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b. Die Befreiung eines in einen Esel verwandelten Mannes

Im Dokument in der Philosophischen Fakultät (Seite 172-175)

Die Huldigungsfahrt der Magier

2.9. Die Erzählungen auf der Flucht im Lande Ägyptens

2.9.6. Die Heilungserzählungen

2.9.6.3. b. Die Befreiung eines in einen Esel verwandelten Mannes

Das arabische Kindheitsevangelium (Ms. Sike), Kap. 20-22391

Am folgenden Tage brachen sie aul und da sie an eine neue Stadt kamen, erblickten sie drei Weiber, die von einem Grabe kamen und sehr weineten. Als Maria diese erblickte, sprach sie zu dem Mädchen, das sie begleitete: Frage jene nach ihrer Lage und was Uebels ihnen zugestossen ist. Du nun jene von dem Mädchen gefragt wurden, antworteten sie nichts, sondern fragten ihrerseits: woher kommt ihr und wohin wollt ihr? Denn schon neigt sich der Tag und die Nacht bricht herein. Das Mädchen sprach: wir sind Wanderer und suchen eine Herberge, in der wir übernachten können. Da sprachen jene: gehet mit uns und übernachtet bei uns. Sie folgten also ihnen und wurden in ein neues, schönes und mit mancherlei Geräth versehenes Haus geführt. Es war aber Winterszeit, nnd als das Mädchen in das Zimmer jener Frauen trat, fand es sie wiederum weinend und klagend. Bei ihnen aber stand ein Maulesel, mit einer seidnen Decke belegt, dem war Sesam vorgeworfen;

und diesem gaben sie Küsse und reichten ihm das Futter. Als aber jenes Mädchen sagte:

wie schön, meine Herrinnen, ist doch dieser Maulesel! antworteten jene weinend und sprachen: dieser Maulesel, den du siehst, ist unser Bruder, von derselben Mutter geboren, als wir. Da unser Vater starb und uns grosse Schätze hinterliess, und wir diesen einzigen

389 8. Aphraates: „Eine Frau aus vornehmen Geschlechte zog das Joch der Ehe mit einem ausschweifenden Gatten. Diese kam zu dem seligen Manne und bejammerte ihr Unglück. Sie sagte, ihr Gemahl hinge einem Kebsweibe an, sei durch einen Zauber behext und sei gegen sie, die durch das Gesetz der Ehe mit ihm verbunden wäre, feindselig gesinnt. Dies erzählte die Frau, während sie vor der Türe im Vorhof stand; so pflegte er mit Frauen sich zu unterreden. Zur Türe hinein ließ er niemals ein Weib. Da hatte er Mitleid mit der wehklagenden Gattin und hob durch Gebet die Wirksamkeit des Zaubers auf. Er segnete ein Ölfläschchen, das sie mitgebracht hatte, durch Anrufung Gottes und hieß sie, sich damit zu salben. Nachdem sie den Auftrag erfüllt, zog sie die Liebe ihres Ehegenossen wieder auf sich und bewog ihn, dem sündhaften Lager das Rechtmäßige vorzuziehen.“, Theodoret von Cyrus, Mönchsgeschichte (Historia Religiosa), Gutberlet 1926. http://www.unifr.ch/bkv/kapitel46-8.htm.

390 „ein Beispiel, dass ein persischer Gesandter in Holstein durch Nestelknüpfen drei Jahre lang impotent war, und erst durch einen anderen Zauberer von seiner lmpotenz befreit werden konnte. Ebenso ist aus dem Herodot bekannt, dass Amasis, König von Ägypten, nicht bei seiner Frau Laodice schlafen konnte, bis er durch öffentliche Fürbitten von seiner Impotenz befreit wurde. Auch bei den Christen war diese Art von Zauberei sehr gebräuchlich und Bodinus in Daemonoman. lib. 2. cap. 1. sagt, dass sie nicht bloß von Knaben und Frauen auf die frechste Weise geübt worden sei, sondern dass es gegen 50 verschiedene Zauberweisen gegeben habe.“ Vgl. Hoffmann 1851, S. 173- 175.

391 Die deutsche Übersetzung nach Hofmann 1851, S. 170-173.

173 Bruder hatten, suchten wir für ihn eine passende Ehe, und gedachten ihm nach der Sitte der Leute eine Hochzeit auszurichten. Aber es waren Frauen, die trieb eine rasende Eifersucht an, dass sie ihn behexten, ohne dass wir davon wussten; da nun sahen wir eines Nachts, kurz vor der Morgenröthe, als dieThüren unsres Hauses noch wohl verschlossen waren, dass dieser unser Bruder zu einem Maulesel geworden war, wie du ihn heute noch siehst.

Wir aber traurig, wie du siehest, da wir keinen Vater hatten, der uns tröste, haben keinen Weisen in der Welt, noch einen Magier, noch einen Zauberer vorbeigelassen, dass wir ihn nicht herbeigeholt hätten; aber es half uns Alles nichts. Daher nun, so oft unsre Brust von Schmerz erfüllt wird, machen wir uns auf und gehen mit dieser unsrer Mutter zum Grabe des Vaters, und nachdem wir daselbst geweint haben, kehren wir wieder zurück. Als das jenes Mädchen gehört hatte, sprach sie: fasset Muth und lasset das Weinen; denn ein Mittel für euer Uebel ist nahe, ja bei euch und mitten in eurem Hause. Denn auch ich war aussätzig, aber da ich jene Frau sah und mit ihr das kleine Kind, dessen Name Jesus heisst, habe ich mit dem Wasser, damit die Mutter das Kind gewaschen hatte, meinen Körper übergossen, und bin rein geworden. Ich weiss aber, dass es auch euer Uebel heilen kann;

daher macht euch auf und gehet zu meiner Herrin Maria, und nachdem ihr sie in euer Gemach geführt habt, offenbaret ihr euer Geheimniss, und bittet sie inständig, dass sie sich eurer erbarme. Als die Frauen die Rede des Mädchens gehört hatten, gingen sie schleunigst zur Maria, führten sie zu sich herein, und sich um sie herumsetzend weinten sie und sprachen: O Maria, unsre Herrin, erbarme dich deiner Mägde, denn wir haben nicht mehr weder einen Aeltesten oder ein Haupt der Familie, noch einen Vater oder Bruder, der bei uns ein- und ausgehe, sondern dieser Maulesel, den du siehst, war unser Bruder, den haben die Weiber durch Hexerei zu dem gemacht, als was du ihn siehst. Wir bitten dich also, dass du dich unsrer erbarmest. Da dauerte ihr Schicksal die Maria, und sie hob Jesum in die Höhe und setzte ihn auf den Rücken des Maulesels, und weinte selbst ebenso wie jene Frauen, und sprach zu Jesu Christo: Ach, mein Sohn, heile diesen Maulesel mit deiner unendlichen Macht, und mache ihn zu einem Menschen, der mit Vernunft begabt ist, wie er zuvor war. Kaum war das Wort aus dem Munde der Maria, da ward der Maulesel plötzlich verwandelt, und ging in eine menschliche Gestalt über, und ward wie ein Jüngling, frei von allen Flecken. Darauf betete er und seine Muttcr und Schwestern Maria an, und erhoben den Knaben über ihr Haupt und kiissten ihn und sprachen: Selig ist deine Mutter, o Jesu, Heiland der Welt, selig sind die Augen, die das Glück deines Anblickes genossen. Hernach sprachen die beiden Schwestern zu ihrer Mutter: unserm Bruder ist durch die Hülfe des Herrn Jesus Christus, und durch den Segen jenes Mädchens, das uns Kunde brachte von Maria und ihrem Sohne, die vorige Gestalt wieder gegeben worden.

Jetzt nun, da unser Bruder ledig ist, geziemt es sich, dass wir ihm dieses Mädchen, die Dienerin jener, zur Frau geben. Nachdem sie nun Maria darum gebeten und diese es bejaht hatte, richteten sie jenem Mädchen eine glänzende Hochzeit aus; und nachdem' ihr Kummer in Freude, und ihr Weinen in Lachen verkehrt worden war, fingen sie an sich zu freuen und fröhlich zu sein, zu springen und zu singen, geschmückt ob des Uebermasses der Freude mit den prächtigsten Kleidern und Geschmeiden. Darauf gedachten sie an Gott, lobten ihn und sprachen also: O Jesu, Sohn Davids, der du Trauer in Freude, und Weinen in Lachen verkehrst! Daselbst blieben Joseph und Maria zehn Tage. Als sie aber aufbrachen, wurde ihnen von diesen Leuten grosse Ehre erwiesen; diese aber, nachdem sie ihnen den Abschied gegeben hatten und davon wieder heimgekommen waren, weinten, und vor Allen das Mädchen.

Diese Episode wurde märchenhaft gestaltet. Die Heilungsaktion liegt auf einer

anderen Ebene, in der von Zauberei und Verwandlung die Rede ist. Es ist seltsam, dass

Maria eine direkte Bitte an das Jesuskind richtet, woraufhin er den zum Esel

verwandelten Mann in seine ursprüngliche Form eines Menschen wiederherstellen soll.

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Maria setzte das Jesuskind auf den Rücken des zum Esel verwandelten Mannes. Durch den direkten körperlichen Kontakt mit dem Jesuskind verwandelte dann dieser sich wieder in seine eigentliche Menschengestalt zurück. Der vom Esel zurückverwandelte Mann heiratete das Mädchen, das ihm die entscheidende Hilfe geleistet hatte. Wie im Märchen waren alle am Ende glücklich.

Diese Episode ist nicht die einzige, in der eine Metamorphose auftaucht. In den KhevT, KhevSyr/KhevArb kommt noch eine andere Episode über die zum Geißlein verwandelten Kinder

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vor. Das Jesuskind verwandelte einmal Kinder in Geißlein.

Wegen der flehenden Frau ließ er dann die zu Geißlein verwandelten Kinder wieder in ihre Menschengestalt zurückkehren. Eine ähnliche Episode wie die des zum Esel verwandelten Mannes wird von Palladius aus Helenopolis erzählt. Der heilige Makarius (um 300-390) soll eine Frau geheilt haben, die in ein Pferd verwandelt wurde

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. Möglicherweise diente die zum Pferd verwandelte Frau als Vorgängermodell für die Episode über den zum Esel verwandelten Mann.

392 Ms. Sike Kap. 40-41; Ms. Laurenzianus Kap. 39-40; Budge 1976b, S. 77.

393 Leben der Väter (Historia Lausiaca) 17, Makarius der Ägypter: Ein ägyptischer Mann verliebte sich in ein vornehmes Weib, die Gattin eines andern. Weil es ihm nicht gelang, sie zu verführen, ging er zu einem Zauberer und sagte: „Zwinge sie, mich zu lieben, oder bewirke, daß ihr Mann sie verstoße!“ Der Zauberer ließ sich in angemessener Weise bezahlen, wandte sein Mittel an und erreichte, daß sie das Aussehen eines Pferdes erhielt. Ihr Gatte, der eben von einer Reise zurückkam, war nicht wenig erstaunt, eine Stute zu finden in seinem Bette. Ratlos fing er zu klagen und weinen an, redete dem Tiere zu, doch gab es ihm nicht Antwort. Dann rief er die Priester des Ortes, doch niemand wußte Bescheid. Drei Tage lang genoß sie weder Heu nach Stutenart noch Brot nach Menschenweise, sondern blieb ohne Nahrung. Damit aber Gott verherrlicht und die Tugend des heiligen Makarius offenbar wurde, kam zuletzt dem Manne der Gedanke, sie nach der Wüste zu führen. Nachdem er sie gleich einem wirklichen Pferde gezäumt hatte, zog er sie fort. Als sie nun hinkamen, umstanden eben die Brüder des Makarius Zelle. Sie zankten ihn und sagten: „Was führst du diese Stute her?“ Der Mann sagte: „Damit sie Barmherzigkeit finde.“ Sie fragten:

„Was fehlt ihr denn?“ Er sagte: „Sie war mein Weib und ward in ein Pferd verwandelt und heute ist schon der dritte Tag, daß sie keine Nahrung nimmt.“ Da brachte man sie vor den Heiligen, der in seiner Zelle war und betete; denn ihm war die Sache schon offenbart worden und er betete für sie. Makarius sagte zu den Brüdern: „Ihr seid Pferde, denn Augen habt ihr wie Pferde. Sie ist ja ein Weib und ist gar nicht verwandelt; so scheint sie nur jenen, die sich täuschen lassen.“ Und er segnete Wasser, goß ihr es unter Gebet auf den Scheitel und bewirkte dadurch, daß sie sofort allen wieder ein Weib schien. Er ließ ihr dann Speise geben, die sie genoß, und entließ sie zugleich mit ihrem Gatten und beide lobten Gott. Auch gab er dem Weibe die Mahnung mit: „Bleibe niemals der Kirche fern und versäume nicht an den Geheimnissen teilzunehmen; denn das ist dir zugestoßen, weil du fünf Wochen ferne bliebest.“, Palladius von Helenopolis, Storf 1912. http://www.unifr.ch/bkv/kapitel42-22.htm; Provera 1973, S. 62.

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In dieser Episode ist es besonders auffällig, dass Maria als mitleidige Helferin dargestellt wird. Maria übte einen deutlichen Einfluss über das Jesuskind aus und tat sich durch ihre Bitte an das Jesuskind hervor. Die Fürsprache der Jungfrau zeigte bei ihrem Kind eine große Wirkung, sodass er ihre Bitte gewährte. Vielleicht reflektiert es den Glauben an die Macht der Fürsprache der Jungfrau von jener Zeit, in der man sie in Schwierigkeiten anflehte, um sie mit ihrem Sohn zu eigenen Gunsten einzusetzen.

Auch in der VisionTh zeigte das Jesuskind seine Zauberkraft, ohne das Wort Zauberei

oder Verwandlung zu erwähnen. Diese Episode steht jedoch auf der gleichen Ebene wie

die arabischen und syrischen Episoden: In der Stadt Ašmūnēn wurden fünf Kamele zu

Stein. Es gibt einige Episoden, die einen Raum für die Zauber- bzw. Schöpferkraft Jesu

offen lassen: Das Jesuskind formte Figuren aus Lehm und machte sie lebendig

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. Er

holte Wasser ohne Krug

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. Er half auf wunderbarer Weise bei der Tischlerarbeit

Josephs

396

. Er machte einen Kinderstreich bei dem Färber Salem

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. In der kanonischen

Erzählung verwandelte Jesus bei einer Hochzeit in Kana Wasser zu Wein

398

.

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