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5. FORSCHUNGSMETHODEN & DATENGRUNDLAGEN

5.1 Forschungsdesign: Concurrent Triangulation

Die Untersuchung nutzte die Potentiale einer Triangulation aus quantitativen und qualita-tiven Forschungsmethoden. Beide Forschungsstränge sind gleichzeitig nebeneinander ver-laufen. Creswell (2003) benennt dieses Vorgehen als eine ‚concurrent triangulation’

(Creswell, 2003, S. 224, 229; Flick, 2008, S.82). Dabei kann die Priorität auf beiden Me-thoden liegen oder sich zugunsten einer Methode ausbalancieren. In der vorliegenden Un-tersuchung hat sich die ‚concurrent triangulation’ zugunsten des qualitativen Forschungs-stranges ausbalanciert. Diese Balance war zu Beginn der Untersuchung abzusehen. Grün-de hierfür sind v.a. folgenGrün-de: Die qualitativen Datenmengen Grün-der Untersuchung sind sehr gehaltvoll; bestimmte Untersuchungsaspekte lassen sich nur schwer mit quantitativen Me-thoden analysieren. Insbesondere die Erfassung der Bewältigungsstrategien und subjekti-ven Beschreibung der erfolgreichen Bildungswege kann nur über die qualitatisubjekti-ven Metho-den angemessen erfolgen. Die Erfassung subtiler und subjektiver Hindernisse, die nicht allen bewusst sind wie praktische Lösungsvorschläge können nur über die qualitativen Methoden festgehalten und analysiert werden.

Das vorliegende Forschungsdesign entspricht einem Triangulationsmodell, das nicht nur qualitative und quantitative Forschungs- und Analysemethoden integriert, sondern diese auch im Analyseprozess miteinander verschränkt und einen Mehrebenenansatz ver-folgt (Mayring, 2001). Nach Creswell erver-folgt dabei die Integration der beiden Stränge in der Phase der Interpretation der Ergebnisse oder bereits in der Analyse der Daten. Die Theoretische Perspektive ist dabei möglicherweise präsent (Creswell, 2003, S. 224, 229 Flick, 2008, S.83). Die genutzte Triangulation setzte so neben der methodischen Triangu-lation, ebenso innerhalb der Methoden an (‚within method’ nach Denzin 1970, S. 300ff. In Fielding; u.a. 2001; Flick, 2008). Diese Form der Triangulation wird als methodische Va-riante der Triangulation kaum wahrgenommen (Fielding; u.a., 2001, S. 41). Für den quali-tativen Forschungsteil konnten auf diese Weise unterschiedliche Datenquellen einbezogen werden (Flick; u.a. 2004, S. 311; Flick, 2008, S. 13), wie auch unterschiedliche Auswer-tungsperspektiven und Auswertungsebenen (vertikal und horizontal) miteinander kombi-niert werden, so dass die Forschungsfrage von unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet werden konnte (Mayring, 2001).

Quelle: Mayring, 2001

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Die Untersuchung berücksichtigte demnach auch die Möglichkeit unterschiedliche Ergeb-nisse durch die unterschiedlichen Forschungsmethoden zu erhalten. Die ErgebErgeb-nisse der zwei unterschiedlichen Forschungsstränge konnten schließlich (1) entweder in irgendeiner Weise übereinstimmen (vollständig, generell, tendenziell, partiell); (2) oder sich kompli-mentieren; (3) oder sich divergieren - andere Sichtweisen in den unterschiedlichen Ergeb-nissen aufzeigen (vollständig, generell, tendenziell, partiell) (Kelle; u.a., 2000, 2003 In Flick, 2008, S. 88). In der vorliegenden Untersuchung dienten die Ergebnisse der unter-schiedlichen Methoden und Blickwinkel der gegenseitigen Unterstützung und ihrem Ver-gleich. Zudem ermöglichte sie auch jeweilige Schwächen der genutzten Forschungsme-thoden aufzufangen und auszugleichen (Flick, 2008, S. 76). Die aus dem qualitativen For-schungsprozess neu gewonnenen Erkenntnisse boten die Möglichkeit neue Hypothesen und Denkansätze zu formulieren und weiterführende Analysen mithilfe des quantitativen Forschungsstranges zu verfolgen (Faciliation nach Hammersley 1996 S. 167-168 In:

Flick, 2008, S. 76). Gleichzeitig boten sie Anregungen für Folgeuntersuchungen im Zuge beider Forschungsstränge.

Obwohl beide Forschungsstränge zunächst als gleichwertig in der Ergebnisgewinnung gelten, empfiehlt sich bei der Nutzung einer concurrent triangulation vor Untersuchungs-beginn festzulegen, welche Methode für die Erfassung und Analyse einzelner Untersu-chungsaspekte verwendet werden soll (Lamnek, 2005, S. 283; Kelle, 2007, S. 15; Flick, 2008, S. 78). Lamnek (2005) empfiehlt im Zuge einer Triangulation von quantitativen und qualitativen Forschungsmethoden neben der Festlegung bestimmter Untersuchungsaspek-te, die durch eine Methode genauer erfasst und untersucht werden sollen zusätzlich eine Festlegung was durch die Triangulation angestrebt werden soll. Dabei gibt er drei Mög-lichkeiten vor: die methodische Erfassung (1) desselben Phänomens, (2) unterschiedlicher Aspekte desselben Phänomens oder gar (3) unterschiedlicher Phänomene angestrebt wird (Lamnek, 2005, S. 283). Diese Vorgehensweise entspricht am Besten dem Ziel einer per-spektivischen Erweiterung wie Erfassung eines Gegenstandsbereiches und entspricht auch der bereits angeführten Offenheit der Untersuchung gegenüber der Unterschiedlichkeit der Ergebnisse aus qualitativen und quantitativen Analyseschritten.

Die quantitative Untersuchung konzentrierte sich speziell darauf theoretische Überle-gungen zu Hürden und BegünstiÜberle-gungen auf den erfolgreichen Bildungswegen der Unter-suchungsgruppe und deren statisch signifikanten Zusammenhänge zu den erfolgreich ver-laufenen Bildungswegen zu untersuchen. Der quantitative Forschungsstrang diente somit v.a. dazu Hypothesen zu testen, die im Vorfeld durch Literaturrecherche in Bezug auf er-folgreiche Bildungswege erarbeitet und bestimmt wurden. Ziel war die Überprüfung der Signifikanz der aufgestellten Hypothesen innerhalb der Stichprobe. In einem zweiten Schritt diente der erfasste quantitative Datensatz dazu, die aus der qualitativen Datenaus-wertung neu generierten Hypothesen und Theorien zu verallgemeinern (Verallgemeine-rungsmodell nach Mayring, 2001). Hierfür wurden die neu gewonnenen Theorien anhand

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von weiteren statistischen Hypothesen innerhalb der quantitativen Daten auf ihre Signifi-kanz hin getestet. Im Gegenzug dazu wurden innerhalb der qualitativen Daten Zusam-menhangserklärungen für die besonders signifikant geprüfte, statistische Hypothesen der quantitativen Datenauswertung gesucht. Dadurch konnten die quantitativen Ergebnisse weiter vertieft werden (Vertiefungsmodell nach Mayring, 2001). Folglich ließen sich be-sonders durch das Verallgemeinerungs- und Vertiefungsmodell nach Mayring (2001) die Untersuchungsstränge miteinander verschränken. Im Verallgemeinerungsmodell besaß die qualitative Vorgehensweise einen höheren Stellenwert. Die qualitative Studie wurde in einem ersten Schritt ‚komplett durchgeführt und ausgewertet’ und ‚erst im zweiten Schritt mit quantitativen Mitteln verallgemeinert und abgesichert’ (vgl. Flick, 2008, S. 81, May-ring, 2001). Die Verallgemeinerung ließ sich dabei allerdings nur in soweit durch die quantitativen Daten absichern, wie Daten zu einem bestimmten Aspekt bzw. Phänomen auch quantitativ erhoben wurden. Im Vertiefungsmodell wurden quantitative Ergebnisse innerhalb qualitativen Daten auf Zusammenhangerklärungen untersucht. So ließen sich Kausalitäten erkennen und interpretieren (Mayring, 2001). Die theoretischen (Vor-) Über-legungen des quantitativen Forschungsteils stellten das Vorwissen des qualitativen For-schungsteils (Meinefeld, 1995; Kelle, 1995). Folglich ermöglichte die gleichzeitige Nut-zung beider Untersuchungsmodelle (quantitativ und qualitativ) eine unabhängigere wie fundierte Herangehensweise an die Forschungsfragen.

Quelle: Mayring 2001

Der qualitative Forschungsstrang diente der Erfassung subjektorientierten Perspektive auf die erfolgreichen beschrittenen Bildungswege der Untersuchungsgruppe. Diese Akteurs-perspektive richtete sich auf den durch das Subjekt selbst gestalteten erfolgreichen dungsweg wie gleichzeitig auf die ihm zur Verfügung gestellten Möglichkeiten im Bil-dungs- und Sozialisationsprozess, welche für die Gestaltung des beschrittenen BilBil-dungs- Bildungs-weges notwendig waren (Rauschenbach; u.a., 2004, S. 36). In der Akteurperspektive ging es demnach auch um die individuelle Nutzung institutioneller Angebote, Räume und spe-ziell Gelegenheiten für die Bewältigung des erfolgreichen Bildungsweges wie auch um die Qualität dieser Räume und Angebote für ihr Bewältigungshandeln. Diese Perspektive

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möglichte eine Verdeutlichung dessen, ‚dass strukturelle und subjektive Dimensionen von Bildungsberichterstattung sich nicht gegenseitig ausschließen, sondern wechselseitig auf-einander beziehen’ (vgl. Rauschenbach; u.a., 2004, S. 36). Es ging somit nicht darum, lineare Kausalzusammenhänge von Ursachen- und Wirkungsbeziehungen herauszuarbei-ten, sondern die wechselseitige Wirkung einzelner Komponenten zu rekonstruieren, die zum Bildungserfolg geführt haben. Aufgrund der Verschiedenheit der Interviewees konnte dabei von unterschiedlichen Mustern von Wirkungszusammenhängen ausgegangen wer-den (Rosenthal, 2005, S. 23). So diente die Akteursperspektive v.a. auch der Erfassung Bildung fördernder ‚Phänomene’, Begebenheiten, Empowermentmechanismen wie Schutzfaktoren und deren Rekonstruktion von (Wirkungs-) Zusammenhängen an konkre-ten Fällen. Es galt neue Hypothesen und Theorien in Bezug auf die Beschreitung erfolg-reicher Bildungswege zu generieren (Rosenthal, 2005, S. 14, 22ff.).

Die Intention der genutzten methodischen Verschränkung der unterschiedlichen For-schungsmethoden kann wie folgt beschrieben werden: (a) Die Verschränkung ergibt ein tieferes und genaueres Bild des Untersuchungsgegenstandes erfolgreicher Bildungswege junger Erwachsener aus bildungsfernen Arbeitermilieus. (b) Ein ausschließliches Nutzen quantitativer Forschungsmethoden würde der Komplexität des Untersuchungsgegenstan-des nicht gerecht werden. Schließlich sind die erfolgreichen Bildungswege der Untersu-chungsgruppe unterschiedlich und sehr heterogen wie die UntersuUntersu-chungsgruppe selbst. (c) Mit der Erfassung und Auswertung einer quantitativen Stichprobe der Untersuchungs-gruppe hätte man nur bisherige Theorien innerhalb der UntersuchungsUntersuchungs-gruppe testen kön-nen. Die Untersuchung wäre in ihrer Bedeutung und ihrem Gehalt allein aufgrund der Stichprobengröße nicht relevant. Diese Aussage soll jedoch nicht den Anspruch der Er-gebnisse auf Repräsentativität für die Gesamtheit erheben. Darüber hinaus bot die Metho-denkombination in Form einer Ergebnisverschränkung den Vorteil, dass neben einer Sig-nifikanzprüfung bestehender Theorien und Hypothesen in Bezug auf erfolgreiche Bil-dungswege neue Theorien generiert und alte Theorien auf ihre Bedeutung innerhalb des qualitativen Samples weiter untersucht werden konnten.

5.2 Die Quantitative Untersuchung