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Beispielsituation 3: Zulieferer mit einem unerwarteten Qualitätsproblem

8 Evaluation des Lösungsansatzes

8.3 Studie 1: Magazino GmbH

8.3.2 Ergebnisse von Studie 1

Die Magazino GmbH ist ein junges Unternehmen. Trotzdem kann das Unternehmen auf eine gute Wissensbasis über die Methodenanwendung in Entwicklungsprojekten zurückgreifen. Zu Beginn der Untersuchungen wurden die zwölf Mitarbeiter der Konstruktionsabteilung, die Teil der Untersuchungsgruppe waren, zu ihrem Methodenwissen und Wissen über Krisen befragt.

Dabei sollten die Teilnehmer ihr Methodenwissen auf einer fünfstufigen Skala bewerten: nicht vorhanden, gering, mittel, hoch und sehr hoch. Die in Abbildung 8-3 dargestellte Auswertung zeigt, dass jeder der befragten Mitarbeiter Methodenwissen besaß. Jeweils zwei Befragte

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stuften ihr Methodenwissen als sehr hoch bzw. gering ein, drei stuften ihr Wissen als mittel und ein Großteil der Befragten, insgesamt fünf Befragte, stuften ihr Wissen als hoch ein. Dies liegt vor allem daran, dass die Teilnehmer eine wissenschaftliche Ausbildung (Studienabschlüsse als Bachelor oder Master of Science) durchlaufen haben und im Rahmen dieses Studiums Vorlesungen oder sogar Praktika zur Methodenanwendung besucht haben. Entsprechend dem Methodenwissen schätzen die Befragten ihr Wissen über Krisen auch als mittel (5 Befragte) bzw. hoch (7 Befragte) ein.

Abbildung 8-3: Einschätzung des Methodenwissens und Wissen über Krisen bei der Magazino GmbH (12 Befragte)

Aufbauend auf dieser Wissensgrundlage kamen die Methodenbox und der Wiki-Eintrag bei der Entwicklung in krisenähnlichen Situationen in 25 Anwendungen (23 Workshops und 2 Einzelanwendungen) zum Einsatz. Die Auswertung der Methodenanwendungen zeigt (Abbildung 8-4), dass Methoden zur Ideengenerierung und Konzeptbewertung häufig angewendet wurden. Mit sechs Anwendungen wurde die Methode 635 am häufigsten angewendet. Es folgen mit jeweils vier Anwendungen die Methoden TRIZ-Innovations-prinzipien und Paarweiser Vergleich. Auf dem vierten Rang folgt die Methode Gewichtete Punktebewertung. Mit 68 % decken diese vier Methoden mehr als zwei Drittel der Methodenanwendungen ab. Die Methoden Mind Mapping, Ursache-Wirkungs-Diagramm, Reizwortanalyse, 9-Felder-Denken und Brainwriting wurden ein- bzw. zweimal eingesetzt. Die Methode Sechs Denkhüte wurde in dieser Studie nicht genutzt. Diese Methode wird der Vollständigkeit halber in den folgenden Diagrammen der Auswertung mit aufgeführt, aber nicht weiter betrachtet.

Neben der Anwendungshäufigkeit wurde auch nach der Weiterverwendung der Methoden in Folgeprojekten bzw. Workshops gefragt. Die ersten vier Methoden der Anwendungshäufigkeit, Methode 635, TRIZ-Innovationsprinzipien, Paarweiser Vergleich und Gewichtete Punkte-bewertung, werden von den Teilnehmern auch zur Weiterverwendung empfohlen.

Abbildung 8-4: Übersicht der Methodenanwendungen und Empfehlungen in Studie 1

Entsprechend dieser Leitfragen zeigt Tabelle 8-5 das Ergebnis der Befragung. Die Auswertung zeigt, dass die Methoden in drei Gruppen43 eingeteilt werden können. Die erste Gruppe umfasst die hohen Zufriedenheitswerte (siehe Tabelle 8-5, Methode #1 bis #4). Zu dieser Gruppe gehören die Methode 635, Gewichtete Punktebewertung, Paarweiser Vergleich und TRIZ-Innovationsprinzipien. Diese Methoden haben in der Gesamtbeurteilung die höchsten Zufriedenheitswerte. Die Methoden in der zweiten Gruppe haben noch hohe Zufriedenheitswerte, aber eine schlechte Bewertung in der Anwendungszeit (siehe Tabelle 8-5, Methode #5 bis #7). Zu dieser Gruppe zählen die drei Methoden Mind Mapping, Ursache-Wirkungs-Diagramm und 9-Felder-Denken. Die Methode Mind Mapping wird mit unzufrieden bewertet. Die Methoden Wirkungs-Diagramm und 9-Felder-Denken erhalten eine kritische Bewertung zwischen unzufrieden und weniger zufrieden. Die dritte Gruppe zeichnet sich durch stark unterschiedliche Bewertungen in den fünf Kategorien aus (siehe Tabelle 8-5, Methode #8 und #9). Die Methoden Brainwriting und Reizwortanalyse erhielten eine Beurteilung in alle fünf Stufen, von unzufrieden bis zufrieden.

Die aggregierte Zufriedenheit der fünf Kategorien wird für jede Methode in der letzten Spalte von Tabelle 8-5 berechnet. Diese zeigt für die Kategorien die durchschnittliche Zufriedenheit.

Es ist ebenso festzustellen, dass im Vergleich zu den anderen Methoden die angewendeten Methoden zur Konzeptbewertung, Paarweiser Vergleich und Gewichtete Punktebewertung, überdurchschnittlich bewertet wurden. Die Auswertung der Ideengenerierungsmethoden ist differenzierter. Auf der einen Seite wurden die Methoden Methode 635 und TRIZ-Innovations-prinzipien zufriedenstellend bewertet. Im Gegensatz dazu wurden die Methoden Brainwriting und Reizwortanalyse unterdurchschnittlich bewertet. Für diesen Unterschied sieht der Autor verschiedene Erklärungsansätze. Erstens entstehen bei den Methoden Methode 635 und TRIZ-Innovationsprinzipien konkrete, strukturierte Lösungsideen für die jeweilige Problemstellung.

Zweitens gibt die Methode TRIZ-Innovationsprinzipien abstrakte Lösungsvorschläge vor, an denen sich die Anwender orientieren und auf die sie ihr konkretes Problem projizieren können.

Drittens beschreiben die beiden Methoden ein klares Vorgehen, mit dem die Anwender schnell

43 Die Gruppen werden durch die gestrichelten Linien in Tabelle 8-5 gekennzeichnet.

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unterschiedliche Lösungsideen erarbeiten und konkretisieren können. Im Gegensatz dazu geben die Methoden Brainwriting und Reizwortanalyse keine klaren Rahmenbedingungen vor. Die Teilnehmer bringen ihre Ideen unstrukturiert vor. Dabei fehlt eine Unterstützung, die gefundenen Ideen zu ordnen. Ebenso muss bei der Methode Reizwortanalyse auf die Wahl der Reizworte geachtet werden. Passen diese nicht zum Projekt oder in die jeweilige Unternehmenskultur, können die Reizworte die Kreativität eher hindern als fördern (Gürtler, 2016, S. 168).

Tabelle 8-5: Übersicht der Zufriedenheit der angewendeten Methoden

# Methode

Legende: 0 ≙ keine Angabe; 1 ≙ unzufrieden; 2 ≙ weniger zufrieden; 3 ≙ zufrieden; 4 ≙ sehr zufrieden

Die Methoden der Problemanalyse wurden insgesamt unterdurchschnittlich bewertet.

Hauptgrund ist die schlechte Bewertung der Anwendungszeit. Diese wurde zwischen unzufrieden und weniger zufrieden bewertet. Die Problemanalyse stellt den wesentlichen Teil der Krisenbewältigung dar. Wird das Problem nicht oder ein falsches Problem identifiziert, sind Iterationen im Bewältigungsprozess notwendig, die die Bearbeitungszeit verlängern. Da die Methodenanwendung und Lösungsqualität bei der Durchführung zufriedenstellend bewertet wurden, muss eine Anpassung der Anforderungen an die Anwendungszeit diskutiert werden, um diesen Problemlöseschritt eine höhere Gewichtung zu verleihen und die Krisenbewältigung zu unterstützen.

Des Weiteren wurde das Design der Methoden betrachtet. Die Befragten bewerteten das Design der Methoden Methode 635, Gewichtete Punktebewertung, Paarweiser Vergleich,

TRIZ-Innovationsprinzipien, Mind Mapping und Reizwortanalyse zufriedenstellend. Dies weist auf keinen Verbesserungsbedarf hin. Das Design der Methoden Ursache-Wirkungs-Diagramm und 9-Felder-Denken wurde mit weniger zufrieden bewertet. Die Bewertung des Designs der Methode Brainwriting lag zwischen unzufrieden und weniger zufrieden. Diese Methoden-beschreibungen sollten vor der Anwendung bei weiteren Untersuchungen überarbeitet werden.

Nach der Detailbetrachtung der Methoden wird abschließend die Ergebniserreichung in den vier Projekten betrachtet (Abbildung 8-5). Dafür wurden die Zufriedenheit der Projektziel-erreichung, die Ergebnisbeeinflussung der Methoden und die Nutzeneinschätzung der Methodenanwendung untersucht. Die Zufriedenheit der Projekterreichung wird für alle Projekte mit zufrieden bewertet. Nicht so eindeutig ist die Bewertung der Ergebnisbeeinflus-sung der Methoden. In Projekt 1 und 3 wurde diese mit unzufrieden bzw. weniger zufrieden bewertet. In Projekt 2 und 4 hingegen wurde die Beeinflussung mit zufrieden bzw. sehr zufrieden bewertet. Da in dieser Arbeit die Ergebnisse ganzheitlich und nicht personen-bezogenen ausgewertet wurden, ist dieses Ergebnis ein Indikator, dass sowohl die Entschei-dung, ob und welche Methoden angewendet werden, stark individuell abhängig ist. Gerade in Krisen muss dieser Aspekt bei der Entscheidung über methodische Unterstützungen beachtet werden. Die Nutzeneinschätzung der Methodenanwendung aus der Sicht der Projektverant-wortlichen ist dahingegen eindeutiger. Diese wurde in den Projekten 1, 2 und 4 als zufrieden bzw. sehr zufrieden bewertet. Nur in Projekt 3 wurde diese als weniger zufrieden bewertet. Dies zeigt, dass die Projektverantwortlichen den Nutzen von Methoden als hoch einschätzen. Ebenso sollte hier jedoch die persönliche Methodenaffinität beachtet werden, da die Unternehmensleitung der Magazino GmbH dem Methodeneinsatz sehr offen gegenüberstand.

Abbildung 8-5: Auswertung der Zufriedenheit in den vier beobachteten Projekten