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2.2.1 Geschichtliche Entwicklung Entstehung des Border Collies

Bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts wurden mit dem Begriff „Collie“ Arbeitshunde Nordenglands und Schottlands bezeichnet; Abbildungen von Hunden aus jener Zeit ähneln oft denen heutiger Border Collies (ROGERS CLARK und BRACE 1993; FINGER 1996).

Über die Herkunft des Begriffes „Collie“ gibt es zahlreiche Theorien; so wird er mit „nützlicher Gegenstand“ übersetzt, vom Wort „Collar“ abgeleitet oder als Bezeichnung einer schwarzgesichtigen schottischen Schafrasse interpretiert (RÄBER 1993). Die Wurzeln dieses Hundetyps liegen im Dunkeln, manche Autoren vermuten nordische Spitze unter den Vorfahren (KRÄMER 1992; RÄBER 1993), andere sehen sogar Verbindungen zu römischen Hunden, die bei der Invasion 55 v. Chr. mit nach Britannien gebracht wurden (BOCKERMANN und SEIDEL 1996). Erste Beschreibungen der Arbeitsweise und des Aussehens Collie-ähnlicher Hunde finden sich in Johannes Caius Werk „Of English Dogges“

von 1576. Er schreibt über den „Shepherd’s Dogge“, dass es sich um einen Hund mittlerer Größe handelt, der nicht mit dem Wolf kämpfen muss, sondern von Pfeifkommandos geleitet versprengte Schafe einsammelt. Auch Thomas Bewick beschreibt 1790 verschiedene Hütehunde, darunter einen langhaarigen „Shepherd’s Dog“ mit Afterklauen an den Hinterbeinen sowie einen kurzhaarigen, schwereren „Cur Dog“. Reverend J.G. Woods berichtet in seiner „Natural History“ von 1862 von einer recht uneinheitlichen Gruppe von britischen Hütehunden, die zum Teil an Pointer, zum Teil an Foxhounds oder Setter erinnern und bisweilen auch mit Bulldoggen gekreuzt werden. Er erwähnt außerdem einen Schottischen Schäferhund oder „Colley“ von dunklem, meist schwarz-loh-farbenem Fell mit wenig weißen Abzeichen. LONGTON und SYKES (1997) vermuten, dass die Eigenschaft des „Auge-Zeigens“ auf das Einkreuzen von Vorstehhunden in dieser Zeit zurückzuführen ist.

Die Entstehung der heute bekannten verschiedenen Collietypen begann Ende des 19.

Jahrhunderts durch das Aufkommen von Hundeausstellungen auf der einen und Hütewettbewerben auf der anderen Seite. So fand 1871 in Birmingham die erste Hundeausstellung statt, auf der auch zwei Collies vorgestellt wurden (RÄBER 1993); das erste „Sheepdogtrial“ fand zwei Jahre später, 1873 in Bala, Wales statt. Dabei ist als bemerkenswert hervorzuheben, dass die Initiative für diesen ersten Hütewettbewerb von S.E. Shirley ausging, der auch gleichzeitig der Begründer des Britischen Kennel Clubs (KC)

war (HALSALL 1992). Ein großes öffentliches Interesse an Collies wurde außerdem durch Queen Victoria geweckt, die auf ihrer ersten Reise nach Balmoral, Schottland, so von dieser Hunderasse beeindruckt war, dass sie zwei Tiere mit nach London brachte (ROGERS CLARK und BRACE 1993). Während bei der Zucht von arbeitenden Collies weiterhin auf Leistung selektiert wurde, entstand parallel dazu ein neuer Typus von Ausstellungshunden, der durch Einkreuzung von Rassen wie Setter und Barsoi modifiziert wurde. Die Leistungsfähigkeit bei der Arbeit an Vieh trat in den Hintergrund, nur noch das Schönheitsideal zählte, der Name „Collie“ aber blieb (KRÄMER 1992). Im Jahr 1915 prägte James Reid, damaliger Sekretär der International Sheep Dog Society (ISDS), den Begriff

„Border Collie“ für die Population arbeitender Hunde (ZÄHNER 1993). In dieser Zeit kamen die besten Arbeitshunde aus dem Grenzland (Grenze = Border) zwischen Nordengland und Schottland (BOCKERMANN und SEIDEL 1996).

Entstehung des Australian Shepherds

Die Entwicklung des Australian Shepherds wurde in erster Linie durch Arbeit an Schafen und später auch zunehmend an Rindern geprägt. Die Rasse lässt sich vermutlich auf verschiedene Collietypen von den britischen Inseln, aber auch auf andere Hütehundeschläge des europäischen Festlandes zurückführen, die mit europäischen Siedlern in die USA gelangten. Beim Verkauf von Schafherden war es außerdem üblich, die Hütehunde mit zu verkaufen, so dass auf diese Weise viele Tiere von den britischen Inseln in die englischen Kolonien gelangten (HANCOCK 1999). Heute besteht weitgehend Einigkeit darin, dass der Australian Shepherd trotz seiner Bezeichnung nicht australischen sondern amerikanischen Ursprungs ist (HARTNAGLE 1985; SEIDEL 2004; PELZ 2004; BOSSELMANN 2008). Die Rasse erhielt ihren Namen vermutlich deshalb, weil sie zunächst vorwiegend an Merinos, so genannten „Australian Sheep“, eingesetzt wurde (PELZ 2004). SWAN (1980) hingegen vermutet, dass es sich tatsächlich um eine Rasse australischen Ursprungs handelt, die sich aus dem phänotypisch sehr ähnlichen australischen „German Collie“ oder „Koolie“ entwickelt hat.

Darüber, welche europäischen Rassen im Einzelnen zur Entstehung des heutigen Australian Shepherd beitrugen, herrscht nicht immer Einigkeit: HARTNAGLE (1985) unterstreicht die Bedeutung iberischer Hütehundschläge, welche mit den spanischen Merinos nach Nordamerika gelangten. SEIDEL (2004) beschreibt, dass während der großen irischen Hungersnot von 1845/46 viele Siedler nach Australien und Nordamerika auswanderten;

dabei wurden sie von ihren Hunden, so genannten „Farm Collies“ begleitet. Die Autorin sieht

in diesen Hunden gleichzeitig die Vorfahren des heutigen Border Collies. Bei einer Zählung aller Hunde der USA im Jahr 1940 war der „Farm Collie“ die häufigste Hunderasse und wies noch eine große Ähnlichkeit mit seinen britischen Vorfahren auf; aus diesen Hunden entwickelten sich neben dem Australian Shepherd auch der „English Shepherd“ und der

„McNab Dog“ (HANCOCK 1999). Auch PELZ (2004) sieht eine enge Verwandtschaft zwischen Border Collie, Australian Shepherd und English Shepherd; sie zählt außerdem den

„Old Welsh Bobtail“, den Berger des Pyrénées und den „German Collie“ aus Australien als Vorfahren des Australian Shepherd auf. HANCOCK (1999) misst darüber hinaus einem Hütehundschlag besondere Bedeutung zu, der im 19. Jahrhundert in den Black Mountains an der Grenze zu Wales beheimatet war: diese Hunde ähnelten äußerlich dem Border Collie, waren aber meist dunkler gezeichnet, von schwererem Gebäude und hatten eine angeborene Stummelrute; sie wurden vermehrt für die Arbeit an Rindern eingesetzt und zeigten hierbei viel Kraft sowie häufig auch das „Greifen“.

2.2.2 Arbeitsweise

„There must be an inherited instinct – one cannot describe it other than instinct - for herding sheep“ (Alexander Millar; schottischer Schäfer um 1900; zitiert nach HALSALL 1992)

Die Verhaltensweisen, die Hütehunde bei der Arbeit gegenüber dem Vieh zeigen, sind weitgehend genetisch bedingt (COPPINGER und SCHNEIDER 1995; COPPINGER und COPPINGER 2001; GERBER-MATTLI 2002; HEBELER 2003) und werden entsprechend auch als „Hüteinstinkt“ oder „Hütetrieb“ bezeichnet (PELZ 2004). Dabei leiten sich die Bewegungsmuster, die Border Collies und Australian Shepherds an Vieh zeigen, vom Jagdverhalten des Wolfes ab (HARTNAGLE 1985; HEBELER 2003). Beim Einsatz von Hütehunden an Vieh macht man sich wiederum dessen Herdenverhalten zu Nutze, welches auf ebenfalls vorwiegend angeborenen Reaktionen gegenüber Jagdraubtieren beruht (GRANDIN und DEESING 1998).

Durch züchterische Selektion wurden die Verhaltenssequenzen der Hunde in Anpassung an die jeweiligen Arbeitsbedingungen gezielt modifiziert (HARTNAGLE 1985; KRÄMER 1992;

ZÄHNER 1993; HANCOCK 1999; HEBELER 2003). Laut COPPINGER und COPPINGER (2001) wurden dabei das Blickfixieren und Vorstehen züchterisch hervorgehoben, während sich Fang- und Tötungsbiss abschwächten. Während HARTNAGLE (1985) sowie PELZ

(2004) und SEIDEL (2004) auch für die Arbeitsweise des Australian Shepherds eine Entwicklung aus dem Jagdverhalten annehmen, gilt dies laut HEBELER (2003) vor allem für den Border Collie; sie sieht in der Arbeitsveranlagung bei anderen Hütehunderassen demgegenüber auch einen Bezug zum Spielverhalten.

Arbeitsweise des Border Collies

Border Collies verhalten sich bei der Arbeit an Vieh lautlos, sie zeigen bei frontaler Annäherung Blickfixieren und Vorstehen mit gesenkter Kopfhaltung und eingezogener Rute.

Diese Körperhaltung löst bei Schafen Fluchtreaktionen aus (COPPINGER und SCHNEIDER 1995; GRANDIN und DEESING 1998; HEBELER 2003). Hunde, die zur Arbeit an Vieh eingesetzt werden, verwenden die Prinzipien der Fluchtdistanz, um die Bewegungen der Tiere zu kontrollieren (GRANDIN und DEESING 1998). FINGER (1996) hält eine gute Schafbeobachtung, die richtige Reaktionseinschätzung und eine behutsam dosierte Einwirkung auf das Vieh für typische Merkmale angelsächsischer Schafhunde, dabei greifen bzw. beißen sie außerordentlich selten. GERBER-MATTLI (2002) betont, dass bellende, beißende und hetzende Hunde zu viel Stress auf die Schafe ausübten und so nicht zur Zucht weiterverwendet wurden. Hunde, die Schafe in geduckter Haltung schleichend und mit fixierendem Blick ruhig vorwärts bewegen konnten, wurden dagegen bevorzugt. Ein Wesensmerkmal, das außerdem für arbeitende Border Collies als wichtig erachtet wird, ist die Kooperationsbereitschaft der Hunde ihrem Besitzer gegenüber, der so genannte „Will to Please“ (HEBELER 2003). Die Arbeits- und Wesenseigenschaften des Border Collies machen ihn zu einem Hund, der sich vor allem für die Arbeit an kleinen Schafgruppen eignet (PELZ 2004). Im Gegensatz zu anderen Hütehunderassen ist der Border Collie in seiner Arbeitsweise stark spezialisiert (LAMBRICH 2007).

Arbeitsweise des Australian Shepherds

COPPINGER und SCHNEIDER (1995) beschreiben den Australian Shepherd im Gegensatz zum Border Collie als einen Hund, der mit erhobenem Kopf arbeitet und dabei bellt. Das Arbeitsbellen erleichtert es dem Hundeführer, den Hund zu lokalisieren (HANCOCK 1999);

gleichzeitig kann es dazu dienen, schwereres Vieh, v.a. Rinder, anzutreiben (HARTNAGLE 1985). Auch der gezielte „Griff“ oder „Biss“ in die Fesseln bzw. zur Nase hin wird von den Australian Shepherds beim Treiben relativ häufig eingesetzt (BOSSELMANN 2008);

HARTNAGLE (1985) zählt das Bellen, den „Griff“, sowie das Anrempeln des Viehs („Bump“) als Punkte auf, die die Kraft („Force“) des Hundes an Vieh ausmachen. Während der gezielte

Biss immer nur das direkt betroffene Tier beeinflusst, kann das Bellen des Hundes gleichzeitig mehr Tiere erreichen und auch als Vorwarnung für einen gezielten Biss dienen.

Das gezielte Schnappen in die Fessel wiederum kann genutzt werden, um die Laufrichtung des Viehs zu beeinflussen (PELZ 2004).

Obwohl auch das „Auge zeigen“ („Eye“) beim Australian Shepherd vorkommt (HARTNAGLE 1985), zeigt diese Rasse im Verhältnis zum Border Collie insgesamt wenig „Auge“

(BOSSELMANN 2008), pendelt dafür aber oft hinter dem Vieh und bevorzugt in der Regel das stehende Arbeiten (PELZ 2004). Während der Border Collie dazu neigt, einen weiteren Abstand zu den Schafen zu halten, arbeitet der Australian Shepherd enger und kann das Vieh dadurch auch auf kleinen Räumen bewegen (BOSSELMANN 2008).

HARTNAGLE (1985) unterscheidet bei den Australian Shepherds schnellere Hunde, die eher die Tendenz haben, zum Kopf des Viehs zu laufen um dieses zu ihrem Hundeführer zu bringen („Headers“) von langsameren Hunden, die eher dazu neigen, das Vieh u.a. auch durch Bisse in die Fersen vom Hundeführer wegzutreiben („Heelers“); welche dieser Tendenzen bei einem Hund vorherrscht, ist angeboren und kann durch Training nur schlecht beeinflusst werden.

Während der Border Collie in stärkerem Maße auf die Arbeit mit kleineren Gruppen flüchtiger Schafe spezialisiert ist, eignet sich der Australian Shepherd besser, um alle Arten von Vieh, insbesondere Geflügel, Schafe und Rinder, zu arbeiten; dabei erfordert die Arbeit an unterschiedlichen Tierarten den Einsatz unterschiedlicher Techniken (HARTNAGLE 1985).

Die Arbeitsweise des Australian Shepherd bietet jedoch vor allem für den Umgang mit Rindern sowie mit größeren Herden Vorteile (EGLI 1996; GERBER-MATTLI 2002;

BOSSELMANN 2008).

2.2.3 Zuchtbuchführung und Registrierung Border Collie

Die International Sheep Dog Society (ISDS) wurde 1906 durch Anhänger arbeitender Hütehunde in England gegründet (FRANCK 1999). Neben der Ausrichtung von Hütewettbewerben („Trials“) stand von Beginn an die Zucht auf Arbeitsfähigkeit und Führigkeit der Hunde im Vordergrund (FINGER 1996). James Reid, Sekretär der ISDS, initiierte die Gründung eines Zuchtbuchs und gab der Rasse ihren Namen (FRANCK 1999).

Bis heute können in dieses Zuchtbuch nicht nur Hunde aufgenommen werden, deren Eltern

ebenfalls bei der ISDS verzeichnet sind, sondern es ist auch möglich, Hütehunde unbekannter Herkunft nach bestandener Arbeitsprüfung registrieren zu lassen. Ein Rassestandard existiert bei der ISDS nicht. Nachdem in den 1970er Jahren Bestrebungen auftraten, den Border Collie als australische Rasse registrieren zu lassen (BOCKERMANN und SEIDEL 1999), wurde durch den britischen Kennel Club im Jahre 1976 ein Rassestandard formuliert. In Großbritannien ist eine doppelte Registrierung von Hunden bei der ISDS und im KC möglich. Im Jahr 1981 öffnete der dem VDH angeschlossene Club für britische Hütehunde (C.f.br.H.) in Deutschland das Zuchtbuch für Border Collies. Eine Registrierung von ISDS-Hunden ist hier nur noch mit einem Exportpedigree vom britischen KC möglich (FRANCK 1999). 1989 wurde im C.f.br.H. die Arbeitsgemeinschaft Border Collie Deutschland (ABCD) gegründet, die sich die Förderung der Hüteeigenschaften dieser Hunderasse in Deutschland zum Ziel gesetzt hat. 1994 entstand hieraus ein eigenständiger Verein, der nicht mehr dem C.f.br.H. und damit auch nicht mehr dem VDH angeschlossen ist (HEBELER et al. 2004). Bis 2006 wurde als Vereinsziel ausschließlich die Erhaltung und Förderung des Border Collies als Hütehund definiert; seit 2007 agiert die ABCD als assoziierter Tochterverein der ISDS und ist seitdem auch selbst zuchtbuchführend.

Australian Shepherd

Im Jahr 1957 wurde in den USA der Australian Shepherd Club of America (ASCA) gegründet, der zunächst mit der International English Shepherd Registry (IESR) bzw. der National Stock Dog Registry (NSDR) gemeinsam die Registrierung der Hunde übernahm.

1966 entstand in Kalifornien die International Australian Shepherd Association (IASA), die sich aber 1980 dem ASCA anschloss. Ein erster Standard wurde 1977 vom ASCA herausgegeben. Der American Kennel Club (AKC) nahm den Australian Shepherd 1991 ins Zuchtbuch auf, ein Rassestandard trat zwei Jahre später in Kraft. Zwischen ASCA und AKC besteht keine unmittelbare Kooperation, beide Verbände richten Ausstellungen, Gehorsams- und Arbeitsprüfungen aus und eine doppelte Registrierung von Hunden in beiden Vereinen ist möglich. Die Anerkennung der Rasse durch die FCI erfolgte 1996 (PELZ 2004; SEIDEL 2004).

Nach Deutschland kam der Australian Shepherd zuerst mit den Westernreitern. 1988 wurde der Australian Shepherd Club Deutschland e.V. (ASCD) gegründet, der dem ASCA, nicht aber dem VDH angeschlossen ist. Hunde, die hier registriert sind, besitzen ASCA-Papiere, eine Anerkennung beim VDH kann nur mit einem Exportpedigree erfolgen. Seit 1994 existiert die Australian Shepherd Association Germany e.V. (ASAG), die sich neben der Zucht vor

allem mit der Ausbildung der Hunde in verschiedenen Sparten des Hunde- und Hütesports beschäftigt (SEIDEL 2004). Auch beim Western Europe Working Australian Shepherd Club e.V. (WEWASC) steht die Hütearbeit im Vordergrund, dieser Verein operiert in verschiedenen europäischen Ländern und wurde 2002 gegründet (PELZ 2004). Im Jahr 2004 ist aus der Interessengemeinschaft Australian Shepherd der Club für Australian Shepherds Deutschland e.V. (CASD) entstanden, der dem VDH angeschlossen ist. Seit 1996 wird die Rasse von diesem vorläufig anerkannt.

2.2.4 Rassestandards

Die Zuchtgeschichte beider Rassen ist durch eine Anpassung an spezielle Arbeitsbedingungen geprägt. Das Resultat der Selektion auf Verhaltenseigenschaften ist ein oft recht uneinheitliches Exterieur (HEBELER 2003). Körper- und Rassetyp sowie die Farbe der Tiere spielten bei der Zucht leistungsfähiger Arbeitshunde kaum eine Rolle (FINGER 1996). Dies spiegelt sich auch heute noch in den relativ weit gefassten Bestimmungen für Exterieurmerkmale der FCI-Standards wider. Dennoch sehen viele Züchter von Arbeitshunden allein in der Aufstellung eines Rassestandards eine Gefahr für die Arbeitseigenschaften ihrer Rasse, da dem Aussehen des Hundes meist mehr Bedeutung zugemessen wird als Wesens- und Verhaltensmerkmalen (FINGER 1996; GERBER-MATTLI 2002). HEBELER (2003) betont in diesem Zusammenhang die Komplexität der Zucht von Hunderassen, bei denen eine Vielzahl genetisch bedingter Verhaltensmerkmale berücksichtigt werden muss. WILLIS (1995) vermutet, dass es lediglich eine Zeitfrage ist, bis der so genannte „Ausstellungs-Border-Collie“ die Fähigkeit zur Arbeit an Vieh verloren hat.

FCI-Standard für Border Collies (Gruppe I, Nr. 297) und Australian Shepherds (Gruppe I, Nr.

342) s. Anhang.

2.2.5 Erbkrankheiten

Für eine enge Verwandtschaft zwischen den Rassen Border Collie und Australian Shepherd sprechen die Dispositionen für dieselben genetisch bedingten Erkrankungen und Defekte.

WEGNER (1995) beschreibt, dass zur Entstehung des Australian Shepherds einige wenige Blue-Merle-Border Collies australischen Ursprungs beitrugen; er nennt die zentrale Form der Progressiven Retina-Atrophie (PRA), Collie Eye Anomalia (CEA) sowie Hüftgelenksdysplasie (HD) als häufige genetisch bedingte Erkrankungen beider Rassen. Er bezeichnet außerdem

den Merlefaktor selbst als Defektgen, da er Missbildungen an Retina und Innenohr verursacht (WEGNER 1995; BARTELS und WEGNER 1998). PELZ (2004) zählt darüber hinaus Katarakt, Mikrophthalmus und Kryptorchismus zu den bei Australian Shepherds vorkommenden Erbkrankheiten. Bei Border Collies werden ebenfalls nicht nur HD, PRA und CEA erwähnt; Epilepsie, genetisch bedingte Taubheit, Osteochondrosis dissecans des Schultergelenks, Hodenfehler, Gebiss-, Ruten- und Augenlidanomalien werden als weitere Erberkrankungen aufgelistet (BOCKERMANN und SEIDEL 1996; MCLEAVY 1996;

LONGTON und SYKES 1997; FRANCK 1999; SYKES 1999; GERBER-MATTLI 2002).

Für beide Rassen konnte darüber hinaus das Vorkommen des MDR1-Rezeptor-Gendefekts nachgewiesen werden (MEALY 2004; NEFF et al. 2004; GEYER et al 2005), welches eine pharmakogenetische Mutation darstellt und die Zugehörigkeit beider Rassen zur Gruppe der Collies belegt.