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Apokryphen: Die Geschichte von Joseph, dem Zimmermann

Im Dokument in der Philosophischen Fakultät (Seite 36-41)

Kapitel 48: Die Rückkehr nach Galiläa

1.6. Apokryphen: Die Geschichte von Joseph, dem Zimmermann

Es liegt in koptischen Dialekten und im Arabischen vor. Die arabische Textausgabe von Thilo,

„Historia Iosephi, Fabri lingarii“, in Codex Apocryphvs Novi Testamenti, Leipzig 1832, S. 1-61; die koptische Textausgabe von P. De Lagarde, „De morte Iosephi“, in: Aegyptiaca, Gottingae 1883, S. 1-37;

deut. Übers. von Siegfried Morenz, „Die Geschichte von Joseph dem Zimmermann“, Berlin 1951.

Der arabische Text dieser Schrift stammt aus Ägypten. Sie liegt uns in der ägyptischen Landessprache vor. Der koptische Text „De morte Iosephi“ wurde von Lagarde im Jahr 1883 herausgegeben. Das Alter der Handschrift führt in das späte Mittelalter vom 11. bis zum 16./17. Jh. zurück, doch die Entstehungszeit der Grundschrift für die arabische Bearbeitung dürfte auf das 7. Jh. herabgestuft werden

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. Nach Morenz sei die Schrift ihrem Inhalt und ihrer Anschauungweise nach zu urteilen jedoch viel älter

82

. Es wird vermutet, dass die Erzählungen auf der Grundlage älterer Schriften vom ProtevJ und KhevT basieren

83

.

Es fängt mit der Lehre Jesu auf dem Ölberg an, wo er die Biographie von Joseph erzählt: Joseph war ein gerechter und weiser Mann und in die Fertigkeiten des Zimmermannhandwerks unterwiesen

84

. Er war schon einmal verheiratet, Maria wurde ihm als zweite Gattin bestimmt. Jesus wurde in der Höhle Rahels geboren, reiste an der Brust seiner Mutter Maria nach Ägypten, Salome begleitet sie auf der Flucht. Die Berichte über die Flucht nach Ägypten, den Kindermord, die Todesursache von Herodes und die anschließende Rückkehr nach Galiläa (Nazareth) werden in den Kap. 8-9

81 Graf 1944, S. 235.

82Die Ansicht nach Morenz: „Das Bild, das sich insgesamt bietet, wird dem Kirchen- und Religionshistoriker willkommen sein; er schaut in das Leben des christlichen Ägypten um 400 hinein und gewahrt die mannigfachen Kräfte, die es bewegen.“, Morenz 1951, Vorwort.

83 Vgl. Meyer 1914, S. 103; Die Erzählungen in den Kap. 3-7 sind dem Protevangelium des Jakobus inhaltlich entsprechend geschildert.

84 Wie der Titel dieser Schrift, beschreibt Jesus im Kap. 9 seinen Beruf als Zimmermann: „Als aber jener frevelhafte Herodes gestorben war, kehrten wir nach dem Lande Israel zurück und wohnten in einer Stadt Galilääs mit Namen Nazareth. Mein Vater Joseph aber, der gesegnete Greis, arbeitete im Zimmermannshandwerk, wobei wir von der Arbeit seiner Hände lebten und er aß niemals umsonst Brot, indem er dem mosaischen Gesetz entsprechend handelte.“, Morenz 1951, S. 4.

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beschrieben. In dieser Schrift geht es um den Tod Josephs. Hier scheint sein Tod eine höhere Bedeutung zu haben als sein Leben. Wahrscheinlich liegt der Schwerpunkt dieser Schrift auf dem Zeugnis von Joseph gegenüber Jesus, das er vor seinem Tod ablegte.

Jesus selbst erzählt den Verlauf des Sterbens von Joseph ausführlich

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: Jesus trat dem bestürzten Joseph hinzu und grüßte ihn und Joseph antwortete ihm in großer Todesfurcht:

Kap. 17,2-486:

2„Sei vielmals gegrüßt, mein geliebter Sohn, Siehe, meine Seele wurde binnen kurzem ruhig gegen mich, als ich deine Stimme hörte. 3 Jesus, mein Herr, Jesus, mein wahrer König, Jesus, mein guter und barmherziger Heiland, Jesus, mein Befreier, Jesus, mein Steuermann, Jesus, Beschützer, Jesus, das All in seiner Güte, Jesus, dessen Name süß ist im Munde jedes einzelnen und sehr kraftvoll, Jesus, sehendes Auge, hörendes Ohr in Wahrheit: Höre heute mich an, mich deinen Diener, wenn ich dich bitte (und) meine Tränen vor dir vergieße. 4 Du bist wahrhaftig Gott, du bist wahrhaftig der Herr...“

Im Rückblick auf sein Leben erzählte Joseph von der Geschichte der Jungfrau, der wunderbaren Geburt Jesu und der Erziehung in seiner Kindheit. Schließlich legte Joseph das Zeugnis ab, dass Jesus Christus in Wahrheit Gottes Sohn und des Menschen Sohn zugleich sei. Mit dem Bekenntnis vor dem Ende seines Lebens zeigte Joseph seine Überzeugung, dass Jesus sein Herr, sein Gott und Heiland, der Sohn Gottes ist.

85 Es geschah am Morgen des 26. Tages im Monat Abib, dass die Seele des Greises Joseph, des Gerechten, unruhig wurde. Joseph ging mit Furcht auf die Schrecken des Todes ein. Daher machte er seinen Mund auf, seufzte und schlug seine Hände ineinander und rief mit lauter Stimme. Er machte eine Wehklage auf dem Sterbebett; Am 26. Tag im Monat Abib (20. Juli nach dem julianischen Kalender, 2.

Aug. nach dem gregorianischen Kalender) ist der Todestag Josephs. Nach dem arabischen Synaxarium:

„Sein Alter betrug 111 Jahre, 40 Jahre davon war Joseph ledig, 52 Jahre davon war er verheiratet, JEDOCH NICHT MIT MARIA. DENN MIT MARIA WAR JOSEPH NUR VERLOBT, und 19 Jahre lang blieb er verwitwet. Sein Sterben war im 16. Jahr nach Christi Geburt.“ Suter 1994; Meinardus 2002b, „Language, Architecture, and Calendar“; Der Festgebrauch wird uns für das Jahr 1522 bezeugt.

Meyer 1914, S. 103; „Der Todestag Josephs, der 26. Abib (epēp) ist zugleich der Beginn der Nilschwelle und der alte Jahresanfang, verbunden mit einem großen Volksfest.“ Graf 1944, S. 234, Anm. 1.

86 Die deut. Übersetzung von Morenz 1951, S. 9-10.

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Vielleicht könnte das Bekenntnis eine Entschuldigung für seine früheren Fehler bzw.

eine Rechtfertigung sein.

Kap. 17,1387:

(nach der bohairischen Version) „Damals ergriff ich dein Ohr (und) redete mit dir, indem ich sagte: Sei weise, mein Sohn. -“

(nach dem sahidischen Fragment) „Ich sagte dir, o mein geliebter Sohn: Verhalte dich ruhig in jeder Sache! – ergriff dein rechtes Ohr (und) zupfte es.- „

Wie in den Episoden der Kindheitserzählungen nach Thomas geschildert wurden, dürfte das Verhalten Josephs gegenüber Jesus als er sein Ohr ergriff und zupfte, eine Schattenseite in Josephs Leben gewesen sein. Joseph verstand damals noch nicht die Göttlichkeit Jesu und das Mysterium von seiner Geburt. Im Verlauf der Zeit und durch die einzelnen Wunder Jesu sei er aber immer mehr zur Erkenntnis der Göttlichkeit Jesu gekommen und habe mit dem Zeugnis auf dem Sterbebett alle früheren Fehler wieder gut gemacht

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. Jedenfalls wird durch sein Bekenntnis am Ende seines Lebens der Höhepunkt seines Glaubens an Jesus sichtbar.

In der Todesstunde Josephs kamen Michael, Gabriel und der Chor der Engel aus dem Himmel, um ihm in der Stunde des Todes beizustehen. Michael und Gabriel bewahrten seine Seele vor den Geistern der Finsternis, die auf dem Weg waren. Sie küssten die Seele von Joseph und legten sie in eine wertvolle ganzseidene Decke und führten dann die vom Leib getrennte Seele zu Gott zurück. Die Schilderung der Todesstunde Josephs (Kap. 23) liegen in zwei Versionen

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vor. In der bohairischen Version ist der Text beim Tod Josephs abgekürzt, während die sahidische Version bei der Todesszene Josephs den Tod personifiziert darstellt. In der sahidischen Version ist die Begegnung der zwei

87 Die deut. Übersetzung von Morenz 1951, S. 12.

88 Vgl. Hofmann 1851, S. 279.

89 Morenz bietet die deut. Übersetzungen beider Versionen an. Vgl. Morenz 1951, S. 19-20.

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Mächte geschildert: Der Tod fürchtete sich wegen der Anwesenheit Jesu, traute sich nicht einzutreten und wich vor dem Anblick Jesu zurück. Er wartet an der Außenseite des Eingangs in großer Furcht. Am Sterbebett Josephs befahl Jesus dem Tod, schnell hineinzukommen um die Sache vollzubringen und Joseph wie sein eigenes Augenlicht zu hüten

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. Als Grund dessen erwähnte Jesus seine Geschichte „In den Tagen der Kindheit (

hen nehoou ntamntsyre sym

)“, die den mühsamen Fluchtweg reflektiert:

Kap. 23,8 (nach dem sahidischen Fragment)91:

„alla roeic erof n;e mpouoein nnekbal je ntof pe paeiwt kata carx auw afsp hice nmmai hen nehoou ntamntsyre sym efpyt nmmai ebol hn ouma euma etbe tepeibouly nhurwjyc auw aiji cbw ntootf n;e nnsyre tyrou esareneueiote ti cbw nau eteuwvelia.“

(„Aber hüte ihn gleich dem Licht deiner Augen, denn er ist mein Vater in Leiblichkeit, und er hat in den Tagen meiner Kindheit mit mir Leid empfangen, als er mit mir von einem Ort zum einen anderen floh wegen der Absicht des Herodes, und ich habe Belehrung92 von ihm empfangen gleich allen Kindern, wenn ihre Eltern sie zu ihrem Nutzen belehren.“)

Von dieser Stelle aus ist es gut vorstellbar, wie mühselig die Flucht verlaufen sein müsste. Joseph zog mehrmals mit dem Kind und den Begleitern von einem Ort zum anderen. Die Erwähnung über den Fluchtvorgang ist kurz. Aber dieser Ausdruck, dass sie von einem Ort zu einem anderen gezogen seien, ist die in anderen Fluchterzählungen häufig vorkommende Redewendung.

In Kap. 8 kommt eine bildhafte Beschreibung von der Flucht vor: Das Jesuskind lag in den Armen Marias und Salome folgte ihnen. Dieses Bild und die Begleitpersonen (Joseph, Maria, Jesuskind und Salome) sind bei den anderen Werken wie in den Homilienschriften im koptischen Raum üblich. Hier wurde über die Aufenthaltsdauer

90 Nach Graf weisen die Grundzüge der Szene des Sterbens und der Begräbnis auf christliche Umdeutung altägyptischer Mythen und Riten des Osiriskultes hin. Graf 1944, S. 234.

91 Die deut. Übersetzung von Morenz 1951, S. 19-20.

92 Die Erwähnung von der Erziehung Josephs könnte auf die Verbindung mit der im KhevT geschilderten Episode hinweisen. Joseph tadelte das Verhalten des Jesuskindes wegen seiner Strafwunder bei den Lehrern. Damals ergriff Joseph sein Ohr (und) zupfte es, wie es in der geschichte von Joseph, dem Zimmerman, Kap. 17,13 steht.

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von einem Jahr im Lande Ägyptens und den von Würmern zerfressenen toten Herodes berichtet

93

. Dies wirft die Frage auf, welche älteren Überlieferungen dem Verfasser dabei vorlagen. Wahrscheinlich lagen dem Verfasser ältere außerkanonische Überlieferungen und die Werke der Kirchenhistoriker wie Josephus vor, aus denen die Information über den Tod Herodes entnommen wurde. Die Fluchterzählungen sind folgende:

Kap. 8: Die Flucht nach Ägypten

Kap. 23,8: Die Schilderung Jesu über den Fluchtweg Joseph floh von Ort zu Ort

Kap. 9: Der Rückkehr aus Ägypten nach Galiläa (Nazareth)

93 Kap. 8,3 (boh.): „… Wir gingen nach Ägypten hinab (und) blieben dort ein Jahr an Tagen, bis der Leib von Herodes (Speise der) Würmer wurde und er starb wegen des Blutes der kleinen, unschuldigen Kinder, das er vergossen hatte“. Die deut. Übersetzung von Morenz 1951, S. 4.

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