Clemens Simmer
Einführung
in die Meteorologie (met110)
- Teil III: Strahlung-
2
III.2 Strahlungsbilanz des Systems Erdoberfläche-Atmosphäre
Ziele
• Was ist die Solarkonstante?
• Wie berechnet sich die mittlere solare Einstrahlung in das System Erde/Atmosphäre?
• Wie berechnet sich die Strahlungstemperatur der Erde (=äquivalente Schwarzkörpertemperatur)?
• Wie schätzt man den Treibhauseffekt der Atmosphäre ab (hier über ein 2-Schichtenmodell)?
• Wie verteilen sich die Strahlungsflüsse im System
Erde/Atmosphäre in Raum und Zeit?
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Solarkonstante
Die Solarkonstante I
kist die Strahlungsflussdichte, die extraterrestrisch an der Erde auf einer Einheitsfläche senkrecht zur Strahlrichtung der Sonne ankommt.
Aphel (Juli)
~1320 W/m
2Perihel (Januar)
~1412 W/m
2I
k=1365±5 W/m²
Aus der Solarkonstante kann man mit dem Stefan-Boltzmann-Gesetz unter der Annahme, dass die Sonne ein schwarzer Strahler ist, die Strahlungstempe- ratur der Sonne berechnen.
Ansatz: Die gesamte Strahlungsenergie, die die Sonnenatmosphäre verlässt (durch eine Kugeloberfläche mit Radius r
S= 6,9626 x 10
8m), muss die gleiche sein, die durch eine Kugel mit Radius Abstand Sonne-Erde r
S-E=1471 – 1521 x 10
8m, im Mittel 1496 x 10
8m, geht (Energieerhaltung).
r
S-Er
SσT
4I
kSolarkonstante
http://www.pmodwrc.ch/pmod.php?topic=tsi/composite/SolarConstant (2013-11-5)
4
• Die Solarkonstante variiert von Jahr zu Jahr durch den ca. 22-Jährigen
Sonnenfleckenzyklus, während dem sich das Magnetfeld der Sonne um- und wieder zurück polt (unten links).
• Mehr Sonnenflecken bedeuten höhere Sonnenausstrahlung (etwa ½ W/m
2).
• Aber es gibt auch eine längerfristige
Variabilität (oben rechts)
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Mittlere solare Einstrahlung auf der Erde
I k
r E
r E
Auf die Erde trifft der Teil der Sonnenstrahlung, welcher durch die Fläche des Erdquerschnitts F
Querschnittgeht.
Im Mittel über einen Tag und gemittelt über die Oberfläche der Erde F
Oberflächekommen dann an solarer Strahlung pro m² an:
2 2 , Oberfläche 4 E
E t
Querschnit r F r
F
I
k r
E24 r
E2 I
k4 1365
4 » 341 W/m
26
Ausstrahlungstemperatur
des Systems Erde-Atmosphäre
Die Erde muss genau (zumindest über einige Zeit gemittelt) die von der Sonne absorbierte Strahlungsenergie wieder abgeben, da sie sich nicht ständig erwärmt oder abkühlt. Die Erde gibt diese Energie durch Ausstrahlung ins All wieder ab.
Dieser Ausstrahlung kann man nach dem Stefan-Boltzmann-Gesetz wieder einer Temperatur eines Schwarzkörpers zuordnen – die
Strahlungsgleichgewichtstemperatur T
Eder Erde.
Zu berücksichtigen bei dieser Rechnung ist, dass die Erde nicht alle Sonnen-
strahlung absorbiert, sondern einen Teil – beschrieben durch die planetare Albedo α ≅ 0,3 - (z.B. durch Reflexion an Wolken) ins All zurück reflektiert
T E
I k /4
α σT E 4
α(I k /4)
7
Zusammenfassung
T
S~10
6K
Photosphäre T
S~6000K
6x10
7W/m² 1373
W/m²
~239 W/m² absorbiert 1365
W/m²
341 W/m² α=30%
σT
E4, T
E=255 K
Sonne Erde
8
Spektrale Darstellung der Haushaltskomponenten
Lineare Achsen
λ logarithmisch
Flächen unter den Kurven sind in beiden Fällen proportional zur Strahlungsenergie.
0 5 1 0 1 5 2 0
W e l l e n l ä n g e i n µ m 0
2 0 4 0 6 0 8 0 1 0 0
B in W / (m² sr µm)
5 7 8 3 K
2 5 5 K r e d u z i e r t
0 . 1 1 . 0 1 0 . 0 1 0 0 . 0
0 2 0 4 0 6 0
B
in µ m
5 7 8 3 K 2 5 5 K
r e d u z ie r t W / ( m s r )2
4
4) 1
( I
k T
E
ln
0 0
0
d d B
B d
B
B
9
Treibhauseffekt der Atmosphäre
Unter dem Treibhauseffekt der Atmosphäre versteht man die Beobachtung, dass die Temperatur nahe der Erdoberfläche (in 2 m Höhe im Mittel ca. 287 K) höher ist als die Ausstrahlungstemperatur der Erde (ca. 255 K), die sich im Strah- lungsgleichgewicht mit Sonne und Weltall einstellen würde. Ursache ist die Tat- sache, dass die Erdatmosphäre im terrestrischen Spektralbereich fast un- durchlässig ist und damit nach Kirchhoff selber recht viel Strahlung auch nach unten emittiert.
Dies lässt sich durch ein einfaches 2-Schichten-Modell grob veranschaulichen, das annimmt:
a) Im solaren Spektralbereich ist die Atmosphäre (bis auf Wolken, die alles reflektieren und am Boden liegen) vollständig transparent und die
Erdoberfläche absorbiert davon den Teil 1-α.
b) Im terrestrischen Spektralbereich sind Erdoberfläche und Atmosphäre schwarze Körper.
Atmo- sphäre
Erd- ober-
fläche solar terrestrisch I
k/4 α I
k/4
σT
B4σT
A4σT
A4Bilanzgleichungen für die beiden Platten:
Atmosphäre:
Erdoberfläche:
) (
) (
) (
C K
T
C -
K T
T I
T I T
T T
B A A k
B k A
B A
30 303
18 255
4 0 7 , 0
4 0 7 , 0
0 2
4
4 4
4 4
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Treibhauseffekt bei „grauer“ Atmosphäre
Die Annahme einer im terrestrischen Spektralbereich schwarzen Atmosphäre führt zu zu hohen Oberflächentemperaturen verglichen mit Beobachtungen.
Man erreicht eine Verallgemeinerung/Verbesserung, wenn man die Atmosphäre mit einer Emissivität ε<1 im Terrestrischen versieht. Damit wird die Atmosphäre
auch im Terrestrischen etwas transparent. Dies berücksichtigt unter anderem, dass es auch im terrestrischen Spektralbereich Fenster gibt, z.B. zwischen 8 und 12 μm.
Atmo- sphäre
Erd- ober-
fläche solar terrestrisch I
k/4 α I
k/4
σT
B4εσT
A4εσT
A4Die gesamte terrestrische Ausstrahlung (die wie vorher (1-α)I
k/4 ausgleichen muss) setzt sich nun aus Strahlung der Atmosphäre und des Bodens zusammen (denn (1-ε)σT
B4geht nun durch die Atmosphäre durch ins All!).
Für den beobachteten mittleren Wert für T
B=288,15 K (=15°C) ergibt sich ε = 0,7706 und T
A=242,30 K (=-30°C) also niedriger als bei einer schwarzen Atmosphäre).
14 14
4 4 4
4 4
4 1
2 ) 1
(
4 0 ) 1
( 2 )
2 (
) 4 0
) 1
(
0 2
E k E
B
E A
B k B k A
B A
T I T
T
T T
T I T I T
T T
) mit -
(2
, (*2
14
Treibhauseffekt mit solarer Absorption
Wir können das 2-Plat- tenmodell erweitern mit a
swdie Absorptionsfäh- igkeit der Atmosphäre im Solaren. In Abbildung und Gleichung sind (nur auf dieser Folie) a
lwdie Absorptionsfähigkeit (=Emissivität) der Atmosphäre, ε die
Emissivität der Erdober- fläche im Terrestrischen und A die Albedo von Erdoberfläche und
Wolken im Solaren (aus Petty).
11
�
1=�
�
2=(1−�
��)�
1=(1−�
��)�
�
3=(1−�
��)�
4=A(1−�
��)
2�
�
4=��
2=� −� (1
��)�
�
5=�
����
�4F
6=�
5�
7=(1−�
��)�
8�
8=���
�4+(1−�)�
����
�4�
���,���=�
3+�
5+�
7−�
1=0
�
���,���=�
4+�
8−�
2−�
6=0
�
���,atm=�
1−�
2+�
4−�
3
−�
5−�
6+�
8−�
7=0
T
s I
k 4
( A 1)(1 a
sw) 1 (1 a
lw (1 )) A (1 a
sw)
2 1
(2 a
lw) é
ë ê ê
ù û ú ú ì
í î
1 4
T
a I
k 4
( A 1)(1 a
sw)a
lw 1 (1 a
sw)A a
swa
lwéë (1 a
lw) 1 ùû (1 a
lw)(1 ) é
ë ê ê
ù û ú ú ì
í î
1 4
12
Treibhauseffekt bei mehrschichtiger Atmosphäre
Die Annahme einer im terrestrischen Spektralbereich schwarzen Atmosphäre führt zu einer Oberflächentemperatur von ca. 30°C. Dies ist allerdings keine Obergrenze! Bei weiter zunehmender „Dicke“ der Atmosphäre (mehr Treibhaus- gase) kann die Bodentemperatur beliebig weiter steigen. Dies kann durch
Erweiterung des 2-Platten-Modells auf N Platten (alle schwarz) gezeigt werden.
Die Temperatur am Unterrand nimmt also weiter mit jeder zusätzlichen (im Terrestrischen schwarzen) Schicht zu. Das Argument einiger selbsternannten
„Klimaexperten“, die sagen dass zusätzliches CO
2keinen Effekt mehr hat, weil diese bei 15 μm bereits „dicht“ ist (siehe Spektrum), ist also Unsinn.
Atmo- sphäre
Erd- ober-
fläche solar terrestrisch I
k/4 α I
k/4 σT
N4I
k4 (1 ) S T
N4Bilanz Gesamtsystem 2 T
N4 T
N14 2S Bilanz oberste Schicht N ® 2 S 0S T
N14N-0 2 T
N14 T
N4 T
N24® 4S 1 S T
N42N-1 2 T
N24 T
N14 T
N43® 6S 2S T
N34N-2
2 T
N34 T
N24 T
B4® 8S 3S T
B4N-3 (unten) allg. für N Schichten 2NS (N 1)S T
B4 T
B (N 1) S
4
Treibhauseffekt in Klimamodellen
• In Klimamodellen wird der Treibhauseffekt an jeder Stelle der Atmo- sphäre unter Berücksichtigung der jeweiligen Gaszusammensetzung (insbesondere des Wasserdampfes) berechnet.
• Dabei wird nicht – wie in den besprochenen 1-dimensionalen Modellen – von einer ausgeglichenen Bilanz ausgegangen, sondern nur von Energieerhaltung.
• Es werden eine Reihe von spektralen Bereichen mit unterschiedlicher Durchlässigkeit getrennt gerechnet und danach spektral integriert.
• Insbesondere wird der Einfluss der im Modell entstehenden Aerosole und Wolken auf den Treibhauseffekt berücksichtigt.
• Schließlich wird auch die Dynamik der Atmosphäre berücksichtigt, die z.B. eine nur durch Strahlungseffekte viel zu hohe Temperaturab- nahme mit der Höhe durch die zwingend einsetzende Konvektion abbaut (bis auf max. 1 K/100m).
• Gemittelt über die Erde stimmen die Ergebnisse aber grob mit dem einfachen 2-Plattenmodell überein.
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Relevanz anthropogener Änderungen für die 2 m Temperatur der vergangenen 100 Jahre
Oberflächentemperatur (gelb)
Wärmekapazität der Ozeane (grau) Meereis-Bedeckung (weiß)
Quelle: IPCC2013, Summary for Policymaker, SPM-12, 32
GLOBALE ÄNDERUNG DER TEMPERATUR IN 2 M HÖHE ÜBER GRUND
15
N A SA G o d d ar d In st it u te fo r Sp ac e St u d ie s - h tt p :/ /d at a. gi ss .n as a. go v/ gi st em p /g ra p h s/
Nord- und Südhalbkugel getrennt
16
Ozeane
17
“Hockey Curve”
18
2016 *
Zeitliche und räumliche Verteilung der Strahlungsflussdichten
• Typische Tagesgänge von Strahlungsflussdichten an der Erdoberfläche
• Breitenkreisgemittelte Strahlungsflussdichten am Atmosphärenoberrand
• Globale Verteilung von Strahlungsbilanzkomponenten
19
20
Tagesgang der Strahlungsflussdichten an der Erdoberfläche (a)
5.6.1954, Wiese bei Hamburg-Fuhlsbüttel
Die solare Einstrahlung K↓
0ist tagsüber etwa Sinus-förmig (nachts null).
Die gesamt Strahlungsbilanz Q
0verläuft analog, doch ist sie nachts negativ, da keine solare Einstrahlung herrscht, aber langwellige Nettoausstrahlung L↑
0- L↓
0(mehr Ein- als Ausstrahlung).
0 6 1 2 1 8 2 4
- 1 0 0 1 0 0 3 0 0 5 0 0 7 0 0 W / m
2Z e i t ( M O Z )
S U S A
K
L Q
L
K
0
0
0
0 0
21
Tagesgang der Strahlungsflussdichten an der Erdoberfläche (b)
Die solare Einstrahlung ist tagsüber wieder etwa Sinus- förmig, aber Modifikation durch Tallage.
Die ausgeglichene langwellige Bilanz am Morgen (und damit ausgeglichene Strahlungsbilanz) lässt auf Nebel schließen.
Die Albedo zeigt eine vom Sonnenwinkel abhängige
Variation auf (höher bei kleinen Elevationswinkel)
- 2 0 0 0 2 0 0 4 0 0 6 0 0 8 0 0 1 0 0 0
D i s c h m a - T a l , S c h w e i z 6 . A u g . 1 9 8 0
m i t G r a s b e w a c h s e n e r T a l b o d e nW / m
2S A S U
K 0
Q 0
L 0
L 0
K 0