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Feinanalyse Der Standard: „Eskalation mit Ansage in Trumps Amerika“

Im Dokument ! Sprachlich-rhetorische Mittel (Seite 48-51)

7.8 Tod von George Floyd

7.8.5 Feinanalyse Der Standard: „Eskalation mit Ansage in Trumps Amerika“

7.8.5.1 Institutioneller Rahmen

Der hier analysierte Artikel wurde am 2. Juni 2020 unter dem Titel „Eskalation mit Ansage in Trumps Amerika“

veröffentlicht. Der Autor Frank Herrmann reagierte damit auf die Protestbewegungen welche im Zuge des ge-waltsamen Todes von George Floyd entstanden, sowie auf die Reaktionen Donald Trumps zu den Demonstratio-nen. Der Artikel stellt einen Teil des Titelblatts dar und wird in der eigens geschaffenen Rubrik „Gewalt in den USA“ fortgesetzt.

7.8.5.2 Textoberfläche

Die Positionierung des ersten Teils des Artikels auf dem Titelblatt und die Kreation einer eigenen Rubrik für die Entwicklungen in den USA verleiht dem Text eine gewisse Wichtigkeit. Beide Teile werden mit einprägsamen Bildern (von aufgebrachten Demonstrant*innen und symbolischen Gesten) unterstützt. Auf dem Titelblatt findet sich zudem ein kurzer Einleitungstext mit einer separaten Überschrift. Der Artikel im Blattinneren ist umfassend ausgestaltet. Inhaltlich aussagekräftig ist auch ein Bild von Demonstrant*innen mit in der Luft geballten Fäusten vor dem Weißen Haus, welches von Rauch umhüllt wird. Zudem werden unter dem Text mehrere Protestwellen bzw. -aktionen gegen Rassismus seit 1968 aufgelistet und bieten eine zusätzliche Information zu den histori-schen Abläufen.

Der Artikel beinhaltet mehrere Thematiken. Zu Beginn wird über die Ausschreitungen im Zuge der Demonstra-tionen und die ReakDemonstra-tionen Donald Trumps berichtet. Es folgen Verweise auf Marin Luther King und eine Erklä-rung des Tathergangs von George Floyds Tod. Die Gründe für die Proteste, insbesondere die Polizeigewalt an Afroamerikaner*innen, werden anschließend ebenso erläutert, wie die soziale und ökonomische Benachteiligung der Afroamerikaner*innen. Auch Beispiele von Rassismus und Polizeigewalt sind im Artikel beinhaltet. Das Verhalten von Präsident Trump wird mit Taten anderer US-Präsidenten verglichen. Keine Erwähnung finden Reaktionen von demokratischen oder republikanischen Abgeordneten. Der politische Bezug findet rein auf die

Person Donald Trump statt. Ebenso wenig wird der Ablauf der Tötung von George Floyd erwähnt, was in vo-rangegangenen Artikeln bereits geschah.

Abb. 38.! Eskalation mit Ansage in Trumps Amerika (Quelle: Der Standard, 20. Juni 2020, S. 2)

7.8.5.3! Sprachlich-rhetorische Mittel

Argumentativ hinsichtlich des Aufzeigens der Problematik nähert man sich in dem Artikel durch das Aufzeigen der Geschichte des Rassismus und die Rolle der Präsidenten und Institutionen seit den 1960er Jahren. Dabei schwingt eine gewisse deprimierende Tonalität im Verlauf des Artikels mit, welche daraus resultiert, dass analy-siert wird, wie wenig Fortschritte in der Gleichbehandlung von Afroamerikaner*innen in den vergangenen 50

Jahren gemacht wurden und auch demokratische Präsidenten daran keine oder nur wenige Änderungen vorneh-men konnten.

Die Symbolik des Artikels ergibt sie durch die Aufzählung von ausgewählten Vorfällen seit den 1960er Jahren und der Symboliken, welche sich im Zuge dessen entwickelt haben und mittlerweile universal verstanden wer-den. So ist etwa die geballte Faust als Geste weitreichend bekannt als Versuch sich solidarisch mit der Antiras-sismusbewegung zu beweisen bzw. auf die Problematik mit nur einer Handbewegung aufmerksam zu machen.

Die bedeutende Rolle des Präsidenten der USA wird durch die Darstellung des Weißen Hauses aufgezeigt. Die-ses scheint in Rauch gehüllt zu sein und ist von gut ausgestatteter Polizei umgeben. Dadurch soll die aufgeheizte Stimmung im Zuge der Proteste symbolisiert werden. Ein Bild von einer brennenden Fahne entspricht dieser Symbolik.

Der Titel „Nächte des Zorns“ verweist ebenso auf impulsive Demonstrationen und eine lange aufgestaute Ag-gression oder Wut, welche sich nun entlädt. Dies wird durch Floskeln wie „Tropfen der das Fass zum Überlau-fen brachte“ unterstützt. Außerdem werden Institutionen, welche rassistisch handeln als Teil eines „Systems“

bezeichnet, ohne dieses dabei näher zu definieren. Auch eine Twitter-Nachricht von Donald Trump wird zitiert, in der er schreibt „Wenn das Plündern beginnt, beginnt das Schießen“. Aus dieser Nachricht, welche er vom Gouverneur Alabamas im Jahr 1968, George Wallace, übernommen hat, kann die Position des Präsidenten ge-genüber den Protestbewegungen sehr eindeutig abgeleitet werden und zudem auf Repressalien und undiplomati-sche Politik geschlossen werden. Trumps politiundiplomati-scher Stil wird in weiterer Folge mit dem Ausdruck „Law and Order“ beschrieben.

Insgesamt liest sich der Artikel wie eine kurze Zusammenfassung einer Geschichte und wirkt emotionalisierend.

7.8.5.4 Inhaltlich-ideologische Aussagen

Der Artikel ist eindeutig in Richtung einer Abneigung gegen Rassismus und einer kritischen Auseinandersetzung mit dem politischen Einfluss von Donald Trump auf die Demonstrationen zu verstehen. Ziel ist es aufzuzeigen, wie stark institutionalisiert der Rassismus in den USA ist. Die Proteste scheinen als Notwehr dargestellt zu wer-den. Auch hier wird viel mit Emotionen gearbeitet, welche die Verzweiflung der Demonstrant*innen greifbar machen soll.

Es zeigt sich auch eine pessimistische Zukunftsprognose (zumindest aus der Sicht der Gegner*innen von Donald Trump), da aufgezeigt wird, wenn sich die Geschichte wiederholen würde (der ultrakonservative Republikaner und Vertreter einer harten Linie, Richard Nixon, gewann nach den internationalen Protestbewegungen und der Bürgerrechtsbewegung 1968 die Wahl), Donald Trump erneut zum Präsidenten der USA gewählt werden würde.

7.8.5.5 Interpretation

Zwischen der Schwarzen und weißen Bevölkerung der USA wird in dem Artikel eine harte Trennlinie gezogen und Stereotype angewendet. Weiße würden demnach das Feindbild der Schwarzen darstellen, welche hilflos einem institutionalisierten Rassismus gegenüberstehen. Weiße Polizist*innen werden als kaltblütig beschrieben, was scheinbar eine Rechtfertigung für die Gewalt bei den Protestaktionen gewertet werden soll. Es soll Ver-ständnis und Sympathie für die afroamerikanische und demonstrierende Gesellschaft in den USA geweckt den. Zudem sollen die Strukturen und die Institutionalisierung des Rassismus in den USA aufgeschlüsselt wer-den. Ein Rückblick in der Geschichte ist dabei hilfreich. Auf der anderen Seite wird Donald Trump als der we-sentliche Täter im Hinblick auf die Diskriminierung von Schwarzen dargestellt.

In dem Artikel werden nicht zuletzt auf Grund zahlreicher Beschreibungen und Adjektive Emotionen hervorge-rufen und Empathie gegenüber den Demonstrierenden (auch jenen, welche die Ausschreitungen zu verantworten

Proteste nach einem einzigen Todesfall handelt, sondern um die lange aufgestauten Gefühle von Ohnmacht, Wut und Leid der Bevölkerungsgruppe der Afroamerikaner*innen, welche nun ein Ventil gefunden haben, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Jedoch werden sowohl schwarze als auch weiße US-Amerikaner*innen dabei kollektiv in ein Schubladendenken gepresst. Möglicherweise ist dies aber der Absicht des Autors geschul-det, da er dadurch auch die Existenz von zwei (teilweise optisch sichtbaren) Fronten und deren Verhärtung vor-stellbar macht.

George Floyd und sein Tod stellen hier den zentralen Anstoß einer längst schwelenden Protestwelle dar. Der Zeitpunkt des Todes im Mai eines Wahljahres wird dabei auch als besonderer Faktor hervorgehoben, da die Thematik somit eine intensive politische Auseinandersetzung möglich macht bzw. sogar fordert. Es wird durch die Verweise auf die Geschichte zudem aufgezeigt, dass George Floyds Tod aber auch nicht das Potential zur Änderung des Verhaltens und des Systems hat, da Rassismus in den USA so stark institutionalisiert ist und somit auch durch diesen Fall von Polizeigewalt nicht einfach beendet werden kann. Diese Zukunftsprognose zeigt die Dramatik der historischen Entwicklung auf und verursacht eine gewisse deprimierende Stimmung. Zudem wird nicht nur die Rolle des Präsidenten im Zuge der Antirassismusdebatte aufgezeigt, sondern vor allem auch ein Teil der Bevölkerung, welcher sich der Diskriminierung zuwendet, angeprangert.

Im Dokument ! Sprachlich-rhetorische Mittel (Seite 48-51)