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Feinanalyse ORF.at: „‘Ein großartiger Tag für Floyd‘“

Im Dokument ! Sprachlich-rhetorische Mittel (Seite 51-54)

7.8 Tod von George Floyd

7.8.6 Feinanalyse ORF.at: „‘Ein großartiger Tag für Floyd‘“

7.8.6.1 Institutioneller Rahmen

Am 5. Juni 2020 abends erschien der Artikel „‘Ein großartiger Tag für Floyd‘“. Ein*e Autor*in wird nicht ange-geben. Es wird lediglich am Ende des Artikels der Hinweis auf die Redaktion und Agenturen von ORF Online gegeben. Behandelt werden in dem Artikel mehrere Aussagen Donald Trumps hinsichtlich der wirtschaftlichen Situation in den USA (insbesondere dem Arbeitsmarkt), seiner Forderung nach Gleichberechtigung und die Entwicklung der Protestkundgebungen der Black Lives Matter Bewegung, sowie Trumps Reaktionen darauf.

7.8.6.2 Textoberfläche

Die Überschrift „Ein großartiger Tag für Floyd“ wird von der kleineren Überschrift „Trump zu Arbeitsmarkt“

und einem großen Bild, auf welchem Donald Trump in ein Mikrophon spricht und mit den Händen gestikuliert, umrahmt. Insgesamt ist der Text durch mehrere Zwischenüberschriften gegliedert.

Nach einem kurzen Einleitungstext werden mehrere Aussagen Donald Trumps zitiert. In weiterer Folge werden dem aber auch Meldungen von Joe Biden und Kamala Harris (zu diesem Zeitpunkt noch Senatorin) gegenüber-gestellt. Es folgen Stellungnahmen von Donald Trump zum Tod von George Floyd und eine kurze Erklärung der Geschehnisse rund um dessen Ableben. Des Weiteren werden die Entwicklungen bei den Demonstrationen näher beleuchtet und ein spezieller Hinweis auf George Floyds Tochter gemacht.

Abb. 39.! „Ein großartiger Tag für Floyd“ (Quelle: ORF Online, 5. Juni 2020)

Der Artikel wird auch von einem zusätzlichen Bild, auf dem friedliche Demonstrant*innen sitzend auf einer Grünfläche, ausgerüstet mit verschiedenen Tafeln und Plakaten, abgebildet sind, unterstützt. Es handelt sich dabei vorwiegend um junge Menschen, sowohl weißer als auch dunkelhäutiger Hautfarbe. Danach werden auch noch Videos, welche auf Twitter und Facebook veröffentlicht wurden, in den Fließtext eingebaut. Ein Video zeigt das Aufhängen eines Straßenschildes mit dem Namen „Black Lives Matter Plaza“ vor dem Weißen Haus, ein weiteres zeigt einen bekannten NBA-Spieler mit George Floyds sechsjähriger, in weiß gekleideter Tochter auf den Schultern, welche sagt: „Papa hat die Welt verändert.“ Am Ende des Artikels werden noch Verweise auf andere zum Thema passende Artikel auf ORF Online gemacht und das Weiße Haus, sowie die Stadt Minneapolis verlinkt.

7.8.6.3! Sprachlich-rhetorische Mittel

Wie schon im Titel ein Zitat angeführt ist, so zieht sich dies durch und es werden nicht nur Wortmeldungen von Donald Trump, sondern auch seinem Gegner Joe Biden, der Senatorin Kamala Harris und sogar George Floyds Tochter zitiert. Damit werden zum einen die persönlichen Standpunkte und unterschiedlichen Sichtweisen of-fengelegt, andererseits aber auch eine gewisse Unmittelbarkeit und Teilhabe am Geschehen vermittelt. Zudem wird durch die Vermittlung von diversen Perspektiven der Versuch einer neutralen Berichterstattung gemacht.

Mit mehreren Zahlen wird auch die Arbeitslosensituation in den USA analysiert und durch diese Darstellung auf

Glaubwürdigkeit und umfassende Schilderung abgezielt. Die Stimmung bei den Protesten soll durch Verweise auf die Reaktion der Bürgermeisterin von Washington D.C. fühlbar gemacht werden. Ein euphorisierendes Vi-deo von der Ernennung eines Platzes zur „Black Lives Matter Plaza“ und die Beschreibung der Umgestaltung einer Straße vor dem Weißen Haus mit der Aufschrift „Black Lives Matter“ sollen den Aktivismus aufzeigen.

Ein Video und Zitat von der sechsjährigen Gianna Floyd wirken zudem stark emotionalisierend, da es sich dabei immerhin um ein Mädchen handelt, das wenige Tage zuvor ihren Vater verloren hat und ihm nun von der Öf-fentlichkeit und schließlich auch von ihr ein Märtyrerstatus zuerkannt wird.

Der Argumentationsstrang des Artikels lässt darauf hindeuten, dass die große und lange Problematik der Diskri-minierung der afroamerikanischen Bevölkerung und der Umgang des aktuellen Präsidenten mit den Ereignissen und Resultaten nun anhand des individuellen Falles von George Floyd thematisiert werden sollen und diesem deshalb eine spezielle Rolle zukommt. Der Tod von George Floyd per se wird zwar nur kurz behandelt, Bezüge zu ihm, seinem Leben und der Symbolik seines Todes werden aber immer wieder hergestellt.

7.8.6.4 Inhaltlich-ideologische Aussagen

Der Text versucht zwar im Wesentlichen eine neutrale Berichterstattung zu vermitteln, wirkt aber durch die zusätzlich angeführten Bilder und Videos mit den Demonstrant*innen sympathisierend. Durch den Verweis auf die geographische Ausbreitung der Proteste in den USA und die Positionierung zahlreicher Politiker*innen und anderer Prominenter, soll die große Tragweite der Thematik beschrieben werden. Der Tod von George Floyd bildet den Rahmen, welcher all diese Ereignisse umringt und auf einen gemeinsamen Nenner bringt.

Es wird in dem Artikel nicht die allgemeine Haltung von Republikaner*innen oder Demokrat*innen behandelt, sondern lediglich anhand von Gallionsfiguren wie Donald Trump oder George Floyd der Umgang mit der Prob-lematik des Rassismus und der öffentlichen Inszenierung und Reflexion aufgezeigt.

7.8.6.5 Interpretation

Bereits im Titel „Ein großartiger Tag für Floyd“, welcher ein Zitat von Donald Trump ist, lässt sich erkennen, dass ein grundlegender Sarkasmus in der Berichterstattung über Trumps Reaktionen vermittelt werden soll.

Donald Trump wird zwar als seriöser Politiker portraitiert, dennoch schwingt durch die Auswahl der Zitate, welche er in Bezug auf George Floyd gemacht hat, ein gewisser Zynismus seiner Person gegenüber mit. Auffal-lend ist auch, dass Kamala Harris bereits zu diesem Zeitpunkt (noch zwei Monate vor ihrer Ernennung zur Vize-präsidentschaftskandidatin) erwähnt wird. Demnach nimmt sie schon früh eine entscheidende Rolle in der Posi-tionierung der demokratischen Partei hinsichtlich Gleichberechtigung und Offenheit ein.

Trumps Haltung gegenüber den Demonstrierenden wird sehr klar durch seine Zitate, in welchen er jene als

„Rowdys und Schlägertypen“ bezeichnet, gezeigt. Die Protestant*innen hingegen werden aber durch das Bild, auf welchem sie friedlich sitzend demonstrieren, die gute Stimmung bei der Ernennung des „Black Lives Matter Plaza“ und das Video der kleinen Tochter von George Floyd als durchwegs harmonisch und ungefährlich darge-stellt. Die Beschreibung der gewaltsamen Räumung der Umgebung des Weißen Hauses durch offizielle Truppen vermittelt den Eindruck, als stelle die Regierung unter Donald Trump den einzigen Aggressor dar. Es wird auch auf die Inszenierung des Präsidenten als pazifistischen und christliche Werte lebenden Menschen, welcher sich mit der Bibel vor einer Kirche positioniert, hingewiesen. Somit ergeben sich in dem Text einige Widersprüch-lichkeiten in der Handhabung des Problems durch Donald Trump. Dies wird in dem erwähnten Zynismus deut-lich, da man den Präsidenten einerseits durch seine eigenen Aussagen als verständnisvollen und diplomatischen Politiker darstellt, aber andererseits seine radikale Haltung gegenüber den Demonstrant*innen und somit auch gegenüber demokratischen Werten aufzeigt.

7.8.7 Fazit

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das Ableben von George Floyd in jeder Berichterstattung nur ein Randthema einnimmt. Erkennbar wird dies auch daran, dass der Code „Tod/Tathergang“ insgesamt am seltens-ten zugewiesen wurde. Vielmehr stellt der Tod von George Floyd den Deckmantel dar, unter dem strukturelle und politische Problematiken der USA diskutiert werden (müssen). George Floyd wird zwar durchwegs als Hel-denfigur bzw. ikonographische Figur abgehandelt, seine persönliche Tragödie aber einer größeren Thematik untergeordnet. Zum Teil, vor allem in der Berichterstattung der Kronen-Zeitung, wird aus dem Tod von George Floyd eine dramatische Inszenierung gemacht, um die Leser*innenschaft emotional abzuholen. Vorwiegend haben sich die diversen Medien jedoch darauf konzentriert, die Rolle des Präsidenten Donald Trump und seinen Umgang mit den Demonstrationen zu beschreiben und kritisieren. Die erwähnten Demonstrationen und Protest-aktionen nehmen in allen Medien eine zentrale Rolle ein und werden nicht nur erläutert, sondern auch Gründe für ihr Entstehen analysiert. Oftmals wird dabei eine Verbindung zum Verhalten Trumps hergestellt.

Die Berichterstattung wird in allen Medien unterschiedlich gehandhabt. Während die Kronen Zeitung und Der Standard eine eigene Rubrik für die Thematik eingeräumt haben, werden die Entwicklungen in den anderen Medien in die Auslands- oder Politiksparte inkludiert. Insbesondere Der Standard versucht eine ganzheitliche Darstellung der Problematik und geht hier auch ähnlich bildhaft wie die Kronen Zeitung vor, während Die Pres-se etwa nur gewisPres-se Aspekte behandelt. AbgePres-sehen von der Kronen Zeitung ist allen Medien die ablehnende Haltung gegenüber Präsident Trump gleich. Sie weisen zum Teil sehr direkt auf seine Verfehlungen hin, lassen dabei aber die Position der republikanischen Partei außen vor. Insgesamt nimmt die Rolle von Donald Trump im Zuge der Proteste nach dem Tod von George Floyd vor allem im Zuge der andauernden Benachteiligung der afroamerikanischen Bevölkerung eine zentrale Stelle in der Berichterstattung ein. Sein Umgang mit der Proble-matik wird vielfach beschrieben und diskutiert. Dabei schiebt sich Donald Trumps Aktionismus in der Berichter-stattung meist noch vor die Tätigkeiten der Demonstrant*innen und vor allem vor den gewaltsamen Tod von George Floyd.

Die Beschreibung der Demonstrationen wird ebenso unterschiedlich gehandhabt. Während manche Medien die friedliche Grundstimmung und pazifistische Absicht hervorheben, werden in anderen Ausschreitungen beschrie-ben und gefährliche Situationen seitens der Demonstrant*innen betont. Hierbei kann darauf geschlossen werden, dass sich manche Medien mehr darum bemühen, Sympathien bzw. Empathie für die betroffene Bevölkerung und die Protestierenden zu schaffen als andere.

Im Dokument ! Sprachlich-rhetorische Mittel (Seite 51-54)