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4 Klimawandel und Gesellschaft

4.3 Generationenverhältnis

Wie oben beschrieben sind die meisten TeilnehmerInnen an den FFF-De-monstrationen Jugendliche zwischen 14 und 19 Jahren. Natürlich nehmen auch Menschen teil, die älter sind, das ist aber nur ein kleiner Teil. Die meis-ten Menschen belächeln die Jugendlichen eher oder sprechen ihnen sogar die Fähigkeit ab, das Thema Klimawandel überhaupt in seiner Komplexität zu verstehen. So twittert der FDP-Vorsitzende Christian Lindner 2019: „Ich finde politisches Engagement von Schülerinnen und Schülern toll. Von Kin-dern und Jugendlichen kann man aber nicht erwarten, dass sie bereits alle globalen Zusammenhänge, das technisch Sinnvolle und das ökonomisch Machbare sehen. Das ist eine Sache für Profis.“ (Haunss und Sommer 2020, S.137) Er spricht zwar seine Bewunderung aus für das Engagement der SchülerInnen, sagt aber auch gleichzeitig, dass es Zeitverschwendung ist, da sie das Thema im Ganzen nicht verstehen. Leider ist er nicht der Einzige, der das Handeln der Jugendlichen belächelt, so hört man auf De-monstrationen immer wieder Sätze wie „Na gehst du schon wieder Wale retten?“ (Hammelbeck 2014, S.84) oder „Der Klimawandel ist doch eh nicht mehr aufzuhalten“. Auch andere Menschen belächeln also den Einsatz der TeilnehmerInnen und verstehen ihr Engagement nicht. (ebd.) Führt der Zweifel an den Fähigkeiten der jungen Generation und das Belächeln ihres Einsatzes zu einem Konflikt zwischen den Generationen? Was macht einen Generationenkonflikt eigentlich aus und was versteht man genau darunter?

Diese Fragen werden im folgenden Abschnitt erläutert und erklärt.

Es gibt viele verschiedene Arten von Konflikten, die Grundlagen sind aber überall gleich. So wird ein Konflikt erst gesellschaftlich und politisch rele-vant, wenn zwei verschiedene Akteure beteiligt sind, welche

43 unterschiedliche Sichtweisen bzw. Präferenzen haben. Neben dem Konflikt der Einstellungen muss aber auch noch ein Bewusstsein für die gemeinsa-men Präferenzen entwickelt werden. Um politisch aktiv werden zu können, müssen die beiden Akteursgruppen zu Einheiten für sich werden. Sind diese beiden Grundlagen gegeben, kann es drei Ursachen für einen Konflikt zwischen den Generationen geben. (Naumann et al. 2015)

1. Die Generationen befinden sich an unterschiedlichen Stellen im Le-bensverlauf. Sie sind beispielsweise SchülerInnen, ArbeiterInnen o-der befinden sich im Ruhestand. Dadurch haben die Menschen un-terschiedliche Erwartungen an die Politik. Diese Ursache nennt man auch Alterseffekt. (May 2013; Dahrendorf 1990)

2. Die Generationen unterscheiden sich in ihren Kohorten, d.h. sie sind zu unterschiedlichen Zeitpunkten geboren und sind so ganz unter-schiedlichen Einflüssen ausgesetzt. Durch die Unterschiede, die sich durch die Geburtsjahre ergeben, entwickelt sich auch die Sozialisa-tion der GeneraSozialisa-tionen unterschiedlich. Dadurch ergeben sich mög-licherweise auch andere Werte und Vorstellungen an die Politik.

Diese Ursache wird auch Kohorteneffekt genannt. (May 2013)

3. Mit der Zeit können sich die sozioökonomischen Rahmenbedingun-gen verändern. So kann sich die Situation am Arbeitsmarkt, die wirt-schaftliche Lage des Landes oder das Bevölkerungswachstum än-dern. Auch dieser Kontext beeinflusst die Politik, da je nach Lage die Bevölkerungsgruppe andere Forderungen und Ansprüche stellt.

Diese Ursache wird auch als Periodeneffekt bezeichnet. (May 2013) Doch liegt in Bezug auf das Thema des Klimawandels nun ein Generatio-nenkonflikt vor? Betrachtet man die Grundlagen eines anerkannten Konflik-tes, sind diese erfüllt. Es gibt zwei Akteursgruppen, die sich gegenüberste-hen und unterschiedliche Präferenzen aufweisen. So stegegenüberste-hen auf der einen Seite Kinder und Jugendliche, die das Risiko Klimawandel erkennen und aktiv auf dieses durch Demonstrationen aufmerksam machen. Auf der

44 anderen Seite stehen die älteren Generationen, diese belächeln das Enga-gement der Jüngeren, sehen aber keinen Grund aktiv zu werden. Das Prob-lem ist vielleicht nicht greifbar für sie oder sie wollen nichts dagegen tun, da es sie nicht mehr betrifft. Es stehen also zwei Gruppen gegenüber, die zwar auch gemeinsame Sichtweisen haben, in Bezug auf den Klimawandel ge-hen die Meinungen aber auseinander. Betrachtet man die drei möglicge-hen Ursachen für einen Konflikt, können hier zwei Gründe der Auslöser sein.

Einmal trifft der Alterseffekt zu, die beiden Akteursgruppen befinden sich in unterschiedlichen Lebensabschnitten und haben so verschiedene Prioritä-ten. Was die Politik unternehmen soll und welches Thema im Fokus steht, unterscheidet sich dadurch. Die zweite Ursache, die zu einem Konflikt füh-ren kann, ist der Periodeneffekt. So haben sich die sozioökonomischen Rahmenbedingungen geändert und der Blick auf die bestehende Wirt-schaft. Die Gesellschaft steht im Wandel, machen wir so weiter wie bisher erreichen wir unsere Ziele nicht und wir wissen nicht, wie das Leben weiter-geht. Wir müssen neue Wege finden, um eine Zukunft sichern zu können und die Stabilität aufrecht zu erhalten. Hier gehen die Sichtweisen der Ge-nerationen auch wieder auseinander, zwar sehen alle Akteure, dass etwas getan werden muss, da die ältere Generation von vielen Veränderungen aber nicht mehr betroffen ist, sehen sie keinen Handlungsbedarf.

Diese beiden Ursachen können in der Theorie zu einem Generationenkon-flikt führen. Ob in der Praxis ein GenerationenkonGenerationenkon-flikt vorliegt ist empirisch noch nicht bewiesen worden. So zeigen Befragungen, dass sich viele Schü-lerInnen mehr Engagement von ihren Eltern wünschen. Es zeigt sich aber nicht, ob deswegen wirklich ein Konflikt zwischen beiden Generationen vor-liegt. (Sommer et al. 2019b) Zwar berichten Medien immer wieder über ei-nen Generatioei-nenkonflikt, könei-nen diesen aber nicht auf empirische Daten stützen. Ganz im Gegenteil immer mehr ältere Generationen stellen sich hinter die Kinder und Jugendlichen und befürworten und unterstützen die Organisation. So auch beispielsweise die Scientists for Future oder die Pa-rents for Future, welche immer wieder betonen, die Bewegung voll und ganz zu unterstützen. Des Weiteren ist es auch nicht das Ziel der Fridays for

45 Future Bewegung einen solchen Konflikt herzustellen, im Gegenteil die Teil-nehmerInnen rufen immer wieder die Erwachsenen auf, ihnen zu helfen, da sie es alleine nicht schaffen, das Klima zu retten. (Haunss und Sommer 2020)

Ob nun tatsächlich ein Generationenkonflikt in Bezug auf den Klimawandel vorliegt, lässt sich nicht eindeutig sagen. Die Generationen geraten immer wieder in die Diskussion, unterstützen sich aber auch immer wieder bei die-sem Thema. Um herauszufinden, wie die Generationen aufeinander zu sprechen sind und was sie zu einem möglichen Generationenkonflikt sagen, müssen erst Studien durchgeführt werden, die explizit nach diesem Thema fragen. Erst dann lassen sich datenfundierte Aussagen machen und es ergibt sich ein Bild wie und ob ein Generationenkonflikt vorhanden ist.