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2 Gesellschaftliche Hintergründe

2.3 Anthropozän

WissenschaftlerInnen griffen 2008 Crutzners Vorschlag des Anthropozäns auf und entwickelten die Theorie weiter. So kamen sie zu dem Entschluss, dass das Zeitalter des Anthropozäns seit dem 18. Jahrhundert gilt und spä-testens seit der Industrialisierung der Einfluss des Menschen sehr deutlich ist. Aber nicht nur das Klima verändert sich, sondern auch das Ökosystem, verschiedene Arten und Tiere stehen unter einem Wandel. So sind seit 1900 beispielsweise die Endemiten um 20% zurückgegangen und mehr als 40% der Amphibien. Auch bei der Landoberfläche ist eine Veränderung sichtbar, so nutzen wir Menschen inzwischen sehr große Teile für unsere Industrie. Hinzukommt, dass überall auf der Welt Metall hergestellt wird, Steine und Sand abgetragen werden und die Landschaft durch Ölförde-rungsprozesse wie Framing stark belastet und teilweise sogar zerstört wird.

Des Weiteren wird 30% der Landoberfläche und 75% der Frischwasserres-sourcen für die Ernte und die Viehzucht verwendet. Nicht nur unsere Atmo-sphäre wird also stark verändert, sondern auch die Landschaft auf dem gan-zen Planeten ist betroffen. Der Einfluss des Menschen ist also in allen Be-reichen deutlich zu erkennen und die aufgezählten Veränderungen sind bei weitem nicht alle. Aber der Mensch wird nicht nur mit ökologischen und öko-nomischen Problemen konfrontiert, sondern es ergeben sich auch soziale und ethische Veränderungen. (Spannring 2019)

So setzen sich Kinder und Jugendliche für das Klima und die Umwelt ein und wollen eine Veränderung im Einfluss der Menschen bewirken. Oft stim-men die Werte, die die junge Generation fordert, nicht mit den Werten über-ein, die die Politik und die ältere Generation verfolgen. So kommt es zu

11 einer Meinungsverschiedenheit zwischen den Generationen, die schnell zu Konflikten führen kann. So behaupten viele ältere Menschen, dass Kinder und Jugendliche sich nur für das Klima einsetzen, da sie dank der Demonst-rationen dann freitags schulfrei haben. Viele Studien zeigen aber, dass die junge Generation sehr wohl Interesse an den Themen hat und etwas für die Zukunft bewirken will. Die Kinder und Jugendlichen haben eine sehr um-weltfreundliche Einstellung und wollen vor allem die Emissionen senken, die die Menschen verursachen. Viele Personen der älteren Generation se-hen die Folgen des Klimawandels aber als nicht so schlimm und sese-hen da-her keine Notwendigkeit etwas zu verändern. Durch diese verschiedenen Ansichten stehen die Generationen nun oft im Gegensatz und es kommt auch zu Konflikten. Auch die Politik handelt nur sehr träge und die junge Generation sieht auch hier einen Veränderungsbedarf. Oft können sich Kin-der und Jugendliche deswegen nicht mehr mit den bestehenden Parteien identifizieren. Ein weiteres Problem, dass mit dem Klimawandel einhergeht ist die Beziehung von Ungerechtigkeit und Ausbeutung. Der menschenge-machte Klimawandel konfrontiert alle Menschen auf der ganzen Welt, egal ob junge oder alte Generation, mit verschiedenen Herausforderungen.

(siehe oben) Zwar finden sich die Risiken und Veränderungen in jedem Le-ben wieder, aber die Verletzlichkeit der Menschen ist ungleichmäßig verteilt, so sind manche Menschen viel mehr betroffen als andere. Dies kann an geographischen Unterschieden liegen, aber meistens sind Strukturen der Ungerechtigkeit und Ungleichheit der Auslöser. Der Klimawandel ist ein Phänomen, dass nicht sofort seine Auswirkungen zeigt, sondern erst nach und nach werden die ganzen Ausmaße deutlich. So ist beispielsweise CO2

ein langlebiges Gas und kann bis zu 1000 Jahre in unserer Atomsphäre verweilen. Die aktuelle Emission hat also keine Auswirkungen auf unser jet-ziges Leben, sondern die Probleme werden erst in der Zukunft zu sehen sein. Die heutige Generation profitiert von dieser zeitlichen Verzögerung, sie haben aktuell niedrige Energiepreise und alle Umweltressourcen zur Verfügung. Erst die späteren Generationen werden mit dem Schaden leben müssen und den Auswirkungen, die diese auf das Leben haben. Dies ist ein

12 weiterer Grund, warum die Generationen den Klimawandel unterschiedlich sehen und verschiedene Handlungsweisen einschlagen. Die junge Gene-ration sieht die Gefahr bereits jetzt, obwohl noch keine „drastischen“ Aus-wirkungen zu sehen sind. Die jüngere Generation sieht die Gefahr bereits jetzt und nimmt die noch teilweise unsichtbaren Auswirkungen wahr. Die junge Generation hat also schon jetzt eine ausgeprägtere Risikowahrneh-mung, da sie ihren Lebensraum bedroht sehen. Außerdem ist die Frage nach den Verursachern sehr zentral, da es sich oft um Bedrohungen han-delt, für welche sie nur bedingt etwas können. Dies ist ein Punkt, der mit der ungerechten und ausbeutenden Beziehung gemeint ist. Auch die räumliche Ungerechtigkeit spielt eine große Rolle. Hier gibt es zwei Dimensionen, die betrachtet werden müssen. Einmal die Verteilung der Risiken, also wo sind die Auswirkungen am stärksten zu sehen und wie zeigen sich diese und zum anderen die Differenz zwischen den sozialen Kontexten, also welche Menschen betrifft es, was für Ressourcen haben diese und wie können sie sich theoretisch gegen die Auswirkungen schützen. So haben die Risiken des Klimawandels in manchen Teilen der Erde verheerende Folgen und die Bevölkerung leidet. Je nachdem wie arm, entwickelt, stabil und qualitativ die jeweilige Regierung ist, geht es den Menschen besser oder schlechter. Es hat also nicht nur die geographische Lage etwas damit zu tun, wie die Risi-ken sich auswirRisi-ken, sondern auch der soziale Kontext spielt eine Rolle.

(Spannring 2019) Nehmen wir beispielsweise eine Familie, die als Noma-den in einer äthiopischen Region leben. Sie wandern seit Jahrhunderten mit ihren Tieren von einem kargen Weide-Platz zum anderen. Sie haben ihr Leben an die Trocken- und Regenzeiten angepasst und leben mit diesen.

Durch den Klimawandel hat sich der Zyklus nun aber verändert, Dürren die bisher alle sechs bis zehn Jahre aufgetaucht sind, kehren jetzt fast jährlich zurück. Durch diese Veränderung können sich die Nomaden kaum von den schlechten Phasen erholen, es kommt zu Wasserknappheit, der Boden trocknet viel schneller aus und die Tiere bekommen verschiedene Krank-heiten. Die Existenzgrundlage der Nomaden wird immer kleiner und sie ste-hen durch den Klimawandel täglich vor neuen Herausforderungen.

13 (Samson 2021) Die Alternative zum nomadischen Leben sind jedoch auch wenig vielversprechend, da es in der Stadt kaum Arbeitsmöglichkeiten gibt.

Die Menschen auf der Welt sind durch Lebensstil, sozialer Lage, Entfernung zu Risikogebieten, Bildung und Risikobewusstsein unterschiedlich vom Kli-mawandel und dessen Auswirkungen betroffen. Die Kombination aus poli-tischen und wirtschaftlichen Strukturen und dem Klimawandel wirkt sich also ganz verschieden auf die Menschen aus.

Aber es ist wichtig, dass wir Menschen auch erkennen, dass nicht nur eine Ungerechtigkeit zwischen den Menschen herrscht, sondern es ist auch ein Ungleichgewicht zwischen den Arten vorhanden. So leiden wir Menschen schon unter den Folgen des anthropogenen Klimawandels, aber auch an-dere Arten auf unseren Planeten sind von diesem betroffen. Beispielsweise verlieren die Eisbären und Pinguine durch die Erwärmung der Erde ihren Jagd- und Lebensraum, da die Eisflächen immer kleiner werden. Andere Tiere, die in wärmeren Gebieten leben, leiden auch unter der Erwärmung, da sie immer schwieriger Wasserquellen finden. Also nicht nur wir Men-schen sind von dem Klimawandel betroffen, sondern alle Lebewesen auf der Erde. Daher ist es wichtig, dass wir Menschen ein Bewusstsein für die Risiken des Klimawandels entwickeln und dass wir nicht nur an uns denken, sondern auch ökologisch. (ebd.) Um Veränderungsvorschläge zu machen bzw. neue Handlungswege zu entwickeln, müssen wir zunächst erstmal un-sere Gesellschaft verstehen, in der wir leben. Doch in welcher Gesellschaft leben wir im Moment eigentlich? Diese Frage haben sich auch Soziologen auf der ganzen Welt gestellt. Unsere Gesellschaft ist sehr komplex und eine allgemeingültige Theorie über diese gibt es bis heute nicht. Dennoch versu-chen Soziologen immer wieder neue Theorien zu entwickeln, die die zent-ralen Elemente, aufkommenden Probleme und Wirkungsweisen unserer Gesellschaft erklären. Auch der Soziologe Ulrich Beck entwickelte 1986 ein Konzept namens „Risikogesellschaft“, welches bis heute viel diskutiert wird.

Im Folgenden werden die Merkmale herausgearbeitet und anhand des Kli-mawandels gezeigt, in welchen Bereichen das Konzept sehr gut unsere heutige Gesellschaft erklärt.

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3 „Risikogesellschaft“- aktuelles Gesellschaftsmo-dell

Der Begriff Risikogesellschaft wurde vom Soziologen Ulrich Beck geprägt.

Dieser brachte 1986 auch ein gleichnamiges Buch heraus, in welchem er den Wandel der heutigen Gesellschaft thematisiert. Er verfolgt hier, wie er in seinem Buch selbst erklärt, den Anspruch „gegen die noch vorherr-schende Vergangenheit, die sich heute schon abzeichnende Zukunft ins Blickfeld zu heben.“ (Beck 1989) Die Grundthese in seinem Buch ist, dass die Menschen Augenzeugen eines Bruches innerhalb der Moderne sind. Es erfolgt ein Wandel der klassischen Industriegesellschaft und wir Menschen befinden uns nun eher in einer industriellen Risikogesellschaft. Beck spricht heute aber nicht von einer einfachen Modernisierung, wie wir es aus frühe-ren Jahrhunderten bereits kennen, sondern er spricht von einer reflexiven Modernisierung bzw. einer Modernisierung der Industriegesellschaft. An-ders als bei bisherigen Umbrüchen bleibt bei der neuen Form ein politischer Knall (Bsp. Revolution) aus und das neue Zeitalter steht nicht wie bisher im Widerspruch zur vorherigen Epoche, sondern zeigt nur eine konsequente Weiterentwicklung auf. Ulrich Beck versucht in seinem Buch die Leitidee einer reflexiven Modernisierung der Industriegesellschaft von zwei Seiten darzulegen. Zunächst zeigt er am Beispiel von Reichtumsproduktion und Risikoproduktion das Gleichgewicht bzw. Ineinander von Beständigkeit und Wandel. In der bisherigen Industriegesellschaft hat die Produktion von Reichtum dominiert, in der Risikogesellschaft wird nun aber eine Verände-rung deutlich und das Verhältnis der beiden Bereiche ändert sich. Nun ist nicht mehr wie bisher der Reichtum und dessen Produktion dominierend, sondern die Risikoproduktion. Dies stellt die Menschen vor neue Heraus-forderungen. Die weitere Seite, die betrachtet wird, kommt zum Vorschein, wenn man die Widersprüche zwischen Moderne und Gegenmoderne im Grundriss der Industriegesellschaft in den Fokus stellt. Hier betrachtet Beck zum einen die Enttraditionalisierung der industriegesellschaftlichen Lebens-formen und zum anderen die Generalisierung von Wissenschaft und Politik.

Was Beck genau unter diesen Bereichen versteht und wie er in diesen den

15 Wandel zu einer Risikogesellschaft sieht, wird im Folgenden erklärt. Zwar wird auf fast alle Bereiche aus Ulrich Becks Buch eingegangen, einzelne Kapitel werden aber genauer und vor allem in Bezug auf den Klimawandel näher erläutert. (Beck 1996)