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Ausrüstung der Expedition

Im Dokument BIEI'\TEB'\ \ LEPnL\RFn n SCHL\G (Seite 27-30)

Wie aus dem Vorhergehenden ersichtlich, hielten wir uns an ein festgesetztes Programm, das stellen-weise bis in die kleinsten Details ausgearbeitet worden war. Ein flüchtiger Einblick in dasselbe wird. allen Jenen, welche keine Vorstellung davon hatten, wie und womit man sich bei Nacht, Nebel und Kälte die Zeit vertreiben kann genügenden Aufschluss bieten.

Wiewohl einer jeden der Expeditionen der Antheil an der gemeinsamen Arbeit und der zu er r eieh end e Punkt vorgeschrieben war, wollte das Verständnis für die Absichten und Zwecke des Unternehmens im Publikum nicht recht zum Durchbruche kommen, und selbst Gelehrte suchten mich vor dem waghalsigen Beginnen zu warnen, oder mir bessere Routen vorzuschreiben. So erhielt ich als Absehiedsgruss von der grünen Insel Erin eine Aufforderung zu gegenfüsslerischen Bestrebungen, die mir viel Heiterkeit bereitete:

"Da die Welt älter wird, ist zu hoffen, dass sie auch an Weisheit zunehmen werde, und dann werden wir auch von der letzten, jeneräusserst nutzlosen Expedition hören, wie Sie jetzt eine zu unternehmen im Begriffe stehen, Ich wünsche, Sie wären nach den antarktischen Regionen aufgebrochen und hätten dort Aufnahms-arbeiten gemacht, was viel wichtiger als irgend etwas ist, das Sie im Norden lernen können. Sie werden nicht unterrichteter zurückkommen, als Sie bei der Ausfahrt waren, wenn Sie überhaupt zurückkehren. Sie werden alle Breiten falsch bestimmen und werden finden, dass Ihre Instrumente fehlerhaft sind, ohne zu wissen, wie sie richtigzustellen sind. Ihre Nautical Tables (nautische Tafeln) sind Iür Narren und nicht für intelligente Beobachter gemacht. Ich wünsche Ihnen allen denkbaren Erfolg und gHicklicbe Heimreise".t

W eypr e c ht sagte in einem Vortrage über die Vorbereitungen zu einer solchen Polarreise etwa Folgendes:

"Der Laie glaubt natürlich, dass die Leiden des Polarreisenden beginnen, wenn .der Allsluger im ~räben­

neste die ersten Eisfelder signalisirtj er hat aber keine Ahnung von den tausenderlei Sorgen, welche die

Vor-1 Also für dio autarktischen Regionen wiron dlese Behelfe gut genug?

-24 E. v. Woklgemu,th,

bereitung zur Reise und die AusrUstung im Gefolge haben und die endliche definitive Trennung wie eine wabre

Erlösung erscheinen lassen. . ..

Ist die Geldfrage auch glücklich erledigt, oder fällt dieselbe ganz hinweg, wenn dl~Expedition vo~

Staate ausgesendet wird, so beginnt doch eine endlose Serie von Mühsal vom AugenblIcke an, wo die

Vorbereitungen ihren Anfang nehmen. .

Die Wahl oder der Neubau des Schiffes, die Berathungen über seine Instandsetzung zum Kampfe mit dem Eise die Auswahl der Lebensmittel, die Zusammenstellung der Bemannung, die Beschaffung jener tausend

Klei~il;keiten,

deren man sich kaum erinnert, die aber unumgänglich nothwendig sind

~r

einen

jahrela~gen

Aufenthalt in unbewohnten Gebieten, das Alles zusammen bürdetdemjenigen, welchem dieAusrüstuug obhegt, eine furchtbare Last von Sorgen und Gedanken auf.

Wer es ernst nimmt mit seiner Verantwortlichkeit, der ist monatelang vor der Abfabrt

das

geplagteste Wesen unter Gottes Sonne.

Schon die Zusammenstellung der Ausrllstungsgegenstände, für welche grösstentheils keine Vorlageexistirt, beschäftiget den Geist Tag und Nacht, denn man trägt das Bewusstsein in sich, dass sich jede Vergesslichkeit auf das Bitterste

rächt,

und dass der Mangel an Kleinigkeiten, wie: Nadel und Zwirn, ZUndhölzchen und ähn-lichen scheinbaren Lappalien die unangenehmsten Folgen nach sich zieht.

Man möchte Alles selbst sehen und

prüfen

und wird gezwungen, sich zum Universalgenie auszubilden, das beute seine Meinung über Kleider und Schuhwerk, morgen über Öfen und

Koehuteasilien,

übermorgen über astronomische und magnetische Instrumente abzugeben hat.

In einem Athem bestimmt man das Quantum von Zwirn und Seife, von Eierdotter und Fleiseherbaltnags-mitteln in Pulver, Medicinen in Gelatinform, Suppengewürzen, Zwiebel in 'I'ropfenform, und zwar so viel davon als für zwei Jahre nöthig ist, von Tauwerk und Kohlen, von Strümpfen, Regenstiefeln, von Leder, Werkholz, Segelleinwand fIlr die zu gewärtigenden Reparaturen und noch tausend andere Dinge.

Weist doch das Inventar der fIlr die Jan Mayen-Expedition mitgenommenen Gegenstände nicht weniger als

1200

Artikel auf. (Siehe Anhang des Vorberichtes, Seite

99-107.)

Man wird abwechselnd zum Schuster und Schneider, zum Zimmermann und Mechaniker, zum Koch und Ranchfangkehrer: man discutirt auf das gründlichste die Vor- und Nachtheile von Filzschuhen gegenüber den Lappenschuhen, zieht eine Parallele zwischen Backpulver und Sauerteig und erwägt, ob für Jan Mayen, dessen Verhältnisse gar nicht bekannt sind, die bifilare oder die unifilare Aufhängung der Magnete, die Lloyd'sche Wage oder das Instrument mitverdealen regulirbaren Ablenkungsmagneten sich besser eignen dürfte.

. Und diese ganze Wirthscbaft wird versüsst durch das Bewusstsein, dass man Alles verstehen sollte, und

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Grunde genommen, doch das Meiste nicht versteht, dass jeder Fehler, jede falsche Entscheidung sich mehtmehr gut machen lässt und die bösesten Folgen nach sich ziehen kann.

Je näher derTag der Abreise rückt, desto mehr häufen sich die Geschäfte.

Fortwährend fällt dem Commandanten eine neue Kleinigkeit ein die noch mitzunehmen wäre, und erinnert ihn, wie viel möglicherweise noch übersehen worden ist. '

Immer rascher folgen sich einlaufende Lieferungen und immer grösser wird der Berg von Kisten und Fässern, die der Einschiffung barren.

Die

~nruhe

wächst zum. Fieber bei dem

Ged:~nken,

dass man ein solches Gebirge von KistenundBallen der versehiedensten Grösse in den engen Schiffsraum verstauen und wohlbehalten über d E' . unwirtblichen Kllste landen, dieselben unversebrt in die erst daselbst zu erbauenden Mag .as .lS

1 an emellr

D' . h . d azme einagem so

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das WirtbscbaftJichste ausnUtzende und jede Beschädigung der Fracht

ver~

1D ern e tauung ist nicht leicht dUl'ChzufUhren.

300 Tonnen

a

1000 Kilogr St . k hl .

. amm .~ ein 0 e hegen da, welche zugänglich bleiben

Dampfmaschme als Reservevorrath zu dienen falls die Landu . h .. mtlssen, um der

E t d' f , n gSIC verzogern sollte

rs ie au der Insel anzutreffenden Verhältnisse werde b

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expedition ins Werk zu setzen ist, ob man 80fortAll L d n

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Immen, ob die Aussendung einer Vor·

es ans an zu brmgen hat, oder ob vorerst die Häuser auf.

VOt·bericht. 2&

gestellt werden müssen, um die Instrumente und das leichter beschädlgbare Materiale spiter unter Dach zu bringen.

Werden wir die Pelzkleider gleich bei der Ankunft benöthigen oder genügen fttr das anfängliche Campiren die Lodenanzüge, indem man sich auf 14 Tage mit dem Leinwandzelt als Wohnraum begnügt und «es Nachts in die Pelzsäcke kriecht?

Fast jeder Gegenstand ist unbedingt nothwendig ; am ehesten

wäre

noch auf den Lebensmittelvorrath fttr das zweite Jahr zu verzichten, wenn nicht Alles gelandet werden kann.

Es soll somit das Räthsel gelöst werden, Alles zu oberst zn legen, um nicht den ganzen Schiffsraum aus-räumen zu

müssen.

Jede Zollbreite Raum muss verwerthet werden, jede Kiste muss so liegen, dass der geringste Zwischenraum verschwindet, und wird zehnmal gedreht, gewendet und umgestaut, ehe ihre Form dem verfttgbaren Platz vollkommen entspricht.

Langsam, langsam geht aber doch Stück für Stück hinab, wird nach Nummern und Inhalt controlirt und in den Stauungsplan eingetragen, damit man nicht später die Choeolade dort sucht, wo die Kiste mit den Strümpfen steckt, oder die Maccaronifindet, wenn man nach den Bergstöcken gräbt;

Die übrigbleibenden

Zwischenräume

werden mit gespaltenem Brennholze oder anderen losen Gegen-ständen ausgefüllt, die Stauer werden zu Maurern, die ein Gebäude aufführen.

Die mitgenommenen Materialien sind aus dem Inventar, der bei der Beschaffung und Einlagerung einge-haltene Vorgang aus der Vorbemerkung hiezn ZU entnehmen. (Siehe Seite 98-107.)

Die Kosten des gesammten Austllstungsmateriales der Expedition, mit Ausnahme einiger Büeher und Instrumente und eines Theiles der Bewaffnung und Munition, sowie die Entlohnung der Mannschaft bestritt Se. Excellenz Graf Hans Wilczek. Wie bis in die minimalsten Details an alle möglichen Bedürfnisse der kleinen Gemeinde gedacht und in wie munifieenter Weise forAlles und Jedes vorgesorgt wurde, geht wohl am besten aus dem "Inventar der österreichischen arktischen Beobaehtungsstation'' hervor. Es möchte vielleicht auf den ersten Blick als überflüssig erscheinen, dass ich einem einfachen Verzeichnisse von mehr als tausend Gegenständen Raum in diesem Vorbericbte gebe; aber einerseits können selbst viele Worte kein so deutliches Bild dessen bieten, was eine Beobachtungsstation sn thnn und zu lassen, zu geniessen und zu ertragen hat, als die Durchsicht dieses Inventars, anderseits wurde Ähnliches - meines Wissens wenigstens - bisher noch nicht veröffentlicht, und künftige Expeditionen mögen vielleicht in dem Inventar mühelos einige Anhaltspunkte für die eigene Ausrüstung finden.

Erwägungen und ein nie endenwollender Briefwechsel verzehren gewissermssaen die Thätigkeit des Leiters einer ins Werk zu setzenden Expedition; zweimal, dreimal im Tage kommt der Postbote und bringt Stösse von Briefen, Lieferscheinen u. dergl., die gelesen werden müssen, und deren Beantwortung beansprucht wird.

Je näher der Tag der Abreise

rückt,

desto dichter wird auch der Regen von

Glüekwünsehen

und

Abschieds-grässen,-in

welchen guter Wille und wahre Theilnabme aus jedem Worte spreehen, die aber gerade aus diesem Gmnde beschwerlich fallen, da man in solchem Falle den Dank nicht unterlassen kann.

Ferner sind es die Anmeldungen zur Theilnahme an der Reise, gegen die man sich mit Händen und Füssen sträuben UlUSS.

Der Eine möchte mitgehen, weil er ein guter Jä.ger ist, der Andere singt mit grosser Meisterschaft Volks-lieder, welche die lange Winternacbt erb eitern könnten, der Dritte ist ein vorzüglicher Fussgänger, ein Vierter möchte als Stenograph verwendet werden, ein Fünfter bietet sich als Bedienter an, der auch Hühneraugen zu schneiden versteht, und so fort in endloser Reihe.

Daswieehen tönt der Mahnruf eines selbstbewussten MenschenfreundeIl, nicht abermals Leute in den Tod zu hetzen, um persönlichem Ebrgeize und der Eitelkeit zu

fröhnen

j die Aufforderung des Schülers, ihn mitzu-nehmen, um Polarforscher fttr die Zukunft heranzUbilden!

Durch die Menge der Anfragen von Leuten auS allen StAnden una von jedem Bildungsgrade wird man 80

recht gewahr, wie angeboren dem Menschen der Trieb nach dem Abenteuerlichen und der Drang nacb dem Unbekannten ist.

Ö.terreiohl.ohe ExpeditionaueJan Ma7en.

E. v.

lVQh~gemuth,

26

Ein ansehnliches Contingent von Briefschreibern stellen die Erfinder von erst su erprobenden Gegenstän-den und die Kämpen

für

barocke Theoreme. kl d b grtlndet sein gibt es eine Antwort; Überredung ist Aufjeden Einwurf, ~ge er auc~ noebd:~ le;:t:~rie: unseres Bel:gerers bedeutet im besten Falle: mit-unmöglich und das endliche sch1v

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