über einige Verse Rudakis Von Uto Melzer-Graz
Von den Lobgedichten Rudakis, des ältesten großen
Dichters neupersischer Sprache, ist nur ein einziges erhalten.
Ein persischer Gelehrter namens Mirsa Mohammed hat den
Wortlaut hergestellt, Denison Ross ihn nebst einer englischen
Übersetzung veröfientlicht (JRAS, 1926, S. 213fT.). Einige
verderbte Verse blieben dabei unübersetzt oder fraglich. So
lautet Vers 26:
t^jljj iS^J 3 ^ "^.J, jl;L <d.U. ) j ^-^
Mirsa Mohammed sagt, daß der Vers in allen Hand¬
schriften vollkommen verderbt und unverständlich sei, daß
er aber Musikinstrumente aufzuzählen scheine. Zwei Les¬
arten werden geboten:
tSjy t5l«j) J (j-f' ■la'.v:
jüL ciLU i j Jjj; <iL»-
und
(^jIj. csi^y j Ja-,^.
jkU. (dLU- i^^ij j »-jj j d^»-
Das Vorliegende ist zur Herstellung und Übersetzung
doch wohl genug. Die zweite Halbzeile kann in der zuletzt
angeführten Fassung ohne weiteres übernommen werden. In
der ersten Halbzeile sind zunächst die „Teppiche"
auszuscheiden, die nichts mit der Musik zu tun haben. Sie
stammen aus dem vorhergehenden Verse, wo von ihnen die
Rede ist, und sind wohl durch das Versehen eines Abschreibers
hereingeglitten. Die beiden Lesarten bezeugen dafür das
Wort t^l«;^) „Arten" und so ist nur das Wort zu suchen,
U. Melzer, Über einige Verse Rudalcis 405
das sich unter tS-^'y, li-»!))) iS^^y. verbirgt. Ich sehe darin j^l;^,-
„Trompete, Horn" und lese:
(i^^ tiWy 3 ^.f.
(^lU <iLU (_5U oJ/ j OJ 3 d^»-
Das Versmaß ist, von rechts nach hnks gelesen,
bärbät i 'Isä u laun-häy l surnäy,
öäng u duf ä pärdä-häy i öäbuk gänän.
„Die Laute 'Isas und (verschiedene) Arten von Hörnern,
die Harfe und die Handtrommel und die Lieder des behenden
Liebchens."
Icb bemerke noch, daß das n von laun-häy, weil es sich
um ein arabisches Wort handelt, als Kürze gemessen werden
muß, und lasse es dahingestellt, ob unter 'Isa ein bestimmter
Musiker oder Christus zu verstehen ist.
Vers 56 lautet:
fjj 45°'ji>_Xi-. ^J-jj iS-^_j^ oU^- ;_r'U-
Mirsa Mohammed erklärt den zweiten Halb vers für ver¬
derbt und unverständlich und möchte statt allenfalls
^ lesen, obgleich er den Sinn dann noch immer dunkel
fände. Denison Ross übersetzt: „If Isfendiyar had seen him
on the day of battle The point of his arrow would rend the
world asunder with ease."
Es ist aber wohl i^o-jj statt iS-^_ji zu lesen und
nicht als Hauptwort ,,Welt", sondern als Mittelwort ,, sprin¬
gend" von j:-^ aufzufassen:
vär-S bidldl Sifändiyär gäh l räzm,
pU i sinän-äS gähän dävldl ärzän.
„Und wenn ihn Isfendiar zur Zeit der Schlacht gesehen
hätte,
wäre der Würdige vor seiner Lanze in (großen) Sprüngen
(davon)gelaufen."
406 U. Melzer, Über einige Verse Rudalcis
Unübersetzt ist auch der 83. Vers gebUeben. Er lautet:
if ^'j- ^
jUU jolx. j aj^ iy ^J)
Mirsa Mohammed bemerkt, man könnte in dem sehr ver¬
derbten und unverständlichen ersten Halbverse auch ^ j
oder jia. jlesen. Vielleicht sei es aus jii* j entstellt, neben
dem allerdings ji-j noch immer sinnlos bliebe. Ich lese den
Anfang des Verses ^ j ^ :
bäs dähäs-i mädh 'äriä kärä zämän-i;
värl buüäd öirä bär mädäHh i Sähän,
„Manch ein Beredter brachte eine Zeitlang (sein) Lob vor;
aber wenn er auch dreist (genug) für Lobgedichte auf
Könige ist ..
Der Vers paßt so nach Inhalt und Form zu den folgenden
Versen, denn sie heben hervor, wie schwierig es im vor¬
liegenden Falle sei, ein würdiges Lobgedicht zu verfassen.
Im 10. und im 55. Vers bedeutet im englischen
Wortlaut nur mit mast umschrieben, beim Elefanten
„brünstig".
Eine gefälschte Inschrift in altpersischen Zeichen Von Wilhelm Eilers-Teheran
In Journal of the American Oriental Society (= JAOS)
56i (1936) S. 91—93 hat Isidore Dyen „A dubious Old
Persian Tablet in Philadelphia" veröffentlicht i), ein Stück,
an dessen Echtheit er selbst wie jeder andere Kenner der
altpersischen Inschriften nicht glauben kann"). Es ist eine
etwa 11x8 Zoll messende Tafel von rotem Ziegel in ver¬
dächtig gutem Zustand, offensichtlich, bevor sie in den
Handel kam, in zwei Teile zerbrochen. Auf der allein be¬
schrifteten Vorderseite befindet sich
Erstens eine figürliche Darstellung in Relief ausgeführt,
nämlich eine sitzende Person (gemeint ist wohl der König
oder Ahuramazda) sowie im oberen Mittelteil eine weitere
Figur mit erhobenen Armen, vermutlich ein Hirte. Zu dessen
Füßen und zur Linken eine Ziege und drei Schafe. Endlich
noch Blumen und Gräser zur Andeutung von Weideland.
Es ist zu bedauern, daß Dyen, wenn er schon an die Ver¬
öffentlichung des Stückes heranging, nicht ein Lichtbild oder
eine Durchzeichnung dieser eigentümlichen Szene beigefügt
hat. Der sich in der Darstellung zeigende Stil und Geschmack
würden vermutlich auf den ersten Blick die Tafel als eine
iranische Fälschung jüngsten Datums erweisen*).
1) O. RössLEB lenkte meine Aufmerksamkeit auf diesen Artikel.
2) „I believe the inscription can be shown to be a forgery" (S. 91)
und am Schluß (S. 93): „an attempt to produce something that might
pass for an OP text". In ähnlichem Sinn auch der Herausgeber der
Zeitschrift (S. 91^). An weiteren Urteilen sind mir bisher nur R. Kbkt's
gleichlautende Bemerkungen (unten S. 408) bekannt geworden.
3) Vielleicht weist sie ähnliche Merkmale auf wie das von J. Lewt
für echt gehaltene „altpersische Specksteinrelief" im Berner Histori¬
schen Museum; vgl. D. Opitz in AfO 5 (1928/29), S. 168ff.