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Im Folgenden wird Bezug auf eine Langzeitstudie von Vaillant genommen, die in der verwendeten Literatur als die aussagekräftigste beschrieben wird. Weiters werden einschlägige Statistiken aus dem Jahre 2016 vom Bundesministerium für Gesundheit und Frauen dargeboten, die den Alkoholkonsum von Personen in Österreich aufzeigen und näher beschreiben. Im letzten Teil wird die Entwicklung von Abteilungen, Einrichtungen und Selbsthilfegruppen, die im Bereich Alkoholismus in Österreich tätig sind, erläutert.

Langzeitstudie von Vaillant

Ein Großteil der vorliegenden Studien über Alkoholabhängigkeit und Alkoholerkrankungen liegt als Querschnittsstudie vor und ist retroperspektiv.

Prospektive Langzeitstudien sind hingegen nur in einem geringen Ausmaß vorhanden.

Vaillant et al. (1995) veröffentlichten in den USA eine prospektive Studien, die sich über den Zeitraum von 50 Jahren erstreckte (vgl. Singer/Teyssen 1999, S. 143). Vaillant (1983) begleitete dabei drei unterschiedliche Gruppen. Zur ersten Gruppe zählten

„innerstädtische Großstadtjugendliche der unteren sozialen Schicht in ungünstigen Lebensverhältnissen (n = 500)“ (Feuerlein/Küfner/Soyka 1998, S. 210). Zur zweiten Gruppe gehörten „Harvard-Studenten (n = 200)“ (Feuerlein/Küfner/Soyka 1998, S. 210) und die dritte Gruppe umfasste „Personen, die zur Entgiftungszeit in stationäre Behandlung gekommen waren und später Kontakte zu den Anonymen Alkoholikern hatten (n = 100)“ (Feuerlein/Küfner/Soyka 1998, S. 210). Die zweite Gruppe zeigte hierbei den positivsten Verlauf, indem die meisten Versuchspersonen langfristig abstinent blieben und nur wenige zu starkem Alkoholkonsum neigten (vgl.

Feuerlein/Küfner/Soyka 1998, S. 211). In der ersten Gruppe waren nach 20 Jahren bereits 20 Personen verstorben „33 % abstinent, 17 % ‚asymptomatische Trinker‘, bei 50 % wurde ‚progressiver‘ bzw. ‚atypischer Alkoholismus‘ festgestellt“

(Feuerlein/Küfner/Soyka 1998, S. 211). Nach 30 Jahren erfolgte bei der ersten Gruppe eine Umkehr der Prozentzahlen zwischen den 'asymptotischen Trinkern' und den Abstinenten (vgl. Feuerlein/Küfner/Soyka 1998, S. 211). Nach acht Jahren waren bei der dritten Gruppe 27 % verstorben. Die restlichen Versuchspersonen teilten sich auf

[sic!]“ (Feuerlein/Küfner/Soyka 1998, S. 211) auf. Aufgrund der nahezu ausschließlichen Aufteilung auf abstinent und Alkoholmissbrauch in der dritten Gruppe spricht Vaillant hierbei von einem ' point of no return'. An diesem Punkt besteht für den Betreffenden keine Möglichkeit mehr, sein Alkoholverhalten zu steuern (vgl.

Feuerlein/Küfner/Soyka 1998, S. 211). Als Ergebnis dieser Studie lassen sich vier Faktoren festhalten, die sich für den Ausstieg aus einer Alkoholsucht verantwortlich zeigen:

- „Erstabhängigkeit (ohne Suchtmittel) (z. B. Arbeit, Hobby, Anschluss an eine religiöse Gemeinschaft), aber auch andere Suchtformen, z. B.

übermäßiges Essen,

- (rituelle) Erinnerungen an die Wichtigkeit der Abstinenz (Außenkontrolle), auch durch real fortbestehende körperliche Probleme,

- soziale und medizinische Unterstützung (z. B. auch durch Bezugspersonen),

- Wiederherstellung der Selbstachtung der Betroffenen (z .B. durch Selbsthilfegruppen wie Anonyme Alkoholiker)“ (Feuerlein/Küfner/Soya 1998, S. 211).

Insgesamt zeigt sich, dass Personen, welche einer Gruppe zugeteilt sind unterschiedliches Trinkverhalten entwickeln können, es jedoch übergeordnet Gemeinsamkeiten gibt, welche sie von anderen Gruppen unterscheidet. Des Weiteren können Faktoren erschlossen werden, die für einen Ausstieg aus einer Alkoholsucht verantwortlich sind.

Alkoholkonsum in Österreich

Im Handbuch des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen (2018) werden Statistiken über den Alkoholgebrauch von 1992–2016 veröffentlicht, die anschließend näher beschrieben werden.

Bezüglich der alkoholbezogenen Spitalsentlassungsdiagnose muss darauf hingewiesen werden, dass hierbei nicht Personen, sondern ausschließlich jene Entlassungen gezählt werden, die als Haupt- oder Nebendiagnose Alkoholkonsum aufweisen. Demgemäß kann eine Person aufgrund mehrerer Krankenhausaufenthalte auch mehrfach gezählt werden (vgl. Uhl/Bachmayer/Strizek 2018, S. 15ff.). Insgesamt lagen 2016 die

Spitalsaufenthalte mit der Hauptdiagnose Alkoholkonsum bei 2.863.277 Aufnahmen (vgl. ebd. 2018, S. 20). Davon waren bei den Aufnahmen 1.524.148 weibliche (vgl. ebd.

2018, S. 18) und 1.339.129 männliche Personen (vgl. ebd. 2018, S. 16). Weiters wird für die Jahre 1955–2016 festgehalten, wie viele alkoholbedingte Todesursachen ermittelt wurden und ebensolche Suizide stattgefunden hatten. Insgesamt lag im Jahr 2016 die Zahl der Todesfälle bei Männern und Frauen bei 80.669 Personen (vgl. ebd. 2018, S. 40f.), wobei rund die Hälfte weiblich (vgl. ebd. 2018, S. 37) und der Rest männlich war (vgl. ebd. 2018, S. 33). In der „Österreichweiten Repräsentativerhebung zu Substanzkonsum“ werden unter anderen die „Prävalenz, Gesamtlebensprävalenz und Inzidenz des chronischen Alkoholismus in Österreich“ (ebd. 2018, S. 46) aufgezeigt.

Unter Prävalenz, also die Zahl der Alkoholiker/innen im Querschnitt, fallen rund 5 % der Personen ab dem 15. Lebensjahr. 10 % entfallen auf die Gruppe der Gesamtlebenszeitprävalenz. Hierbei sei angemerkt, dass unter Gesamtlebendprävalenz jene Personen verstanden werden, die in ihrem Leben von der jeweiligen Krankheit betroffen sind. 0,13 % der Bevölkerung zählen zur Gruppe der Inzidenz. Diese Personen werden folglich unter den Neuerkrankungen bezüglich des chronischen Alkoholismus pro Jahr subsumiert (vgl. ebd. 2018, S. 46). Wird die Bevölkerungsgruppen nach ihrem Alkoholkonsum eingeteilt, erhält man drei Gruppen von Alkoholkonsumenten:

Personen, die unter die Harmlosigkeitsgrenze, zwischen die Harmlosigkeits- und die Gefährdungsgrenze sowie über die Gefährdungsgrenze fallen. Zuzurechnen sind der Gruppe der Harmlosigkeitsgrenze 4 %, die Alkohol höchstens probiert, 15 %, die innerhalb eines Jahres maximal fünfmal Alkohol konsumiert, und 54 %, die Alkohol in geringen Mengen konsumiert haben (vgl. ebd. 2018, S. 47). 14 % der untersuchten Personen zählen zur Zwischengruppe. Bei denjenigen Personen, die über der Gefährdungsgrenze liegen, wird zwischen Alkoholmissbrauch (9 %) und chronischem Alkoholismus (5 %) unterschieden. Insgesamt beruht diese Studie auf einer Stichprobengröße von 3.982 Personen (vgl. ebd. 2018, S. 47). Der durchschnittliche Reinalkoholkonsum pro Tag stieg vom Jahr 1955 bis zum Jahr 2016 um 9,8 g und liegt aktuell bei insgesamt 21,8 g (vgl. ebd. 2018, S. 60f.).

Daraus kann geschlossen werden, dass durch den steigenden Reinalkoholkonsum der Österreicher auch die Präsenz des Themas Alkoholmissbrauch und Alkoholsucht zunimmt. Dies lässt sich auch aus den über zwei Millionen Spitalsaufenthalten mit der

Hauptdiagnose Alkoholkonsum im Jahr 2016 erschließen.

Historische Entwicklung von Einrichtungen für Alkoholerkrankte

In der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg wurden bereits vorhandene Behandlungszentren für Alkoholiker weiter ausgebaut sowie zusätzlich neue errichtet (vgl.

Uhl/Bachmayer/Kobrna/Puhm/Springer/Kopf/Beiglböck/Eisenbach-Stangl/Preinsberger/Musalek 2009, S. 343). Der Ablauf gestaltete sich hierbei wie folgt:

 „Professionalisierung der stationären Alkoholismusbehandlung in öffentlichen psychiatrischen Krankenanstalten, begleitet von der Gründung eigener Alkoholikerabteilungen.

Entstehung von speziellen, offenen Alkoholikerbehandlungeinrichtungen mit privaten Trägern nach dem ‚Kalksburger‘ Modell.

Ausbau ambulanter Einrichtungen zur Beratung und Behandlung von Alkoholkranken, die in der Regel mit den stationären Behandlungseinrichtungen eng kooperieren und vor allem Vorbetreuung und Nachbehandlung für den stationären Sektor übernehmen“ (ebd.

2009, S. 343).

Die bedeutendsten Ereignisse in diesem Zusammenhang waren in Österreich 1922 die Gründung der ersten Trinkerheilstätte mit 84 Betten in einer Abteilung einer

‚Irrenanstalt‘ und 1961 die Eröffnung der ersten offenen Anstalt in Wien mit 65 Betten (vgl. ebd. 2009, S. 343). Anschließend eröffnete das Landeskrankenhaus Süd-West Standort Süd, ehemals Landesnervenklinik Sigmund Freud, 1967 eine Station für Alkoholiker. Es folgten Abteilungen im Landesklinikum Mostviertel Amstetten-Mauer, im Therapiezentrum Ybbs/Niederösterreich des psychiatrischen Krankenhauses der Stadt Wien (1987) sowie im Landesklinikum Salzburg (1992) (vgl. ebd. 2009, S. 344).

Als offene Anstalten wurden das Haus Christine in Innsbruck (1972), das Krankenhaus Stiftung Maria Ebene in Vorarlberg (1976), das Therapiezentrum Traun für Alkohol- und Medikamentenabhängige in Oberösterreich (1978), das Rehabilitationszentrum für alkohol- und medikamentenabhängige Frauen in Salzburg (1979), das Krankenhaus de La Tour der Evangelischen Stiftung Treffen in Kärnten (1983: Männerstation, 1987:

Frauenstation) sowie der Grüne Kreis in Niederösterreich errichtet (vgl. ebd. 2009, S. 344f.). Zudem wurde während dieser Zeit eine Vielzahl an entsprechender

Selbsthilfegruppen gegründet (vgl. ebd. 2009, S. 348). Diese Gruppen können in vier Formen unterteilt werden:

„Gruppen, die dem österreichischen ‚Blauen Kreuz‘ angehören,

‚professionell organisierte Gruppen‘ – das sind Gruppen, die bundesländerspezifischen Dachorganisationen angehören, die ausschließlich oder neben anderen Aufgaben ambulante Hilfe (Vor- und Nachsorge) für Alkoholkranke und deren Angehörige anbieten,

‚Gruppen in Institutionen‘ – das sind Gruppen, die im Rahmen einzelner sozialer oder medizinischer Einrichtungen gegründet wurden, und

Gruppen der ‚Anonymen Alkoholiker (AA)‘ und Selbsthilfegruppen für Angehörige von Alkoholikern (‚AI-Anion‘ Familiengruppen)“ (ebd.

2009, S. 348).

Mit Stand 2008 handelte es sich hierbei um insgesamt zirka 350 Gruppen in ganz Österreich (vgl. ebd. 2009, S. 349).

Im Handbuch „Alkohol-Österreich Band 2: Einrichtungen 2017“ werden alle österreichischen Einrichtungen mit Bezug zu Personen mit Alkoholismus aufgelistet.

Spezifisch in der Steiermark existieren in diesem Kontext 22 ambulante (vgl.

Bachmyer/Schmutterer/Strizek/Uhl 2017, S. 21–24) sowie vier stationäre Einrichtungen (vgl. ebd. 2009, S. 38ff.), eine Suchtkoordinationsstelle (vgl. ebd. 2009, S. 45) und eine Fachstelle für Suchtprävention (vgl. ebd. 2009, S. 48).

Im anschließenden Literaturteil werden nun die Begriffe Alkoholismus und Ressourcenorientierung beschrieben und die Ressourcen, die im empirischen Teil für die Auswertung angewendet werden, definiert.