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2.1 Die Bornasche Erkrankung

2.1.2 Experimentelle Infektion von Mäusen

Mäuse galten lange als ungeeignete Modelltiere, da adult infizierte Tiere keine Enzephalitis und keine klinischen Symptome entwickeln (KAO et al., 1984; RUBIN et al., 1993).

HALLENSLEBEN et al. (1998) konnte in neonatal mit einer mausadaptierten BDV-Präparation infizierten Mäusen eine schwere neurologische Erkrankung zu erzeugen. Im Gegensatz zu dem Rattenmodell, wo die Erkrankung ausschließlich bei adult infizierten Ratten auftritt, erkranken Mäuse nur, wenn sie neonatal infiziert werden. Worauf der unterschiedliche Verlauf der Erkrankung bei neonatal und adult infizierten Mäusen und Ratten beruht, ist bislang nicht bekannt (Übersichten bei HALLENSLEBEN et al., 1998;

BRAYTON et al., 2001).

Durch den Einsatz transgener Mäuse ist es heutzutage möglich, die Mechanismen der Immunpathogenese, insbesondere den Effekt einzelner Zytokine und Entzündungsmediatoren im Verlauf der BDV-Infektion zu analysieren.

2.1.2.1 Klinik und Epidemiologie

Neonatal mit einer mausadaptierten BDV-Präparation infizierte Mäuse entwickelten nach vier bis sechs Wochen erste neurologische Symptome, ähnlich denen der akut erkrankten Ratten.

Sie zeigten stumpfes Fell, Kopfschiefhaltung, kümmerten und verloren etwa 20% an Körpergewicht innerhalb von vier Tagen (HALLENSLEBEN et al., 1998). Erkrankte Tiere konnten leicht an einer typischen, unphysiologischen Hinterbeinhaltung identifiziert werden, sie verschränkten ihre Gliedmaßen vor dem Körper, wenn sie am Schwanz angehoben wurden (HALLENSLEBEN et al., 1998). Wurden dagegen adulte Mäuse mit BDV infiziert, verhielten sie sich klinisch unauffällig und zeigten histologisch nur minimale entzündliche Veränderungen im Gehirn (KAO et al., 1984; RUBIN et al. 1993). Die Inzidenz und Schwere der Erkrankung neonatal infizierter Mäuse variierte zwischen verschiedenen Mausstämmen, obwohl bei allen untersuchten Mauslinien eine ähnliche Ausbreitung des BDV im Gehirn beobachtet wurde (HALLENSLEBEN et al.; 1998). Besonders deutliche Krankheitszeichen und eine deutliche Empfänglichkeit für die BDV-Infektion fand man bei MRL Mäusen, während C57BL/6 und SJL Mäuse klinisch nur eine dezente Symptomatik zeigten und nur wenige Tiere erkrankten. Von den CBA und C3H Mäusen entwickelte ebenfalls nur ein

geringer Prozentsatz der Tiere klinische Symptome, die betroffenen Tiere zeigten jedoch mit MRL Mäusen einen vergleichbar schwerwiegenden Krankheitsverlauf (RUBIN et al., 1993;

HALLENSLEBEN et al., 1998). BALB/c Mäuse zeigten eine vergleichbare Inzidenz der Erkrankung wie CBA und C3H Mäuse, entwickelten jedoch nur moderate klinische Veränderungen, während die erkrankten CBA und C3H Mäuse deutliche neurologische Symptome zeigten (HALLENSLEBEN et al., 1998).

Die Morbidität beträgt, wie bei den Ratten, in Abhängigkeit vom Mausstamm und der BDV-Präparation, bis zu 100%.

2.1.2.2 Pathogenese

Bisher liegen keine Studien zu der horizontalen Übertragung zwischen Mäusen vor. Dagegen beschrieben OKAMOTO et al. (2003) eine vertikale Übertragung in BALB/c Mäusen nach intraperitonealer Infektion und anschließender Bedeckung. Bei experimentell infizierten, neonatalen Mäuse war bis 15 Tage p.i. nur sehr wenig oder keine BDV-spezifische RNA im Gehirn nachweisbar, ab 20. Tag p.i. konnte virale RNA regelmäßig nachgewiesen werden. Um 28 Tage p.i. erreichte die Menge an viraler RNA ihr Maximum (HALLENSLEBEN et al., 1998). Die ersten klinischen Symptome treten bei erkrankten Mäusen, wie bei den Ratten, parallel mit der Infiltration der Entzündungszellen im Gehirn auf. Histologisch zeigen die Mäuse eine mononukleäre, perivaskuläre, parenchymatöse und meningeale Infiltration im Gehirn. Vor allem in Neokortex und Ammonshorn wurde eine massive Infiltration von vorwiegend T-Zellen beobachtet. Cerebellum und Thalamus wiesen meist geringer ausgeprägte entzündliche Infiltrate auf (HALLENSLEBEN et al., 1998;

FREUDE et al., 2002).

2.1.2.3 Immunpathologie

Die Mäuse zeigten ebenfalls eine positive Korrelation zwischen der Ausprägung der klinischen Symptome und der Stärke der Entzündungsreaktion. Auch im Mausmodell liegen virusinduzierte, immunpathologische Mechanismen der Entstehung der Erkrankung zu Grunde. Wie schon von der Ratte bekannt, konnte für die Maus gezeigt werden, dass nicht das Virus, sondern die infiltrierenden Entzündungszellen über eine Hypersensibilitätsreaktion

vom Typ IV die Entstehung der BD auslösen (HALLENSLEBEN et al., 1998). Es konnte weiterhin festgestellt werden, dass die Schwere der Erkrankung an das MHC I-Allel gekoppelt ist, während die Empfänglichkeit für die Erkrankung auf andere, unbekannte genetische Faktoren zurückzuführen ist (HALLENSLEBEN et al., 1998). Alle Mausstämme, die schwere klinische Symptome entwickelten, gehören dem H-2k Haplotyp an. Ursächlich wurde dieser Unterschied auf die Erkennung eines spezifischen T-Zellepitops (TELEISSI) des BDV-Nukleoproteins, zurückgeführt. Dieses Epitop wurde von den meisten infiltrierenden zytotoxischen CD8+ T-Zellen in Mäusen des H-2k Haplotyps erkannt (SCHAMEL et al., 2001). Die zentrale Rolle des TELEISSI-Epitops bei der Entwicklung der BD wurde weiterhin durch die Beobachtung unterstützt, dass eine periphere Immunisierung mit dendritischen Zellen, die mit dem TELEISSI-Epitop ummantelt waren, die immunologische Toleranz einer persistierenden BDV-Infektion des ZNS beendeten und die Tiere schwere neurologische Symptome entwickelten (FASSNACHT et al., 2004). In einer weiteren Studie konnte gezeigt werden, dass eine transgene Expression des BDV-N in Neuronen oder Astrozyten bei Mäusen mit einem B10.BR-Hintergrund per se zu keiner Erkrankung oder Verhaltensänderungen führte (RAUER et al., 2004). Nach BDV-Infektion dieser BDV-N-transgenen Mäuse verhinderte die neuronale BDV-N Expression eine Infektion der BDV-N-transgenen Neuronen, dagegen hatte die transgene Expression des BDV-N in Astrozyten keinen Einfluss auf die Virusausbreitung. Weiterhin konnte in dieser Studie gezeigt werden, dass die CD8+ T-Zell-vermittelte Immunantwort gegen das BDV-N durch die transgene Expression des BDV-N in Neuronen und Astrozyten beeinträchtigt wurde (RAUER et al., 2004). Bei experimentell BDV-infizierten MRL-Mäusen waren sowohl aktivierte CD4+ T-Zellen, als auch aktivierte CD8+ T-Zellen im Gehirn nachweisbar (HAUSMANN et al., 1999). CD8+ T-Zellen zeigen vor allem Antigenspezifität für das BDV-N (HAUSMANN et al., 1999, PLANZ und STITZ, 1999). Untersuchungen an neonatal intra cerebral (i.c.) infizierten, CD8+ T-Zell-defizienten Mäusen zweier verschiedener Mausstämme (MRL und C57Bl/6), zeigten, dass die neurologischen Symptome der BDV-Infektion vorwiegend auf einen CD8+ T-Zell-vermittelten Prozess zurückzuführen waren (HALLENSLEBEN et al., 1998; HAUSMANN et al., 2005a). HAUSMANN et al. (2001) konnte jedoch anhand von perforindefizienten Mäusen keinen Einfluss des Perforins auf die Kinetik der Virusausbreitung oder die Ausprägung der Krankheitssymptome nach BDV-Infektion finden. Interessanterweise konnten auch in

persistierend BDV-infizierten Mäusen weiterhin BDV-N spezifische CD8+ T-Zellen nachgewiesen werden, diese T-Zellen zeigten jedoch eine verminderte funktionale Avidität (ENGELHARDT et al., 2005).

BDV-infizierte Neurone werden bei der Maus (HAUSMANN et al., 2001), wie schon von der Ratte bekannt (NARAYAN et al., 1983; RICHT et al., 1989; DESCHL et al., 1990; HERDEN et al., 2000), nicht von T-Zellen lysiert. Vielmehr scheinen, wie bei der Ratte, proinflammatorische Zytokinen und andere Entzündungsmediatoren eine wichtige Rolle bei der Entstehung der entzündlichen Veränderungen im Gehirn zu spielen. SAUDER et al.

(2000) konnten eine starke Aufregulierung von TNF in Gehirnen BDV-infizierter Mäuse (MRL und AGR) beobachten. Weiterhin soll IL-12 eine wichtige Rolle in der Immunpathogenese der BD bei der Maus spielen. Die Überexpression von IL-12 vermochte in Mäusen mit einem BDV-resistenten genetischen Hintergrund (C57Bl/6 x SJL) eine klinisch manifeste Erkrankung zu induzieren (FREUDE et al., 2002), dieser Effekt wurde jedoch vermutlich über die Induktion von IFNγ vermittelt. IFNγ alleine konnte keine Erkrankung auslösen, erst die Anwesenheit von IFNγ-sezernierenden Lymphozyten führte zu klinischen Symptomen (HOFER et al., 2004). Anhand von slide culture-Untersuchungen konnte der Effekt von IFNγ auf die BDV-Infektion unabhängig von Lymphozyten betrachtet werden.

Hier zeigte sich, dass IFNγ noch nicht infizierte Zellen in BDV-infizierten Kulturen des Ammonshorns und des Cerebellum vor der Infektion schützen konnte. IFNγ war jedoch nicht in der Lage, in den bereits BDV-infizierten slide-Kulturen das Virus zu eliminieren (FRIEDL et al., 2004). Eine weitere Studie lieferte Hinweise auf eine mögliche neuroprotektive Wirkung des IFNγ. IFNγ-defiziente Mäuse (MRL und BALB/c) entwickelten, auch wenn sie adult infiziert wurden, neurologische Symptome, wohingegen adult infizierte Tiere des jeweiligen Wildtyps (wt) keine Symptome einer BD zeigten (HAUSMANN et al., 2005a).

Auch die Untersuchung von HAUSMANN et al. (2004) unterstützt die Beobachtung der möglichen neuroprotektiven Wirkung des IFNγ. Bei IFNγ-defizienten Mäusen konnte eine leicht erhöhte Inzidenz und Schwere der Erkrankung im Vergleich zu wt-Kontrolltieren festgestellt werden.

Die Ausschaltung der Gene für Fas/FasL, Chemokinrezeptor CXCR3 und induzierbare NO-Synthetase zeigten keinen Einfluss auf den Verlauf der Virusausbreitung und Erkrankung nach BDV-Infektion in MRL Mäusen. Ebenso wenig konnte eine CXCL10-Expression

(T-Zell anlockendes Chemokin) in Astrozyten den Krankheitsverlauf in MRL Mäusen beeinflussen. In allen diesen Modellen zeigte die Virusausbreitung keine Unterschiede zwischen transgenen und wt Mäusen (HAUSMANN et al., 2004).

Die bisher durchgeführten Untersuchungen konnten für einige Chemo- und Zytokine (IL-12, IFNγ) eine Beteiligung an der Immunpathogenese der BDV zeigen, zahlreiche andere (Fas/FasL, CXCR3, NO-Synthetase) scheinen keine Rolle bei der Verhinderung der Virusausbreitung zu spielen. Für das TNF liegen derzeit noch keine detaillierten Unter-suchungen zur Rolle bei der Immunpathogenese der BDV-Infektion vor.