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5.2 Ergebnisdiskussion

5.2.4 Angaben zur derzeitigen Haltung des Hundes

In Bezug auf die Haltung weiterer Hunde im Haushalt war auffallend, dass Australian Shepherds etwa doppelt so häufig als Einzelhunde gehalten werden wie Border Collies (28,6% gegenüber 14,1%). Über die Hälfte aller Border Collies wurde in der Gruppe mit

mindestens zwei weiteren Hunden gehalten; bei den Australian Shepherds waren dies nur gut ein Drittel (50,3% gegenüber 29,6%). Insgesamt wurden jedoch beide Hütehunderassen deutlich seltener als Einzelhunde und häufiger in der Gruppe gehalten, als der von TIEFENBACH (2001) untersuchte Rassedurchschnitt, wo in 45,3% der Fälle nur ein einzelner Hund im Haushalt lebte und nur in 6,3% der Fälle eine Hundegruppe gehalten wurde.

Bei der Frage nach der Haltung weiterer Tierarten fiel auf, dass über die Hälfte der Border-Collie-Besitzer auch Schafhalter waren (58,8% bei den Border Collies gegenüber 5,7% bei den Australian Shepherds). Auch Nutzgeflügel wurde deutlich häufiger von Border-Collie- als von Australian-Shepherd-Besitzern gehalten (26,4% gegenüber 12,1%). Dies stimmt mit Tendenz überein, dass Border Collies in der vorliegenden Untersuchung häufiger als Arbeitshunde angeschafft und ausgebildet wurden als Australian Shepherds (s.o.). Lediglich in Bezug auf die Haltung von Rindern und Pferden bestehen keine Unterschiede; auch im Hinblick auf die Haltung von Hobbytieren unterscheiden sich beide Rassen nicht.

Während in der Untersuchung von TIEFENBACH (2001) insgesamt nur 4,7% der Hundehalter landwirtschaftliche Nutztiere hielten, lagen die Werte für beide hier untersuchten Hütehunderassen sehr viel höher.

Die Verteilung der Häufigkeiten in Bezug auf den Ort der Haltung der erwachsenen Hunde korrespondiert mit der Haltung im Welpenalter: Australian Shepherds wurden häufiger im Haus (100,0% gegenüber 97,3%), Border Collies häufiger unter anderem im Zwinger oder in einem Wirtschaftsgebäude (29,5% gegenüber 6,3%) gehalten. Insgesamt liegen die Werte für beide Rassen damit über dem von TIEFENBACH ermittelten Wert mit 1,6%. Auch die Zuweisung der Schlafplätze für die erwachsenen Hunde zeigt ähnliche Tendenzen wie für die Hunde im Welpenalter: so hatten Border Collies ihren Schlafplatz häufiger im Zwinger oder Wirtschaftsgebäude (19,5% gegenüber 7,7%) und schliefen häufiger in einer Hütte oder Kennelbox (38,8% gegenüber 17,6%) als die Australian Shepherds. Der Anteil der Hunde, die auf Wohnmöbeln oder im Bett schliefen, war jedoch in beiden Rassen etwa gleich hoch (für Möbel bei Border Collies 38,9% und Australian Shepherds 32,4%; für das Bett bei Border Collies 25,7% und Australian Shepherds 28,9%), was wiederum auf eine ähnlich hohe, emotionale Mensch-Hund-Bindung in beiden Rassegruppen hindeutet. Diese Werte entsprechen von der Höhe her auch dem von SAUTTER (2003) für Dobermänner ermittelten Anteil von 39,3% der Hunde, die u.a. auch auf dem Mobiliar schliefen.

In Bezug auf das Alleinbleiben der erwachsenen Hunde war bei den Border Collies bei Abwesenheit der Besitzer häufiger mindestens ein weiterer Hund zugegen als bei den Australian Shepherds (84,4% gegenüber 72,1%). Die Ursache hierfür liegt sicherlich darin begründet, dass Border Collies seltener als Einzelhunde gehalten werden (s.o.).

Bei der Frage nach der Fütterung unterschieden sich die beiden Hütehunderassen nur darin, dass Border Collies häufiger Trockenfutter erhielten als Australian Shepherds (89,9%

gegenüber 79,6%); dabei entsprach der Wert bei den Australian Shepherds in etwa dem von TIEFENBACH ermittelten von 81,5% (2001).

Bei der Häufigkeit und Dauer der Spaziergänge unterschieden sich beide Hütehunderassen nicht; allerdings wurden Australian Shepherds signifikant häufiger an der Leine geführt.

(11,4% gegenüber 4,1%). Hier besteht wahrscheinlich ein Zusammenhang zu dem bei Australian Shepherds deutlicher ausgeprägten Jagdverhalten (s.u.) und der Reaktion der Besitzer, dieses durch ein Anleinen des Hundes zu vermeiden. LAMBRICH (2007) weist darauf hin, dass der leinenfreie Zugang zu Menschen, Hunden und anderen Tierarten v.a. für Junghunde von besonderer Bedeutung ist, damit diese ein differenziertes intra- und interspezifisches Kommunikationsverhalten entwickeln können.

Aus der folgenden Tabelle lässt sich die Häufigkeit der Spaziergänge pro Tag für beide Hütehunderassen im Vergleich zu den von TIEFENBACH (2001) untersuchten Mischlingen und Hunden verschiedener Rassen entnehmen:

Tabelle 91: Häufigkeit der Spaziergänge pro Tag im Vergleich mit TIEFENBACH (2001) Nicht

täglich

1 x täglich 2 x täglich 3 x täglich Öfter als 3 x täglich

Border Collies 7,7% 14,1% 32,4% 31,0% 14,8%

Austr. Shepherds 4,3% 10,0% 39,3% 27,1% 19,3%

Mischlinge / Hunde versch.

Rassegruppen (TIEFENBACH 2001)

- 3,6% 20,5% 32,5% 43,4%

Es fällt auf, dass der Anteil der Hunde, der drei Mal am Tag spazieren geführt wird, für alle Gruppen etwa gleich groß ist – allerdings haben mehr Hütehunde nicht oder nur ein Mal

täglich die Gelegenheit zu einem Spaziergang, während der Rassedurchschnitt häufiger sogar mehr als drei Mal pro Tag spazieren geführt wird. Eine mögliche Erklärung kann eventuell darin begründet sein, dass Halter von Arbeitshunden, die ohnehin den ganzen Tag lang die Möglichkeit haben, sich frei auf einer Hofstelle zu bewegen bzw. zum Teil auch mehrmals täglich zur Arbeit eingesetzt werden, nicht noch zusätzlich mit den Hunden spazieren gehen.

Im Hinblick auf die Spielgelegenheiten der Hunde spielten Australian Shepherds insgesamt häufiger als Border Collies (für die Angabe „mehrmals täglich“: 64,1% bei den Australian Shepherds gegenüber 45,6% bei den Border Collies). Außerdem wurden verschiedene Formen des Spiels von den Australian-Shepherd-Besitzern auch häufiger mit den Hunden gespielt als von den Border-Collie-Besitzern. Dies traf insbesondere auf das Ballspielen zu, das 92,3% der Besitzer von Australian Shepherds, aber nur 45,6% der Besitzer von Border Collies mit ihren Hunden spielten.

Während BLOCH (2004) das Ballspielen für den Border Collie als sinnvolle Alternative zu einer Arbeitsaufgabe an Vieh sieht, da es seiner Ansicht nach durch das Anpirschen an den Ball zu einer reizspezifischen Ermüdung kommt, warnt PRICE (1996) ausdrücklich davor, mit Border Collies Ball oder Frisbee zu spielen. Auch LAMBRICH (2007) beurteilt das Ballspiel für Border Collies als Form des Objektspiels kritisch, da es hierbei oft zu stark repetitiven Sequenzen kommt, welche wiederum Übergangsformen zu stereotypem Verhalten darstellen können.

Ein weiterer Grund dafür, dass Border-Collie-Besitzer insgesamt seltener mit ihren Hunden spielen, liegt eventuell auch in der unterschiedlichen Wahrnehmung der Hunde durch ihre Besitzer: da Border Collies eher als Arbeitshunde wahrgenommen werden, ist die Bereitschaft der Besitzer, mit ihnen zu spielen, möglicherweise nicht so hoch wie bei den Haltern von Familien- oder Sporthunden, wo der lustbetonte Aspekt des Spiels womöglich stärker im Vordergrund steht. Auch LAMBRICH (2007) beobachtete bei den Sport- und Familienhunden höhere Anteile des Spielverhaltens, während die als „Hütehunde“

angeschafften Tiere dafür häufiger Neugier- und Erkundungsverhalten zeigten.

In Bezug auf die weiteren Beschäftigungsmöglichkeiten der Hunde ergaben sich zum Teil deutliche Unterschiede zwischen beiden Rassen: während die Möglichkeiten zu Kontakten mit anderen Hunden nicht verschieden waren, wurden Australian Shepherds deutlich

häufiger im Hundesport geführt als Border Collies (71,8% gegenüber 48,3%), während letztere wiederum häufiger zur Hütearbeit eingesetzt wurden (71,8% gegenüber 16,9%).

In der Gruppe der Hunde, die jeweils im Hundesport geführt wurde, waren bei den Border Collies sowohl mehr Hunde, die nur unregelmäßig trainiert wurden (12,5% gegenüber 2,9%) als auch mehr Hunde, die wettkampfmäßig trainiert und geführt wurden (56,9% gegenüber 44,7%). Bei den Australian Shepherds hingegen nahmen mehr Hunde regelmäßig am Training, nicht aber an Turnieren teil (53,4% gegenüber 30,6%). Border Collies wurden insgesamt also seltener im Hundesport geführt; wenn dies der Fall war, wurde jedoch häufiger auch auf Wettkampfniveau trainiert.

In allen getrennt untersuchten Hundesportarten waren wiederum Australian Shepherds häufiger vertreten als Border Collies: so wurden beispielsweise 56,0% der Australian Shepherds aber nur 37,4% der Border Collies im Agility geführt; 33,8% der Australian Shepherds aber nur 20,8% der Border Collies machten Obedience.

Insgesamt liegen die Werte für beide Hütehunderassen in Bezug auf den Hundesport deutlich höher als der von TIEFENBACH (2001) für den Rassedurchschnitt ermittelte Wert von 14,9%.

Darüber hatten insgesamt mehr Australian Shepherds eine Begleithundeprüfung abgelegt als Border Collies (53,7% gegenüber 41,3%); hierbei liegen die Werte für beide Hütehunderassen ebenfalls höher als der von SAUTTER (2003) für Dobermänner ermittelte Anteil von 32,6%.

Im Hinblick auf den Einsatz in der Hütearbeit waren die Border Collies mit 61,8% knapp vier Mal so häufig vertreten wie die Australian Shepherds mit 16,9%. Dabei wurden Rinder insgesamt von beiden Rassen gleich selten gearbeitet; die Border Collies kamen jedoch sehr viel häufiger an Schafen (68,9% gegenüber 11,3%) und an Geflügel zum Einsatz (12,2%

gegenüber 4,9%). Dieser Unterschied ist wahrscheinlich u.a. darin begründet, dass Australian Shepherds ursprünglich auch vielfach für die Arbeit an Rindern eingesetzt wurden, während der Border Collies stärker auf die Arbeit an Schafen spezialisiert ist (PELZ 2004).

Von den Hunden, die zur Hütearbeit eingesetzt wurden, nahmen deutlich mehr Border Collies als Australian Shepherds auch an Hütewettbewerben teil (53,8% gegenüber 16,0%).

5.2.5 Angaben zum Verhalten des Hundes Verhalten allgemein

Im Hinblick auf das allgemeine Verhalten der Hunde bewerteten die Besitzer von Australian Shepherds die Zufriedenheit ihrer Tiere höher als die Besitzer von Border Collies (Tabelle 19). Letztere wiederum bewerteten ihre Rasse höher in Bezug auf Ängstlichkeit und Nervosität sowie auch im Hinblick auf körperliche und geistige Überforderung und auf eine zu hohe Motivationslage (Tabellen 20-25). Die in der Literatur oftmals postulierte Unterforderung als Ursache für Verhaltensprobleme bei Border Collies (BOCKERMANN und SEIDEL 1996) spiegelt sich in der Einschätzung der Besitzer in diesem Punkt also nicht wider. Im Hinblick auf die übrigen abgefragten Aspekte wie Dominanz, Aggressivität, körperliche und geistige Unterforderung sowie Müdigkeit zeigten sich keine Unterschiede zwischen beiden Rassen.

Angstverhalten

Für das allgemeine Angstverhalten der Hunde konnten statistisch keine Unterschiede zwischen den hier untersuchten Rassen festgestellt werden (Tabellen 26-35).

Insgesamt zeigten sich 29,7% der Border Collies und 22,8% der Australian Shepherds als ängstlich. Diese Werte sind im Vergleich mit Untersuchungen an Hunden unterschiedlicher Rassen und Typen als hoch anzusiedeln: In den von BEAVER (1994) zusammengefassten Untersuchungen nannten 5,2% der Besitzer „Angstverhalten“ als ein Problem ihrer Hunde;

6,5% der von SAUTTER (2003) befragten Dobermann-Besitzer bezeichneten ihre Hunde als

„ängstlich“; gleiches galt für 7,5% der Besitzer von Mischlingen und Hunden verschiedener Rassen, die von TIEFENBACH (2001) befragt wurden; die von BLACKSHAW (1988) interviewten Besitzer gaben in 14,0% der Fälle an, dass ihr Hund außergewöhnlich ängstlich sei. Eine generelle Neigung zu ängstlichem Verhalten bei Hütehunden wurde bereits von WILLIS (1995) beschrieben. Auch LUND et al. (1996) beobachteten bei Collies eine Häufung angstbedingter Verhaltensprobleme.

Geräuschangst

Während die Ergebnisse dieser Arbeit die angenommene Neigung von Hütehunden zu allgemein ängstlichem Verhalten bestätigen, lässt sich die von PRICE (1999), FRANCK (1999) und SCHALKE (2004) vermutete Disposition für Geräuschempfindlichkeit bei Hütehunden im Vergleich zu anderen Rassen durch diese Arbeit nicht unbedingt belegen.

Insgesamt ergab sich zwar für 33,8% der Border Collies und für 28,1% der Australian

Shepherds eine erhöhte Geräuschempfindlichkeit; in der Arbeit von TIEFENBACH (2001) zeigte mit 32,8% aber ein ähnlich hoher Anteil der untersuchten Mischlinge und Hunde verschiedener Rassen Angstreaktionen bei Gewitter bzw. Feuerwerk.

Demgegenüber ermittelten BEAVER (1994), BLACKSHAW (1988) sowie RUGBJERG et al.

(2003) bei den von ihnen befragten Besitzern deutlich niedrigere Werte für Geräuschangst:

so nannten nur 5,2% der von BEAVER in Großbritannien befragten Besitzer „Angst und Geräuschangst“ als ein Problem ihres Hundes; „Geräuschangst“ nannten auch 8,0% der von BLACKSHAW untersuchten australischen Besitzer; „Schussangst“ als Verhaltensproblem wurde von 6,1% der von RUGBJERG et al. in Dänemark befragten Hundebesitzer angegeben. Der von CAMPBELL (1986) ermittelte Wert von 20,2% liegt wiederum deutlich höher.

In diesem Zusammenhang muss betont werden, dass die Art der Befragung der Besitzer in Bezug auf die Geräuschempfindlichkeit ihres Hundes in den verschiedenen Studien auf unterschiedliche Weise erfolgte: während die Halter in der vorliegenden Untersuchung sowie in der Studie von TIEFENBACH (2001) lediglich beschreiben sollten, in welchen Situationen ihr Hund mit Angstverhalten reagiert und hierbei unter anderem auch die Geräuschreize

„Verkehrslärm“ und „Gewitter“ und/oder „Feuerwerk“ abgefragt wurden, wurden die Besitzer in den Befragungen von BEAVER (1994) und RUGBJERG et al. (2003) hingegen gebeten, Verhaltensprobleme bzw. –Auffälligkeiten ihres Hundes zu benennen. Hier ist sicherlich in sofern ein Unterschied zu sehen, als dass Besitzer das Verhalten ihrer Hunde bei lauten Geräuschreizen zwar durchaus als Angstverhalten beschreiben können, dies von ihnen aber nicht zwangsläufig immer auch als Problem angesehen wird. Es erscheint daher sinnvoller, die in dieser Arbeit ermittelten Werte mit den auf ähnliche Weise erhobenen Daten von TIEFENBACH (2001) zu vergleichen:

Tabelle 92: Angstreaktionen bei Geräuschen im Vergleich mit TIEFENBACH (2001) Geräuschreiz Verkehrslärm Gewitter/

Feuerwerk

Gewitter Feuerwerk Border Collies

(Kategorien „manchmal“,

„häufig“, „meistens“ und

„immer“)

12,0% - 38,5% 46,6%

Australian Shepherds (Kategorien „manchmal“,

„häufig“, „meistens“ und

„immer“)

2,8% - 28,7% 43,7%

Mischlinge / Hunde versch.

Rassen

(TIEFENBACH 2001)

7,8% 32,8% - -

Insgesamt zeigen jeweils Border Collies am häufigsten Angstreaktionen bei lauten Geräuschen; der Unterschied gegenüber den Australian Shepherds ist jedoch nur für die Reize „Gewitter“ und „Schüsse“ signifikant. PRICE (1999) vermutet als Ursache für die Geräuschempfindlichkeit beim Border Collie eine bewusste züchterische Selektion, da die Hunde bei der Arbeit an Vieh Pfeifkommandos auf weite Entfernungen wahrnehmen und befolgen müssen. RUGBJERG et al. (2003) nehmen hingegen an, dass bei Hütehunden vor allem eine Zuchtauswahl im Hinblick auf eine hohe Lernbereitschaft stattfindet und dass die entsprechenden Rassen dadurch u.U. auch laute Geräusche schneller mit negativen Erlebnissen verknüpfen, da es sich dabei um eine Form des Lernverhaltens handelt.

In der vorliegenden Untersuchung vermuteten Border-Collie-Besitzer als Ursache für die Geräuschempfindlichkeit ihrer Hunde häufiger eine schlechte Sozialisation im Welpenalter (23,3% gegenüber 7,2%). Dies korrespondiert mit der Aussage von PRICE (1999), die Versäumnisse in der Sozialisationsphase als häufigste Ursache für Verhaltensprobleme beim Border Collie sieht. Während BEAVER (1991) sowie SHULL-SELCER und STAGG (1991) auf eine genetische Beteiligung bei der Entstehung von Geräuschphobien hinweisen, konnten GODDARD und BEILHARZ (1983) bei den von ihnen untersuchten Servicehunden hierfür lediglich eine relativ geringe Heritabilität von 0,14 nachweisen. TUBER et al. (1982) heben hervor, dass für die Entstehung einer Geräuschphobie schon ein einmaliges negatives Ereignis ausreichen kann.

Beide in dieser Arbeit untersuchten Hunderassen unterschieden sich außerdem in ihren Reaktionen auf Angst auslösende Reize: Border Collies versuchten häufiger wegzulaufen (44,8% gegenüber 28,3%); Australian Shepherds hingegen reagierten häufiger mit Knurren (37,7% gegenüber 24,6%). Insgesamt war der Anteil der Hunde, die auf einen Angst auslösenden Reiz mit Fluchtverhalten reagierten, in der vorliegenden Arbeit verglichen mit dem von TIEFENBACH (2001) untersuchten Rassedurchschnitt von 6,2% in beiden Hütehunderassen recht hoch. Auch LAMBRICH (2007) beobachtete bei Border Collies als Angstverhalten vor allem solche Reaktionen, die dem Zweck einer Abstandsvergrößerung dienten. BEERDA et al. (1997) sehen einen Zusammenhang zwischen harten Trainingsbedingungen und einer Zunahme von ängstlichen Reaktionen sowie einer erhöhten Fluchttendenz beim Hund – ob dies in Bezug auf die untersuchten Hütehunde eine Rolle spielt, wird in der vorliegenden Arbeit jedoch nicht untersucht und kann daher weder bestätigt noch widerlegt werden.

Aggressionsverhalten

Die Angaben, die die Besitzer zu diesem Punkt machten, unterschieden sich nicht in beiden Rassegruppen (Tabelle 40). Insgesamt traten aggressive Verhaltensweisen bei beiden Hütehunderassen relativ selten auf: übereinstimmend mit den Untersuchungen von HEINE (2001) und LAMBRICH (2007) trat auch in der vorliegenden Untersuchung bei beiden Hütehunderassen kaum Aggressionsverhalten gegenüber menschlichen Familienmitgliedern auf (weniger als 5%); die aggressiven Verhaltensweisen gegenüber fremden Menschen sowie gegenüber Hunden im selben Haushalt waren ebenfalls relativ selten (weniger als 30%). Am häufigsten wurde aggressives Verhalten gegenüber fremden Hunden beobachtet, dabei reagierten jedoch immerhin noch 66,4% der Border Collies und 74,1% der Australian Shepherds nie oder selten aggressiv auf andere Hunde. Bei den von SAUTTER (2003) untersuchten Dobermännern hingegen zeigten sich deutlich höhere Werte für aggressives Verhalten: hier reagierten 62,6% der Tiere aggressiv gegen fremde Hunde.

Die geringe Ausprägung aggressiver Verhaltensweisen bei den hier untersuchten Hütehunderassen stimmt mit den Einschätzungen von HART und HART (1985b) überein, die den Australian Shepherd als einen Hund mit einem geringen Aggressivitätsniveau einstufen;

BRADSHAW und GOODWIN (1998) ordneten den Border Collie ebenfalls der Gruppe mit niedrigem bis mittlerem Aggressivitätsniveau zu.

Verhalten bei Alleinsein

In Bezug auf das Verhalten der Hunde bei Alleinsein konnten Unterschiede zwischen beiden Hütehunderassen festgestellt werden: hier wurden für die Border Collies insgesamt höhere Werte sowohl für das Zerstören von Gegenständen als auch für den Harnabsatz in der Wohnung und für das Bellen und Jaulen erreicht (Tabelle 41).

Bei den von TIEFENBACH (2001) untersuchten Hunden verschiedener Rassen wiesen insgesamt 17,5% Symptome von Trennungsangst auf: 4,9% zeigten zerstörerisches Verhalten, 14,0% reagierten mit Lautäußerungen, wenn sie allein gelassen wurden, und 5,5% setzten Kot oder Harn ab. Auch bei den von BLACKSHAW (1988) in Australien befragten Besitzern nannten 13,0% Lautäußerungen bei Abwesenheit als ein Problem.

Tabelle 93: Trennungsangstsymptome im Vergleich mit TIEFENBACH (2001) und BRADSHAW (1988)

Zerstören von Gegenständen

Lautäußerungen Harn- und Kotabsatz

Border Collies 8,8% 6,8% 0,7%

Austr. Shepherds 7,0% 4,9% 1,4%

Rassedurchschnitt Hunde in Deutschland (TIEFENBACH 2001)

4,9% 14,0% 5,5%

Hunde in Australien BLACKSHAW (1988)

- 13,0% -

Damit trat das zerstörerische Verhalten im Rassedurchschnitt seltener auf als bei den beiden hier untersuchten Hütehunderassen; Lautäußerungen wurden im Rassedurchschnitt hingegen etwas häufiger beobachtet. In Bezug auf das Harn- und Kotabsatzverhalten lagen die beiden untersuchten Hütehunderassen ebenfalls deutlich unter dem Rassedurchschnitt.

Während mehr Border-Collie-Besitzer von ihren Hunden freudig begrüßt wurden (93,2%

gegenüber 82,0%), charakterisierten mehr Besitzer von Australian Shepherds die Begrüßung als stürmisch (59,9% gegenüber 38,9%).

Verhaltensweisen aus dem Funktionskreis Jagen bzw. Hüten

PRICE (1999), SYKES (1999) und HEBELER (2003) erläutern, dass sich viele der Verhaltensauffälligkeiten, die für Hütehunde als typisch erachtet werden, aus Sequenzen ableiten, die für die Arbeit an Vieh notwendig sind und die sich ursprünglich aus dem Jagdverhalten entwickelt haben. COPPINGER und SCHNEIDER (1995) weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es sich um selbstbelohnende Verhaltensweisen handelt, die genetisch bedingt sind und daher nicht erlernt werden müssen; sie haben einen hohen Stellenwert für die Hunde und sind durch Training nur entsprechend schwierig zu beeinflussen.

In der vorliegenden Untersuchung wurden für das Blickfixieren insgesamt die höchsten Score-Werte ermittelt; die Werte für das Jagen und Hetzen lagen etwas niedriger mit einem deutlichen Unterschied zwischen beiden Rassen; für das Zwicken und Beißen wurden die niedrigsten Werte festgestellt. Dies stimmt mit den Beobachtungen von LAMBRICH überein, die bei der Betrachtung des Jagd- und Hüteverhaltens an jungen Border Collies ebenfalls für das Blickfixieren die höchsten Anteile verzeichnete.

Tabelle 94: Mittelwerte und Mediane für Verhaltensweisen aus dem Funktionskreis Jagdverhalten

Verhaltensweise Rasse Arithmetisches Mittel Median

Jagen / Hetzen Border Collies 2,98 2,40

Austr. Shepherds 4,52 3,50

Blickfixieren Border Collies 7,33 5,65

Austr. Shepherds 6,87 5,20

Zwicken / Beißen Border Collies 1,53 1,20

Austr. Shepherds 1,25 1,20

Jagen

In Bezug auf die mit Hilfe des Score-Wertes ermittelte Anzahl von Hunden mit auffälligem Jagen, Nachlaufen und Hetzen bestand kein signifikanter Unterschied zwischen beiden Rassen, wohl aber in Bezug auf die Höhe der Score-Werte: hier lagen sowohl die Durchschnitts- als auch die Maximalwerte der Australian Shepherds signifikant höher als die der Border Collies. Bei der Analyse der auslösenden Faktoren erreichten die Australian Shepherds für die Punkte „Wild“ und „andere Tiere“ ebenfalls deutlich höhere Werte als die Border Collies (Tabelle 42). Dass für den Auslöser „Wild“ insgesamt die höchsten Werte verzeichnet wurden, ist sicherlich darin begründet, dass es sich hierbei um den ursprünglichen Reiz handelt, auf den sich das Jagd- bzw. Hüteverhalten bezieht.

Nicht nur in Bezug auf das Jagdverhalten selbst, sondern auch im Hinblick auf die Reaktionen der Besitzer bestanden signifikante Unterschiede zwischen beiden Rassen:

Border-Collie-Besitzer gaben häufiger an, überhaupt kein Problem mit unerwünschtem Jagdverhalten zu haben (33,1% gegenüber 16,8%); Australian-Shepherd-Besitzer hingegen reagierten häufiger mit dem Anleinen ihres Hundes (55,8% gegenüber 39,3%) oder vermieden entsprechende Situationen möglichst von vorneherein komplett (27,5%

gegenüber 15,9%). Dies könnte mit ein Grund dafür sein, warum Australian Shepherds häufiger angeleint spazieren geführt werden als Border Collies (s.o.).

Vor diesem Hintergrund ist als bemerkenswert hervorzuheben, dass deutlich mehr Besitzer von Border Collies das Jagdverhalten ihrer Hunde als auffällig empfinden als dies bei Besitzern von Australian Shepherds der Fall ist (17,2% gegenüber 6,4%). Dies spricht für ein höheres Problembewusstsein bei den Border-Collie-Besitzern im Hinblick auf unerwünschtes Jagd- bzw. Hüteverhalten bei ihren Hunden. Aufzählungen möglicher Auslöser für unerwünschtes Jagd- und Hüteverhalten bei Border Collies finden sich auch in vielen

Veröffentlichungen (FRANCK 1999; PRICE 1999; LAMBRICH 2007), fehlen jedoch in der Rasseliteratur des Australian Shepherd.

Im Vergleich mit den für Hunde verschiedener Rassegruppen ermittelten Werten von

Im Vergleich mit den für Hunde verschiedener Rassegruppen ermittelten Werten von