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2.4 Antimikrobielle Peptide

2.4.3 Defensine, Cathelicidine und Laktoferrin

Defensine und Cathelicidine bilden die Hauptfamilien der AMP und weisen deren charakte-ristische Merkmale auf. Sie sind klein, amphipathisch, salzsensitiv, im nanomolaren Bereich chemotaktisch, positiv geladen und Teil der angeborenen Immunabwehr. Ihre Wirkungsme-chanismen entsprechen den unter 2.4.4 beschriebenen. Defensine und Cathelicidine sind ge-gen verschiedene gramnegative und -positive Bakterien, behüllte Viren und Pilze wirksam, beeinflussen die Immunantwort des Körpers und sind zudem an der Wundheilung und Angiogenese beteiligt (TERRITO et al. 1989; ZANETTI et al. 1995; YANG et al. 2000;

KOSCIUCZUK et al. 2012).

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Die ersten argininreichen AMP wurden in den 1960-er Jahren isoliert und Defensine wegen ihrer Schutzwirkung für den Organismus genannt. Sie kommen in allen Zellen und Geweben vor, die an der Abwehr beteiligt sind, und weisen z.T. millimolare Konzentrationen auf (> 10 mg/ml in leukozytärer Granula) (GANZ et al. 1985; GANZ 1987). Die durchschnittli-che Konzentration auf Epithelzellen liegt zwisdurchschnittli-chen 10-100 µg/ml (HARDER et al. 1997).

Defensine besitzen eine charakteristische β-Faltblatt Struktur, drei Disulfidbrücken (GANZ et al. 1985; SELSTED et al. 1985) und werden in drei Untergruppen α-, β- und θ-Defensine ein-geteilt (TANG et al. 1999). α-Defensine bestehen aus 30 Aminosäuren und werden als Pro-peptide in primären und in geringem Maße in sekundären Granula neutrophiler Granulozyten gespeichert. Deshalb werden sie auch als HNP1-4 bezeichnet, wobei HNP1 auch von NK- und T-Zellen exprimiert wird (GANZ et al. 1985; DAHER et al. 1988; WILDE et al. 1989).

Bovine Neutrophile und Epithelzellen weisen nur β-Defensine auf, wohingegen humane Epi-thelzellen α- und β-Defensine exprimieren (GANZ et al. 1985; DIAMOND et al. 1991;

HARDER et al. 1997; TARVER et al. 1998). Die Synthese und Freisetzung der Defensine ist durch mikrobielle Signale (Lipopolysaccharid (LPS)) und Zytokine (Interleukin 1 (IL-1), Tumornekrosefaktor α (TNF-α), granulocyte-colonoy stimulating factor (G-CFS)) reguliert (COWLAND u. BORREGAARD 1999).

Das erste Cathelicidin (Cecropin) wurde 1980 im Gewebe von Schmetterlingen (Hyalophora cecropia) nachgewiesen (HULTMARK et al. 1980). Die Cathelicidine wurden nach einer gemeinsamen Proregion am N-Terminus, der Cathelin Domäne, die eine starke Homologie zum Cathepsin L Inhibitor aufweist, benannt. Cathelicidine wurden zuerst in myeloiden Zel-len nachgewiesen und werden deshalb auch als myeloide antimikrobielle Peptide bezeichnet.

Die antimikrobielle Domäne liegt am C-Terminus und ist Inter- und Intra-Spezies hoch di-vers. Cathelicidine werden als Prepropeptide in den Granula von Neutrophilen und Makro-phagen gespeichert und ebenfalls von Epithelzellen exprimiert (BOMAN 1995; ZANETTI et al. 1995; BALS u. WILSON 2003; TREFFERS et al. 2005; ZANETTI 2005).

Bei Menschen wird nur ein Cathelicidin (LL-37) exprimiert, welches auch als hCAP-18 be-zeichnet wird (ZHAO et al. 2001). Es besteht aus 37 Aminosäuren, hat ein Molekulargewicht

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von 18 kDa (GUDMUNDSSON et al. 1995) und wurde in verschiedenen Geweben (Haut, Gastrointestinaltrakt, Lunge) und Zellen (Neutrophile, Monozyten, Makrophagen, B-, T- und NK-Zellen) nachgewiesen (FROHM et al. 1997; BALS et al. 1998; ZASLOFF 2007).

Beim Rind sind sieben verschiedene Cathelicidine (BMAP27, 28 und 34, Bac5 und 7, Indolicidin und Bactenecin-1) beschrieben. Bac5 und 7 bestehen aus 43 bzw. 60 Aminosäu-ren, weisen einen prolinreichen Abschnitt auf (GENNARO et al. 1989) und sind vor allem gegen gramnegative Bakterien wirksam (TOMASINSIG et al. 2010). Die bovinen myeloiden antimikrobiellen Peptide (BMAP) 27 und 28 bestehen aus 27 bzw. 28 Aminosäuren, töten Bakterien und Pilze und induzieren bereits in geringen Konzentrationen die Apoptose bei Tumorzellen (SKERLAVAJ et al. 1996). Zudem sind sie reichhaltig in der Milch von mastitiskranken Tieren vorhanden, aber nur in geringer Menge bei gesunden Kühen (TOMASINSIG et al. 2010). Indolicidin ist ein 13 aminosäurelanges tryptophanreiches Pep-tid, das in Neutrophilen vorkommt und wirksam ist gegen Pilze (Candida albicans, Cryptococcus neoformans) sowie Staphylococcus aureus und E. coli (SELSTED et al. 1992;

BENINCASA et al. 2006). Zudem hemmt Indolicidin die Sekretion von TNF-α aus Makro-phagen und induziert die IL-8-Produktion (BOWDISH et al. 2005).

Laktoferrin ist im Gegensatz zu den Defensinen und Cathelicidinen ein 80 kDa schweres Glykoprotein mit 703 Aminosäuren aus der Transferrin-Familie, dessen Glykosylierungsgrad die Resistenz gegen Proteasen und niedrige pH-Werte bestimmt. Es wurde 1939 von Sorensen und Sorensen aus boviner Milch isoliert und später ebenfalls aus Sekreten von exokrinen Drü-sen, Epithelzellen des Reproduktions- und Gastrointestinaltraktes und den Granula von Neu-trophilen. Laktoferrin ist am Eisenmetabolismus, der Zellproliferation und -differenzierung beteiligt und zeigt zudem antibakterielle, -virale und -parasitische Aktivität (METZ-BOUTIGUE et al. 1984; IYER u. LONNERDAL 1993; WARD et al. 1999; ADLEROVA et al. 2008). Die Eigenschaft Eisen, auch bei niedrigem pH, wie er an Entzündungsstellen durch die metabolische Aktivität von Bakterien herrscht (VALENTI u. ANTONINI 2005), zu bin-den, ist ausschlaggebend für die antimikrobielle Wirkung. Dadurch steht das essentielle Eisen den Bakterien nicht mehr zur Verfügung und vermittelt auf diesem Weg die bakteriostatische Wirkung (ARNOLD et al. 1980; BROCK 1980; LEGRAND et al. 2005).

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Die Regulation der Laktoferrinsynthese ist abhängig von den produzierenden Zellen, so wird die der Euterepithelzelle durch Prolaktin kontrolliert (GREEN u. PASTEWKA 1978), wohin-gegen exokrine Drüsen Laktoferrin kontinuierlich sekretieren. In Neutrophilen wird Laktoferrin nur während der Entwicklung im Knochenmark gebildet und ist vor allem in der sekundären Granula, aber in geringem Maße ebenfalls in tertiärer Granula gespeichert (MASSON et al. 1969; BAGGIOLINI et al. 1970; SAITO et al. 1993). Die gemessene Menge an Laktoferrin im Blut gesunder Probanden schwankt stark zwischen verschiedenen Veröf-fentlichungen (0,02-1,52 μg/ml) (ADLEROVA et al. 2008) und steigt im Verlauf einer Ent-zündung stark an (BIRGENS 1985). Weitaus größere Schwankungsbreiten weisen die ermit-telten Werte in der Milch gesunder und subklinisch erkrankter Tiere auf (1,15 μg/ml (HAGIWARA et al. 2003) bis 485,63 μg/ml (CHENG et al. 2008)). Die Konzentration wäh-rend der Milchdrüseninvolution steigt auf über 100 mg/ml Laktoferrin an (WELTY et al.

1976).

Aufgrund der eisenbindenden Wirkung sowie der Interaktion mit Molekülen und Zielzellen durch spezifische Rezeptoren kann Laktoferrin die Immunreaktion beeinflussen. Durch die Aktivierung von Immunzellen wird die Immunantwort verstärkt, wohingegen eine Bindung an LPS oder Rezeptoren auf Pathogenen diese mindert, da weniger proinflammatorische Zy-tokine oder ROS ausgeschüttet werden, für deren Produktion Eisen essentiell ist (LEGRAND et al. 2005; WARD et al. 2005). Durch die einzigartige antibakterielle, immunmodulatorische und sogar antineoplatische Wirkung hat Laktoferrin großes Potential für den therapeutischen Einsatz (ADLEROVA et al. 2008).