Clemens Simmer
Einführung
in die Meteorologie (met110)
- Teil III: Strahlung-
2
III.3 Berechnung der
Strahlungsübertragung in der Atmosphäre und optische Phänomene
• Die Divergenz des Strahlungsflusses bestimmt Erwärmung oder Abkühlung einer Luftschicht durch Absorption und Emission von Strahlung.
• Das Gesetz von Beer-Bouguer-Lambert beschreibt die
exponentielle Abnahme der Strahlungsintensität beim Durchgang durch die Atmosphäre durch Absorption und Streuung.
• Die Strahlungsübertragungsgleichung (SÜG) beschreibt
vollständig die Veränderung der Strahldichte entlang eines Weges durch die Atmosphäre.
• Optische Phänomene in der Atmosphäre (z.B. blauer Himmel, rote Sonne, Brechung, Regenbogen, Halo, und Glorie werden
vorwiegend durch Streuung von Strahlung verursacht).
3
Strahlungsdivergenz und Erwärmung/Abküh-
lung der Luft • Die beiden gezeichneten Fälle seien Beispiele für die vertikale Veränderung der Nettostrahlungs- flussdichte F (F é (Strahlungsflussdichte nach oben)– F ê (nach unten)) in der Atmosphäre.
Achtung: Wir vernachlässigen horizontale Gradienten.
• In beiden Fällen wird zwischen z 1 und z 2 netto Strahlung absorbiert (es geht mehr rein als raus), also erwärmt sich (diabatischer Term des 1.
Hauptsatzes) die Luftschicht.
• Es kommt also zur Strahlungsabsorption, wenn F (sei positiv wenn nach oben gerichtet) mit z ab-
nimmt. Es gilt genauer (Einheiten!) mit ρ Luftdichte und c p =1005 J/(kg K) spezifische Wärmekapazität der Luft bei konstantem Druck:
z 2
z 1
Fall 1 Fall 2 F(z 2 )
F(z 1 )
∂T
∂t
"
# $ %
&
'
durch Strahlung
= − 1 ρ c p
∂F
∂z
Verifiziere: Wenn die Troposphäre (ca. 10 km dick, mittlere Dichte ca. 0.5 kg/m 3 ) 50% der solaren Einstrahlung bei wolkenfreiem Himmel (ca. 1000 W/m²) absorbiert, dann erhöht sich die Temperatur der Atmosphäre pro Stunde um ca. 0,36 K.
F ↓
F ↑
F ↓
F ↓
F ↓
F ↑ F ↑
F ↑
4
Gesetz von Beer-Bouguer-Lambert (1)
• Betrachte ein Medium aufge- baut aus N sehr dünnen Schichten der Dicke Δs mit vollständig absorbierenden Partikeln mit Querschnitt Q e [Q e ]=m 2 ) und Partikeldichte n ([n]= Partikel/m 3 ).
• Wir betrachten die Abschwäch- ung der Strahldichte I beim Durchgang durch das Medium.
• Zunächst betrachten wir nur den Durchgang durch eine dünne Schicht – die Abschwächung muss dann proportional der Länge Δs und nQ e sein.
• Es folgt eine exponenzielle Abwächung der Strahldichte
mit dem Weg s. I (s) = I
0Nlim
→∞1 − nQ
es N
⎛
⎝ ⎜ ⎞
⎠ ⎟
N
≡ I
0e
−nQes→ dI
ds = − nQ
eI I
0I
1I
2I
3I
NΔs
s
...
I
1= I
0− I
0nQ
eΔ s = I
0( 1 − nQ
eΔ s )
I
2= I
1( 1 − nQ
eΔ s ) = I
0( 1 − nQ
eΔ s ) ( 1 − nQ
eΔ s )
= I
0( 1 − nQ
eΔ s )
2…
I
N= I
0( 1 − nQ
eΔ s )
N= I
0⎛ ⎝ ⎜ 1 − nQ
eN s ⎞ ⎠ ⎟
N
mit Δ s = s
N
5
Gesetz von Beer-Bouguer-Lambert (2)
σ
e= nQ
e= ρ k
emit k
eMassenextinktionskoeffizient in m
2/kg, ρ Dichte
σ
es = ρ k
es = δ δ optische Dicke oder optischer Weg (dimensionslos) Weitere Bezeichnungen und Größen:
Mit der Bezeichnung nQ
e= σ
eVolumenextinktionskoeffizient und ⎡ ⎣ σ
e⎤ ⎦ = m
−1folgt aus
I(s) = I
0lim
N→∞
1 − nQ
es N
⎛
⎝ ⎜ ⎞
⎠ ⎟
N
≡ I
0e
−nQes≡ I
0e
−σes→ dI
ds = − σ
eI
I
0I
1I
2I
3I
NΔs
s
...
6
Strahlungsübertragungsgleichung (a)
ds I λ (s, Ω)
I λ (s+ds,Ω)
I λ (s, Ω‘) B λ (s(T)
Die Strahlungsübertragungsgleichung erweitert das Beer-Bouguer-Lambertsche Gesetz um die Effekte von Emission (Planck und Kirchhoff) und Streuung
(Umlenkung von Ausbreitungsrichtungen).
Der Extinktion der Strahldichte durch Streuung (Ablenkung aus der Ursprungsrichtung) und Absorption nach dem Beer-Bouguer-Lambert- Gesetz stehen zwei Strahlungsquellen
gegenüber:
a) Emissionsstrahlung nach dem Planckschen und dem Kirchhoffschen Gesetz, und
b) Streustrahlung, die aus allen anderen Richtungen in die betrachte Richtung umgelenkt wird.
Alles wird kombiniert in der
Strahlungsübertragungsgleichung auch
Schuster-Schwarzschild-Gleichung
7
Strahlungsübertragungsgleichung (b)
dI λ (s, Ω )
ds = − σ e,λ (s)I(s, Ω ) + σ a,λ (s)B λ ( T (s)) + σ s,λ (s)
4 π 4 ! ∫ π P λ (s, Ω ← Ω ')I λ (s, Ω ') d Ω '
ds I λ (s, Ω)
I λ (s+ds,Ω)
I λ (s, Ω‘) B λ (s(T)
Ω Ω‘
mit
σ a Volumenabsorptionskoeffizient
σ s Volumenstreukoeffizient (σ e = σ a + σ s ) P Streuphasenfunktion
(Wahrscheinlichkeit, dass ein Strahl aus der Richtung Ω‘ kommend in die Richtung Ω umgelenkt wird).
Die SÜG kombiniert die Gesetze von Beer-Bouguer- Lambert, Planck und Kirchhoff in einer
Energiebilanzgleichung.
Die SÜG gilt nur monospektral, das heißt nur
für ein unendlich feines Wellenlängenintervall.
8
Optische Erscheinungen in der Atmosphäre durch Streuung/Beugung/Brechung
• Die häufigsten optischer Erscheinungen in der Atmosphäre wie Regenbögen, Halos, Glorien, Heiligenscheine und blauer Himmel lassen sich durch sogenannte Einfachstreuung (nur ein
Streuereignis) erklären.
• Die Streuung von Strahlung an Partikeln lässt sich je nach Verhältnis zwischen Partikelgröße und Wellenlänge in Rayleigh-Streuung und Mie-Streuung und geometrische Optik einteilen.
• Sind Partikel viel größer (>1000) als die Wellenlänge, so gelten annähernd die Gesetze der geometrischen Optik. Lichtbrechung und Lichtreflexion an Grenzflächen unterschiedlicher Medien sind typische Erscheinungen, die zur Änderung der Strahlrichtung und (nur bei Brechung) zu farbigen Ringen führen (Regenbögen).
• Lichtbeugung an Grenzen sehr großer Partikel führt durch Interferenz zu farbigen Ringen (Glorie, Heiligenschein).
• Beugung und Brechung sind auch als Streuerscheinung
interpretierbar .
9
Rayleigh- und Mie-Streuung (a)
Das oszillierende elektromagnetische Feld der Strahlung regt in allen dielektrischen Medien (Ladungstrennung bei angelegtem e.m. Feld)
elektrische Dipole und Multipole zum Schwingen an.
Die Strahlung des dabei erzeugten schwingenden e.m. Felder nennt man Streustrahlung.
Je nach Größe des (dielektrischen) Teilchens relativ zur Wellenlänge weist die Streustrahlung eine charakteristische wellenlängenabhängige und
winkelabhängige Verteilung auf.
Sind die streuenden Teilchen viel kleiner als die Wellenlänge, so dominiert die Dipolstreuung und der Streukoeffizient σ s ist proportional zu λ -4 (Rayleigh- Streuung).
Sind die Teilchen in der Größenordnung der Wellenlänge und größer, so
überlagern sich die Streustrahlungen der einzelnen Dipole im Teilchen; die
Wellenlängenabhängigkeit des Streukoeffizienten ist schwächer (λ -1,3 ) und
zeigt dominierende Vorwärtsstreuung (bei Kugeln Mie-Streuung).
10
Rayleigh- und Mie-Streuung (b)
Rayleigh-Streuung
Wellenlänge >> Partikeldurchmesser
Mie-Streuung
Wellenlänge ~ Partikeldurchmesser
Bei sichtbarem Licht gilt dies für die Luftmoleküle.
Rayleigh-Streuung erzeugt das Himmelsblau da Blau (kurze Wellenlänge) an den Molekülen
stärker gestreut wird als Rot (lange Wellenlänge).
Aus dem gleichem Grunde erscheint die
untergehende Sonne orange (denn Blau ist aus dem Lichtpfad von der Sonne zum Beobachter herausgestreut).
Rayleigh-Streuung ist polarisiert (nur eine
Polarisationsrichtung) insbesondere rechtwinklig zur Sonnenstrahlrichtung
Bei sichtbarem Licht erfolgt Mie-Streuung z.B.
durch Dunst (gequollenen Aerosole), aber vor allem durch Wolkentropfen (Durchmesser ca. 10 µm).
Mie-Streuung erscheint wegen der recht schwachen Wellenlängenabhängigkeit weiß.
Daher sind Wolken und Dunst im Sonnenlicht
weiß oder grau.
χ = 30
100
10000 (logaritm.
Skalierung der Intensitäten)
Rayleigh- und Mie- Streuung (c)
Streuphasenfunktion einer Wasserkugel im sichtbaren
Spektralbereich für unterschiedliche Mie-Parameter
χ = 2 π Radius / Wellenlänge:
Richtungsabhängigkeit der Streuung (Phasenfunktion p) bei verschiedenen Kugeldurchmessern
• Achtung: logarithmische Koordinate ab χ > 10 !
• Zunahme der Vorwärtsstreuung mit zunehmendem χ .
• Ab χ >3 Bildung von Nebenkeulen Interferenzen
• Mit weiter zunehmendem χ sich Korona (z.B. Mondvorhof), Glorie (Heiligenschein) und Regenbögen aus (geometrische Optik).
(a us Bo hre n and Clothiaux , 2 00 6)
χ = 0,1
1
3
10
Bedeutung der Streuung in Abhängigkeit von Wellenlänge und Partikel
Mie-Parameter χ = 2 π Radius / Wellenlänge
Wellenlänge λ
Partikel- radius
VIS IR Mikrowelle Regen
Niesel Wolken Aerosol
Moleküle
Rayleigh
- Partikel klein gegen λ - Form spielt keine Rolle
Mie
- Partikel ähnlich groß wie λ - starke Wechselwirkungen
- Nur Kugeln und Ellipsoide
sind exakt beschreibbar.
13
Lichtbrechung (a)
Sonne (oder ein Gegenstand am Horizont) erscheint höher als in Wirklichkeit. Die
scheinbare Abplattung von Sonne und Mond entsteht durch die Abhängigkeit der Krümmung vom Winkel.
rot grün blau
Der grüne Strahl („seltenes“
Phänomen) entsteht durch die
Wellenlängenabhängigkeit der
Brechung. Man müsste bei
Sonnenuntergang zuletzt Blau
sehen, sieht aber Grün, da Blau
schon rausgestreut ist (Rayleigh-
Streuung)
Lichtbrechung (b)
14
15
Lichtbrechung (c)
G B
1 wärmere Luft 2
kältere Luft
G'
G B
oben warm
unten kalt
1 2 3
G B
3 3 2
2
1 1
Unterschiedliche Strahlwege des Lichtes resultieren durch Gradienten im Brechnungsindex der Luft, z.B. durch Temperaturgradienten.
Diese führen zu mehreren Bildern von Gegenständen im Auge an
unterschiedlichen Orten (Spiegelung des Himmels an heißen
Straßen, Fata Morgana).
Lichtreflexion (subsun)
• Spiegelnde Reflexion der Sonne an horizontal
orientierten Eisteilchen
http://www.cs.cmu.edu/~zhuxj/astro/html/Subsun.html 16
17
Regenbogen Der innere Regenbogen entsteht durch einmalige interne Reflexion der Sonnenstrahlung im Tropfen während der äußere Regenbogen durch zweifache interne Reflexion entsteht.
Hinzu kommt eine Fokussierung der Strahlen bei einem minimalen Ablenkungswinkel (erhöhte
Helligkeit).
Die Farben kommen durch die
Brechung beim Ein- und Austritt der Strahlen in bzw. aus dem
Regentropfen.
Die „zusätzlichen“ Regenbögen
unter dem Hauptregenbogen sind
Interferenzerscheinungen.
Regenbogen – Ray-Tracing Ergebnisse
18
Innerer Bogen Äußerer Bogen
Links: Verbiegung der Wellenfront führt durch
Interferenzen zu den sekun- dären Bögen unter dem Hauptbogen.
Rechts: Statistik der Ray
Tracing Ergebnisse mit
Maxima an den Bögen und
dunklem Band zwischen den
Bögen
Regenbogenfarben
Quelle: http://apollo.lsc.vsc.edu/classes/met130/notes/chapter19/secondary.html 19
Da längerwellige Strahlung weniger stark gebrochen wird als
kürzerwellige Strahlung, ist der innere Regenbogen außen rot und der
äußere violett.
Quelle: http://webneel.com/beautiful-rainbow-photography
Überzählige Regenbögen
http://de.wikipedia.org/wiki/Regenbogen
http://schulphysikwiki.de/index.php/
Interferenz; Überlagerung_von_Wellen
durch Interferenz
Zusammenfassung
hell relativ hell
dunkel
außen rot innen blau
außen blau innen rot
© Wellerding, 2014