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Aufbau und Struktur der vorliegenden Arbeit

Ziel dieser Arbeit ist es, die relevanten Bestimmungen und die sich daraus ergebenden Ansprüche im Hinblick auf Leidenszustände am Lebensende zu untersuchen. Mit

„Lebensende“ ist die letzte Lebensphase aufgrund einer schweren Erkrankung gemeint, unabhängig vom Alter.

Zunächst soll im Kapitel 2 „Rechtliche Bestimmungen im Bereich der palliativen Versorgung“ geklärt werden, welche Leistungen Aufgabe der gesetzlichen KV sind und welche nicht. Außerdem wird das Konzept der „abgestuften Hospiz- und Palliativversorgung“

vorgestellt.

Im Kapitel 3 „Der Anspruch auf Krankenbehandlung im Krankenversicherungsrecht“ werden die allgemeinen Leistungsvoraussetzungen für Krankenbehandlung nach dem Gesetz beschrieben. Hier erfolgt auch die Auseinandersetzung mit dem Begriff der „Krankheit“. Die

2 https://www.caritas.at/aktuell/news/detail/news/75893-caritas-zu-welthospiztag-sterbende-menschen-duerfen-nicht-laenger-alleine-gelassen-werden/.

3 https://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2014/PK1038/; http://orf.at/stories/2395447/2395505/.

4 Holzer, Der Leistungsanspruch unheilbar Kranker im System der gesetzlichen Krankenversicherung, in FS Krejci (2001) Bd II, 1549.

4 Beschreibung der einzelnen Tatbestandselemente erfolgt unter Heranziehung der Rechtsprechung und Literatur.

In der Folge wird im Kapitel 4 „Abgrenzungsproblematiken“ eine Abgrenzung des Krankheitsbegriffs zu den Begriffen „Gebrechen“, „Pflegebedürftigkeit“ und „Behinderung“

vorgenommen, wobei untersucht wird, ob Leidenszustände am Lebensende eindeutig einem dieser Begriffe zugeordnet werden können. Zusätzlich wird beschrieben, welche Leistungen in diesen Fällen nach der KV zustehen oder auf welche eben kein Anspruch besteht.

Kapitel 5 beschäftigt sich mit dem „Umfang der Krankenbehandlung“. Die zentrale Frage, die sich dabei stellt, ist, ob die „bloße Erleichterung“ des Leidenszustandes als Krankenbehandlung argumentiert werden kann. Gibt es einen Anspruch auf die jeweils

„weltbeste Behandlung“? Gehören psychosoziale Betreuung und die Anwendung von unkonventionellen Behandlungsmethoden zum Umfang der Krankenbehandlung?

Die „Gewährung von Heilmitteln“ wird eigenständig in Kapitel 6 behandelt. Der Grund dafür ist, dass sich dabei spezielle Problematiken im Hinblick auf die Krankenbehandlung ergeben können. Diesen Regelungen ist aus der Perspektive schwer kranker Patienten in der palliativen Versorgung deshalb eine besondere Gewichtung beizumessen, da bei deren Behandlung oft sehr teure oder nicht zugelassene Mittel zum Einsatz kommen müssen.

Schließlich finden sich im Kapitel 7 „Verankerung eines Rechtsanspruches auf Hospiz- und Palliativversorgung in Österreich – Möglichkeiten und Ausblick“ rechtspolitische Schlussfolgerungen. Dabei werden Überlegungen betreffend der Umsetzung einer österreichweit flächendeckenden Hospiz- und Palliativversorgung aufgezeigt.

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ECHTLICHE

B

ESTIMMUNGEN IM

B

EREICH DER PALLIATIVEN

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ERSORGUNG

Die Suche nach den Begriffen „Palliativversorgung“ oder auch „Hospizversorgung“ ist in den Gesetzen der Sozialversicherung vergebens. Das bedeutet aber nicht, dass Schwerstkranke, die einer derartigen Versorgung bedürfen, keine Leistungen aus der sozialen KV erhalten.5 Die Leidenszustände Schwerstkranker können sehr unterschiedlich ausgeprägt sein.

Dementsprechend können zwei Menschen mit derselben Krankheit einen komplett differierenden Behandlungsbedarf haben. Je nach Ausprägung und Grad der Erkrankung kann Gebrechen vorliegen, bei einer chronischen Krankheit kann auch von Behinderung gesprochen werden. Es kann sich ein erhöhter Pflegebedarf infolge der Krankheit ergeben.

Die Erkrankung kann psychisch belastend sein und deswegen auch einer psychotherapeutischen Behandlung bedürfen. Es stellt sich die Frage, ob diese Zustände bzw.

zusätzlichen Behandlungen, die zur Krankenbehandlung hinzutreten, auch Aufgabe der gesetzlichen KV sind. Im § 116 ASVG sind die Aufgaben gelistet. Nach Abs 1 trifft die KV Vorsorge: für die evidenzbasierte Früherkennung von und Frühintervention bei Krankheiten und die Erhaltung der Volksgesundheit; für die Versicherungsfälle der Krankheit, der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit und der Mutterschaft; für den Versicherungsfall der Wiedereingliederung nach langem Krankenstand; für Zahnbehandlung und Zahnersatz sowie für die Hilfe bei körperlichen Gebrechen; für medizinische Maßnahmen der Rehabilitation;

für zielgerichtete, wirkungsorientierte Gesundheitsförderung (Salutogenese) und Prävention.

Überdies können nach Abs 2 aus Mitteln der KV Maßnahmen zur Festigung der Gesundheit (§ 155 ASVG) und Maßnahmen zur Krankheitsverhütung (§ 156 ASVG) gewährt werden.

Das Leistungsangebot ist auf die genannten Leistungen beschränkt, darüber hinausgehende Leistungen sind nicht zu erbringen.6

5 Maksimovic, Ist die Hospizfinanzierung Aufgabe der sozialen Krankenversicherung? SozSi 2002, 188 (188).

6 Windisch-Graetz in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 116 ASVG Rz 1 (Stand 1.9.2016, rdb.at).

6 Damit sind einige Leistungen für den Bereich der Palliativ- und Hospizversorgung von der gesetzlichen KV (bereits) gedeckt. Die Grundversorgung der schwer kranken Versicherten erfolgt im Rahmen der Krankenbehandlung. Dazu gehören ärztliche Hilfe, Heilmittel (z.B.

Medikamente für die Schmerztherapie) und Heilbehelfe, die zur Behandlung einer Krankheit notwendig sind. Auch bei Gebrechen gibt es bestimmte Leistungen, die von der KV zu erbringen sind. Im Falle von Behinderung kommt die medizinische Hauskrankenpflege oder medizinische Rehabilitation als Leistung der KV in Betracht. Sogar bei Vorliegen (bis zu einem bestimmten Grad) der Pflegebedürftigkeit besteht Leistungspflicht, und zwar in Form von Anstaltspflege oder medizinischer Hauskrankenpflege. Auch gewisse hospizliche Leistungen fallen (bereits) in den Zuständigkeitsbereich der KV, solange sie unter den Begriff der Krankenbehandlung fallen.7

Allerdings sind einige Bereiche in der Palliativ- und Hospizversorgung (noch) nicht von der KV gedeckt. Die spezielle Bedürfnislage schwer kranker Versicherter erfordert auch spezielle Leistungen. So wird die reine Pflege eines Schwerkranken oder seine seelische Betreuung nicht als Leistung der KV erbracht.8 Zu analysieren ist deshalb, ob eine spezialisierte Versorgung Schwerkranker als allumfassende (und nicht nur medizinische) Betreuung innerhalb der KV erbracht werden kann und soll. Dabei ist zu beachten, dass diese Art der Versorgung speziell qualifiziertes Personal erfordert, besondere medizintechnische Apparate benötigt werden, unkonventionelle Behandlungsmethoden zum Einsatz kommen könnten und die Versicherten in einer Vielzahl der Fälle auf spezielle (und sehr teure) Mittel und Medikamente angewiesen sind, die in Österreich beispielsweise (noch) gar nicht verfügbar sind.

7 Maksimovic, Ist die Hospizfinanzierung Aufgabe der sozialen Krankenversicherung? SozSi 2002, 188 (190).

8 Maksimovic, Ist die Hospizfinanzierung Aufgabe der sozialen Krankenversicherung? SozSi 2002, 188 (190).

7 Dazu wird zuerst der aktuelle Stand der Umsetzung einer Palliativ- und Hospizversorgung in Österreich aufgezeigt, um in der Folge auf die Schnittstellen und Problematiken, die sich durch die besondere Bedürfnislage Schwerkranker ergeben, eingehen zu können.