizte Fläche für den Nachfrager allein noch nicht nutzenstiftend, vielmehr ist sie es erst dann, wenn die Wohnung eingerichtet ist. Zwar gibt es einen Markt von direkt nutzbaren Wohnflächen (sogenannte voll möblierte Wohnungen), doch spielt dieser quantitativ nur eine unterge-ordnete Rolle. Da die Messung der tatsächlichen Nachfrage nach voll nutzbaren Wohn-flächen schwer feststellbar ist, wird in der Praxis die Zahlungsbereitschaft in Höhe der Bruttowarmmiete als Nachfrage verwendet. Das ist legitim, solange die damit verbun-denen Implikationen bei der Auswertung des sich so ergebenden Datenmaterials nicht vergessen werden. So können beispielsweise Nachfrageänderungen zunächst gerade jene Teile betreffen, die gar nicht gemessen werden.

2.3 Güterwirtschaftliche Analyse bei Betrachtung von Wohnungen