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Feinanalyse ORF.at: „Biden zieht mit Kamala Harris in Wahlkampf“

Im Dokument ! Sprachlich-rhetorische Mittel (Seite 81-84)

7.11 Verkündigung von Kamala Harris als Vizepräsidentschaftskandidatin

7.11.3 Feinanalyse ORF.at: „Biden zieht mit Kamala Harris in Wahlkampf“

7.11.3.1 Institutioneller Rahmen

Der redaktionelle Beitrag „Biden zieht mit Kamala Harris in Wahlkampf“ ist am 11. August 2020 online gegan-gen, ein Update erfolgte am 12. August 2020.

7.11.3.2 Textoberfläche

Die Hauptschlagzeile des Artikels lautet „Biden zieht mit Kamala Harris in Wahlkampf“, die dazugehörige Dachzeile „RUNNING MATE“ ist in Blockbuchstaben gedruckt. Oberhalb befindet sich ein Porträtfoto von Kamala Harris, welches sie lachend zeigt. In der Mitte des Beitrags findet sich das zweite Bild, welches Joe Biden vor einem Rednerpult zeigt, die Bildunterschrift dazu lautet: „Joe Biden wäre bei Amtsantritt 78 Jahre alt“. Auf dem dritten Foto ist Donald Trump mit Mike Pence zu sehen, Bildunterschrift: „Trump will im No-vember erneut mit seinem Vize Mike Pence antreten“.

Der Beitrag enthält mehrere Zwischenüberschriften: „Zuerst Gegner, nun Duo“, „Trump: ‚Sie hat gelogen‘“ und

„Möglicher Aufstieg zur Präsidentin“. Der originale, englische Twitter-Beitrag von Kamala Harris mit ihrer Reaktion auf ihre Nominierung erscheint nach dem Verkündigungs-Absatz von Biden. Außerdem ist ein Video-link zur Live-Schaltung nach Washington zu ORF-Korrespondentin Hannelore Veit aus der ZIB 2 (vom 11.

August 2020) eingebaut.

7.11.3.3 Sprachlich-rhetorische Mittel

Als öffentlicher Rundfunk ist man um Objektivität bemüht. Dieser Anspruch wird größtenteils erfüllt, indem auch auf sprachlicher Ebene überwiegend sachlich formuliert wird. Es finden sich selten sprachliche Wendungen wie „ins Weiße Haus ziehen“ oder „entpuppen“.

Der Bericht ist durch auffallend viele direkte Reden, teilweise in englischer Sprache, gekennzeichnet:

• Biden sagte am Dienstag: „Ich habe die große Ehre bekanntzugeben, dass ich Kamala Harris – eine furchtlose Kämpferin für die einfachen Menschen und eine der besten öffentlich Bediensteten des Landes – als meinen Running Mate ausgewählt habe.“

• @JoeBiden can unify the American people because he's spent his life fighting for us. And as president, he'll build an America that lives up to our ideals.

• I'm honored to join him as our party's nominee for Vice President, and do what it takes to make him our Commander-in-Chief.

Kamala Harris (@KamalaHarris) 11. August 2020

• „Joe Biden kann das amerikanische Volk einen, weil er sein Leben damit verbracht hat, für uns zu kämp-fen. Und als Präsident wird er ein Amerika aufbauen, das unseren Idealen gerecht wird.“

• Ex-Präsident Barack Obama sagte, Harris sei „mehr als bereit für die Aufgabe“. „Wenn du im Oval Office bist, die schwersten Probleme abwägst und eine Entscheidung, die du triffst, die Leben und Exis-tenzen eines ganzen Landes beeinflusst – da brauchst du jemanden bei dir, der das Urteilsvermögen und den Charakter hat, um die richtige Entscheidung zu treffen“, betonte Obama. Sein ehemaliger Vize Biden habe die richtige Wahl getroffen: „Das ist ein guter Tag für unser Land. Jetzt lasst uns das Ding gewin-nen.“

• „Ich war damals stolz und ich bin jetzt stolz, sie als meine Partnerin in dieser Kampagne zu haben.“ (Bi-den)

• „Sie hat gelogen. Sie hat Dinge gesagt, die nicht wahr waren“, sagte er, ohne genauer darauf einzugehen.

(Trump)

• Er hatte kürzlich in einem Interview gesagt, „anders als die afroamerikanische Gemeinschaft – mit bedeu-tenden Ausnahmen – ist die Latino-Gemeinschaft eine unglaublich vielfältige Gemeinschaft mit unglaub-lich vielfältigen Haltungen zu verschiedenen Dingen“.

Nach einer Einleitung wird zunächst Harris Reaktion und dann Obamas Reaktion auf ihre Nominierung darge-legt. Die berufliche Geschichte von Joe Biden und Kamala Harris wird erläutert, indem sie zunächst als Geg-ner*innen und nun als Team präsentiert werden. Es folgt Trumps Kritik an Harris, ehe Harris Chancen auf eine zukünftige Präsidentschaft bescheinigt werden. Der Artikel endet mit dem Hinweis, dass die offizielle Nominie-rung auf dem Parteitag Mitte August 2020 noch ausständig ist.

7.11.3.4 Inhaltlich-ideologische Aussagen

Beginnend wird die Favoritenrolle erwähnt und die Forderungen von Bürgerrechtler*innen nach Diversität bei dem*der Vizekandidat*in. Sowohl die große Erfahrung von Harris in der Politik als auch ihre Kandidatur im Vorwahlrennen für die Präsidentschaftswahl werden dargelegt. Die Attacken auf Biden in TV-Debatten bleiben nicht unerwähnt inklusive dem Zusammenschluss nach dem Ausstieg im Vorwahlrennen und der Zusammenar-beit mit Bidens Sohn. Trumps Vorwürfen und Unterstellungen an Harris („Sie hat gelogen“, „bösartig“) wird ebenso Platz eingeräumt wie Bidens Alter und der Möglichkeit der künftigen Präsidentin der USA. Auf das Thema der Wähler*innengruppe der Afroamerikaner*innen und die ausstehende offizielle Nominierung von Harris wird unter Bezugnahme auf den Parteitag der Demokrat*innen Mitte August 2020 samt Redeankündi-gungen von Harris, Obama, Bill und Hillary Clinton eingegangen.

Unerwähnt bleibt die Kontroverse um ihre Person hinsichtlich ihrer als hart angesehenen Linie, was Kriminalität und Bestrafung betrifft.

Abb. 50. Biden zieht mit Kamala Harris in Wahlkampf (Quelle: ORF Online, 11. August 2020)

7.11.3.5 Interpretation

Kamala Harris wird als „logische Bewerberin für Vize-Präsidentschaft“ präsentiert und dies könnte eine Vorstu-fe für die mögliche künftige Präsidentin der USA sein. Ein kritisches Licht wird auf die Wahl von Harris gewor-fen, indem erwähnt wird, dass ein Grund für die Wahl auch sein könnte, die Bevölkerungsgruppe der Afroame-rikaner*innen als Wähler*innenschaft zu gewinnen.

Auf die Unsicherheit bei (aktuellen) Prognosen aufgrund des amerikanischen Wahlsystems wird hingewiesen.

Der Diskursstrang des Gender-Aspektes ist an mehreren Stellen in dem Bericht zu finden („Biden hatte erklärt, mit einer Frau in den Wahlkampf ziehen zu wollen. Es ist die erste nicht weiße Frau an der Seite eines Kandida-ten.“) - sowohl der Aspekt der ersten Frau als auch der ersten nicht weißen Frau findet Betonung.

Harris werden sowohl fachliche Kompetenz (Politikhintergrund von Harris: Senatorin, Justizministerin von Kalifornien) sowie moralische Ausprägungen (Zusammenarbeit mit Bidens Sohn: Kämpferin gegen Banken, für arbeitende Bevölkerung, Beschützerin von Frauen und Kindern vor Missbrauch) bescheinigt.

Trumps Vorwürfe finden im Sinne einer objektiven Berichterstattung zwar Erwähnung, allerdings überwiegend in indirekter Rede und somit im Konjunktiv (welcher gleichzeitig Zweifel an den Aussagen anzeigen kann).

Interessant ist dies deshalb, weil der Bericht sonst von vielen anderen direkten Reden geprägt ist. Hier könnte behauptet werden, dass dieser kleine aber feine Unterschied nicht unbeabsichtigt passiert und die Meinung der Leser*innen dezent beeinflussen soll oder zumindest kann.

Die Ankündigung von Joe Biden, sich für Kamala Harris als seine Vizepräsidentschaftskandidatin entschieden zu haben, wird als ein Ereignis dargestellt, welches Geschichte schreibt. Es rückt die demokratische Partei in ein positives Licht und bescheinigt ihr eine Vorreiterrolle.

Im Dokument ! Sprachlich-rhetorische Mittel (Seite 81-84)