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Experimentelle Infektion von TNF[alpha]-transgenen Mäusen mit dem Virus der Bornaschen Krankheit

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BDV-Infektion TNF-transgener Mäuse 2

der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

und dem Zentrum für Systemische Neurowissenschaften Hannover

Experimentelle Infektion von TNF Į -transgenen Mäusen mit dem

Virus der Bornaschen Krankheit –

Charakterisierung der Entzündungsreaktion und der Virusreplikation

These zur Erlangung des Grades eines Doctor of Philosophy

-Ph.D.-

Katharina Kramer

im Fachgebiet Neurowissenschaften

(2)
(3)
(4)

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

1. Auflage 2006

© 2006 by Verlag: Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft Service GmbH, Gießen Printed in Germany

ISBN 3-939902-19-5

Verlag: DVG Service GmbH Frankfurter Straße 89

35392 Gießen 0641/24466 info@dvg.net

www.dvg.net

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Experimentelle Infektion von TNFα-transgenen Mäusen mit dem

Virus der Bornaschen Krankheit –

Charakterisierung der Entzündungsreaktion und der Virusreplikation

These

zur Erlangung des Grades eines DOCTOR OF PHILOSOPHY

- Ph.D.-

im Fachgebiet Neurowissenschaften

durch die Stiftung

Tierärztliche Hochschule Hannover

vorgelegt von Katharina Kramer

aus Hannover Hannover 2006

(6)

Supervisor: Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Baumgärtner, Ph.D.

Wissenschaftliche Betreuung: Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Baumgärtner, Ph.D.

Univ.-Prof. Dr. Claudia Grothe Univ.-Prof. Dr. Andrea Tipold

1. Gutachter/in: Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Baumgärtner, Ph.D.

Institut für Pathologie der Tierärztlichen Hochschule Hannover 2. Gutachter/in: Univ.-Prof. Dr. Claudia Grothe

Institut für Neuroanatomie der Medizinischen Hochschule Hannover 3. Gutachter/in: Univ.-Prof. Dr. Andrea Tipold

Klinik für Kleine Haustiere der Tierärztlichen Hochschule Hannover 4. Gutachter/in: Univ.-Prof. Dr. Felix Ehrensperger

Institut für Veterinärpathologie der Universität Zürich, Schweiz

Tag der mündlichen Prüfung: 20.10.2006

gefördert durch ein Georg-Christoph-Lichtenberg-Promotionsstipendium des Zentrums für Systemische Neurowissenschaften Hannover

(7)

Meinen Eltern und Geschwistern,

in Erinnerung an meine Oma Bill

(8)

Teile der hier vorliegenden Arbeit wurden bereits als Kongressbeiträge präsentiert bzw.

eingereicht:

Kramer K, Schaudien D, Marchetti L, Eisel U, Richt JA, Baumgärtner W, Herden C (2004).

Effect of TNFα-overexpression in the CNS of mice infected with the neurotropic Borna Disease Virus. Acta Neuropathol, 108/4: 364

Kramer K, Porombka D, Schaudien D, Eisel U, Baumgärtner W, Herden C (2006).

Effect of TNF-overexpression on Borna disease viral spread in TNF-transgenic mice brains.

Posterabstrakt angenommen für die Jahrestagung der Deutsche Gesellschaft für Neuropathologie und Neuroanatomie (DGNN) im Rahmen der Neurowoche 2006, Mannheim

(9)

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung ... 1

2 Literaturübersicht ... 3

2.1 Die Bornasche Erkrankung ... 3

2.1.1 Experimentelle Infektion von Ratten...4

2.1.2 Experimentelle Infektion von Mäusen ...10

2.1.3 Natürliche Infektion...14

2.1.4 Borna disease virus (BDV)...17

2.2 Tumor Nekrose Faktor-α (TNF) ... 24

2.2.1 TNF und TNF- vermittelte Signalwege...24

2.2.2 Funktionen des TNF im ZNS ...26

2.2.3 Rolle des TNF bei viralen Erkrankungen...30

2.2.4 TNF-transgene Mausmodelle ...31

3 Material und Methoden ... 33

3.1 Mäuse ... 33

3.1.1 Tierhaltung ...33

3.1.2 Analyse des transgenen Status der Mäuse mittels quantitativer Polymerase Kettenreaktion (qPCR) ...34

3.2 Viruspräparation... 37

3.3 Versuchsdurchführung und Versuchsablauf ... 38

3.3.1 Infektion ...40

3.3.2 Klinische Untersuchung und statistische Auswertung ...40

3.3.3 Probenentnahme und untersuchte Gehirnregionen...42

3.4 Histopathologische Präparation ... 44

3.4.1 Hämatoxylin-Eosin (HE)-Färbung ...44

3.4.2 Auswertung und Statistik ...44

3.5 Immunhistologie... 46

3.5.1 Antikörper und Seren ...46

3.5.2 Protokolle der immunhistologischen Färbungen (ABC-Methode) ...49

3.5.3 Kontrollen...52

3.5.4 Auswertung und Statistik ...52

3.6

In situ Hybridisierung (ISH) ... 55

3.6.1 Sonden ...55

3.6.2 Protokoll der in situ Hybridisierung (ISH)...57

3.6.3 Kontrollen...59

3.6.4 Auswertung und Statistik ...59

3.7 Doppelmarkierungen... 60

3.7.1 Immunhistologie und in situ Hybridisierung...60

3.7.2 Kontrollen...61

3.7.3 Auswertung...61

(10)

3.8 Quantitative RT-Polymerase Kettenreaktion (qRT-PCR) ...62

3.8.1 RNA-Isolierung... 62

3.8.2 Aufreinigung der RNA ... 63

3.8.3 Reverse Transkription (RT) ... 64

3.8.4 Primer und Sonden... 67

3.8.5 Standardreihen ... 69

3.8.6 Reaktionsansatz qRT-PCR ... 69

3.8.7 Kontrollen ... 71

3.8.8 Auswertung und Statistik... 72

3.9 Serologische Untersuchung...73

3.10 Nachweis von infektiösem Virus ...74

4 Ergebnisse...75

4.1 Klinik...75

4.1.1 Krämpfe ... 75

4.1.2 Gewichtsverlauf ... 77

4.1.3 Aktivität ... 79

4.1.4 Lauf auf einem Gitter... 80

4.1.5 Lauf auf einem Plexiglasuntergrund... 82

4.1.6 Balancieren auf einem Stab... 83

4.1.7 Hängtest ... 85

4.1.8 Radlauf... 87

4.1.9 Weitere Tests... 88

4.2 Charakterisierung der Virusreplikation...89

4.2.1 Immunhistologischer Nachweis viraler Proteine im Gehirn... 89

4.2.2 Nachweis viraler RNA im Gehirn... 96

4.2.3 Nachweis von infektiösem Virus im Gehirn... 112

4.3 Histopathologische Befunde...113

4.3.1 Enzephalitis... 113

4.3.2 Degenerative Veränderungen... 117

4.4 Nachweis infiltrierender Entzündungszellen ...118

4.5 Nachweis aktivierter Astrozyten und Mikroglia/ Makrophagen...123

4.5.1 Nachweis aktivierter Mikroglia ... 123

4.5.2 Nachweis aktivierter Astrozyten... 126

4.6 Serologie...129

4.7 Untersuchung der Augen...131

4.7.1 Immunhistologie ... 131

4.7.2 In situ Hybridisierung ... 132

4.7.3 Korrelation der immunhistologischen Ergebnissen mit den Ergebnissen der in situ Hybridisierung ... 133

4.7.4 Histopathologische Befunde ... 133

4.8 Fotografische Dokumentation der Ergebnisse ...134

(11)

5 Diskussion... 151

5.1 Charakterisierung der Virusreplikation... 155

5.1.1 Immunhistologischer Nachweis viraler Proteine im Gehirn ...155

5.1.2 Morphologischer und qualitativer Nachweis viraler RNA im Gehirn ...159

5.1.3 qRT-PCR zum Nachweis viraler RNA im Gehirn ...163

5.2 Nachweis von infektiösem Virus im Gehirn... 166

5.3 Histopathologische Befunde ... 166

5.4 Nachweis infiltrierender Entzündungszellen ... 168

5.5 Nachweis aktivierter Astrozyten und Mikroglia/ Makrophagen ... 171

5.5.1 Aktivierte Mikroglia/ Makrophagen...171

5.5.2 Aktivierte Astrozyten ...172

5.6 Serologie... 173

5.7 Histologische Untersuchung und Nachweis von BDV-spezifischen Protein und RNA in den Augen ... 174

6 Zusammenfassung ... 177

7 Summary ... 181

8 Literaturverzeichnis... 185

9 Anhang ... 213

9.1 Tabellen ... 213

9.1.1 Klinik...213

9.1.2 Charakterisierung der Virusreplikation ...220

9.1.3 Histopathologische Befunde...227

9.1.4 Nachweis infiltrierender Entzündungszellen...229

9.1.5 Nachweis aktivierter Astrozyten und Mikroglia/ Makrophagen ...230

9.1.6 Serologie...234

9.2 Mäusehaltung ... 235

9.3 Lösungen und Puffer ... 236

9.3.1 Immunhistologie...236

9.3.2 In situ Hybridisierung...236

9.3.3 RNA-Isolierung, RT-PCR, qRT-PCR und Gelelektrophorese...242

9.4 Bezugsquellen für Chemikalien und Antikörper ... 244

9.5 Bezugsquellen für Geräte und Einmalartikel ... 248

9.6 Abkürzungen ... 253

(12)
(13)

1 Einleitung

Die experimentelle Infektion mit dem Virus der Bornaschen Krankheit (Borna disease virus, BDV) führt zu einer virusinduzierten, immunpathologisch bedingten Erkrankung mit Viruspersistenz im zentralen Nervensystem (ZNS). Histologisch findet sich eine nichteitrige Meningoenzephalitis. Die experimentelle Infektion von Lewis Ratten galt lange Zeit als eines der geeignetesten Modelle zum Studium der zugrunde liegenden Pathogenitätsmechanismen.

Mäuse hingegen wurden für wenig oder nicht empfänglich gehalten. Erst in jüngerer Zeit konnten durch Verwendung einer mausadaptierten Viruspräparation auch bei Mäusen entzündliche Veränderungen und klinische Erkrankungen induziert werden. Dieses eröffnete die Möglichkeit, spezielle Fragestellungen der Immunpathogenese und des Virusverhaltens an genetisch veränderten Tieren zu untersuchen, wie z.B. den Einfluss einzelner Zytokine auf die Virusausbreitung und -persistenz sowie das Entzündungsgeschehen. Bisher ist bekannt, dass an den immunpathogenen Mechanismen Zytokine, Chemokine und andere Entzündungs- mediatoren maßgeblich beteiligt sind. Tumor Nekrose Faktor-α (TNF) spielt als proinflamma- torisches Zytokin eine wichtige Rolle bei der BDV-Infektion. Untersuchungen zur Modulation der TNF-Expression nach BDV-Infektion liegen derzeit nicht vor. Es ist jedoch allgemein bekannt, dass TNF je nach exprimierter Menge neurodegenerative, aber auch neuroprotektive Wirkungen haben kann. Weiterhin sind Interaktionen zahlreicher Viren mit TNF und seinen Rezeptoren beschrieben.

Die vielfältige Wirkungsweise des TNF bei virusinduzierten immunpathogenen Vorgängen im ZNS soll im Rahmen dieser Studie anhand der experimentellen BDV-Infektion einer transgenen Mauslinie mit neuronaler TNF-Überexpression näher charakterisiert werden. Die Expression des TNF über den N-methyl-D-aspartat (NMDA)-Glutamatrezeptor bewirkt eine moderate Überexpression in Ammonshorn, Cortex cerebri, Thalamus und Striatum. In diesen Lokalisationen ist schon zu frühen Zeitpunkten nach der Infektion Virus konstant vorhanden, so dass eine Wechselwirkung von TNF-Überexpression und Virusreplikation und -ausbreitung sowie Entwicklung der entzündlichen Infiltrate zu erwarten ist. Die moderate TNF-Überexpression per se führt bei nicht-infizierten Tieren zu keinen spontanen entzündlichen oder degenerativen Veränderungen im ZNS. Durch den Einsatz homo- und

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heterozygoter Tiere kann weiterhin der Einfluss verschieden hoher TNF-Level untersucht werden.

Das Ziel dieser Arbeit war es, den Einfluss der TNF-Überexpression auf die klinische Symptomatik, Entzündungsreaktion und Virusausbreitung mittels klinischer Untersuchungen, Histologie, Immunhistologie, in situ Hybridisierung und quantitativer Reverser Transkriptase- Polymerase Kettenreaktion zu analysieren. Die gewonnenen Erkenntnisse können dadurch einen wesentlichen Beitrag zum besseren Verständnis der zugrunde liegenden Mechanismen virusinduzierter immunpathogener Prozesse und viraler Ausbreitungs-, Replikations- und Persistenzstrategien im ZNS liefern.

(15)

2 Literaturübersicht

2.1 Die Bornasche Erkrankung

Die Bornasche Krankheit (Borna disease, BD) ist eine sporadisch auftretende, infektiös bedingte Meningopolioenzephalomyelitis (ZWICK, 1939; HEINIG, 1969; DANNER, 1982;

ROTT und BECHT, 1995), die auf die Infektion mit dem neurotropen Borna disease Virus (BDV), Familie Bornaviridae, Ordnung Mononegavirales zurückzuführen ist (ZWICK et al., 1927; BRIESE et al., 1994; CUBITT und DE LA TORRE, 1994; PRINGLE, 1996). Die ersten Beschreibungen der BD finden sich 1823 von AUTHENRIETH als „Hitzige Kopf- Krankheit der Pferde“ und 1858 von WÖRZ als „halb-acute Gehirn-Entzündung oder Kopf- Krankheit der Pferde“. In den Jahren 1894 und 1896 kam es zu verheerenden, endemischen Ausbrüchen der damals als „Seuchenhafte Gehirn-Rückenmarksentzündung“ bezeichneten Erkrankung unter Kavalierpferden in der sächsischen Stadt Borna, welche letztendlich der Krankheit den heutigen Namen „Bornasche Krankheit“ gaben. Natürliche Infektionen werden vor allem bei Pferden und Schafen beobachtet (2.1.3; ZWICK 1939; HEINIG 1969; ROTT und BECHT 1995).

Die mögliche Bedeutung der BDV-Infektion im Rahmen von psychiatrischen Erkrankungen des Menschen wird nach wie vor kontrovers diskutiert. Verschiedene Studien fanden signifikant höhere BDV-spezifische Antikörper Titer bei Patienten, die an psychiatrischen oder neurologischen Erkrankungen wie Schizophrenie und Depressionen litten (AMSTERDAM et al., 1985; ROTT et al., 1985; BECHTER et al., 1992a,b; BODE et al., 1996; CHALMERS et al., 2005). Jedoch konnten in späteren Studien auch bei einem geringen Prozentsatz klinisch gesunder Menschen BDV-spezifische Antikörper gefunden werden (Übersicht bei SCHWEMMLE et al., 1999). Diese Untersuchungen weisen darauf hin, dass Menschen sich mit BDV oder einem BDV-ähnlichen Agens infizieren können (STAEHELI und LIEB, 2001). Erst in jüngster Zeit konnte geklärt werden, dass die BDV-spezifischen Serumantikörper keine kreuzreaktiven, sondern BDV-spezifische Antikörper sind (ALLMANG et al., 2001; BILLICH et al., 2002). Der derzeitige Erkenntnisstand lässt noch keine endgültige Aussage zur Bedeutung der BDV-Infektion im Rahmen von psychiatrischen Erkrankungen zu (LIEB und STAEHELI, 2001; STAEHELI et al., 2001; CHALMERS et al., 2005; HOFER et al., 2006).

(16)

2.1.1 Experimentelle Infektion von Ratten

Der Krankheitsverlauf experimentell infizierter Ratten ist abhängig von der verwendeten Viruspassage und dem Rattenstamm. Aufgrund ihrer Empfänglichkeit stellen Lewis Ratten das klassische Tiermodell zum Studium der Pathogenese und der Immunpathogenese der BDV-Infektion dar (NITZSCHKE, 1963; NARAYAN et al., 1983a,b; HERZOG et al., 1984).

Adult infizierte Lewis Ratten entwickeln typischerweise eine persistierende Infektion mit biphasischer Enzephalitis, klinischen und neurologischen Symptomen, während bei Infektion von neonatalen Ratten eine persistierende Infektion ohne auffallende klinische und neurologische Symptome beobachtet wird. Die klinischen Symptome sind auf immunpathogenetische Prozesse zurückzuführen (RICHT et al., 1989; STITZ et al., 1993).

2.1.1.1 Klinik und Epidemiologie

Bei adult BDV-infizierten Lewis Ratten wird nach intrazerebraler Infektion eine persistierende Infektion mit einer nichteitrigen Meningoenzephalitis und einem typischen biphasischen Verlauf der klinischen Erkrankung beobachtet. Sie überleben gewöhnlich die durch Hyperaktivität, Aggressivität, Desorientierung und fehlende Koordination gekennzeichnete, akute Phase und zeigen in der zweiten, späteren Phase ab etwa 60 Tage nach der Infektion (post infectionem, p.i.) Apathie bis hin zur Somnolenz (NARAYAN et al., 1983 a, b; KOMPTER et al., 1987; DESCHL et al., 1990; HERDEN et al., 2000). Bis 100 Tage p.i. kann in einer steigenden Anzahl von Ratten eine Erblindung festgestellt werden (NARAYAN et al., 1983a). Je nach verwendeter Viruspräparation können im Anschluss an die akute Phase auch Paralysen der Hintergliedmaßen (BIESENBACH, et al., 1990;

BIESENBACH, 1994) oder eine Obesitas (NARAYAN et al., 1983a; KAO, 1985, KOMPTER, 1987; BREDTHAUER et al., 1990; GOSZTONYI und LUDWIG, 1995; ROTT und BECHT, 1995; HERDEN et al., 2000) beobachtet werden. Eine Obesitas kann auch ohne vorangehende neurologische Symptome auftreten (HERDEN et al., 2000).

Im Gegensatz dazu verläuft die experimentelle BDV-Infektion von neonatal infizierten Lewis Ratten als tolerierte, persistierende Infektion ohne auffällige entzündliche Veränderungen im zentralen Nervensystem (ZNS) und ohne deutliche klinische und neurologische Symptome (HIRANO et al., 1983; NARAYAN et al., 1983a). Es wurden jedoch Störungen der

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emotionalen und kognitiven Funktion sowie der physiologischen und neurologischen Entwicklung festgestellt (MORALES et al., 1988; RUBIN et al., 1999; PLETNIKOV et al., 1999; PLETNIKOV et al., 2001; PLETNIKOV et al., 2002).

Die Morbidität beträgt in Abhängigkeit vom verwendeten Rattenstamm und der eingesetzten Viruspräparation bis zu 100%.

2.1.1.2 Pathogenese

Als natürliche Transmissionsroute wird eine nasale Aufnahme, zentripetale Ausbreitung über intraaxonalen Transport und eine Ausbreitung innerhalb des Gehirns ausgehend von N.

olfactorius postuliert (MORALES et al., 1988; GOSZTONYI und LUDWIG, 1995; SAUDER und STAEHELI 2003). Ausgehend von der intrazerebralen disseminierten Ausbreitung folgt schließlich eine weitere Expansion in die peripheren Nerven und die Retina (KREY et al., 1979a,b; NARAYAN et al., 1983b). Die horizontale Übertragung konnte für Ratten nach- gewiesen werden und findet vermutlich über Urin, Tränenflüssigkeit und Speichel statt (NITZSCHKE, 1963; MORALES et al., 1988; RICHT et al., 1993; SAUDER und STAEHELI, 2003). Im Gehirn finden sich in derartig horizontal infizierten Ratten im frühen Infektionsstadium virusantigenhaltige Zellen vor allem im Bulbus olfactorius. In adult infizierten, immunkompetenten Ratten zeigt das BDV einen strengen Neurotropismus und in Abhängigkeit der verwendeten BDV-Präparation eine starke Präferenz für Neurone des Ammonshorns und des limbischen Systems (GOSZTONYI et al., 1993; GOSZTONYI und LUDWIG, 1984). Vorwiegend betroffene Gehirnareale sind das Ammonshorn, der Hypothalamus, Thalamus und Cortex cerebri, sowie zu späteren Zeitpunkten der Infektion auch Cerebellum und Medulla oblongata. Das BDV war in Neuronen, Astrozyten, Oligodendrozyten, Schwann Zellen und Ependymzellen nachweisbar (NARAYAN et al., 1983b; CARBONE et al., 1989; DESCHL et al., 1990; CARBONE et al., 1991; CARBONE et al., 1993).

Die klinischen Symptome bei adult infizierten Lewis Ratten beginnen zeitgleich mit dem Auftreten der Entzündungsreaktion im Gehirn je nach verwandter Viruspräparation etwa um den 20. Tag p.i. Die Enzephalitis erreicht ihr Maximum zwischen 30 und 40 Tagen p.i., typischerweise tritt eine massive perivaskuläre, parenchymatöse und meningeale Infiltration von Makrophagen und CD4+ und CD8+ T-Zellen auf, an der in späteren Stadien der Infektion

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auch Plasmazellen beteiligt sind (NARAYAN et al., 1983a,b; DESCHL et al., 1990; STITZ et al., 1991; HERDEN et al., 2000). Interessanterweise konnte bei adulten Lewis Ratten in der späten Phase der BD (nach ca. 42 Tage p.i.) ein Rückgang der entzündlichen Infiltration ohne Rückgang der nachweisbaren Antigenmenge beobachtet werden, auch infektiöses Virus und eine Astrogliose waren weiterhin zu finden (NARAYAN et al., 1983a,b; HIRANO et al., 1983; DESCHL et al., 1990; GOSZTONYI und LUDWIG, 1995; HERDEN et al., 2000). Im Verlauf der BDV-Infektion können je nach verwendeter Viruspräparation bei der adult infizierten Lewis Ratte mit Aufregulierung der entzündlichen Infiltrate auch neuronale Nekrosen auftreten, die vorwiegend in frontalem und parietalem Cortex, der CA3-Region oder im Gyrus dentatus des Ammonshorn zu finden sind (DESCHL et al., 1990; HERDEN et al., 2000).

Im Gegensatz dazu verläuft die experimentelle BDV-Infektion von neonatal infizierten immuninkompetenten Lewis Ratten als tolerierte, persistierende Infektion ohne auffällige entzündliche Veränderungen im ZNS. Es wurden jedoch Degenerationen der Neurone des Gyrus dentatus und des Cerebellum (NARAYAN et al., 1983a,b; MORALES et al., 1988;

CARBONE et al., 1991; HORNIG et al., 1999; RUBIN et al., 1999) und eine Ausbreitung des BDV in die Peripherie mit Nachweis von infektiösem Virus auch in parenchymalen Zellen beobachtet (HERZOG et al., 1984; MORALES et al. 1988). Weiterhin konnte in diesen persistierend infizierten Tieren das Virus in zahlreichen Sekreten gefunden werden. Diese Beobachtung stützt die Hypothese, dass persistierend infizierte Ratten ein natürliches Virusreservoir darstellen könnten.

2.1.1.3 Immunpathogenese

Die klinische Erkrankung korreliert mit dem Auftreten der entzündlichen Infiltrate und wird auf virusinduzierte, immunpathologische Mechanismen zurückgeführt, wobei der Hyper- sensibilitätsreaktion vom verzögerten Typ eine zentrale Rolle zugesprochen wird (RICHT et al., 1989, 1994; PLANZ et al., 1993; RICHT und ROTT, 2001; STITZ et al., 2002). Dies konnte anhand von zahlreichen experimentellen Studien an Lewis Ratten gezeigt werden, da nur immunkompetente Tiere nach BDV-Infektion eine klinisch manifeste Erkrankung entwickeln. Neugeborene, athymische Tiere, Cyclosporin-A-, Cyclophosphamid- und Dexamethason-immunsupprimierte Ratten zeigten nach BDV-Infektion keine klinischen

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Symptome, trotz nachweisbarer Virusausbreitung im Gehirn (MORALES et al., 1988; STITZ et al., 1991; MORIMOTO et al., 1996; RICHT und ROTT, 2001). Den Beweis der zentralen Bedeutung der T-Zellen für die Immunpathogenese der BD brachten Transferstudien. Die Übertragung von Milzzellen immunkompetenter, BDV-infizierter Spendertiere auf immuninkompetente BDV-infizierte Tiere rief ZNS-Läsionen und klinische Symptome hervor, während die Übertragung von Seren BDV-infizierter Spendertiere auf immuninkompetente BDV-infizierte Tiere keine Wirkung zeigte (NARAYAN et al., 1983a,b;

HERZOG et al., 1985; STITZ et al., 1989; SOBBE et al., 1997).

Durch weitere Studien wurden die am Entzündungsgeschehen beteiligten Zellen näher charakterisiert. Bei adulten und immunkompetenten Ratten waren CD4+ und CD8+ T-Zellen, Makrophagen, B-Zellen und Plasmazellen an der entzündlichen Reaktion beteiligt (NARAYAN et al., 1983b; DESCHL et al., 1990). Antigenspezifität für das virale Nukleoprotein konnte sowohl für CD4+ T-Zellen (RICHT et al., 1994; SCHMEEL et al., 1995), als auch für CD 8+ T-Zellen (PLANZ et al., 1993, 1995; STITZ et al., 1995, 2002) gezeigt werden. In zwei weiteren Studien wurde die Rolle der CD8+ T-Zellen für die Entstehung der klinischen Erkrankung dargestellt. Die Infiltration von CD8+ T-Zellen ins Gehirn zeigte einen direkten Zusammenhang mit der Schwere des Krankheitsverlaufes (FURRER et al., 2001). Auch der Einsatz monoklonaler Antikörper gegen CD8+ T-Zellen konnte den Einfluss dieser Zellen auf den Verlauf der Erkrankung bekräftigen. Wurden diese Antikörper kurz vor oder nach der BDV-Infektion immunkompetenter Ratten verabreicht, trat die Erkrankung verzögert ein oder es entwickelten sich deutlich verringerte Symptome und eine weniger stark ausgeprägte Enzephalitis (STITZ et al., 1992). Die Studie von NÖSKE et al. (1998) konnte ebenfalls die protektive Wirkung von BDV-spezifischen CD4+ T-Zellen zeigen, wenn sie vor einer BDV-Infektion appliziert werden. In dieser Studie fanden sich weiterhin Hinweise darauf, dass CD8+ T-Zellen über Perforin durch die CD4+ T-Zellen aktiviert zu der Viruseliminierung führen. Ein adoptiver Transfer von BDV-spezifischen T-Zellen vor einer BDV-Infektion konnte adult infizierte Ratten vor der Entwicklung klinischer Symptome und der chronischen Infektion schützen, es kam lediglich zu einer transienten BDV-Replikation. Ein Transfer der gleichen T-Zellen kurz nach der BDV- Infektion führte bei adult infizierten Tieren dagegen zu einem vorzeitigen Einsetzen der klinischen Symptome (RICHT et al., 1994; SCHMEEL et al., 1995).

(20)

Zu der Rolle neutralisierender Antikörper liegen verschiedenen Beobachtungen vor. Unter- suchungen von STITZ et al. (1998) deuten darauf hin, dass neutralisierende Antikörper möglicherweise eine generalisierte Infektion verhindern, da nach Transfer von Serum chronisch infizierter Ratten in immunsupprimierte, BDV-infizierte Ratten das Virus nur im ZNS nachweisbar war. Ohne Serumapplikation konnte das Virus auch in extraneuralen Geweben, wie Haut, Leber- und Nierenparenchym, sowie Herz- und glatten Muskelzellen des Dünndarms gefunden werden. In anderen Studien wurden neutralisierende Antikörper nicht regelmäßig und erst zu späten Zeitpunkten nach der Infektion beobachtet (RICHT und ROTT, 2001). Eine weitere Untersuchung konnte die Beteiligung von Komplementfakoren an der Immunpathogenese zeigen. Die mRNA des C1q, einer Untereinheit des Komplementsystems der Ratte, zeigte einen parallel zum Entzündungsgeschehen verlaufenden Anstieg (DIETZSCHOLD et al., 1995).

Zytokine spielen in der Pathogenese der BD unumstritten eine zentrale Rolle. Hinweise auf eine Aufregulierung von mRNA spezifisch für die proinflammatorischen Zytokine TNF, Interleukin (IL)-1α und IL-6 fanden STITZ et al. (1995) in Gehirnen BDV-infizierter Ratten.

SHANKER et al. (1992) konnten eine Korrelation zwischen der nachweisbaren mRNA spezifisch für TNF, IL-1α und IL-6 und der Stärke der Enzephalitis feststellen. Weiterhin fanden sie eine Korrelation der mRNA spezifisch für IL-2 und Interferon (INF)γ mit der nachweisbaren Menge an mRNA spezifisch für CD4+ bzw. CD8+ T-Zellen. Beide T-Zellsub- populationen waren in der akuten und chronischen Phase der Erkrankung nachweisbar.

HATALSKI et al. (1998) fanden ebenfalls in der frühen Phase der BDV-Infektion zahlreiche CD4+ und CD8+ T-Zellen, sowie hohe mRNA-Level von IL-1α, IL-2, IL-6, TNF und IFNγ. In der chronischen Phase der Infektion waren vermehrt natürliche Killerzellen (NK)-Zellen, B-Zellen und aktivierte Mikroglia sowie hohe Mengen von IL-4 spezifischer mRNA nach- weisbar. Diese Beobachtungen sprechen für den Wechsel der Th1-abhängigen zu einer Th2- abhängigen Immunantwort, die auf die Abnahme der entzündlichen Reaktion zurückzuführen sein könnte (HATALSKI et al., 1998). In Abwesenheit von infiltrierenden Immunzellen bei Dexamethason-immunsupprimierten Ratten, ließen sich nach einer BDV-Infektion erhöhte mRNA-Level von TNF, IL-6, macrophage inflammatory protein (MIP)-1β und dem CXC Chemokin mob-1 nachweisen. Dieses wird als initiale Zytokinantwort der ZNS-residenten Zellen bewertet (MORIMOTO et al., 1996). Andere Studien konnten zeigen, dass eine

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Behandlung von BDV-infizierten Ratten mit transforming growth factor (TGF)-β2 zu einer Reduktion der CD8+ T-Zellen und der MHC II-Expression führte und die Erkrankung bei den Tieren verzögert auftrat (STITZ et al., 1991). KOPROWSKI et al. (1993) und AKAIKE et al.

(1995) konnten einen möglichen Zusammenhang zwischen der Neuropathogenese und der Veränderung der nitric oxide synthetase (NOS) zeigen. Nach BDV-Infektion konnte eine verminderte NO-Synthese in Neuronen und eine vermehrte iNO-Synthese in aktivierten Makrophagen und Mikroglia gefunden werden. Weiterhin sollen Entzündungsmediatoren wie Peroxinitrite (HOOPER et al., 2001), Cyclooxygenase (RÖHRENBECK et al., 1999) und macrophage migration inhibitory factor (MIF, BACHER et al., 2002) ebenfalls an der Entstehung der entzündlichen Veränderungen im Gehirn beteiligt sein.

In der chronischen Phase der BDV-Infektion wird bei adult infizierten Lewis Ratten trotz Viruspersistenz im ZNS ein Rückgang der entzündlichen Veränderungen beobachtet. Zu diesem Zeitpunkt sollen niedrigere Werte proinflammatorischer Zytokine wie beispielsweise TNF vorliegen (HATALSKI et al., 1998). Da jedoch auch in dieser Phase der BDV-Infektion eine anhaltende Mikrogliaaktivierung und Astrogliose zu beobachten ist, können auch andere Zytokine wie IL-1 und TNF weiterhin eine Rolle spielen. Detaillierte Untersuchungen zum Einfluss des TNF auf das biphasische Krankheitsgeschehen der experimentell infizierten Lewis Ratte liegen derzeit nicht vor.

Ein weiterer Ansatz zu Klärung der Pathogenese der BD stellte die Untersuchung des Einflusses der BDV-Infektion auf zelluläre Signalwege dar, wie beispielsweise den nerve growth factor (NGF). In neuronalen und glialen Zellkulturen soll NGF die Replikation des BDV steigern (CARBONE et al., 1993; IBRAHIM et al., 2002). Weiterhin konnte ein positiver Einfluss von Neurotropinen auf die BDV-Replikation in infizierten Neuronen festgestellt werden. Umgekehrt hemmten Inhibitoren des Ras/MEK/ERK-Signalwegs die Virusausbreitung (CARBONE et al., 1993; HANS et al., 2001; PLANZ et al., 2001; HANS et al., 2004).

(22)

2.1.2 Experimentelle Infektion von Mäusen

Mäuse galten lange als ungeeignete Modelltiere, da adult infizierte Tiere keine Enzephalitis und keine klinischen Symptome entwickeln (KAO et al., 1984; RUBIN et al., 1993).

HALLENSLEBEN et al. (1998) konnte in neonatal mit einer mausadaptierten BDV- Präparation infizierten Mäusen eine schwere neurologische Erkrankung zu erzeugen. Im Gegensatz zu dem Rattenmodell, wo die Erkrankung ausschließlich bei adult infizierten Ratten auftritt, erkranken Mäuse nur, wenn sie neonatal infiziert werden. Worauf der unterschiedliche Verlauf der Erkrankung bei neonatal und adult infizierten Mäusen und Ratten beruht, ist bislang nicht bekannt (Übersichten bei HALLENSLEBEN et al., 1998;

BRAYTON et al., 2001).

Durch den Einsatz transgener Mäuse ist es heutzutage möglich, die Mechanismen der Immunpathogenese, insbesondere den Effekt einzelner Zytokine und Entzündungsmediatoren im Verlauf der BDV-Infektion zu analysieren.

2.1.2.1 Klinik und Epidemiologie

Neonatal mit einer mausadaptierten BDV-Präparation infizierte Mäuse entwickelten nach vier bis sechs Wochen erste neurologische Symptome, ähnlich denen der akut erkrankten Ratten.

Sie zeigten stumpfes Fell, Kopfschiefhaltung, kümmerten und verloren etwa 20% an Körpergewicht innerhalb von vier Tagen (HALLENSLEBEN et al., 1998). Erkrankte Tiere konnten leicht an einer typischen, unphysiologischen Hinterbeinhaltung identifiziert werden, sie verschränkten ihre Gliedmaßen vor dem Körper, wenn sie am Schwanz angehoben wurden (HALLENSLEBEN et al., 1998). Wurden dagegen adulte Mäuse mit BDV infiziert, verhielten sie sich klinisch unauffällig und zeigten histologisch nur minimale entzündliche Veränderungen im Gehirn (KAO et al., 1984; RUBIN et al. 1993). Die Inzidenz und Schwere der Erkrankung neonatal infizierter Mäuse variierte zwischen verschiedenen Mausstämmen, obwohl bei allen untersuchten Mauslinien eine ähnliche Ausbreitung des BDV im Gehirn beobachtet wurde (HALLENSLEBEN et al.; 1998). Besonders deutliche Krankheitszeichen und eine deutliche Empfänglichkeit für die BDV-Infektion fand man bei MRL Mäusen, während C57BL/6 und SJL Mäuse klinisch nur eine dezente Symptomatik zeigten und nur wenige Tiere erkrankten. Von den CBA und C3H Mäusen entwickelte ebenfalls nur ein

(23)

geringer Prozentsatz der Tiere klinische Symptome, die betroffenen Tiere zeigten jedoch mit MRL Mäusen einen vergleichbar schwerwiegenden Krankheitsverlauf (RUBIN et al., 1993;

HALLENSLEBEN et al., 1998). BALB/c Mäuse zeigten eine vergleichbare Inzidenz der Erkrankung wie CBA und C3H Mäuse, entwickelten jedoch nur moderate klinische Veränderungen, während die erkrankten CBA und C3H Mäuse deutliche neurologische Symptome zeigten (HALLENSLEBEN et al., 1998).

Die Morbidität beträgt, wie bei den Ratten, in Abhängigkeit vom Mausstamm und der BDV- Präparation, bis zu 100%.

2.1.2.2 Pathogenese

Bisher liegen keine Studien zu der horizontalen Übertragung zwischen Mäusen vor. Dagegen beschrieben OKAMOTO et al. (2003) eine vertikale Übertragung in BALB/c Mäusen nach intraperitonealer Infektion und anschließender Bedeckung. Bei experimentell BDV- infizierten, neonatalen Mäuse war bis 15 Tage p.i. nur sehr wenig oder keine BDV- spezifische RNA im Gehirn nachweisbar, ab 20. Tag p.i. konnte virale RNA regelmäßig nachgewiesen werden. Um 28 Tage p.i. erreichte die Menge an viraler RNA ihr Maximum (HALLENSLEBEN et al., 1998). Die ersten klinischen Symptome treten bei erkrankten Mäusen, wie bei den Ratten, parallel mit der Infiltration der Entzündungszellen im Gehirn auf. Histologisch zeigen die Mäuse eine mononukleäre, perivaskuläre, parenchymatöse und meningeale Infiltration im Gehirn. Vor allem in Neokortex und Ammonshorn wurde eine massive Infiltration von vorwiegend T-Zellen beobachtet. Cerebellum und Thalamus wiesen meist geringer ausgeprägte entzündliche Infiltrate auf (HALLENSLEBEN et al., 1998;

FREUDE et al., 2002).

2.1.2.3 Immunpathologie

Die Mäuse zeigten ebenfalls eine positive Korrelation zwischen der Ausprägung der klinischen Symptome und der Stärke der Entzündungsreaktion. Auch im Mausmodell liegen virusinduzierte, immunpathologische Mechanismen der Entstehung der Erkrankung zu Grunde. Wie schon von der Ratte bekannt, konnte für die Maus gezeigt werden, dass nicht das Virus, sondern die infiltrierenden Entzündungszellen über eine Hypersensibilitätsreaktion

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vom Typ IV die Entstehung der BD auslösen (HALLENSLEBEN et al., 1998). Es konnte weiterhin festgestellt werden, dass die Schwere der Erkrankung an das MHC I-Allel gekoppelt ist, während die Empfänglichkeit für die Erkrankung auf andere, unbekannte genetische Faktoren zurückzuführen ist (HALLENSLEBEN et al., 1998). Alle Mausstämme, die schwere klinische Symptome entwickelten, gehören dem H-2k Haplotyp an. Ursächlich wurde dieser Unterschied auf die Erkennung eines spezifischen T-Zellepitops (TELEISSI) des BDV-Nukleoproteins, zurückgeführt. Dieses Epitop wurde von den meisten infiltrierenden zytotoxischen CD8+ T-Zellen in Mäusen des H-2k Haplotyps erkannt (SCHAMEL et al., 2001). Die zentrale Rolle des TELEISSI-Epitops bei der Entwicklung der BD wurde weiterhin durch die Beobachtung unterstützt, dass eine periphere Immunisierung mit dendritischen Zellen, die mit dem TELEISSI-Epitop ummantelt waren, die immunologische Toleranz einer persistierenden BDV-Infektion des ZNS beendeten und die Tiere schwere neurologische Symptome entwickelten (FASSNACHT et al., 2004). In einer weiteren Studie konnte gezeigt werden, dass eine transgene Expression des BDV-N in Neuronen oder Astrozyten bei Mäusen mit einem B10.BR-Hintergrund per se zu keiner Erkrankung oder Verhaltensänderungen führte (RAUER et al., 2004). Nach BDV-Infektion dieser BDV-N- transgenen Mäuse verhinderte die neuronale BDV-N Expression eine Infektion der transgenen Neuronen, dagegen hatte die transgene Expression des BDV-N in Astrozyten keinen Einfluss auf die Virusausbreitung. Weiterhin konnte in dieser Studie gezeigt werden, dass die CD8+ T- Zell-vermittelte Immunantwort gegen das BDV-N durch die transgene Expression des BDV-N in Neuronen und Astrozyten beeinträchtigt wurde (RAUER et al., 2004). Bei experimentell BDV-infizierten MRL-Mäusen waren sowohl aktivierte CD4+ T-Zellen, als auch aktivierte CD8+ T-Zellen im Gehirn nachweisbar (HAUSMANN et al., 1999). CD8+ T- Zellen zeigen vor allem Antigenspezifität für das BDV-N (HAUSMANN et al., 1999, PLANZ und STITZ, 1999). Untersuchungen an neonatal intra cerebral (i.c.) infizierten, CD8+ T-Zell-defizienten Mäusen zweier verschiedener Mausstämme (MRL und C57Bl/6), zeigten, dass die neurologischen Symptome der BDV-Infektion vorwiegend auf einen CD8+ T-Zell- vermittelten Prozess zurückzuführen waren (HALLENSLEBEN et al., 1998; HAUSMANN et al., 2005a). HAUSMANN et al. (2001) konnte jedoch anhand von perforindefizienten Mäusen keinen Einfluss des Perforins auf die Kinetik der Virusausbreitung oder die Ausprägung der Krankheitssymptome nach BDV-Infektion finden. Interessanterweise konnten auch in

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persistierend BDV-infizierten Mäusen weiterhin BDV-N spezifische CD8+ T-Zellen nachgewiesen werden, diese T-Zellen zeigten jedoch eine verminderte funktionale Avidität (ENGELHARDT et al., 2005).

BDV-infizierte Neurone werden bei der Maus (HAUSMANN et al., 2001), wie schon von der Ratte bekannt (NARAYAN et al., 1983; RICHT et al., 1989; DESCHL et al., 1990; HERDEN et al., 2000), nicht von T-Zellen lysiert. Vielmehr scheinen, wie bei der Ratte, proinflammatorische Zytokinen und andere Entzündungsmediatoren eine wichtige Rolle bei der Entstehung der entzündlichen Veränderungen im Gehirn zu spielen. SAUDER et al.

(2000) konnten eine starke Aufregulierung von TNF in Gehirnen BDV-infizierter Mäuse (MRL und AGR) beobachten. Weiterhin soll IL-12 eine wichtige Rolle in der Immunpathogenese der BD bei der Maus spielen. Die Überexpression von IL-12 vermochte in Mäusen mit einem BDV-resistenten genetischen Hintergrund (C57Bl/6 x SJL) eine klinisch manifeste Erkrankung zu induzieren (FREUDE et al., 2002), dieser Effekt wurde jedoch vermutlich über die Induktion von IFNγ vermittelt. IFNγ alleine konnte keine Erkrankung auslösen, erst die Anwesenheit von IFNγ-sezernierenden Lymphozyten führte zu klinischen Symptomen (HOFER et al., 2004). Anhand von slide culture-Untersuchungen konnte der Effekt von IFNγ auf die BDV-Infektion unabhängig von Lymphozyten betrachtet werden.

Hier zeigte sich, dass IFNγ noch nicht infizierte Zellen in BDV-infizierten Kulturen des Ammonshorns und des Cerebellum vor der Infektion schützen konnte. IFNγ war jedoch nicht in der Lage, in den bereits BDV-infizierten slide-Kulturen das Virus zu eliminieren (FRIEDL et al., 2004). Eine weitere Studie lieferte Hinweise auf eine mögliche neuroprotektive Wirkung des IFNγ. IFNγ-defiziente Mäuse (MRL und BALB/c) entwickelten, auch wenn sie adult infiziert wurden, neurologische Symptome, wohingegen adult infizierte Tiere des jeweiligen Wildtyps (wt) keine Symptome einer BD zeigten (HAUSMANN et al., 2005a).

Auch die Untersuchung von HAUSMANN et al. (2004) unterstützt die Beobachtung der möglichen neuroprotektiven Wirkung des IFNγ. Bei IFNγ-defizienten Mäusen konnte eine leicht erhöhte Inzidenz und Schwere der Erkrankung im Vergleich zu wt-Kontrolltieren festgestellt werden.

Die Ausschaltung der Gene für Fas/FasL, Chemokinrezeptor CXCR3 und induzierbare NO- Synthetase zeigten keinen Einfluss auf den Verlauf der Virusausbreitung und Erkrankung nach BDV-Infektion in MRL Mäusen. Ebenso wenig konnte eine CXCL10-Expression

(26)

(T-Zell anlockendes Chemokin) in Astrozyten den Krankheitsverlauf in MRL Mäusen beeinflussen. In allen diesen Modellen zeigte die Virusausbreitung keine Unterschiede zwischen transgenen und wt Mäusen (HAUSMANN et al., 2004).

Die bisher durchgeführten Untersuchungen konnten für einige Chemo- und Zytokine (IL-12, IFNγ) eine Beteiligung an der Immunpathogenese der BDV zeigen, zahlreiche andere (Fas/FasL, CXCR3, NO-Synthetase) scheinen keine Rolle bei der Verhinderung der Virusausbreitung zu spielen. Für das TNF liegen derzeit noch keine detaillierten Unter- suchungen zur Rolle bei der Immunpathogenese der BDV-Infektion vor.

2.1.3 Natürliche Infektion

2.1.3.1 Klinik und Epidemiologie

Natürliche Infektionen sind schon seit langem bei Pferd und Schaf bekannt (Übersichten bei ZWICK, 1939; HEINIG, 1969; DANNER, 1982; ROTT und BECHT, 1995). Die Mehrheit der infizierten Tiere entwickelt eine klinisch inapparente Infektion (HERZOG et al., 1994;

ROTT und BECHT, 1995; GRABNER et al., 2002). Klinische manifeste Erkrankungen verlaufen perakut, akut oder subakut und enden in der Regel nach ein bis vier Wochen Krankheitsdauer in 80% der Fälle letal (SCHMIDT, 1912, 1952; GRABNER und FISCHER, 1991; DÜRRWALD und LUDWIG, 1997; RICHT et al., 2001, 2006). Nur ca. 10 % der Tiere überleben die akute Phase und sollen einen chronischen, z.T. rekurrierenden Krankheits- verlauf entwickeln (SCHMIDT, 1952; MAYR und DANNER, 1974; GRABNER et al., 1998;

UHLIG und KINNE, 1998; GRABNER et al., 2002). Daneben sind milde Enzephalitisformen ohne klinische Symptome beschrieben (GRABNER et al., 1991). Die Inkubationszeit ist variabel und hängt von der Eintrittspforte des Virus ab, sie soll zwischen zwei Wochen und mehreren Monaten liegen (SCHMIDT, 1912, 1952). Klinisch zeigen erkrankte Tiere schon in frühen Stadien der Erkrankung Verhaltensänderungen und Bewusstseinstrübungen. Als erste Symptome fallen verlangsamte Nahrungsaufnahme und rekurrierendes Fieber auf (GRABNER und FISCHER, 1991; DÜRRWALD und LUDWIG, 1997; RICHT et al., 2001, 2006). Weiterhin folgen motorische Störungen und Aggressivität oder Lethargie, Somnolenz und Stupor sowie abnorme Körperhaltungen und ein herabgesetztes Sensorium (GRABNER und FISCHER, 1991; BILZER et al., 1996). Im fortgeschrittenen Stadium fallen

(27)

Hyporeflexie, Hypoästhesie, Ataxie und Überreaktion auf exogene Reize auf. Die auftretende Pharynxparalyse zeigt sich in Form von Dysphagie und Salivation. Das so genannte

„Pfeiferauchen“ bezeichnet Heuwickel, die aufgrund von fehlendem Kauen und Abschlucken den erkrankten Pferden aus dem Maul hängen. Weiterhin werden eine gesenkte Kopfhaltung, teils gesteigerter Bewegungsdrang mit Kreisbewegungen, Hyperästhesien, Zittern und Inkoordination beobachtet. Im Endstadium zeigen die Pferde einen neurogenen Torticollis, Konvulsionen mit charakteristischem Kopfpressen an Wände und schließlich Festliegen mit Ruderbewegungen und finalem Koma.

Erkrankte Schafe zeigen ähnliche Symptome wie die Pferde, aber die neurologischen Ausfallserscheinungen sollen geringer ausgeprägt sein als bei Equiden. (HIEPE, 1958;

LUDWIG et al., 1988; CAPLAZI und EHRENSPERGER, 1998; BODE et al., 1994; ROTT und BECHT, 1995). Nach natürlicher Infektion ist auch bei Schafen eine Persistenz der BDV möglich (VAHLENKAMP et al., 2002).

Natürliche Infektionen mit dem BDV scheinen weltweit verbreitet zu sein. Bei Pferden konnten BDV-spezifische Serumantikörper in vielen Ländern Europas, in den USA, in Israel, Indien, Japan und im Iran nachgewiesen werden (Übersicht bei RICHT et al., 2006; HERDEN et al., 1999). Klinische Erkrankungen werden jedoch nur in den endemischen Gebieten beschrieben, als solche gelten derzeit Hessen, Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen (HERZOG et al., 1994), sowie die Schweiz (METZLER et al., 1979), Lichtenstein (CAPLAZI et al., 1999) und Österreich (WEISSENBÖCK et al., 1998b). Daneben gibt es neuerdings unbestätigte Berichte von klinisch manifesten Erkrankungen von Pferden in Japan (TANIYAMA et al., 2001; WEISSENBÖCK et al., 2002). Vermutlich steht diese geografische Verbreitung im Zusammenhang mit dem Vorkommen eines Nagerreservoirs (DÜRRWALD et al., 2006). HILBE et al. (2006) konnten zeigen, dass möglicherweise Spitzmäuse dieses Reservoir bilden.

Neueren Untersuchungen zufolge ist von einem breiten Wirtsspektrum auszugehen. So kann die Erkrankung auch bei Rindern, Katzen, Hunden, Ziegen, Kaninchen, Luchsen, Gerbilen, Lamas, Alpakas, Zwergflusspferden, Faultieren, Rhesusaffen und Vari-Äffchen auftreten.

(KREY et al., 1979a,b; LUNDGREN et al., 1993; CAPLAZI et al., 1994; SCHÜPPEL et al., 1994; ROTT und BECHT, 1995; JAUNIN et al., 1998; WEISSENBÖCK et al., 1998a;

NAKAMURA et al., 1999; DEGIORGIS et al., 2000; RICHT und ROTT, 2001).

(28)

2.1.3.2 Pathogenese

Als wahrscheinliche Eintrittspforte des BDV gelten die offenen Nervenendigungen in der Riechschleimhaut der Nase mit nachfolgender retrograder axonaler Ausbreitung über den N. olfactorius (RICHT et al., 1993; BILZER et al., 1995; LEBELT und HANAU, 1996). Eine weitere mögliche Transmissionsroute stellt die orale Aufnahme mit Ausbreitung über den N. trigeminus dar (BILZER et al., 1996). Die Inkubationszeit variiert je nach Infektionsroute, sie ist umso länger, je weiter die Eintrittspforte vom ZNS entfernt ist (RICHT et al., 2001). In einer Studie konnte BDV-spezifische RNA in allen infizierten Tieren (18 Pferde, 1 Esel, 1 Schaf) im Bulbus olfactorius, Striatum, Ammonshorn und cerebralen Cortex nachgewiesen werden. In einigen Tieren war zusätzlich in Rückenmark, Augen, Nasenschleimhaut, Parotis, Herz, Lunge, Nieren, Harnblase und Ovarien virale RNA nachweisbar (LEBELT und HAGENAU, 1996). Diese positiven PCR Ergebnisse sind wahrscheinlich auf die, nach zentrifugaler Ausbreitung in den Nerven der jeweiligen Organe lokalisierte Virus RNA zurückzuführen.

Wie bei der Ratte beschrieben, kann auch nach natürlicher Infektion BDV-spezifisches Antigen in Neuronen, Astrozyten, Oligodendrozyten, Schwann Zellen und Ependymzellen nachgewiesen werden (LUDWIG et al., 1985; LUDWIG et al., 1988; GOSZTONYI et al., 1993). Infektiöses Virus konnte bei einigen BD-erkrankten Pferden aus Tränen- und Speicheldrüsen isoliert werden (HERZOG, persönliche Mitteilung), virusspezifische RNA war in Nasensekret, Tränenflüssigkeit und Speichel dieser Tiere zu finden (LEBELT und HAGENAU, 1996). Histopathologisch findet sich eine nichteitrige Meningopolioenzephalo- myelitis mit perivaskulären, parenchymalen und leptomeningealen Infiltraten vor allem in Ammonshorn und Cortex cerebri (HEINIG, 1969; ROTT und BECHT, 1995; BILZER et al., 1995; CAPLAZI und EHRENSPERGER, 1998; HERDEN et al., 1999).

2.1.3.3 Immunpathologie

Die klinischen Symptome sind auch bei natürlich infizierten Tieren auf eine virusinduzierte immunpathologische Reaktion im ZNS zurückzuführen (STITZ et al., 2002). Bei experimentell infizierten Ponies konnte gezeigt werden, dass die Stärke der Symptome mit der inokulierten Virusmenge korreliert (KATZ et al., 1998). Bei BDV-infizierten, erkrankten Pferden findet sich eine Infiltration mit mononukleären Entzündungszellen (BILZER et al.,

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1995; CAPLAZI und EHRENSPERGER, 1998; HERDEN et al., 1999), wie sie auch für die Nagermodelle beschrieben ist, daher werden vergleichbare immunpathologische Mechanismen angenommen.

2.1.4 Borna disease virus (BDV)

2.1.4.1 Virus

Das BDV besitzt ein lineares, nicht segmentiertes, einzelsträngiges RNA-Genom mit negativer Polarität (-ssRNA, Abb. 1). Mit einer Größe von etwa 8,9 kb ist es das kleinste Genom unter den Viren der Mononegavirales (BRIESE et al., 1992; BRIESE et al., 1994;

CUBITT und DE LA TORRE et al., 1994). Es enthält sechs offene Leserahmen (ORFs, open reading frames, Abb. 1), die für die Proteine p40 (Nukleoprotein, BDV-N), p24 (Phosphoprotein, BDV-P), p10 (X-Protein, BDV-X), p16 (Matrixprotein, BDV-M), gp94 (Glykoprotein, BDV-GP) und p180 (RNA-abhängige RNA-Polymerase, L-Protein, BDV-L) kodieren (BRIESE et al., 1994; CUBITT et al., 1994; DE LA TORRE, 2002; TOMONAGA et al., 2002). Insgesamt wurden drei Transkriptionsinitiationssignale (S1-S3) und fünf Transkriptionsterminationssignale (T1-T4, t6) beschrieben (BRIESE et al., 1994;

SCHNEEMANN et al., 1994; CUBITT und DE LA TORRE, 2001). Bisher wurden drei Introns gefunden, die alle in der dritten Transkriptionseinheit liegen. (CUBITT et al., 1994;

SCHEIDER et al., 1994; TOMONAGA et al., 2000; CUBITT und DE LA TORRE, 2001).

Am 3’- und 5’-Ende des BDV-Genoms finden sich kurze nicht kodierende Regionen von 43 bzw. 52 Nukleotiden (BRIESE et al., 1994; CUBITT et al., 1994; PLESCHKA et al., 2001;

SCHNEIDER et al., 2005), in denen Promotoren zur Regulierung der Transkription und Replikation des positiv orientierten Antigenoms aus dem negativen genomischen RNA-Strang und vice versa lokalisiert sind. Die letzten 20 Nukleotide des Genoms des BDV sind, wie bei anderen -ssRNA Viren, hochkonserviert und haben eine zentrale Rolle bei der Initiierung und Regulierung der viralen Replikation (SCHNEIDER et al., 2005). Das BDV scheint über die Verkürzung der jeweiligen 5’-Enden, sowohl der genomischen RNA als auch des Antigenomstranges, die Effizienz der Replikation zu reduzieren (ROSARIO et al., 2005;

SCHNEIDER, 2005; SCHNEIDER et al., 2005).

(30)

Sequenzanalysen verschiedener Isolate aus Pferden, Eseln und Schafen zeigen eine hohe Konservierung des Genoms auch bei Vergleich der Isolate aus den verschiedenen Spezies (SCHNEIDER et al., 1994; BINZ et al., 1994; PLESCHKA et al., 2001; KOLODZIEJEK et al., 2005). Dieses ist für RNA-Viren sehr ungewöhnlich, üblicherweise besitzen sie eine hohe Mutations- und Replikationsrate (HOLLAND et al., 1982).

Abb. 1: BDV-Genom (8,9 kb)

S1-3: Transkriptions-Initiationsstellen, T1-4, t6: Transkriptions-Terminationsstellen, die ORFs des BDV sind als Boxen dargestellt, N: BDV-Nukleoprotein, X: BDV-X-Protein, P: BDV-Phosphoprotein, M: BDV-Matrix- protein, GP: BDV-Glykoprotein, L: Large Protein, RNA abhängige RNA-Polymerase; : posttranskritionelles Spleißen, ⌃: durch Spleißen entferne RNA-Abschnitte

(31)

2.1.4.2 Virusproteine

Das BDV-N ist das Transkriptionsprodukt der einzigen monocistronischen, subgenomischen RNA. Das Protein existiert in zwei Isoformen von 40 kDa bzw. 38 kDa (PYPER und GARTNER, 1997). Bei der leichteren Isoform fehlt das nuclear loclization signal (NLS), welches bei p40 am N-terminalen Ende lokalisiert ist (KOBAYASHI et al., 1998). Dennoch können beide Isoformen im Nukleus infizierter Zellen gefunden werden. Daneben besitzt das BDV-N ein nuclear export signal (NES), welches den Export aus dem Nukleus ermöglicht.

Das NES überlappt mit der P-bindenden Region (KOBAYASHI et al., 1998) und enthält die TELEISSI-Region, welche das immundominante Epitop des BDV-N für CD8+ T-Zellen darstellt (SCHAMEL et al., 2001). Bei beiden Isoformen konnten die NES gefunden werden (BERG et al., 1998). Der nukleäre Export des BDV-N wird durch eine Koexpression von BDV-P behindert (TOMONAGA et al., 2002). BDV-N wird bei experimentell infizierten Tieren in vielen Zellen disseminiert im ZNS in relativ hohen Konzentrationen pro Zellen gefunden und ist sowohl im Nukleus als auch im Zytoplasma der infizierten Zelle zu finden (SCHNEEMANN et al., 1994; DESCHL et al., 1990; HERDEN et al., 2000). In Zellkulturen konnten beide Isoformen des BDV-N nur im Nukleus gefunden werden (PYPER und GARTNER, 1997; KOBAYASHI et al., 1998).

BDV-N stellt die Hauptkomponente des aktiven Polymerase-Komplex (ribonucleoprotein complex, RNP, 2.1.4.3, SCHNEIDER et al., 2004b) dar. BDV-N und BDV-P zeigen eine vergleichbare Verteilung in infizierten Zellen. Allerdings war nur das BDV-N auf der Oberfläche infizierter Zellen zu finden (THIEDEMANN et al., 1992).

Das ORF II, das für das BDV-P kodiert, überlappt mit dem für das BDV-X kodierenden ORF X (WEHNER et al., 1997). Beide werden aus einer 0,8 kb bzw. 3,5 kb großen mRNA translatiert, die dem Genomabschnitt zwischen S2 und T2 bzw. T3 entspricht. Wie das BDV-N existiert das BDV-P in zwei Isoformen, p24 und p16 (KOBAYASHI et al., 2000;

TOMONAGA et al., 2002). Das BDV-P soll einen nukleären Retentionsfaktor für das BDV-N darstellen (KOBAYASHI et al., 2001) und eine stabile Expression des BDV-P soll für eine starke Reduktion der viralen Proteinexpression in der persistierend infizierten Zelle verantwortlich sein (GEIB et al., 2003).

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Das 10 kDa große BDV-X ist vermutlich ein potenter negativer Regulationsfaktor des viralen Polymerase-Komplexes (PEREZ et al., 2003; SCHNEIDER et al., 2003). Es wirkt inhibitorisch auf BDV-P, indem es durch Interaktion mit BDV-P Monomeren die Bildung aktiver BDV-P Trimere verhindert (KOBAYASHI et al., 1998). Im Minireplikon Model inhibierte ein X/P-Verhältnis von 1:5 die virale Replikation (SCHNEIDER et al., 2003). Das BDV-X wird in vitro ebenfalls im Nukleus infizierter Zellen gefunden.

Beginnend an S3 werden zwei subgenomische RNAs transkribiert, von denen BDV-M, BDV- GP und BDV-L synthetisiert werden können. Das ORF III codiert für das BDV-M und zeigt am 5’ Ende mit dem ORF IV des BDV-GP eine Überlappung von 84 Nukleotiden. Das BDV- M ist an der inneren Schicht der Virushülle lokalisiert und verantwortlich für Virusaufbau und budding. Es handelt sich um ein nicht-glykolisiertes Membran-assoziiertes Protein (KRAUS et al., 2001) und ist das kleinste Matrixprotein der -ssRNA Viren. An rekombinantem BDV-M konnte gezeigt werden, dass es stabile Tetramere formt. Daher wird dem BDV-M eine zentrale Rolle bei der Reifung der Viruspartikel zugeschrieben (KRAUS et al., 2001).

Virale Matrixproteine verbinden das Nukleokapsid mit dem zytoplasmatischen Anteil der Glykoproteinspikes und sollen für die virale Replikation eine Rolle spielen. In infizierten Zellkulturen konnte ungespleißte und gespleißte mRNA, welche für BDV-M kodieren, zahlreicher im Zytoplasma infizierter Zellen gefunden werden, als Intron I gespleißte mRNA, die für BDV-GP kodiert (JEHLE et al., 2000). Die spatiotemporale Ausbreitung des BDV-M ist bisher noch nicht näher untersucht worden.

Das BDV-GP ist das einzige Oberflächenprotein des BDV (GONZALES-DUNIA et al., 1997). Es wird als 57 kDa großes Polypeptid synthetisiert und erreicht nach N-Glykolisierung eine Molekularmasse von 94 kDa (GONZALES-DUNIA et al., 1997; RICHT et al., 1998). Es wird außergewöhnlich früh im Übertragungsweg gespalten und akkumuliert im Golgiapparat (EICKMANN et al., 2005). In der Virushülle ist BDV-GP in Form von Spikes angeordnet (KOHNO et al., 1999; KIERMAYER et al., 2002). Das BDV-GP wird durch Endoproteasen wie Furin in einen N-terminalen Anteil und einen C-terminalen Anteil gespalten und erhält erst durch die Spaltung seine volle biologische Aktivität (RICHT et al., 1998). Nur geringe Mengen des C-terminalen Anteils (43 kDa) werden an die Zelloberfläche transportiert, wo

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dieser akkumuliert und eine zentrale Funktion in der Fusion der Virushülle mit der Zellmembran des Wirtes hat (GONZALES-DUNIA et al., 1997; KOHNO et al., 1999;

KIERMAYER et al., 2002; EICKMANN et al., 2005). Der N-terminale Anteil (51 kDa) ist stark glykolisiert und verantwortlich für die Rezeptorbindung (GONZALES-DUNIA et al., 1998; PEREZ et al., 2001). In aufgereinigten Viruspartikeln war kein ungespaltenes BDV-GP nachweisbar, es konnten nur die beiden Untereinheiten gefunden werden (EICKMANN et al., 2005). In vivo wurde das BDV-GP ebenfalls vorwiegend im Zytoplasma der infizierten Zellen gefunden (RICHT et al., 1998; HERDEN, 1997).

Die virale RNA abhängige RNA-Polymerase (BDV-L) ist auf der 7,2 kb großen mRNA kodiert. Die Startstelle liegt, wie für die Transkription des BDV-M und BDV-GP, bei S3, die Terminationsstelle bei T4, dabei werden T3 und 6 überlesen. Das Überlesen von T3 geschieht in vitro nur bei ca. jeder 20. Transkription. Posttranskriptionell wird meistens sowohl Intron I und Intron II gespleißt, seltener fungiert nur die Intron II-gespleißte mRNA als Matrize (SCHNEIDER et al., 1997). Die katalytische Domäne des BDV-L ist ähnlich wie bei anderen Mononegavirales stark konserviert (BRIESE et al., 1994; CUBITT et al., 1994;

TOMONAGA et al., 2002).

2.1.4.3 Transkription

Die Transkription des BDV-Genoms erfolgt vom 3’ zum 5’- Ende und führt zu einem Transskriptionsgradienten, der jedoch weniger deutlich ausgeprägt ist als bei den anderen Mononegavirales (RICHT et al., 1998; DE LA TORRE et al., 2002a,b). Das BDV wurde aufgrund seiner untypischen Replikationsstrategie (intranukleäre Transkription und Replikation, alternatives splicing, read through) als Prototyp der neuen Familie Bornaviridae innerhalb der Ordnung der Mononegavirales eingeordnet (PRINGLE, 1996). Als einziges animales Virus der Ordnung transkribiert und repliziert es sich im Zellkern (BRIESE et al., 1992; DE LA TORRE, 1994; SCHNEEMANN et al., 1995). Wie alle negativ-orientierten einzelsträngigen RNA-Viren mit linearem Genom besitzt das BDV einen aktiven Polymerase- Komplex (RNP). Dieser besteht aus den Proteinen BDV-L, BDV-P und BDV-N und viraler RNA. Der RNP wird streng über zahlreiche virale Faktoren, wie das Verhältnis von BDV-P zu BDV-X, reguliert (SCHNEIDER et al., 2004a). Der RNP variiert durch die Einbindung

(34)

unterschiedlicher Isoformen des BDV-N und BDV-P in seiner Funktion (SCHNEIDER et al., 2003).

2.1.4.4 Persistenz

An der Etablierung der viralen Persistenz sind vermutlich mehrere Mechanismen beteiligt, die eine Viruseliminierung durch die antivirale Immunantwort verhindern.

Einen möglichen Persistenzmechanismus stellt die für Mononegavirales außergewöhnlich strenge Regulierung der Replikation dar. Diese Limitierung der Genomsynthese wird zu einem durch das Kürzen des BDV-Genoms am 5’-Ende erreicht (SCHNEIDER et al., 2005), wodurch die Vervielfältigung des Gemons reduziert wird. Zum anderen wird die Replikation über das Verhältnis von BDV-N zu BDV-P reguliert. Für eine optimale virale Vermehrung ist ein N/P-Verhältnis von 1:20 notwendig, bei einem Verhältnis von 1:1 wird die Replikation behindert (SCHNEIDER et al., 2003; SCHNEIDER 2005). In persistierend infizierten Zellen konnte eine vermehrte Menge an BDV-P festgestellt werden konnte (WATANABE et al., 2000). Auch das BDV-X wirkt als negativ-regulierender Transskriptionsfaktor, wobei das Verhältnis zum BDV-P entscheidend ist. Ein Verhältnis von 1:5 von BDV-X zu BDV-P hemmt die RNA Synthese um 30%, bei einem Verhältnis von 1:1 stagniert die Synthese (SCHNEIDER et al., 2003).

Die Akkumulation der BDV-GP Spaltprodukte im ER/cis-Golgiapparat stellt ebenfalls einen möglichen Persistenzmechanismus dar (EICKMANN et al., 2005), wie auch die Regulierung der Expression des BDV-GP an der Zelloberfläche. Dadurch kann die Effizienz beeinflusst werden, mit der Viruspartikel freigesetzt werden (EICKMANN et al., 2005). Weiterhin erscheint es möglich, dass durch eine starke Glykolisierung des BDV-GP antigenetische Strukturen abgeschirmt werden (KIERMAYER et al., 2002). Diese nicht exprimierten oder maskierten Epitope werden vom Immunsystem nicht erkannt und die Induktion einer antiviralen Immunantwort bleibt aus.

In persistierend infizierten Mäusen konnte eine verminderte Avidität von CD8+ T-Zellen gefunden werden. Dieses auf einem noch unbekannten Mechanismus beruhende Phänomen trägt sehr wahrscheinlich ebenfalls zur Persistenz bei (ENGELHARDT et al., 2005). Die bei der BDV-Infektion vorliegende Zytokinexpression scheint ebenfalls die virale Persistenz nicht zu beeinflussen, wie für einige Zytokine, Chemokine und Chemokinrezeptoren bereits gezeigt

(35)

werden konnte (2.1.1.3 und 2.1.2.3.). In wieweit modulierte Spiegel des Zytokins TNF, das eine Rolle bei der Viruseliminierung spielen kann (2.2.3), die virale Persistenz unterbindet, ist derzeit nicht bekannt.

In Zellkulturen und in Gehirnen BDV-infizierter Ratten fiel eine negative Korrelation zwischen NF-κB Aktivierung und viraler Replikation auf (BOURTEELE et al., 2005). In einer anderen Studie konnte gezeigt werden, dass BDV-P der Expression des antiviralen Zytokins IFNβ entgegenwirkt und die Aktivierung zellulärer Zielproteine hemmt (UNTERSTAB et al., 2005). Die Rolle des TNF im Rahmen der Persistenz einer BDV- Infektion ist bisher noch nicht untersucht worden.

(36)

2.2 Tumor Nekrose Faktor-α (TNF)

2.2.1 TNF und TNF- vermittelte Signalwege

TNF ist Mitglied einer großen Familie von Proteinen mit unterschiedlichsten Funktionen, die von der Regulation der Lymphozytenproliferation bis hin zur Induktion der Apoptose reicht (VASSALLI, 1992; WARE et al., 1995). Als Hauptmediator der akuten Entzündungsreaktion spielt TNF sowohl in der viralen, als auch bakteriellen und parasitären Abwehr eine zentrale Rolle (ABBAS et al., 2004).

Innerhalb des ZNS kann TNF von aktivierten Makrophagen und Mikroglia, Astrozyten und einigen Neuronen, sowie unter pathologischen Bedingungen von infiltrierenden Lymphozyten und Makrophagen exprimiert werden (LEE et al., 1993; HOPKINS et al., 1995). TNF wird als nicht-glykolisiertes, menbrangebundenes, 26 kDa Transmenbranprotein synthetisiert und bildet stabile, in der Zellmembran verankerte Homotrimere. Nach Spaltung durch eine membran-assoziierte Metalloproteinase entsteht ein 17 kDa schweres Polypeptid (LOCKSLEY et al., 2001). Drei dieser 17 kDa Polypeptide lagern sich zusammen und bilden das lösliche TNF (51 kDa). Sowohl membrangebundene als auch die lösliche Form des TNF können an die spezifischen TNF-Rezeptoren binden.

Bisher sind zwei verschiedene TNF-Rezeptoren (TNFR) beschrieben. TNFR1 (CD120a, p55/60) wird konstitutiv in fast allen Zellen und Gewebetypen exprimiert. Die Bindung von TNF an TNFR1 triggert zahlreiche intrazelluläre Reaktionen, die einerseits über die Aktivierung der zwei Haupttranskriptionsfaktoren (NF-κB, c-Jun) die Transkription proinflammatorischer und immunmodulierender Gene induzieren können (Abb. 2). Über die Caspase-8-Kaskade kann andererseits die Apoptose ausgelöst werden (KUMAR et al., 1999;

HERBEIN und O’BRIEN, 2000; CHEN und GOEDDEL, 2002). In Neuronen finden sich die gleichen grundlegenden Apoptoseprogramme wie in anderen Zellen, die verschiedenen Typen von Neuronen zeigen lediglich unterschiedliche Kombinationen von Bcl-2 und Enzymen der Caspasekaskade (YUAN und YANKNER, 2000). Nach Bindung des TNF an den TNFR1 beginnt die Apoptose mit der Ablösung des inhibitorischen Proteins silencer of death domain (SODD) von der inneren Membranseite der Zielzelle. Nachfolgend können sich Adapterproteine wie TNF receptor-associated death domain (TRADD), TNF-R-associated

(37)

factor 2 (TRAF2), receptor-interacting protein (RIP) und Fas-associated death domain (FADD) anlagern. Die Bindung weiterer Schlüsselenzyme wie Caspase-8 an die Adapter- proteine (Übersicht bei BAUD und KARIN, 2001) führt im weiteren Verlauf zur Aktivierung von Caspase-3, wodurch die Fragmentierung der DNA und Apoptose initiiert wird (Übersicht bei HERBEIN und O´BRIEN, 2000). Eine weitere Signalkaskade, an deren Ende NF-κB steht, verläuft über die Phosphatidylinositol (PI)3-Kinase. Die PI3-Kinase stellt ein wichtiges Überlebenssignal der Zelle dar (CANTLEY, 2002). Sie sorgt über die Serin/Threoninkinase (Akt, Proteinkinase B) für die Aktivierung des Transkriptionsfaktors NF-κB (ROMASHKOVA und MAKAROV, 1999). Eine über den TNFR1 vermittelte antiapoptotische Signalkaskade verläuft via Proteinkinase RIP und TRAF2, die Schlüsselrollen bei der Aktivierung des nukleären Faktors κB (NF-κB) besitzen sollen (KELLIHER et al., 1998; Übersicht bei HERBEIN und O´BRIEN, 2000). Durch Phosphorilierung der Inhibitorproteine IκB wird NF-κB im Zytoplasma aktiviert und gelangt in den Zellkern, wo es als Transkriptionsfaktor die Expression diverser Gene steuern kann.

Weiterhin soll die Aktivierung der PI3-Kinase über den TNFR1 als silencer of survival signals verhindert werden, dieses wird wahrscheinlich über die Hemmung des wichtigen Überlebenssignals Insulin growth factor (IGF)-1 vermittelt. (VENTERS et al., 2000).

Über den zweiten TNF-Rezeptor TNFR2 (CD120b, p75/80) ist TNF in der Lage, direkt TRAF2 und damit NF-κB zu aktivieren (Abb. 2). Eine weitere über den TNFR2 stimulierte Signalkaskade, an deren Ende NF-κB steht, verläuft ebenfalls über die PI3-Kinase.

TNF kann somit gleichzeitig zelluläre Überlebens- und Todessignalkaskaden einleiten. Das Verhältnis der Aktivierung dieser Wege, insbesondere die Aktivierung von NF-κB, entscheidet zwischen Überleben und Untergang/Apoptose der Zelle. Bezogen auf das neuronale Gewebe wirkt TNF neurotoxisch, wenn die NF-κB Aktivität unterdrückt wird (BOTCHKINA et al., 1999; FRIDMACHER et al., 2003) bzw. neuroprotektiv (FONTAINE et al., 2002; VENTERS et al., 2001) über die Aktivierung von NF-κB. Es scheint, dass die Übermittlung neuroprotektiver Signale über den TNFR2 und die Aktivierung von Akt vermittelt werden können (FONTAINE et al., 2002). Beide TNFR sind in der Lage, NF-κB zu aktivieren und damit die Zelle vor der Apoptose zu schützen, dabei kommt es über den TNFR2 zu einer länger andauernden Aktivierung von NF-κB als über den TNFR1 (MARCHETTI et al., 2004).

(38)

Abb. 2: TNF-vermittelte Signalwege

a) TNFR1-vermittelte Apoptose via TRADD, FADD and Caspase8

b) TNFR1-vermittelter, antiapoptotischer Übertragungsweg via TRAF2 oder RIP c) TNFR1 Wirkung als silencer of survival signals über Inhibitierung der PI3-kinase d) TNFR2-vermittelter, antiapoptotischer Übertragungsweg via TRAF2 and NF-κB und

vermuteter antiapoptotischer Effekt via PI3-Kinase und Phospho-Akt-Aktivierung

2.2.2 Funktionen des TNF im ZNS

Im ZNS sind Mikroglia, Astrozyten und einige Neurone in der Lage, TNF zu sezernieren (LEE et al., 1993; HOPKINS et al., 1995). TNF wiederum induziert die Proliferation von Astrozyten (SELMAJ et al., 1990). Rezeptoren für TNF finden sich auf Mikroglia, Astrozyten, Neuronen und Oligodendrozyten (DOPP et al., 1997). Bei Mäusen konnte eine konstitutive TNF-Expression in Neuronen, Glia und Mikroglia-ähnlichen Zellen im Gehirn nachgewiesen werden, welche durch extrinsische und intrinsische Faktoren beeinflusst wurde (GAHRING et al., 1996).

Bei einer Reihe von neurodegenerativen Erkrankungen wird eine Überproduktion von TNF im ZNS beobachtet. Eine Übersicht über die vielfältigen neurotoxischen und neuroprotektiven Effekte einer verstärkten TNF-Synthese am Beispiel einer HIV-Infektion des ZNS gibt

(39)

Abb. 3. Deutlich erhöhte Werte von TNF und anderen proinflammatorischen Zytokinen werden bei dem AIDS-Dementia-Komplex, Schlaganfall, Trauma, bei cerebraler Malaria, Multipler Sklerose und Alzheimer-Krankheit beobachtet (TYOR et al., 1992; MINAGAR et al., 2002; NELSON et al., 2002; WILLIAMS und HICHKEY, 2002). Bei transgenen Mausmodellen mit einer TNF-Überexpression im ZNS, kann die Überproduktion von TNF auch zu progressiven neurodegenerativen Erkrankungen führen (PROBERT et al. 1995;

AKASSOGLOU et al. 1997; TAUPIN et al., 1997).

Der neurotoxische Effekt des TNF kann über zahlreiche Mechanismen vermittelt werden.

Zum einen erhöht TNF an den Endothelzellen des Gehirns die Expression des vascular adhesion molecule (VCAM)-1, an das aktivierte T-Zellen binden, bevor sie in das ZNS einwandern können, und ermöglicht somit den Influx von Immunzellen (LIEBERT, 2001;

NOTTET, 2005). Zum anderen konnte gezeigt werden, dass TNF die Glutamat-Aufnahme der Astrozyten inhibiert und über einen erhöhten extrazellulären Glutamatspiegel neurotoxisch wirkt (FINE et al., 1996). Ein weiterer Weg, auf dem TNF neurodegenerativ wirken kann, verläuft über die Aktivierung von Astrozyten, Makrophagen und Mikroglia. In Astrozyten wird beispielsweise über die Aktivierung des NF-κB die Synthese von proinflammatorischen Zytokinen angeregt (HAN et al., 2001).

Neben diesen schon lange bekannten neurotoxischen Effekten von TNF, konnte in jüngeren Studien ebenfalls ein neuroprotektiver Effekt des TNF in ZNS nachgewiesen werden. So konnte CHENG et al. (1994) in Gehirnzellkulturen von embryonalen Ratten eine TNF- abhängige Stabilisierung der Ca2+-Homöostase nachweisen, welche der Ca2+-abhängigen Neurotoxizität entgegenwirkt. Eine Vorbehandlung mit TNF schützte neuronale Zellkulturen auch vor NMDA-induzierter Exzitotoxizität (HOUZEN et al., 1997). Diesen Beobachtungen konnten in vivo bestätigt werden. Bei TNF-transgenen Mäusen mit neuronaler TNF- Überexpression konnte ein deutlicher Schutz der Neuronen gegen Glutamat-induzierte Neurotoxizität in Abhängigkeit der TNF-Spiegel nachgewiesen werden (MARCHETTI et al., 2004). Nach intrazerebraler Mikroinjektion von TNF in SJL und BALB Mäuse waren erhöhte Werte der proinflammatorischen Mediatoren RANTES, MIP-1α und MIP-1β nachweisbar, interessanterweise wurde nach dieser lokalen TNF-Applikation jedoch keine Infiltration von Lymphozyten ins Gehirn beobachtet (GLABINSKI et al., 2003). TNFR-knockout Mäuse, denen beide TNF-Rezeptoren fehlten, zeigten nach zerebraler Ischämie und Kainic-Säure

(40)

induzierten Verletzungen vermehrt oxidativen Stress und reduzierte Mengen an antioxidativen Enzymen im Vergleich zu Kontrolltieren, welches auf die fehlende neuroprotektive Wirkung des TNF zurückzuführen ist. Weiterhin war bei diesen TNFR-knockout Mäusen die Mikrogliaaktivierung reduziert, was die Bedeutung des TNF auf die Immunreaktion unterstreicht (BRUCE et al., 1996).

(41)

Abb. 3: Überblick über die neuroprotektiven und neurodegenerativen Eigenschaften des TNF am Beispiel einer HIV-Infektion

Grüne Pfeile: neuroprotektive Effekte; rote Pfeile: neurodegenerative Effekte; orange Pfeile: neuroprotektive und -degenerative Effekte; nach BRABERS und NOTTET (2006)

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2.2.3 Rolle des TNF bei viralen Erkrankungen

TNF gilt als eine wichtige Komponente der antiviralen Abwehr. Zum einen induziert TNF die Expression der IFNα und IFNβ, zum anderen entfaltet es direkte antivirale Aktivität.

Gemeinsam mit den Interferonen trägt es zur selektiven Viruseliminierung durch eine direkte Interaktion mit infizierten Gehirnzellen bei. Direkt kann TNF vor allem auf der Ebene der Absorption und Penetration des Virus in die Wirtszelle interferieren. Einige Viren haben jedoch Strategien entwickelt, die Signalkaskade zu manipulieren, so dass eine verstärkte TNF- Expression die Virusreplikaktion steigert (Übersichten bei LIEBERT 2001; HERBEIN und O’BRIEN 2000). Die Interaktion mit TNF und seinen Rezeptoren wird für zahlreiche Viren beobachtet, wobei für beide TNF-Rezeptoren eine Beteiligung an der antiviralen Aktivität gezeigt werden konnte (RUBY et al., 1997).

Eine antivirale Wirkung von TNF wurde für die experimentelle Masernvirus (MV)-induzierte Enzephalitis im Mausmodell beschrieben. Die MV-induzierte Enzephalitis konnte durch virusspezifische T-Zellen über einen synergistischen Effekt von TNF mit IFNγ kontrolliert werden (FINKE et al., 1995). Auch für Influenzaviren wurde in der Zellkultur eine starke antivirale Wirkung des TNF über einen noch unbekannten Mechanismus gegen aviäre, porcine und humane Influenza Viren nachgewiesen. Die Vorbehandlung der Zellkulturen mit TNF führte zu einer deutlichen Reduktion der viralen Replikation (SEO und WEBSTER, 2002). In Untersuchungen, die genetisch verändertes Tollwut-Virus (Rabies Virus, RV) verwendeten, das TNF-überexprimiert, konnten ebenfalls Hinweise auf einen direkten antiviralen Effekt des TNF unabhängig von IFNα und IFNβ nachgewiesen werden. Weiterhin soll eine indirekte antivirale TNF-Wirkung über die Induktion der Entzündungsreaktion vermittelt werden (FABER et al., 2005). In einer weiteren Studie mit experimentell RV- infizierten neonatalen Mäusen konnte eine Aufregulierung von TNF-Rezeptoren und sowohl apoptotischen als auch antiapoptotischen Genen beobachtet werden (UBOL et al., 2005).

Experimentell intraperitoneal mit West Nile Virus infizierte Mäuse ließen ebenfalls einen Zusammenhang der Virulenz und Neuroinvasion mit dem TNF-Spiegel erkennen (SHIRATO et al., 2006). Ferner sind immunmodulierende Effekte für γ-Herpesviren beschrieben. Sie sollen den apoptotischen Weg der TNF-Kaskade blockieren und somit eine Aktivierung des protektiv wirkenden Transkriptionsfaktors NF-κB bewirken, wodurch ein Überleben der

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