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4.2 Bedeutung der Ergebnisse in Bezug auf den aktuellen Forschungsstand

Sowohl durch die Bearbeitung aktueller Forschungsliteratur, als auch durch die Ergebnisse der Interviews konnten Kategorien gebildet werden, welche die Herausforderung und das Erleben der Pflegepersonen aufzeigen. In der Literatur konnten zehn Kategorien gebildet werden, die in der folgenden Tabelle noch einmal

Alle zehn literaturbasierenden Kategorien wurden von den sechs interviewten Personen thematisiert und daraus resultierend kann in diesem Teil der Arbeit ein Vergleich der jeweiligen Ergebnisse dargestellt werden. Die Veränderung der Kommunikationsmöglichkeiten wurde sowohl in der Literatur, als auch in den Interviewergebnissen als positiv bewertet. Primär zeigt sich ein positives Empfinden der interdisziplinären Kommunikation, da ein komplettes PatientInnenbild dargestellt und eine ganzheitliche Betrachtung der PatientInnen gesichert werden kann. Auch die Möglichkeit der adäquaten Informationsweitergabe an zukünftig betreuende Organisationen oder Therapeuten wurde in beiden Spaten erwähnt. Inhalte von zwei Interviews zeigen zudem verbessert empfundene Möglichkeiten zur Informationseinholung nach Krankenständen oder Urlauben und daraus resultierend eine verminderte Notwendigkeit der Nutzung der verbalen Kommunikationswege.

Die Pflegequalität zeigt sich in den Literaturergebnissen als verbessert empfunden, da die Entscheidungsfindung von Programmen unterstützt wird und das Personal lt.

Meißner und Schnepp (2014), ein erhöhtes Sicherheitsgefühl durch die Anwendung der EDV – Dokumentation im Pflegealltag erfährt. Kruse et al. (2015) unterstreicht die Relevanz der zuvor erwähnten Möglichkeiten der interdisziplinären Kommunikation und leitet daraus hervorgehend eine bessere Betreuungsmöglichkeit und eine erhöhte Pflegequalität ab. Die Hauptkategorie „Qualität“ unterscheidet in den empirischen Ergebnissen zwischen Dokumentationsqualität und Pflegequalität/Fehlerreduktion, die Qualität der Dokumentation wurde von allen TeilnehmerInnen als hoch eingestuft, positiv bewertete Aspekte stellen die Lesbarkeit und Nachvollziehbarkeit, sowie das

adäquate Bild nach außen dar. Die Pflegequalität wurde durch die gebotene Unterstützung des Programmes als erhöht bewertet, Erinnerungen und Memos sichern ein zeitgerechtes Verrichten der Tätigkeiten und ermöglichen den Pflegepersonen den Überblick zu bewahren. Auch Meißner und Schnepp (2014) berichten in ihrer Studie von einer Verbesserung aufgrund eben genannter Punkte, ergänzend beschreiben sie eine verbesserte Identifikation von Problemen, die ohne EDV – Dokumentation nicht entdeckt worden wären (Meißner und Schnepp, 2014., Kruse et al., 2015).

Sowohl Ragnhildur et al. (2017) als auch Kruse et al. (2017) geben den Kostenfaktor als häufigste Barriere bei der Implementierung einer EDV – Dokumentation an, wobei nicht nur die Initialkosten für den Kauf des Programmes, sondern ebenfalls anfallende Kosten durch Schulungen oder Adaptionen miteinberechnet werden müssen. In der empirischen Forschung äußerte sich nur eine der sechs befragten Personen bezüglich dieser Thematik, es wurden hohe Anschaffungskosten und Adaptionskosten genannt (Ragnhildur et al., 2017., Kruse et al. 2017).

Die große Kategorie der Schulungen ist sowohl in der empirischen Forschung, als auch in den Literaturergebnissen vielfach diskutiert und präsentiert sich daraus schließend als relevant zu betrachtende Thematik im Change – Prozess. Evans (2016) beschreibt die Dringlichkeit schon während der Ausbildungszeit in die Nutzung von EDV eingeführt zu werden, um kürzere Einarbeitungsmöglichkeiten zu ermöglichen. Ko et al. (2018) zeigte Unzufriedenheit der MitarbeiterInnen durch inadäquate Terminfestlegung der Schulungszeitpunkte auf, des Weiteren gaben Krankenpflegepersonen an, dass sie keine dezidierten Schulungen erhielten, sondern zeitlich kurz gehaltenen Einschulungen durch Kollegen und Kolleginnen im laufenden Betrieb. Die Begrifflichkeit des „Superusers“

wurde von Ko et al. (2018) ebenfalls thematisiert, dieser auch in den empirischen Ergebnissen ersichtliche Lösungsansatz konnte positive Rückmeldung durch MitarbeiterInnen erzielen (Evans 2016, Ko et al. 2018).

Jedoch konnte Evans (2016) durch Befragungen von Personen, die als „Superuser“

agierten, herausfiltern, dass diese Aufgabe eine Belastung für betroffene Personen darstellte, da sie im Arbeitsalltag Einschulungsprozesse als zusätzliche Tätigkeiten durchführen mussten. Im Kontrast zu den literarischen Aussagen zeigten die Interviewergebnisse großteils positive Vorgehensweisen auf, Kleingruppen, um eine individuelle Betreuung zu gewährleisten und „Superuser“, um Problemsituationen einer Lösung zuführen zu können sind probate Mittel, die in der Praxis ihre Anwendung finden.

Ein negativer Aspekt, der in Aussagen von drei geführten Interviews herauszulesen war,

beinhaltet ein inadäquates Zeitmanagement, Schulungszeitpunkte wurden unpassend gewählt und zu lange Zeitspannen bis zur tatsächlichen Anwendung bewirkten Wissensverlust und Demotivation im Team. Einigkeit herrschte auch im Punkt des Verbrauches von Zeitressourcen für die Einschulung neuer MitarbeiterInnen, dieser Vorgang dauert länger, als bei verwendeter handschriftlich geführter Pflegedokumentation. Als Gründe hierfür können Ergebnisse aus der Unterkategorie

„Benutzeroberfläche“ herausgefiltert werden, alle InterviewpartnerInnen gaben an, dass die Vielzahl an Buttons, die Menge an angebotenen Informationen und die Unübersichtlichkeit der Programme die Einschulung erschweren. Der Akt der Einschulung selbst wird als komplexes Unterfangen mit der Verarbeitung von einer Vielzahl an Informationen bezeichnet. Kontinuierliche Weiterbildungen erfolgten entweder auf Wunsch der Angestellten, oder wurden teamintern, während Besprechungen oder Meetings durchgeführt (Evans, 2016).

Bei Schulungsprozessen und auch während der weiteren Nutzung der EDV – basierenden Pflegedokumentation, sind die EDV – Fertigkeiten der einzelnen MitarbeiterInnen von großer Relevanz. Sowohl Darvish et al. (2014), als auch Meißner und Schnepp (2014) zeigten in ihren Artikeln auf, dass eine Notwendigkeit an grundlegenden „Computer – Skills“ bestehe, um die Nutzung des Programmes erfolgreich umsetzen zu können. Dies sollte möglichst in der Ausbildung geschehen, da in der Praxis einzig durch angebotene EDV – Kurse die Möglichkeit zur Wissensauffrischung bestehe. Die Computeraffinität der MitarbeiterInnen ist inhaltlich als eigen geführte Subkategorie in der empirischen Forschung präsent, hier wird ebenfalls eine Notwendigkeit angegeben, um das Programm nutzen zu können. Eine Gemeinsamkeit stellt die Verbindung zur Kategorie

„Generationenkonflikt“ dar, fehlende Computerfertigkeiten werden als häufigste Ursache für eine erschwerte Nutzung durch ältere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen angegeben (Darvish et al. 2014, Meißner und Schnepp 2014).

Die benötigten Zeitressourcen für Dokumentationsvorgänge und die Nutzung der IT – gestützten Dokumentation wurden sowohl empirisch als auch durch Literaturforschung erhoben. Meißner und Schnepp (2014) zeigten reduzierte Suchvorgänge des Pflegepersonals für Krankenakte und Formulare auf, dieser Punkt konnte durch Aussagen in vom Forscher geführten Interviews bestärkt werden. Die interviewten Personen gaben zudem an, dass im Setting eines Rehabilitationszentrums ein reduzierter Suchaufwand durch die Vielzahl an PatientInnen ein großes Zeitkontingent eingespart werden könne. Beide Inhalte zeigen auf, dass die Erfüllung bestimmter Voraussetzungen notwendig ist, um eine Zeitersparnis herbeizuführen, funktionierende

und moderne Geräte, adäquate Räumlichkeiten, geschultes und offenes Personal (Meißner und Schnepp, 2014).

Die MitarbeiterInnenmotivation ist als Hauptkategorie des empirischen Teiles ein umfangreiches Kapitel bei der Implementierung der elektronischen Pflegedokumentation. In Studien von Ayatollahi et al. (2014) und Meißner und Schnepp (2014) werden fehlende Motivation und mangelnder Wissensstand über den Nutzen der EDV – Dokumentation als häufig genannte Problematik erörtert. Ein gehobenes Alter der MitarbeiterInnen wird ebenfalls in Verbindung mit Schwierigkeiten bei der Implementierung und Nutzung angegeben, fehlende EDV – Fertigkeiten verhindern in der Praxis eine effektive Nutzung und daraus resultierend entsteht Demotivation und Unzufriedenheit. Der Generationenkonflikt wird durch das empirisch erarbeitete Datenmaterial bestätigt, alle befragten Krankenpflegepersonen gaben an, dass diverse Problemspektren in Zusammenhang mit der Thematik bestehen. Die Bindung an alte Gepflogenheiten, fehlende Offenheit und Motivation und eben der bereits erwähnte Mangel an EDV – Kenntnissen bestätigten die literarisch ermittelten Fakten (Ayatollahi et al. 2014, Meißner und Schnepp, 2014).

Um die Forschungsfrage adäquat beantworten zu können, wurde in den geführten Interviews nach angewandten Lösungstechniken gefragt, um auch die älteren Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu integrieren. Hier gaben alle Pflegepersonen den Einsatz eines „Superusers“, eine, oder mehrerer speziell geschulte Personen zur Unterstützung des Teams im fortlaufendem Betrieb, an. Als relevante Komponente einer erfolgreichen Implementierung deklarierten sowohl Darvish et al. (2014) als auch alle sechs befragten Personen, dass ein Zusammenhalt im Team unumgänglich sei, Personal mit guten EDV Fertigkeiten und einer Fähigkeit zur professionellen Nutzung muss, vor allem anfänglich, weniger computeraffine Personen unterstützen. Führungspersonen können hier unterstützend agieren, indem die Dienstplanung so adaptiert wird, dass jederzeit eine Ansprechperson zu Verfügung steht (Darvish et al., 2014).

Die veränderte Informationsverwertung offenbart in der Literatur positiv bewertete Kriterien, eine verbesserte Nachvollziehbarkeit, Übersichtlichkeit, Verständlichkeit und Lesbarkeit prägen die getroffenen Aussagen. Lediglich fehlende Freitextmaßnahmen wurden negativ betitelt, da Informationen dadurch unpassend verwertet und inadäquate Dokumentationsmöglichkeiten vorhanden waren. Die zuvor positiv genannten Punkte werden durch empirische Daten bestätigt, die Nachvollziehbarkeit und Lesbarkeit bilden aufgrund der Häufigkeit der getroffenen Aussagen eine eigene Subkategorie in der

durchgeführten, qualitativen Forschung. Einen vereinfachten Datenzugang für betreuende Personen bezeugten sowohl empirische Ergebnisse, als auch die Studie von Meißner und Schnepp (2014).

Technische Schwierigkeiten zählen zu häufig erwähnten Hindernissen für den Change – Prozess, Ko et al., (2018) beschreiben „die Notwendigkeit von Investitionen in technologische Infrastruktur und unterstützendem Personal“. Eine zu geringe Anzahl an Geräten, limitierende, langsame Serververbindungen und suboptimale drahtlose Verbindungen spiegeln die technischen Herausforderungen wieder. Weitere Kritikpunkte zeigten Yu et al., (2013) auf, fehlende Ansprechpersonen und eine geringe Erreichbarkeit von zuständigen Personen in Problemsituationen wurden bemängelt.

Zadvinskis et al., (2018) verschriftlichte zudem in ihrer Studie einen lauten Geräuschpegel, den MitarbeiterInnen erdulden mussten, sowie Doppeldokumentation durch häufige Abstürze des Systems. Software - und Hardwareversagen wurde in den empirischen Resultaten als geringe Problematik angesehen, da alle sechs Personen von einer ausreichenden Geräteanzahl berichteten, großteils wurde vor der Implementierung eine Adaption zur Erlangung einer adäquaten Geräteanzahl durchgeführt, vereinzelt verbalisierten Personen Berichte über langwierige Updates und vorkommende Abstürze des Systems. Entgegen den Resultaten der literarischen Nachforschungen berichteten InterviewpartnerInnen mehrheitlich von einer funktionierenden Technik und sehen diese nicht als Hindernis für eine erfolgreiche Implementierung an.

Der Change – Prozess der Implementierung der elektronischen Pflegedokumentation muss detailliert und professionell geplant und betreut werden. Kruse et al., (2015) zeigen, dass die Akzeptanz der elektronischen Pflegedokumentation stark von der Planung und Ausführung des Implementierungsprozesses abhängig ist, auch Werke anderer Autoren und Autorinnen belegen diese Annahme. Eine strategische Vorgehensweise, adäquate Kostenplanung, aber auch die Berücksichtigung der Individualbedürfnisse der betroffenen Einrichtungen und der inneren und äußeren Einflussfaktoren erweisen sich als unumgänglich für einen positiv verlaufenden Change – Prozess. Die empirischen Ergebnisse ergänzen diese Ansicht durch die Wichtigkeit der Mitgestaltungsmöglichkeiten der Pflege, da Programme an das jeweilige Setting angepasst werden müssen (Kruse et al., 2015).