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Archiv "Antizyklischer Zwang" (29.01.1986)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

D

en über jede Vernunft hinausschießenden Zu- strom zum Medizinstudi- um zu drosseln ist ein euro- päisches Problem. Während es in der Bundesrepublik Deutschland letztlich darum geht, die Über-„Kapazitäts- verordnungen" der Bundes- länder zu berichtigen, exi- stiert in einigen anderen eu- ropäischen Staaten noch nicht einmal ein „Numerus clau- sus". Der Präsident der Bun- desärztekammer, Dr. Karsten Vilmar, hat daher in seiner Ei- genschaft als Vorsitzender des „Ständigen Ausschusses der Ärzte der Europäischen Gemeinschaft" an die Mit- glieder des Europa-Parla- ments folgende Aufforderung übermittelt:

„Bei Ihren anstehenden Bera- tungen über den Zugang zum Medizinstudium bitte ich Sie, sich dafür einzusetzen, daß in den Staaten, in welchen bis- her kein Numerus clausus be- steht, eine derartige Regelung eingeführt wird. Eine optima- le Ausbildung für den ärzt- lichen Beruf ist nur möglich,

Maßstab Patient

wenn neben einer ausrei- chenden Zahl von Studien- plätzen für die theoretische Wissensvermittlung auch die erforderliche Zahl von Patien- ten für die Vermittlung von praktischen Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Verfügung steht. Dabei muß unbedingt die Belastungsfähigkeit des einzelnen Patienten für die Ausbildung beachtet werden.

Dies muß in erster Linie den limitierenden Faktor darstel- len, um auch in Zukunft die Qualität der ärztlichen Ver- sorgung der Bevölkerung un- serer Staaten durch gut aus- gebildete Ärzte zu sichern."

In der Bundesrepublik dürfte der ganze Wahnsinn einer verfehlten Bildungs- und Zu- lassungspolitik, die in den letzten fünfzehn Jahren unge- zählte Steuermilliarden ver- schwendet hat, in den näch- sten Wochen auch einer brei- teren Öffentlichkeit bewußt

werden, dann nämlich, wenn

— am 19. Februar — in mehr als 200 Städten im gesamten Bundesgebiet rund 60 000 (in Worten: sechzigtausend!) Be- werber um einen Platz in den medizinischen Studiengän- gen den Test absolvieren, dessen Bestehen für die Zu- lassung ab dem Winterseme- ster 1986/87 Voraussetzung ist.

Mit rund 12 000 Studienan- fängern im Jahr muß allein in der Humanmedizin gerechnet werden — eine Überzahl, die mittlerweile von niemandem mehr verantwortet werden kann, nachdem das Wissen um die Mängel der Ausbil- dung längst zur Allgemeinbil- dung aller Zeitungsleser zählt. Daher immer wieder Vilmars „ceterum censeo":

Die Zulassungszahlen dürfen sich nicht länger am allerletz- ten Klappsitz im allergrößten Hörsaal der Vorklinik, sondern müssen sich an den für Lehr- veranstaltungen in kleinen und kleinsten Gruppen über- haupt geeigneten Patienten der Klinik orientieren. DÄ

D

ie Tarifpolitik 1986 läuft.

Die ÖTV hat plus sechs Prozent angemeldet, die IG Metall fordert, je nach Be- zirk, zwischen sechs und sie- beneinhalb Prozent mehr.

Selbst bei vom Gesetzgeber abgesegneten Preisen gibt es Zuschläge; die Gebührenord- nung der Rechtsanwälte wird der Wirtschaftsentwicklung angepaßt: plus viereinhalb Prozent.

Gleichzeitig haben die Pläne zur weiteren Kostendämp- fung in der Krankenversiche- rung Konjunktur. Für die Kas- senärzte bedeutet das weiter- hin die penible Orientierung an der Grundlohnsumme Und für den einzelnen Kas- senarzt heißt das, daß ihm — da der Zuwachs via Grund- lohnsumme vom Zuwachs des Nachwuchses vermutlich auf- gezehrt wird — unter dem Strich kein Zuwachs bleibt.

Antizyklischer Zwang

muh

Er wird eher weniger bekom- men. In derselben Zeitung, am selben Tag, an dem von der IG-Metall-Forderung für Baden-Württemberg (plus sieben) berichtet wurde, war an anderer Stelle zu lesen, daß der Vorsitzende des Ver- bandes der Ersatzkassen vor- rechnete, das durchschnitt- liche Ärzteeinkommen sei in den Jahren von 1980 bis 1983 um 13,3 Prozent gesunken;

und er warf den Zahnärzten (wohl um die Heilberufe auf- einander neidisch zu machen) vor, daß deren Einkommen

„nur" um 5,8 Prozent gesun- ken sei.

Es scheint zum politischen Allgemeingut geworden zu sein, daß trotz steigender Ein-

kommen rundum und einer stetigen Konjunkturentwick- lung die ärztlichen Einkom- men nach unten korrigiert werden. Niemand, wenn man es recht sieht, auch kaum ein Arzt, hält sich darüber mehr auf. Die Gründe liegen auf der Hand: Das System gesetz- liche Krankenversicherung entwickelt sich hinsichtlich Ausgaben und Einnahmen konträr zum allgemeinen wirtschaftlichen Trend. Das bedeutet Kostendämpfung, und ein Kassenarzt, der eine Forderung ä la ÖTV stellen würde, hätte eine schlechte Presse.

Wir sind nun einmal gespannt, wie der Kostendämpfungsbei- trag des stationären Sektors aussehen wird, wenn die Tarif- verhandlungen vorüber sind.

Drei Viertel der Krankenhaus- ausgaben sind schließlich Per- sonalausgaben. NJ

Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 5 vom 29. Januar 1986 (1) 217

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