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Feinanalyse Kurier: „Ich wünschte, er wäre einfach nur still“

Im Dokument ! Sprachlich-rhetorische Mittel (Seite 43-48)

7.8 Tod von George Floyd

7.8.3 Feinanalyse Kurier: „Ich wünschte, er wäre einfach nur still“

7.8.3.1 Institutioneller Rahmen

Der Artikel mit dem Titel „Ich wünschte, er wäre einfach nur still“ erschien am 2. Juni 2020 im Kurier. Zuvor wurde in dieser Zeitung nicht über den Fall George Floyd oder die folgenden Demonstrationen berichtet. Der Autor, Dirk Hautkapp, bezieht sich hauptsächlich auf die teils gewaltsamen Ausschreitungen und den Rückzug von Donald Trump in den Hochsicherheitsbunker unterhalb des Weißen Hauses. Erschienen ist der Artikel in der Rubrik ‚Politik‘.

7.8.3.2 Textoberfläche

Der Artikel wird graphisch durch eine große Überschrift, eine kurze Einleitung und mehrere Zwischenüber-schriften vor diversen Absätzen gestaltet.

Einen wesentlichen Inhalt bilden Verweise auf die Geschichte von Protestaktionen in den USA aus Gründen der Diskriminierung der afroamerikanischen Bevölkerung. Die aktuellen Proteste werden hinlänglich beschrieben.

Zudem wird auch ein Bezug zu den Reaktionen von Donald Trump und die vermeintliche präsidentielle Verant-wortung hergestellt. Die Rolle des Präsidenten wird dabei immer wieder hinsichtlich der rassistischen Tenden-zen in den USA betont. Keine Erwähnung hingegen finden die Anhänger*innen- und Unterstützer*innen Donald Trumps, sowie der Rassismus innerhalb der Bevölkerung.

Abb. 36.! Ärger über Trump wächst: „Ich wünschte, er wäre einfach still“ (Quelle: Kurier, 1. Juni 2020)

7.8.3.3! Sprachlich-rhetorische Mittel

Argumentativ soll der Artikel, indem die lange Geschichte von Protesten nach Vorfällen von Polizeigewalt auf-gezeigt wird, dahinführen, dass diese als Ventil nach jahrzehntelanger aufgebauter Wut gesehen werden sollen.

damit offengelegt. Stringent wird auf die Rolle Donald Trumps hingewiesen und die Regierung als inaktiv hin-sichtlich der Eindämmung von Rassismus und Polizeigewalt gegenüber Afroamerikaner*innen entlarvt. Bereits mit dem Titel „Ich wünschte, er wäre einfach nur still“, welcher auf den Präsidenten Donald Trump bezogen ist, wird eine klare Position bezogen. Zudem soll dieser Titel darauf hinweisen, dass rassistischen Gruppierungen und Personen in den USA nach wie vor ein Sprachrohr geboten wird, während andere zum Schweigen gebracht wurden. Das Zitat eines interviewten Afroamerikaners „Sie quälen und töten uns sowieso“ soll zum Ausdruck bringen, wie groß die kollektive Verzweiflung ist.

Im Allgemeinen ist die sprachliche Vielfalt einfach gehalten. Durchzogen von Adjektiven soll die Situation in den USA plakativ beschrieben werden.

7.8.3.4 Inhaltlich-ideologische Aussagen

Der Artikel richtet sich durch seinen Inhalt gegen die Politik und Repräsentanz Donald Trumps. Der Präsident wird als derjenige beschrieben, welcher die Situation absichtlich befeuert. Er nimmt dem Inhalt nach, keine deeskalierende Funktion oder Vermittlerrolle ein. Republikaner*innen im Allgemeinen werden hingegen nicht pauschal als Rassist*innen dargestellt.

Der Fall George Floyd nimmt nur eine Randthematik im Artikel ein. Er wird lediglich als Zünder der lange schwelenden Konflikte dargestellt, welche dem Anschein nach von Donald Trump aufgebauscht wurden. Durch die Auflistung der Protestgeschichte wird allerdings dem aktuellen Präsidenten ein wenig an Verantwortung genommen, da auch während anderer Präsidentschaften mehr oder minder große Demonstrationen bis Aus-schreitungen stattfanden und die Fälle von Polizeigewalt gegen Afroamerikaner*innen sich konsequent durch die Historie der US-amerikanischen Geschichte ziehen.

7.8.3.5 Interpretation

Kernaussage des Artikels ist die Rolle und Verantwortung des Präsidenten im Kontext der gesellschaftlichen Entwicklung. Im Fall von Rassismus in den USA scheint jegliche Hoffnung durch Donald Trump persönlich zerstört zu werden. Im Grunde wird nicht der getötete George Floyd als Ursache für die Ausschreitungen ange-sehen, sondern die Tätigkeiten und verbalen Ausbrüche des Präsidenten als auslösende Schritte dargestellt. Die Anhänger*innenschaft Trumps wird pauschal als rassistisch dargestellt, welche eine große Gefahr für die Afro-amerikaner*innen bilden. Ein gewisses schwarz-weiß Denken (im wahrsten Sinne des Wortes) wird vermittelt.

Es wird zwar versucht, den Demonstrationen Legitimation zu verleihen, indem sie als Akte der Verzweiflung beschrieben werden. Jegliche soziokulturelle Debatte erscheint aber sinnlos, denn solange sich der Präsident auf einer Seite zu positionieren scheint, könne kein Konsens gefunden werden. Demgegenüber steht aber eine Be-schreibung der Demonstrant*innen, welche kollektiv als maßlos und radikal dargestellt werden. Hier ergibt sich eine gewisse Widersprüchlichkeit in der Darstellung, welche zwar allgemein als contra Trump gesehen werden kann, das Verständnis für die gesetzten Maßnahmen aber fehlt. Die Rolle der Demonstrant*innen wird mit der Rolle des Präsidenten aufgewogen, was aber grundsätzlich ein zu hinterfragender Ansatz ist. Somit ist der Arti-kel zusätzlich auch negativ gegenüber ausschreitenden Demonstrationen und Formen des zivilen Ungehorsams anzusehen.

Die Ikone der Bürgerrechtsbewegung der 1960er-Jahre, Dr. Martin Luther King, wird als friedliche Person stili-siert. Die Entwicklungen in den vergangenen 50 Jahren sollen aber als Gegenmaßnahme dargestellt werden, indem auf radikalisierte Proteste, furchteinflößende Polizisten und eine durch den rassistisch agierenden Präsi-denten angeheizte Verzweiflung hingewiesen wird. Der gewaltsame Tod von George Floyd wird lediglich als Fall angesehen und eventuell als Auslöser der neuerlichen Proteste (weshalb sein Ableben und die öffentlichen

7.8.4! Feinanalyse Die Presse: „Der Anti-Trump: Das Comeback von Barack Obama“

Abb. 37.! Der Anti-Trump: Das Comeback von Barack Obama (Quelle: Die Presse, 4. Juni 2020)

7.8.4.1! Institutioneller Rahmen

Der Artikel mit dem Titel „Der Anti-Trump: Das Comeback von Barack Obama“ erschien am 5. Juni 2020 in der Presse. Thomas Vierauges Artikel erschien in der Rubrik ‚Ausland‘. Besonderer Anlass für das Erscheinen ist die Unterstützung Joe Bidens durch Barack Obama, welcher sich auf den Tod von George Floyd bezieht.

7.8.4.2! Textoberfläche

Graphisch unterstützt wird der Artikel durch ein im Zentrum angesiedeltes Bild, auf dem Barack Obama bei einer Onlinekonferenz inmitten von Interessent*innen der Initiative „My brother’s keeper“ positioniert ist.

Nicht nur der Titel, sondern auch die Gliederung des Textes lassen darauf schließen, dass Barack Obama als Wahlkampfunterstützer von Joe Biden hervorgehoben werden soll. Dabei wird aber die Brücke zum gewaltsa-men Tod von George Floyd und der Thematik des Rassismus, welcher bereits während der Amtszeit von Barack Obama mehrmals hinterfragt wurde, geschlagen. Barack Obama wird, nicht zuletzt wegen seiner Hautfarbe, als Botschafter gegen Diskriminierung stilisiert. Ein wesentliches Element des Artikels bilden dabei auch Verweise auf die historische Entwicklung der Rassismusdebatte in den USA. Es finden sich zudem zahlreiche andere Themen, wie etwa Trumps Krisenmanagement, Obamas Einfluss auf Bernie Sanders und die Reaktionen von anderen US-Präsidenten a.D. Somit ist zu betonen, dass der Tod von George Floyd nicht das zentrale Thema des Artikels, aber dennoch die Grundlage des Erscheinens bildet.

7.8.4.3 Sprachlich-rhetorische Mittel

Barack Obama soll symbolisch für eine offene und tolerante Gesellschaft stehen. Dies wird mit Zitaten von ihm und seiner Frau Michelle versucht zu vermitteln: „Ihr zählt, euer Leben zählt, eure Träume, zählen.“, „Wenn sie hinabsteigen, halten wir unsere Prinzipen hoch.“

Besonders die Abbildung von ihm, mit einer gestikulierenden Haltung und die Position in der Mitte einer Video-konferenz und dieses Bild wiederum im Zentrum des Artikels, sollen zwar keine sprachlich-rhetorischen Mittel per se darstellen, allerdings lässt dies in vielerlei Hinsicht Raum für Assoziationen.

Auffällig ist auch die Hervorhebung von Aussagen ehemaliger Präsidenten und die Anführung eines Zitates von Jimmy Carter zum Rassismus des Südens der USA. Alle dieser Aussagen sind positiv gegenüber dem Präsident-schaftskandidaten Joe Biden formuliert. Donald Trump hingegen werden mangelnde Fähigkeiten des Krisenma-nagements attestiert. Es wird auch die Aussage einer Pressesprecherin von Donald Trump angeführt, welche erwähnte, dass das Posieren Trumps mit der Bibel ein „Churchill-Moment“ gewesen sein. Eine genaue Definiti-on der Absicht dieser Verbindung mit Churchill wird aber nicht getätigt.

Barack Obama wird auch ein prominente aber verdeckte Rolle im Wahlkampf und seine Einwirkung auf Bernie Sanders, zum Rückzug der Kandidatur, zugeschrieben. Damit wird aber auch zum einzigen Mal eine kritische Position gegenüber dem ehemaligen Präsidenten eingenommen.

Die Demonstrationen und Proteste im Zuge der Tötung von George Floyd und dem Aufflammen der Black Lives Matter Bewegung werden von Barack Obama scheinbar mit dem Verweis auf die Geschichte gerechtfertigt.

Obama wird dabei folgendermaßen zitiert „Das Land ist auf Protesten gebaut“.

Grundsätzlich wird bei dem Artikel Vorwissen vorausgesetzt, was die Verständlichkeit nicht gänzlich einfach macht. Es wird beispielsweise nicht spezifiziert, worum es sich bei der Initiative „My brother’s keeper“ handelt oder auch der erwähnte systemische Rassismus nicht erklärt. Auch der Vorfall des Todes von George Floyd wird als bekannt vorausgesetzt.

7.8.4.4 Inhaltlich-ideologische Aussagen

Der Autor des Artikels bemüht sich zwar im Allgemeinen darum, den Eindruck von Neutralität zu vermitteln, allerdings ist eine starke Tendenz hinsichtlich einer positiven Darstellung von Barack Obama und infolgedessen Joe Bidens zu erkennen. Der Tod von George Floyd wird nur als Randthema behandelt, weshalb sich zum Ab-lauf seines Ablebens keine Position des Autors erkennen lässt. Der Rassismus in den USA wird ebenso nicht debattiert. Mehrere Verweise und symbolische Figuren oder Zitate sollen aber eine prägende Konnotation mit der Debatte verursachen.

Kritisch gegenüber Barack Obama wird der Autor nur in der Erwähnung seiner Rolle bei der Niederlegung der Kandidatur durch Bernie Sanders. Joe Biden wird dabei gleichzeitig die nötige eigenständige Kraft im Wahl-kampf abgesprochen. Auch der abschließende Aufruf von Obama dazu wählen zu gehen („Wählt!“) soll seinen großen Einfluss zeigen und die Sympathien in Richtung der Demokratischen Partei lenken.

7.8.4.5 Interpretation

Barack Obama wird als Symbolfigur dargestellt, dessen Engagement und rhetorische Kompetenz bereits eine Legitimation für Joe Biden sind. Die Hervorhebung der prominenten Unterstützer (neben Obama auch noch andere Präsidenten), soll Joe Biden als kompetenten Politiker identifizieren. Von Donald Trump hingegen be-kommt man durch die Verweise auf ein inadäquates Krisenmanagement den Eindruck der Inkompetenz und

Unrechtmäßigkeit als Führungsfigur. Die Thematik rund um den Tod von George Floyd wird in dem Artikel demnach aufgegriffen, als dass Rassismus eine Diskussionsfrage des Wahlkampfes darstellt.

Nicht nur die Überschrift („Der Anti-Trump“), sondern auch das Bild mit Barack Obama im Zentrum einer Dis-kussionsrunde, welcher eine sehr bestimmende Gestik zeigt, vermitteln den Eindruck eines lenkenden und fähi-gen Politikers. Der Ausdruck „Anti-Trump“ wird dabei mit etwas Positivem assoziiert, da Donald Trump in dem Artikel mehrere negative Assoziationen zugewiesen werden. Durch die zitierte Aussage seiner Pressesprecherin, dass das Posieren Trumps mit der Bibel ein „Churchill-Moment“ war, wird ihm nicht (wie wahrscheinlich er-hofft) die Größe eines einflussreichen Politikers zugeschrieben, sondern Größenwahn und Realitätsverlust.

Die Gestiken Obamas sollen zudem einen Hinweis auf seine rhetorischen Kompetenzen geben und ein Bild des Dialogs und Austausches vermitteln, Eigenschaften welche Trump ebenso nicht zugeschrieben werden. Joe Biden soll von der Anerkennung Barack Obamas profitieren, wobei auch mehrere Verweise auf Zitate von Ba-rack und Michelle Obama gemacht werden („Ihr zählt, euer Leben zählt, eure Träume, zählen.“, „Wenn sie hin-absteigen, halten wir unsere Prinzipen hoch“). Zudem wird ein Zitat von Jimmy Carter, welcher dieser seinerzeit bezüglich der Rassendiskriminierung im Süden der Vereinigten Staaten getätigt hat, angeführt. Dabei wird wie-der die Verbindung zu den Protestbewegungen im Zuge wie-der massiven Polizeigewalt an dem Afroamerikaner George Floyd hergestellt. Eine Rechtfertigung für die Legitimität der Protestaktionen wird durch Barack Obamas Aussage, dass das „Land auf Protesten gebaut“ sei, gegeben. Gleichzeitig sollen damit die Werte der USA hoch-gehoben werden.

Im Dokument ! Sprachlich-rhetorische Mittel (Seite 43-48)