Prof. Dr. H. J. Pesch
Lehrstuhl f¨ur Ingenieurmathematik Universit¨at Bayreuth
Optimale Steuerung partieller Differentialgleichungen Optimal Control of Partial Differential Equations
(Teil 2: WS 2009/10) 14. ¨Ubung
Vorbemerkung:
In diesem ¨Ubungsblatt besch¨aftigen wir uns mit einigen Eigenschaften abstrak- ter Funktion, die auf kompakten Intervallen definiert sind, also mit Abbildun- gen y: [a, b] → Z, wobei [a, b] ⊂ R ein kompaktes Intervall reeller Zahlen und Z ein Banachraum ist. Insbesondere besch¨aftigen wir uns mit Normen, Stetigkeit, Integralen und Funktionalen dieser Funktionen.
1) Normen abstrakter Funktionen.
Man zeige: Die Funktion y(x, t) = et
√x
geh¨ort dem Raum C([0, T], L1(0,1)) an. Berechnen Sie ihre Norm in diesem Raum. In welchen R¨aumen Lp(0, T;Lq(0,1)) liegt die Funktion?
2) Eine Absch¨atzung f¨ur das Riemann-Integral ¨uber einer abstrakten Funktion.
Es sei y∈C([0, T], Z), [0, T]⊂R, Z Banachraum.
Man zeige:
a) Wie f¨ur reellwertige Funktionen gilt f¨ur das Riemannintegral einer steti- gen abstrakten Funktion auch:
T
Z
0
y(t) dt Z
≤
T
Z
0
y(t) Zdt .
b) Durch das stetige lineare Funktional F auf Z∗ F: Z∗ →R
z∗ 7→
T
Z
0
hz∗, y(t)iZ∗, Z dt
wird eindeutig ein Element z ∈Z definiert, wobei gilt z =RT
0 y(t) dt.
3) Stetigkeit abstrakter Funktionen.
a) Es sei {Z,k · kZ} ein Banachraum,y∈C([0, T], Z), [0, T]⊂ R, eine fest vorgegebene stetige, abstrakte Funktion undF[t](z∗) :=hz∗, y(t)iZ∗, Z f¨ur jedes t∈[0, T] ein lineares Funktional auf dem DualraumZ∗ von Z. Man zeige, dass f¨ur alle z∗ ∈ Z∗ die reellwertigen Funktionen F[z∗](t) = hz∗, y(t)iZ∗, Z stetige Funktionen in t sind, falls y∈C([0, T], Z), . . . b) . . . aber nicht umgekehrt. Dazu das Gegenbeispiel:
Es sei jetzt {H,(·,·)H}ein separabler Hilbertraum mit der vollst¨andigen Orthonormalbasis e1, e2,. . ., en,. . . bzgl. des Skalarproduktes (·,·). Wir definieren Funktionen y(t) : [0,1]→H folgendermaßen:
y(0) = 0,
y(t) = (1−τ)en+1+τ en f¨ur t=τ 1
n + (1−τ) 1 n+ 1, wobei 0≤τ ≤1.
Man zeige, dass die reellwertigen Funktionen
F[z∗](t) := (z∗, y(t))H , z∗ ∈H∗ ∼=H (Riesz),
f¨ur alle z∗ stetig auf [0, T] sind, aber die Funktion y: [0,1] → H nur stetig auf dem halboffenen Intervall (0, T] ist, nicht jedoch int = 0.
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Hinweis:Ein metrischer Raum, also eine nichtleere Menge, auf der eine Metrik definiert ist, heißt separabel, wenn es eine h¨ochstens abz¨ahlbare Menge gibt, die dicht in ihm liegt. Dann lehrt die Funktionalanalysis, dass jeder separable Pr¨ahilbertraum H 6={0} eine h¨ochstens abz¨ahlbare Orthonormalbasis besitzt (Satz 24.2, H. Heuser, Funktionalanalysis, Teubner, Stuttgart, 1992, S. 177).
Beispiele f¨ur separable Hilbertr¨aume sind u. a. der Lp(Ω) mit Ω⊂Rn, Ω offen und beschr¨ankt, und die Folgenr¨aume lp :={(xn)n∈N, xn∈K,K=RoderC: P∞
n=1|xn|p < ∞} jeweils nur f¨ur 1 ≤ p < ∞. Ferner lehrt die Funktional- analysis, dass jeder unendlichdimensionale separable Hilbertraum norm- isomorph zu l2 ist (Satz 25.2, Heuser, S. 182). Insbesondere gilt dann die Parsevalsche Gleichung
kzk2H =
∞
X
i=1
|(z, ei)|2 =
∞
X
i=1
ξi2,
wenn z =P∞
i=1ξiei die Basisdarstellung von z ∈H ist.
4) Funktionale mit abstrakten Funktionen.
Es sei H = L2(Ω) der dieser Aufgabe zugrundeliegende Hilbertraum mit Skalarprodukt (·,·)H und Ω ∈ RN ein beschr¨anktes Lipschitz-Gebiet mit Rand Γ. Mit dem Zeitintervall (0, T), T > 0, wird mit Q := Ω × (0, T) ein Raum-Zeit-Zylinder mit Rand Σ := Γ × (0, T) definiert. Ferner seien c0 ∈ L∞(Q), f ∈ L2(Q) und g ∈ L2(Σ) mit den entsprechenden abstrakten Funktionen c0(t),f(t) und g(t).
Man untersuche f¨ur alle festen t∈[0, T] die folgenden FunktionaleGj(t)∈V∗, j = 1,2,3:
G1(t) : v 7→(c0(t)y(t), v)H , G2(t) : v 7→(f(t), v)H , G3(t) : v 7→(g(t), v)L2(Γ) .
Hierbei ist stets v(x, t) := v(x)ϕ(t) mit v ∈ V = H1(Ω) und ϕ ∈ C0∞(0, T) und y∈W21,2(Q)∼=L2(0, T;H1(Ω)).1
1Die Normen in W21,2(Q) und L2 0, T;H1(Q)
sind identisch; siehe Vorlesung. Aber es sind auch die R¨aume zueinander isomorph, da jede Funktiony∈W21,2(Q) durch Ab¨anderung auf einer Menge vom Maß Null zu einer Funktion ausL2 0, T;H1(Ω)
wird; siehe Einar Hille, Ralph S. Phillips: Functional Analysis and Semigroups. American Mathematical Society Colloquium Publications, Vol. XXXI, Providence, Rhode Island, 1957.
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Insbesondere zeige man, dass alle Funktionale linear und stetig sind und dass kG1(t)kV∗ ≤cky(t)kH1(Ω),
kG2(t)kV∗ ≤ckf(t)kL2(Ω), kG3(t)kV∗ ≤ckg(t)kL2(Γ)
mit einer gewissen Konstante cgilt. Ferner zeige man, dassGj ∈L2(0, T;V∗), j = 1,2,3, gilt.
Bemerkung:Die hier zu zeigenden Eigenschaften der FunktionaleGj(t) f¨ullen eine kleine Beweisl¨ucke im Satz 3.12 der Vorlesung;2 sie heißen dort F2, F4 und F5.
2gleiche Ziffer wie im Buch von F. Tr¨oltzsch.
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