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Die Entscheidung für die Antikörperklone 74-12-4 (anti-CD4 mAb) und 76-2-11 (anti-CD8 mAb), welche im Rahmen dieser Arbeit zur Anwendung kamen, wurde in erster Linie aus Mangel eines zur Verfügung stehenden größeren Repertoires getroffen. Als im Jahr 2012 der Entschluss gefasst wurde, eine Antikörperinduktionstherapie als zytoreduktive Alternative zur Bestrahlung zu evaluieren, waren lediglich diese beiden Klone jemals in vivo in Minipigs getestet worden. Bis heute hat sich an dieser Situation nichts geändert. Da sich unser Versuchsaufbau (Depression des Immunsystems gefolgt von einer Splenozyteninfusion, um durch einen hohen Antigenboost möglichst hohe Chimärismuslevel zu erzielen) insofern vom Versuchsaufbau der Bostoner Arbeitsgruppe um David Sachs unterschied, dass dort nach der Antikörpergabe die Transplantation ohne eine Gabe von weiterem Spenderantigen erfolgte, fanden diese Antikörper bei uns Verwendung, obwohl ihr Einsatz im Bostoner Setting nicht zu einem verlängerten Transplantatüberleben von MHC I unpassenden Nieren- oder Hauttransplantaten führte (58). Hinzu kommt, dass sich eine immunologische Toleranz bei

einfach schließen, dass sich die Situation bei einer Lungentransplantation genauso darstellen würde wie bei Nieren- oder Hauttransplantaten. Darüber hinaus erhielten unsere Tiere infolge der Transplantation eine 28-tägige chemische Immunsuppression durch Tacrolimus und Methylprednisolon, worauf in Boston verzichtet wurde. Auf Grundlage der Vorarbeiten in Nagermodellen, in welchen die Behandlung mit einem nicht-depletierenden monoklonalen anti-CD4-Antikörper in Kombination mit einer spenderspezifischen Splenozyteninfusion zu einer unendlichen Toleranz gegenüber Herzen führte (164), erschien die Verwendung eines ebenso nicht-depletierenden anti-CD4 mAb in unserem Großtiermodell als geradezu sinnvoll.

5.3.2 Mechanismus der verwendeten Antikörper

Entgegen der Beobachtungen von Sachs et al. (58,148), erwies sich der monoklonale anti-CD4 Antiköper Klon 74-12-4 in den hier durchgeführten Experimenten durchaus als (zumindest teilweise) depletierend. In vitro reduzierte sich die Anzahl der CD4+ T-Zellen unter Zugabe des entsprechenden Antikörpers gegenüber der Negativkontrolle um ein Drittel, wenn man durchflusszytometrisch mit demselben Klon anfärbte. Bei Färbung mit einem anderen CD4-spezifischen Antikörper (Klon: MIL-17) reduzierte sich das Signal sogar um zwei Drittel (Abb. 4.13 B). Die Tatsache, dass gleichzeitig auch die Zahl der CD3+ T-Zellen um 10% abnahm, lässt den Schluss zu, dass der infundierte anti-CD4 mAb eine zerstörende Wirkung auf die T-Helferzellen haben musste. Die FACS-Analysen des peripheren Blutes der mit Antikörpern vorbehandelten Tiere bestätigten diese Annahme. Auch hier war nach Administration der Antikörper bis zehn Tage danach (POD -18) eine Abnahme der CD4+- sowie der CD3+ Zellen zu erkennen (Abb. 4.9 A+C). Bei den perioperativ mit Antikörpern behandelten Tieren schien der zelldepletierende Effekt sehr viel langanhaltender zu sein (Abb.

4.8 A+C). Allerdings erschweren die Einflüsse der Operation mit entsprechenden Entzündungsreizen sowie die darauffolgende pharmakologische Immunsuppression die Interpretation dieser Bilder. Wie auch schon in den Arbeiten von Chen et al. (146) beschrieben, spielte es in den hier beschriebenen Experimenten keine Rolle, ob zusätzlich zu dem anti-CD4 mAb noch ein anti-CD8 mAb verabreicht wurde. Interessanterweise beeinflusste in vitro der anti-CD8 mAb auch die CD4+ Zellen und zwar auf beeindruckendere Weise als der anti-CD4-Antikörper selbst. Diese Beobachtung mag auf das Phänomen von CD4/CD8 doppelt positiven T-Zellen zurückzuführen zu sein, welche in Schweinen immer einen relativ hohen Anteil an zirkulierenden T-Zellen ausmachen (171). Diese Zellen stellen extrathymal vorkommende T-Vorläuferzellen mit einem Gedächtnisphänotyp dar (172). Nach

CD4+ Zellen in diesen Wells um knapp die Hälfte (für Klon 74-12-4) bzw. um fünf Sechstel (für Klon MIL-17, Abb. 4.13 B). Entsprechend der ursprünglichen Annahme, dass es sich bei diesem Antikörper um einen depletierenden handele, reduzierten sich in vitro auch die Zellzahlen für CD8+- sowie CD3+ T-Zellen nach Inkubation mit dem CD8 mAb in diesem Assay (Abb. 4.13 A+C). In vivo ließ sich dies allerdings nur für die perioperativ behandelten Tiere nachvollziehen (Abb. 4.8B). Betrachtet man allerdings die absolut gemessenen Leuko- und Lymphozytenzahlen, sowohl in den perioperativ behandelten, als auch in den vorbehandelten Gruppen (Abb. 4.5 A+B sowie 4.6 A+B), fällt auf, dass die Depression dieser Zellen über den gesamten Beobachtungszeitraum hinweg in den bestrahlten Tieren sehr viel stärker war als in den mit Antikörpern behandelten Tieren. Möglicherweise war also eine teilweise, T-Zell-Subtyp-spezifische Reduktion durch Anti-Lymphozyten-Antikörper einfach nicht suffizient oder langanhaltend genug um einen Zustand der Toleranz zu erzielen.

5.3.3 Dosierung der eingesetzten Antikörper

Auch in unserem Modell führte die Gabe von entweder anti-CD4 mAb alleine oder in Kombination mit anti-CD8 mAb nicht zu einer Verlängerung des Transplantatüberlebens.

Dieser Misserfolg kann verschiedene Gründe haben. Die zunächst naheliegende Vermutung, dass die einmalige intravenöse Administration von 1 mg/kg KGW mAb zu gering dosiert sein könnte, wurde durch den unter 4.7.2 ausgewerteten Assay widerlegt. Es zeigte sich, dass acht Tage nach Infusion der Antikörper diese immer noch im Überschuss im Serum vorlagen.

Diese Beobachtung war insofern wichtig, da schon die Gruppe um K. J. Wood 1995 herausfand, dass nur dann ein pro-tolerogener Effekt erzielt werden konnte, wenn zur Zeit der Antigengabe noch verfügbarer Antikörper im Plasma zirkulierte (147). In dieser Arbeitsgruppe war bis zu drei Tage nach Administration des anti-CD4-Antikörpers YTA 3.1.2. in Mäuse dieser noch frei verfügbar aufzufinden. Allerdings stellte diese Gruppe auch fest, dass nach Gabe von zu hohen Antikörper-Dosen keine zuverlässige Toleranz induziert werden konnte (163). Um die Gruppen in den hier durchgeführten Experimenten einigermaßen homogen zu halten, erhielten alle Tiere dieselbe Dosis an Antikörpern. Dies bedeutet allerdings, dass keine Dosisfindung aus-titriert und somit kein oberer Grenzwert bestimmt wurde. Es besteht also die Möglichkeit, dass in den durchgeführten Experimenten die Antikörperdosis zu hoch gewählt war, was unter Umständen dazu führte, dass sich nicht rechtzeitig ein regulatorischer T-Zell-Subtyp ausbilden konnte. Die Tatsache, dass der relative Anteil der durchflusszytometrisch bestimmten CD4+CD25high Zellen in den

(Abb. 4.8 D und 4.9 D) könnte einen Hinweis hierauf geben.

5.3.4 Lipopolysaccharid-Nachweis in den verabreichten Antikörpern

Ein Faktor, dessen potentielle Auswirkungen auf den ausbleibenden Erfolg der Antikörper-Induktionstherapie nicht außer Acht gelassen werden darf, ist das nachgewiesene Vorhandensein von Lipopolysacchariden (LPS) in den Antikörperinfusionen, welche den Tieren verabreicht worden waren. Möglicherweise wurde durch die LPS der Effektorarm des Immunsystems zusätzlich aktiviert und die indirekte Alloantigenerkennung unterstützt. T.

Shoji und Kollegen haben gezeigt, dass die Gabe von donorspezifischen Peptiden in einem MHC I gemismatchten Minipig-Lungentransplantationsmodell zusammen mit Freund‘s Adjuvans drei Wochen vor Transplantation eine akzelerierte Abstoßung der transplantierten Lunge auslösen kann (173). Der dahinterstehende Mechanismus entspricht dem einer Impfung unter Zusatz eines Adjuvans. Diese machen sich zur Verstärkung ihrer Wirkung die TLRs (toll like Rezeptoren) zum Nutzen. Diese Rezeptoren kommen auf den Zellen des angeborenen Immunsystems vor und erkennen nur Strukturen, die auf Pathogenen und nicht auf körpereigenen Zellen vorkommen. Unter ihnen erkennt der TLR4 spezifisch LPS, die auf der Zellmembran gram-negativer Bakterien vorkommen (19). Derivate von LPS, welche als Agonisten des TLR4 agieren, stellen als potente Aktivatoren des Säuger-Immunsystems ein vielversprechendes Adjuvans der Zukunft dar (174). Die Bindung des TLR an seinen Liganden führt zur Aktivierung der Effektorfunktionen in den Zellen des angeborenen Immunsystems (175). Diese wiederum aktivieren das erworbene Immunsystem und die spezifische Antigenerkennung durch die Ausbildung von Gedächtniszellen. B-Gedächtniszellen können sich nach erneutem Kontakt mit einem bereits bekannten Antigen sehr viel schneller zu Antikörper-produzierenden Plasmazellen ausbilden (19). Binnen Minuten kommt es auf Grund präformierter Antikörper zu einer Komplementaktivierung und intravasaler Koagulation im Transplantat mit einer massiven hämorrhagischen Infarzierung (176).

Dass eine Präkonditionierung mit Spenderantigen die Gefahr einer hyperakuten Abstoßungsreaktion (HAR) birgt, konnte anhand der Kontrollgruppe (KoGru+SpTx POD -28) anschaulich gezeigt werden. Aus dieser Gruppe stießen zwei aus fünf Tieren (= 40%) ihr Transplantat hyperakut ab. Die Tatsache, dass dieser relative Anteil in der Antikörpergruppe (mAb+SpTx POD -28) mit fünf aus neun Tieren (= 56%) deutlich höher war, zeigt jedoch, dass die verabreichte Antikörperinfusion den Effektorarm des Immunsystems im

möglicherweise sogar zu einer Stimulierung gekommen sein könnte. Einen plausiblen Grund für dieses Phänomen bieten die darin nachweislich enthaltenen Lipopolysaccharide. Da bei den perioperativ mit Antikörpern behandelten Tieren zeitgleich bzw. kurz vor der Antikörperadministration mit der weiteren medikamentösen Immunsuppression begonnen wurde, lässt sich der Einfluss der LPS hier nicht abschließend bewerten.