Einführung
in die Meteorologie
- Teil III: Thermodynamik und Wolken -
Clemens Simmer Meteorologisches Institut
Rheinische Friedrich-Wilhelms Universität Bonn Sommersemester 2006
Wintersemester 2006/2007
III Thermodynamik und Wolken
1. Adiabatische Prozesse mit Kondensation
- Trocken- und Feuchtadiabaten
2. Temperaturschichtung und Stabilität
- Auftrieb und Vertikalbewegung
- Wolkenbildung und Temperaturprofil
3. Beispiele
- Rauchfahnenformen - Wolkenentstehung
- Struktur der atmosphärischen Grenzschicht
4. Thermodynamische Diagrammpapiere
- Auswertehilfe für Vertikalsondierungen (Radiosonden)
5. Phänomene
- Wolken - Nebel
- Niederschlag
III.1 Änderung meteorologischer Parameter bei adiabatischen
Prozessen
III.1.1 Änderungen der Feuchte beim trocken- adiabatischen Prozessen
(Verhältnisse ohne Wolken)
III.1.2 Sättigungsadiabatischer Temperaturgradient
(Verhältnisse mit Wolken)
III.1.1 Änderung der Feuchte beim trockenadiabatischen Prozessen
Annahmen:
1. Die Luft nimmt oder gibt beim Auf- oder Absteigen gibt keine Wärme ab bzw. auf (adiabatisch)
2. Es findet keine Wasserdampfkondensation oder Wolkenbildung statt (trockenadiabatisch)
Zusammenhänge
• Grundlagen für die Betrachtungen sind der 1. Hauptsatz der Thermodynamik (p↔T-Zusammenhänge bei Adiabasie) und die statische Grundgleichung (p↔z-Umrechnung)
• Wir untersuchen, wie sich sich die verschiedenen
Feuchtegrößen (z.B. absolute und relative Feuchte) beim adiabatischen Auf- und Absteigen der Luft ändern.
• Das Hebungskondensationsniveau lässt sich daraus als einfache Abschätzung der Wolkenunterkante (über
Temperatur=Taupunkt) berechnen.
Denkmodell
• Die Umgebungsluft habe eine bestimmte Schichtung (gegeben durch eine bestimmte vertikale Verteilung von Druck, Temperatur und Feuchte im Folgenden
gekennzeichnet durch das Subskript U, also pU, TU, …).
• In dieser Atmosphäre bewege sich ein Luftvolumen adiabatisch nach oben oder unten. Druck,
Temperatur und Feuchte dieses Luftpartikels werden mit nicht indizierten Variablen
gekennzeichnet (p, T, …)
T, TU z
Schon behandelt:
1 0
Tds c dT dp
q p
0
0
h adiabatisc trocken R c
dz dθ p
T p p
L
,
Der 1. Hauptsatz der Thermodynamik für adiabatische Zustandsänderungen
verknüpft Druck- und Temperatur- änderungen des Partikels:
Hieraus ist ableitbar die Potentielle Temperatur θ
als Konstante bei (trocken-)adiabatischen Zustandsänderungen aus
Poissongleichung
und die Temperatur des Partikels ändert sich
dabei, wie folgt:
d p
U p
-Γ ,
c g T
T c
g dz
dT
K/100m
h adiabatisc trocken
98 0 Nun untersuchen wir, wie sich die anderen
meteorologischen Variablen bei Vertikalbewegungen ändern, insbesondere die Feuchtegrößen.
Luftdruckänderung bei Vertikalbewegungen
Umgebung
,
U z
g pU U
Grundlage ist die
statische Grundgleichung:
p
p
= pU
= pU
Beim adiabtischen Verschieben kommt es
zum instantanen Druckausgleich zwischen Luftvolumen
und Umgebung
m T
R g dz
dp p
T g R g p
z p dz
dp
vU L
vU T L
R p
U U
vU L U
100 1
1 %
Änderung der spezifischen Feuchte (q) und des
Massenmischungsverhältnisses (m) bei (trocken-)adiabtischen Bewegungen
0
h adiabatisc trocken h
adiabatisc
trocken
dz
dm dz
dq
Als Verhältnisse von Massen (Dichten) bleiben beide Feuchteparameter bei adiabatischen Prozessen
konstant!
Änderung des
Sättigungsdampfdruckes e* bei (trocken-)adiabtischen Prozessen
dz m
dT T
R L
dz dT dT
de e
dz de e
h adiabatisc trocken W
Gleichung Clapeyron Clausius
h adiabatisc trocken T
e e
h adiabatisc trocken
100 6 1
1
2
%
*
*
*
*
) (
*
*
Da e*≡e*(T) muss bei adiabatischen Prozessen nur die damit verbundene Temperaturänderung betrachtet werden, also
Gases des
Volumen
ng Verdampfu bei
derung Volumenän
spez.
onswärme Kondensati
L
* mit : Gleichung
Clapeyron -
Clausius
gas
T TR
Le
T L T
L dT
de*
W
Gas
Die adiabatische Temperaturabnahme führt zur Abnahme von e* beim adiabatischen Aufstieg.
Änderung des Dampfdruckes (e) bei (trocken-)adiabatischen Prozessen
h adiabatisc trocken h
adiabatisc
trocken
dz
dp p
dz de e
1
1
Diese Identität kann aus der Gleichung dq/dz=0 und der idealen Gasgleichung als
Übung abgeleitet werden.
Änderung der relativen Feuchte f bei (trocken-)adiabatischen
Prozessen
m dz
de e
dz de e dz
df f
dz de e
e dz
de e
dz e d e
dz df
h adiabatisc trocken h
adiabatisc trocken h
adiabatisc trocken
h adiabatisc trocken h
adiabatisc trocken h
adiabatisc trocken ee
hf adiabatisc trocken
100 5 1
1 1
1
2
%
*
*
*
*
*
*
*
Die Abnahme von e* mit der Höhe überkompensiert offensichtlich die
Abnahme von e mit der Höhe.
Änderung des Taupunktes т bei
(trocken)adiabatischen Prozessen)
K/100m ) ,
(
*
*
e ) (
* 1 e
mit erweitern
) (
*
) (
* )
(
*
) ( regel - Ketten
*
18 1 0
1 1
1
h adiabatisc trocken
h adiabatisc trocken e
e
h adiabatisc trocken
h adiabatisc trocken h
adiabatisc trocken
dz de e
d de e
dz de d
de dz
d
dz d d
de dz
de
Der Taupunkt eines Luftvolumens nimmt bei adiabatischer Hebung um ca.
0,2 K/100m ab.
13
Hebungskonsensationsniveau (HKN)
Lifting Condensation Level (LCL)
Wie hoch muss ein Luftvolumen gehoben werden, bis der Wasserdampf kondensiert?Bis die Temperatur des Teilchens gleich seinem Taupunkt ist – unabhängig von der
Umgebungsschichtung!
K/100m 1
.
ad
dz tr
dT
T, т z
erzwungene
zK HKN
LCL
тo To
K/100m 2
, 0
.
ad
dz tr
d
m , ) (
) (
) (
) (
) (
. . .
.
o o
ad tr d
o o
K K K
ad tr o
d o
T
dz d z T
z T z
dz z z d
z T
z T
120
14
Cumuluskondensationsniveau (CKN) Cumulus Condensation Level (CCL)
Das HKN liegt meist immer unterhalb des sogenannten Cumuluskondensations- niveaus (CKN)), der Unterkante von Cumuluswolken.
Das CKN berücksichtigt eine zusätzliche Aufheizung von Luft dicht am Boden bis zur sogenannten Auslösetemperatur TA; die Luft wird dann so leicht, dass sie durch den eigenen Auftrieb bis zur Kondensation des Wasserdampfes aufsteigt.
Dazu muss die Temperatur der aufsteigenden Luft trotz adiabatischer Temperaturabnahme immer wärmer als die Umgebungsluft sein.
Man kann sich leicht überlegen, dass das CKN durch den Schnitt- punkt der Taupunktskurve mit der Umgebungstemperaturkurve definiert ist.
T, т z
HKN
тo To TU
TA CKN
III.1.2 Der sättigungs(feucht)- adiabatische
Temperaturgradient
• Beim Abkühlen durch adiabatisches Aufsteigen (-1 K/100m) steigt die relative Feuchte.
• Bei 100% relativer Feuchte (Taupunkt wiurd erreicht)
kondensiert Wasser-dampf zu Wasser oder Eis. Eine Wolke entsteht.
• Bei Kondensation wird die
Verdampfungswärme L frei und erwärmt Wasser und Luft. Diese Erwärmung kompensiert die
adiabatische Abkühlung teilweise.
• Hierdurch ist die
Temperaturabnahme beim
Aufstieg in der Wolke geringer.
Im Mittel beträgt sie -0.65 K/100m, ist jedoch von Druck und
Temperatur abhängig
T z
Genauer:
• Tritt beim Aufsteigen verbunden mit dem adiabatischen Abkühlen Sättigung bezüglich Wasserdampf ein (Temperatur=Taupunkt), so erfolgt beim weiteren Aufsteigen Kondensation des
überschüssigen Wasserdampfs (Wolkenbildung).
• Da bei der Kondensation des Wasserdampfes dessen latente Wärme (L=2,5x106 J /kg) frei wird (die wird der Luft zugeführt), muss die Abkühlung des Luftvolumens beim weiteren Aufsteigen geringer ausfallen als im trocken-adiabatischen Fall.
• Der resultierende Temperaturgradient (feucht-adiabatisch) ist damit über die Sättigungsdampfdruckkurve e*(T) von der
momentanen Temperatur abhängig und daher nicht höhenkonstant.
• Wenn die Temperatur bereits sehr kalt ist, nähert sich der feucht- adiabatische Gradient wieder dem trocken-adiabatischen
Gradienten, da wegen des mit der Temperatur abnehmenden Sättigungsdampfdruckes zunehmend weniger Wasserdampf kondensiert werden kann.
• Die am Ende (nach dem Auskondensieren des gesamten
Wasserdampfes) erreichte potentielle Temperatur, nennt man Äquivalent-Potentielle Temperatur θe.
Potentielle Temperatur θ und
Äquivalent-Potentielle Temperatur θ
ed ad
dz tr
dT
. .
T z
θ
1000 hPa
z
s ad
dz sätt
dT
. ..
θ θe
θ θe Θ potentielle Temperatur:
konservative Größe bei trockenadiabatischen Prozessen
Θe äquivalent-potentielle Temperatur:
konservative Größe bei feuchtadiabatischen Prozessen
Θe ist die Temperatur eines
Luftvolumens, wenn es zunächst solange gehoben wird, bis aller Wasserdampf kondensiert ist, und dann trocken-adiabatisch auf 1000 hPa abgesenkt wird.
Äquivalentzuschlag
• Der Temperaturzuschlag durch die Kondensation des Wasserdampfes über einen adiabatischen Prozess (Äquivalentzuschlag Δθe=θe-θ) ist offensichtlich vom Wasserdampfgehalt der Luft abhängig.
• Die Berechnung erfolgt wieder über den 1. Hauptsatz der
Thermodynamik bei Annahme adiabatischer Zustandsänderungen, wobei die frei werdende latente Wärme bei Kondensation L (J/kg) berücksichtigt wird.
• Die frei werdende Kondensationswärme pro kg Luft lässt sich berechnen aus L·m, mit m dem Massenmischungsverhältnis des Wasserdampfes.
– L bezieht sich auf 1 kg Wasser
– die Multiplikation von L mit m bewirkt, dass pro kg Luft nur der Wasserdampfanteil berücksichtigt wird.
Genäherte Ableitung analog zur Potentiellen Temperatur→
… durch Gegenüberstellung
p d
ad tr
ad tr
p p
p p
c g dz
dT dz d
z c z
T g T
z z g T
T c q
gdz dT
c
dp dT
c q
. .
. .
h adiabatisc -
trocken
0
0 0 1
0 0
0 0
Äquivalentzuschlag zur Temperatur Δθe=θe-θ=(L/cp) m*.
Man kann dies verallgemeinern zu Δθe=θe-θ=(L/cp) m da m bei
trockenadiabatischer Änderung konstant bleibt bis zur Sättigung bei m=m*
0
0 0
0 0
0
0 0 1
dz
* dm c
L
* c m
* L c m
L
*) m
* L(m
* Ldm
p
p 0
p
0
p s
ad sätt
ad sätt e
p e
p p
p
c g dz
dT dz d
z c z
T g T
z z g T
T c q
gdz dT
c
dp dT
c q
. .
. .
h adiabatisc -
feucht
Ldm*
20
Berechnung von Г
s(ersetze in Formel auf letzter Seite m*=0,622e*(T)/p)
) ,
* (
*
*
*
p T f dT
de e
m c
L
T m R
L c
g
p L p
s
1
1 1
Гs K/100m -20°C -10°C 0°C +10°C +20°C +30°C
1000 hPa 0,86 0,77 0,65 0,53 0,43 0,36
800 hPa 0,84 0,73 0,60 0,49 0,39 0,33
600 hPa 0,80 0,68 0,55 0,44 0,35 0,30
400 hPa 0,74 0,60 0,47 0,37 - -
200 hPa 0,60 0,46 - - - -
Гs< Гd
Je wärmer, desto größer Δe*. Entprechend kleiner ist Гs, da mehr Wasser
auskondensiert wird pro K
Temperaturabnahme (siehe Abbildung).
Je höher der Druck, desto mehr Luftmasse muss durch die freiwerdende latente Wärme erwärmt werden. Der Feuchteeffekt ist also scheinbar kleiner und damit Гs größer
(näher an Г ).
T1 T 2 T
e *
e *1
2
e *
Formeln für θ
e
T c
Lm p
T p
c m z L
c z T g
p R c
p p
p L
exp : abhängig) -
p (und
genauer etwas
gilt Weiter
) (
: bereits hatten
Wir
e e
0
0
Achtung:
In der hier vorgestellten Ableitung und auch in der genaueren p-abhängigen Formel für θe gibt es einige versteckte Näherungen.
So ist z.B. cp selbst noch vom Wasserdampfgehalt abhängig.
Bei einer genaueren Betrachtung muss auch festgelegt werden, was mit dem
kondensierten Wasser geschieht:
- bleibt es im Volumen (Wolkenadiabate)
- fällt es sofort aus (spezielle Pseudoadibate) - wird es mit erwärmt oder nicht
-…
Übungen zu III.1
• Verifiziere 1/e de/dzad = 1/p dp/dzad
• Vollziehe die Berechnung von Γs auf S.20 nach.
• Am Boden herrsche bei 1000 hPa eine Temperatur von 20°C und ein Taupunkt von 15°C. Die vertikale Temperaturabnahme in der Atmosphäre beträgt 0,65 K/100m.
– Bestimme geometrische Höhe, Druck, Temperatur und Dampfdruck der Umgebungsluft und der entsprechend gehobenen Luft im Hebungskondensationsniveau (HKN).
– Bestimme geometrische Höhe, Druck, Temperatur und Dampfdruck der Umgebungsluft und der entsprechend
aufgestiegenen Luft im Cumuluskondensationsniveau (CKN).
– Bestimme die potentielle und die äquivalentpotentielle Temperatur am Boden
– Schätze den feuchtadiabatischen Temperaturgradienten in der Wolke in der Nähe des CKN ab.