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2. Theorie der Prävention und Gesundheitsförderung

2.6 Gesundheitsförderung im Setting Schule mit Vorbildcharakter für den

2.6.1 Das Setting "Schule" im Vergleich zum Setting "Kindertagesstätte (Kita)"

Eines der am besten untersuchten Settings ist das der "Schule". Es zeigt viele Gemeinsamkei-ten mit dem Setting "Kindertagesstätte". Nicht nur, dass es sich bei beiden Bereichen um

In-stitutionen handelt, in denen Kinder den Großteil ihrer wachen Zeit verbringen, sie gelten auch beide als ein Ort der Bildung und Erziehung. In beiden finden sich Erwachsene, die den Kindern bei dem Erlangen von Wissen behilflich sein wollen. Darüber hinaus werden beide Institutionen in Deutschland von nahezu allen Kindern der entsprechenden Altersgruppe be-sucht (Kliche et al. 2009). Neben diesen Gemeinsamkeiten gibt es aber auch einen entschei-denden Unterschied. Das Setting "Schule" ist von der WHO schon lange als potentiell gesundheitsförderndes Setting deklariert. Für die "Kindertagesstätte" steht dies noch aus.

2.6.2 Umsetzung der Weiterentwicklung "gesundheitsfördernde Schule"

Gesundheitserziehung5 ist seit langem ein Bestandteil des Schulunterrichts. Gesundheitsförde-rung wird heutzutage erst langsam, meistens in Form von Lebensbewältigungsprogrammen, z. B. zur Drogenprävention, in den Unterricht integriert. Noch 2004 bemerkten Altgeld und Kolip, dass nur Sachsen-Anhalt die Gesundheitsförderung als ein Schwerpunkt des Schulpro-fils definierte. Im Bereich der Weiterentwicklung zur "gesundheitsfördernden Schule", in der der gesamte Schulalltag auf Gesunderhaltung der Mitwirkenden ausgerichtet ist, ist die Ent-wicklung noch weiter zurück. Dabei erfüllt gerade die Schule die an ein Setting gestellten Anforderungen in nahezu vorbildlicher Weise.

Die Aufgabe der gesundheitsfördernden Schule ist es, nicht nur das Lern- sondern auch das Arbeitsfeld Schule gesundheitsförderlich zu gestalten. Sie will alle Mitglieder der Schule im Sinne der Proklamationen der WHO und des Verständnisses der Salutogenese befähigen, Verantwortung bezüglich der eigenen Gesundheit und der der Mitmenschen zu übernehmen und dadurch mehr Gesundheit für alle Betroffenen zu erreichen. Mit dieser Forderung geht die gesundheitsfördernde Schule deutlich über Gesundheitsförderung im Setting "Schule"

hinaus.

Nach Barkholz und Paulus (1998) definiert die WHO für eine gesundheitsfördernde Schule folgende Ziele:

5 Gesundheitserziehung entspricht am ehesten dem Ansatz zur Verhaltensänderung nach Naidoo und Wills (2003). Gesundheitsförderung geht deutlich darüber hinaus. Sie bezieht das Wissen, die Emotionen, Wün-sche und Bestrebungen der Betroffenen mit ein.

Sie soll …

1) durch Gebäude, Spielflächen, Schulmahlzeiten, Sicherungsmaßnahmen usw. ein gesundes Arbeits- und Lernumfeld schaffen.

2) das gesundheitliche Verantwortungsbewusstsein des einzelnen, der Familie und der Ge-meinschaft fördern.

3) zu gesunden Lebensweisen anhalten und Schülern wie Lehrern realistische und attraktive Gesundheitsalternativen bieten.

4) es allen Schülern ermöglichen, ihr physisches, psychisches und soziales Potenzial auszu-schöpfen und ihre Selbstachtung zu fördern.

5) für die Förderung von Gesundheit und Sicherheit der gesamten Schulgemeinschaft (Kin-der und Erwachsener) klare Ziele vorschreiben.

6) gute Beziehungen zwischen Lehrern und Schülern und unter den Schülern selbst sowie eine gute Zusammenarbeit zwischen Schule, Elternhaus und Ortsgemeinde schaffen.

7) die Verfügbarkeit von Gemeinderessourcen zur Unterstützung der praktischen Gesund-heitsförderung erkunden und nutzen.

8) mit einer die Schülerinnen und die Schüler aktiv einbeziehenden Didaktik ein kohärentes Curriculum für die Gesundheitserziehung planen.

9) Schülern Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten vermitteln, um Entscheidungen über ihre eigene Gesundheit und die Erhaltung und Verbesserung einer sicheren und gesunden phy-sischen Umwelt selbst treffen zu können.

10) die schulische Gesundheitspflege als Bildungsressource begreifen, die den Schülern hilft, das System der Gesundheitsversorgung effektiv zu nutzen.

Diese Ziele dienen dazu, das Konzept gesundheitsfördernder Schulen umzusetzen. Es sind Maßnahmen auf unterschiedlichen Ebenen erforderlich. Für deutsche Verhältnisse sind dies folgende Ebenen (Paulus 2003):

 auf der Ebene der Schule

 auf der curricularen Ebene

 auf der Ebene der pädagogischen Ausbildung

 auf der Ebene der pädagogischen Fort- und Weiterbildung

 auf der politischen Ebene

Nach seiner Meinung gliedert sich der Weg zur gesundheitsfördernden Schule in drei chrono-logisch ablaufende Schritte:

1) Analyse der gesundheitlichen Ist-Situation (Gesundheitsaudit) 2) Vergleiche mit angestrebten Zielen

3) Einrichtung von Gesundheitsplena

Die Aufzählung sollte der Vollständigkeit halber um den Punkt "Qualitätssicherung" erweitert werden.

Es lassen sich fünf Bereiche beschreiben, in denen die Schulen in Europa Projekte bereits erfolgreich realisiert haben (Paulus 2003):

1) Verbesserung der baulichen Substanz der Schule und des schulischen Umfelds 2) Programme zur gezielten Bearbeitung verschiedener Themen

3) Aufbau demokratischer Strukturen an Schulen 4) Fortbildung der Lehrkräfte

5) Entwicklung der Schulorganisation und Schulkultur

In Deutschland finden sich zunehmend Netzwerke und Allianzen, die sich im Sinne der von der WHO proklamierten Art und Weise, d. h. unter anderem mit Hilfe des Setting-Ansatzes und des Salutogenesekonzepts – meist unter Federführung anerkannter Fachleute – um die Gesundheit in deutschen Schulen kümmern und sich der Verbreitung der Idee der gesund-heitsfördernder Schulen verpflichtet fühlen. Als eines der wichtigsten Beispiele soll "An-schub.de" ("Allianz für nachhaltige Schulgesundheit und Bildung in Deutschland") genannt werden, dass unter der wissenschaftlichen Leitung von Paulus eine Allianz länderübergreifen-der und regionalweit tätiger Institutionen und Fachleute war, die sich länderübergreifen-der Förländerübergreifen-derung länderübergreifen-der Schulgesundheit und Bildung verpflichteten. Bei "Anschub.de" handelte es sich um ein natio-nales Programm zur schulischen Gesundheitsförderung, das 2002 von der

Bertelsmann-Stiftung initiiert wurde. Es war bis 2007 als Modellprojekt konzipiert (Bockhorst 2003). Ziel der Allianz war es "die Schul- und Bildungsqualität durch Gesundheit nachhaltig zu verbes-sern. Dabei war die gute gesunde Schule Kerngedanke …" (www.bertelmanns-stiftung.de).

Seit dem Schuljahr 04/05 wurde "Anschub.de" nach zweijähriger Projektvorbereitung in drei Modellregionen mit insgesamt 45 Schulen erprobt, evaluiert und weiterentwickelt. Im Juni 2005 fand ein erstes bundesweites Treffen von Mitgliedern der Schulen zum gegenseitigen Informationsaustausch statt. Eine erste Selbstevaluation fand unter 11 000 Beschäftigten, Leh-rerkräften und Schülern statt (www.anschub.de/cps/rde/xchg/anschub/). In der 6-jährigen Pro-jektlaufzeit bis Dezember 2010 wurden ca. 750 Schulen unterstützt und Landesprogramme in Bayern, Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern etabliert. Im Jahr 2008 über-nahm ein bundesweiter Trägerverein Anschub.de-Programm für die gute gesunde Schule e.V.

die laufenden Geschäfte. Es handelt sich hierbei um einen Zusammenschluss von Organisati-onen, Verbänden, Ministerien und Institutionen aus den Bereichen Gesundheit, Bildung, Wis-senschaft, Wirtschaft und Politik, die für den weiteren Ausbau der Unterstützungsstrukturen für Schulen sorgen sollen (www.anschub.de am 09.01.11). Dies ist nur eines von vielen, aber wahrscheinlich das umfassendste Beispiel der derzeitigen nationalen Gesundheitsentwicklung im und mit dem Setting Schule.