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5. Fallstudien

5.5 Aalen, Triumphstadt

Abbildung 5.5-2. Lageplan Triumphstadt, M 1:6.000

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Stadt

Die Gesamtstadt Aalen (ca. 66.990 Einwohner) ist großflächig besiedelt und weist auf Grund der topographischen Bedingungen (Schwäbische Alb) wenig Flächen für Stadterweiterungen auf (das Tal ist besiedelt). Innenentwicklung ist deshalb ein wichtiges Thema für die Stadt. Die Lage im „Verdichtungsbereich im Ländlichen Raum“ lässt erklären, warum sehr viele eigentumsbil-dende Haushalte Wert auf ein freistehendes Einfamilienhaus legen. Eine Reihenhausstruktur – wie im Falle der nachfolgend beschriebenen Siedlung Triumphstadt – ist diesem Verständnis von

„Wohnen im Eigentum“ eher widersprüchlich und ist deshalb problematischer in der Vermark-tung. In Aalen ist der Bestand an Reihenhäuser deshalb nur sehr gering.

Entwicklung des Wohnungsmarktes der Stadt1

Hinsichtlich der Wohnungsnachfrage- und Bevölkerungsentwicklung gehört Aalen von den 11 Fallstudienstädte zu den eher weniger dynamischen Städten. Trotzdem weist Aalen ein stabiles und kontinuierliches Bevölkerungs- und Haushaltswachstum auf, welches u. a. auf dem wieder zu erwartenden leichten Anstieg der Zahl jüngerer Einwohner beruht. Das prognostizierte konti-nuierliche Bevölkerungswachstum bis 2020, das etwa dem Landesdurchschnitt entspricht, wird dabei auf Grund der weiterhin zu erwartenden Geburtenüberschüsse relativ stabil bleiben.

Gleichzeitig wird die Bevölkerung Aalens zunehmend altern und der Anteil der Einwohner im Alter von 65 Jahren und älter gegenüber 1990 um etwa 4 Prozentpunkte zunehmen. Des Weite-ren nimmt auch die Bedeutung der 40- bis 65-Jährigen um eine ähnliche Größenordnung zu. Im Vergleich zu den anderen 10 Fallstudienstädten wird Aalen jedoch eine relativ junge Stadt blei-ben.

Bis zum Jahr 2020 werden in Aalen gegenüber 2005 rund 2.000 Haushalte zusätzlich mit Wohn-raum zu versorgen sein. Dieser entstehende Wohnungsbedarf wird sowohl durch Wohnungsaus- und -umbau im Bestand sowie durch Wohnungsneubau zu befriedigen sein. Eine Stabilisierung der Fertigstellungszahlen auf dem Niveau der letzten Jahre würde zukünftig zur quantitativen Bedarfsdeckung fast ausreichen. Diese Einschätzung geht dabei von der Tatsache aus, dass die zukünftig frei werdenden Wohnungen in einem Zustand sind, der eine Neubelegung der Woh-nungen durch Vermietung oder Verkauf möglich macht. Die WohWoh-nungen der 1950er und 1960er Jahre nehmen in Aalen einen besonderen Stellenwert ein. Diese Wohnungen stellen auch heute noch mit ca. 36 % den mit Abstand größten Wohnungsbestand dar, wenn dieser nach Baualters-klassen differenziert wied. In der Zukunft ist jedoch infolge verschlissener Bausubstanz mit einer steigenden Zahl von Wohnungsabgängen in dieser Baualtersklasse zu rechnen. Baulich intakte und leer gezogene Wohnungsbestände sollten jedoch durch Modernisierungs- und Umbaumaß-nahmen an die Wohnwünsche der jüngeren Generation angepasst werden.

1 Für eine ausführliche Darstellung der demographischen Entwicklung und der Entwicklung des Wohnungsmarktes bis 2020 siehe Anlagenband des IÖR, Dresden.

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Obwohl die Zahl der in Aalen wohnenden jüngeren Ein- und Zwei-Personen-Haushalte ab 2005 rückläufig sein wird, werden aufgrund des gesamtstädtischen Zuwachses der nachfragenden Haushalte jährlich rund 300 neue Wohnungen erstellt werden müssen. Neben den Haushalts-gründern werden insbesondere die Familienhaushalte auf der Suche nach einer passenden Woh-nung oder einem Eigenheim sein. Die WohWoh-nungsnachfrage der älteren Haushalte entwickelt sich trotz einer steigenden Zahl der Haushalte eher passiv, denn diese Haushalte sind meist bereits mit angemessenem Wohnraum versorgt und im Allgemeinen weniger mobil als jüngere Haushal-te. So wird die zukünftige Wohnungsmarktsituation insbesondere durch die Wohnwünsche und Entwicklungsdynamik der jüngeren Haushalte und der Familienhaushalte geprägt sein.

Insgesamt kann festgestellt werden, dass in Aalen für die Übergabe der in den 1950er und 1960er gebauten Wohnungen und Eigenheimen an die nächste Generation auch zukünftig ein entsprechendes Nachfragerpotenzial durch junge Familien und Haushalte vorhanden sein wird.

Dennoch scheint im Zusammenhang mit dieser Übergabe der Wohnungen und Häuser aus den 1950er und 1960er Jahren an die nächste Nutzergeneration eine Anpassung der Bestände an die Wohnbedürfnisse der jüngeren Haushalte notwendig zu werden, denn die Wohnansprüche der heutigen Eigentumsbildner und Wohnungsnutzer unterscheiden sich von jenen der jungen Haus-halte aus der Nachkriegszeit. Die Ansprüche der heutigen Generation sind insbesondere hinsicht-lich des Wohnflächenkonsums der Haushaltsmitglieder als auch hinsichthinsicht-lich des Parkplatzange-botes gestiegen.

Lage der Siedlung

Triumphstadt liegt zirka 2 km südöstlich vom Stadtzentrum Aalens an einem Nordhang zum Kochertal. Am gegenüberliegenden Hang und im Tal befinden sich Gewerbe- und Industrieflä-chen, insbesondere eine Papierfabrik, und die stadteinwärts führende Bundesstraße B19.

Die Siedlung liegt landschaftlich reizvoll mit Ausblick über das Kochertal. Nach Süden, rück-wärtig zum Hang, beginnt ein Waldgebiet mit Wanderwegen und einem geologischen Lehrpfad.

Die fußläufige Anbindung an das Zentrum Aalens im Tal ist als relativ unattraktiv einzustufen:

Eine Vielzahl vielbefahrener Straßen muss überquert werden. Die Reihenhäuser und Geschoss-wohnungsbauten der Siedlung wurden von der Triumph-Wohnungsbau GmbH errichtet. Die Gesellschaft ist inzwischen erloschen. Die Firma Triumph ist ein international bekanntes Unter-nehmen zur Herstellung von Bekleidung und Wäsche.

Struktur

Triumphstadt ist eine typische Reihenhaussiedlung ihrer Zeit: Sie ist streng hierarchisch er-schlossen durch eine Ringstraße, die durch senkrecht zum Hang angeordneten Straßen verbun-den ist. An diese Querverbindungen sind wiederum Stichstraßen angefügt. So entstehen Reihen-hauszeilen, die entlang der Stichstraßen parallel zum Hang angeordnet sind, und Reihenhauszei-len, die sich entlang der Querverbindungen senkrecht zum Hang abtreppen.

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Die Reihenhäuser sind von Norden oder Osten erschlossen. Die Gärten liegen zwar jeweils im Süden oder Westen hinter den Gebäuden, sind jedoch durch die ungünstige Nordhanglage oft verschattet. Die Gebäude haben jeweils kleine Vorzonen vor dem Eingang, die teilweise be-pflanzt sind. Sie werden heutzutage, auf Grund der Parkplatznot, teilweise auch zum Abstellen des PKW verwendet.

Am Siedlungseingang befindet sich eine Laden- und Geschäftszeile, die zum Teil leer steht.

Durch die ähnliche städtebauliche und bauliche Struktur liegt ein Vergleich mit der Siedlung Hörnle, Marbach a.N. nahe.

Soziale Infrastruktur/Soziales Leben

In der als Ladenzeilen geplanten Bebauung am Siedlungseingang sind Leerstände zu verzeich-nen. Es wird versucht, die Versorgungslücken durch wöchentliche Verkaufswagen (Fleisch-, Wurstwaren, landwirtschaftliche Erzeugnisse) zu kompensieren. Eine der insgesamt drei Zeilen wurde schon in Wohnraum umgewandelt. Das Angebot an Dienstleistungen hat sich im Laufe der Jahre verringert: Eine Zweigstelle der Sparkasse, einige Telefonzellen und Briefkästen wur-den aufgegeben. Das Angebot an Kinderbetreuung ist durch zwei Kindergärten gegeben. Zudem existiert ein Siedlerverein Triumphstadt.

Beurteilung der Siedlung aus Sicht der befragten Wohnungsbaugesellschaften

In der Siedlung befinden sich alle Wohnungsbestände in privatem Einzeleigentum. Eine Befra-gung einer Wohnungsbaugesellschaft war deshalb nicht möglich.

Abbildung 5.5-3-4. Die Straßen- und Gartenansicht der Ost-West gerichteten Reihenhäuser, die sich den relativ steilen Nordhang hinunter staffeln. Das bauzeitliche Siedlungsbild ist noch sehr gut erhalten.

Abbildung 5.5-5-6. Die Straßenfront der Reihenhäuser: links noch der originäre Zustand, rechts die Umgestaltung mit Parkplätzen im Eingangsbereich und einer Aufstockung.

Abbildung 5.5-7. Aus Parkplatznot wird oftmals ein Teil des rückwärtigen Gartens versiegelt.

Abbildung 5.5-8. In diesem seltenen Fall wurden zwei Reihenhäuser zu einer Wohneinheit zusammengelegt.

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Abbildung 5.5-9. Ausschnitt der Reihenhausbebauung, genordet, M 1:1.000; die nachträglichen Anbauten sind rot gekennzeichnet. Die Berechnung der potenziell zu erweiternden Fläche erfolgt auf Grundlage des Entwurfs für den neu zu erstellenden Bebauungsplan. Dieser gibt eine maximale GRZ von 0,4 vor.

Abbildung 5.5-10-11. Grundrisse, Erdgeschoss und Obergeschoss einer der Reihenhaustypen, ohne Maßstab.

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5 - 54 Probleme und Schlussfolgerungen

Demographische Entwicklung

Da die Gruppe der älteren Ein- und Zwei-Personenhaushalte bis 2020 einen überproportional großen Anteil an der Bevölkerung Aalens darstellen wird, sollte neben den Wohnflächener-weiterungen für Familien, die laut Prognose des IÖR, Dresden in nur geringem Maße zu-nehmen werden, auch der Umbau der Wohnungen in barrierearme Wohnformen ein wichti-ges Thema in der Siedlung Triumphstadt sein.

Umbau barrierearme Wohnformen

Der Anteil der Über 65-Jährigen ist in Triumphstadt mit 26,7 % deutlich höher als in der Ge-samtstadt (18,3 %). Der Umbau zu barrierearmen Wohnungen ist jedoch im Gegensatz zu Anbauten und Aufstockungen, Erneuerung der Fassade und der Heizungs- und Sanitäranla-gen bisher kaum erfolgt. Es stellt sich die Frage, ob tatsächlich eine Nachfrage für barriere-arme Umbauten bei der älteren Bewohnerschaft besteht.

Umbau familiengerechte Wohnformen

In manchen Bereichen von Triumphstadt sind auch schon jüngere Familien zugezogen. Die Häuser entsprechen in Größe und Standard nicht mehr modernen Ansprüchen. Wohnflächen mit ca. 85 qm, aber vor allem Kinderzimmer mit ca. 7,5 qm, sind für Familien zu klein be-messen. Daraus ergibt sich der Wunsch nach Aus- und Anbauten (s. Grundrisse in Abbildung 6).

Nachbarschaftliche Konflikte

Dadurch ergeben sich nachbarschaftliche Konflikte zwischen älteren Bewohnern, die an bau-lichen Änderungen wenig Interesse zeigen, und jungen Familien, die den unzulängbau-lichen Wohnungsstandard an ihre Ansprüche anpassen wollen.

Siedlungsbild

Außerdem ergibt sich ein Konflikt zwischen der Anpassung der Wohnungsgrößen an moder-ne Standards und der Erhaltung des heute noch einheitlichen, eindrücklichen Siedlungsbil-des. Es wurden bereits Gestaltungsvorschläge dazu erarbeitet.

Steuerung

Derzeit gründet das Baurecht in Triumphstadt in einem Bauabschnitt auf den § 34 BauGB, in einem anderen Abschnitt auf einen Bebauungsplan aus dem Jahre 1964. Sehr häufig werden derzeit Befreiungen für An- und Aufbauten erteilt. Um wieder eine belastbare Rechtsgrund-lage für das Gebiet zu erhalten, wurde im Jahr 1995 eine Gestaltungsplanung in Auftrag ge-geben, anhand derer bis 2006 ein neuer Bebauungsplan erstellt werden soll. Da das

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che Siedlungsbild sehr gut erhalten ist und die Form der Siedlung sehr deutliche Merkmale und Qualitäten der Nachkriegszeit (Durchgrünung, gutes nachbarschaftliches Klima) auf-weist, ist eine moderate Form des Bebauungsplans, die das bisherige Bild der Siedlung wahrt, wünschenswert. Im Rahmen der Neuaufstellung des Bebauungsplanes soll vor allem der Konflikt zwischen Erweiterungswünschen und der Frage nach einem einheitlichen Siedlungsbild geklärt werden.

Versorgung

Die leerstehenden Ladenflächen und die damit verbundene unzureichende Versorgung der Bewohner mit Waren und Dienstleistungen wird von der Stadtverwaltung als dringend zu lö-sendes Problem angesehen. Eine Lösung muss die Mobilität der jungen Haushalte und die Abnahme der Konsumkraft der überdurchschnittlich vielen Senioren berücksichtigen.

Kindergerechtes Wohnumfeld

Das Angebot an Spielplätzen wird von der Stadtverwaltung als zu gering eingeschätzt: Es e-xistiert nur ein Spiel-/Bolzplatz, wodurch die Entfernung zwischen Wohnung und Spielplatz zumindest für Kleinkinder sehr groß ist. Durch die relativ dichte Bebauung ist ein Ausgleich innerhalb der Siedlungsfläche nur schwer möglich.

Unterbringung des ruhenden Verkehrs

Der ruhende Verkehr ist ein weiteres Problem der Siedlung, die nicht für den heutigen PKW-Bestand ausgelegt wurde (0,6 – 0,7 Stellplätze pro WE). Die Stellplätze werden heute oft in den sehr beengten, als „Vorgarten“ definierten Bereich „gepresst“ oder aber das rückwärtige, südliche Stück Garten wird für einen offenen Stellplatz oder eine Garage geopfert (s. Abbil-dung 3). Durch diese Eingriffe ändert sich das Straßenbild zunehmend. Außerdem mindern die Stellplätze in den (Vor-)Gärten zusätzlich zur ungünstigen Nordhanglage die Qualität der Freibereiche (s. Planausschnitt in Abbildung 9).

Deshalb ist es sehr wichtig, im Rahmen der Neuaufstellung des Bebauungsplanes ein Stell-platzkonzept für die bis heute unzulängliche Situation des ruhenden Verkehrs zu entwi-ckeln. Auch hierfür wird die Kommunikation mit den Bewohnern als sehr hilfreich einge-schätzt.

Flächengewinne

Flächengewinne können in der Triumphstadt im Rahmen der Möglichkeiten, die der neue Bebauungsplan vorgeben wird, auf den Parzellen erzielt werden. Dieser lässt auf den meisten Grundstücken Spielraum für An- und Aufbauten zu (s. Abbildung 1 bis 4). Die Grundstücks-größen variieren sehr stark. Durch Dachausbauten, Aufstockungen und Anbauten können dann zusätzliche Wohnflächen gewonnen werden. Neubauten in Form einer Nachverdich-tung zwischen einzelnen Gebäuden erscheinen nicht sinnvoll, da die Bebauung in der Sied-lung Triumphstadt sehr gut geordnet ist. Das wichtigste Ziel ist im Falle dieser Siedlung,

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durch die Neuordnung des Bebauungsplanes den Umbau für zukünftige Marktanforderungen zu ermöglichen und das identitätsstiftende Siedlungsbild weitgehend zu erhalten.

Maßnahme: Befragung der Eigentümer

Eine Befragung der Eigentümer über ihre bisherigen Wohnerfahrungen und künftigen Wohn- und Veränderungswünsche bei Neuaufstellung des Bebauungsplanes ist zu empfehlen. Au-ßerdem sollte die bauliche Substanz der Reihenhäuser (vor der Aufstellung des Bebauungs-planes) bewertet werden. Flächengewinne und die durch den Umbau entstehenden Wohnqua-litäten könnten dann mit den damit verbundenen Kosten in Beziehung gesetzt und abgewo-gen werden. Dazu wird die Zusammenarbeit mit der Architekten- und der Handwerkskam-mer empfohlen.

Maßnahme: Informationsvermittlung

Um den Eigentümern der Reihenhäuser sowohl Möglichkeiten und Grenzen der Gestaltung als auch Informationen über Kosten, Terminsicherheit und die qualitative Bereicherung eines Umbaus zu vermitteln, wäre es sinnvoll, Foren der Kommunikation zwischen den verschie-denen Akteuren des Umbaus (Stadtverwaltung, Baubranche, etc.) und den Eigentümern zu entwickeln. Anknüpfungspunkte zur Kontaktaufnahme mit den Bewohnern könnten der Siedlerverein Triumphstadt, Kirchengemeinde und Kindergärten bieten.