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Archiv "Kommunikation im Gesundheitswesen – Telematik: Patientenschutz steht an erster Stelle" (05.06.1998)

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eutschland ist, was die Te- lematik angeht, fast noch ein

„Entwicklungsland“. Das je- denfalls ist die Auffassung von Dr.

med. Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Ärztekammer Ham- burg und Vorstandsmitglied der Bundesärztekammer. Die Aufwen- dungen für Informatik im Gesund- heitswesen seien in der Bundesrepu- blik noch nicht einmal halb so hoch wie in den USA. Sie betragen nur ein Prozent der gesamten Ausgaben des Gesundheitswesens.

Vorteile der Telematik

Zu den Patientendaten gebe es immer noch zum Beispiel den radio- logischen Befund, der in einen Com- puter geschrieben und archiviert wird, auf Papier ausgedruckt, in eine Akte abgeheftet wird, um dann schließlich wieder in einem anderen Computer nach Diktat vom Blatt zum Teil eines Arztbriefes zu wer- den. „Das ist die Steinzeit der Büro- kommunikation – und zugleich die Wirklichkeit unseres Gesundheits- wesens“, sagte Montgomery.

In Deutschland wird noch der größte Teil der patientenbezogenen Information auf herkömmliche Wei- se, zum Beispiel auf Papier und Film, erfaßt, bestätigte auch Prof. Dr. med.

Wilhelm van Eimeren vom Institut für medizinische Informatik und Sy- stemforschung des GSF-Forschungs- zentrums für Umwelt und Gesund- heit in Oberschleißheim. Er unter- strich die Vorteile der Telematik. So dürfe beispielsweise eine bessere professionelle Versorgungsqualität

durch schnellere und leichtere Ver- fügbarkeit medizinischen Wissens erwartet werden. Außerdem lasse sich die professionelle Isolierung durch Diskussionsforen im Internet mildern. So könne der Arzt das In- ternet auch für die eigene Fortbil- dung nutzen. Darauf machte Mont- gomery aufmerksam: „War der Feri- enkongreß der Bundesärztekammer

früher das geeignete Mittel der Fort- bildung, so ist es heute wahrschein- lich das Internet.“

Unabhängig von Entfernungen lasse sich medizinischer Sachver- stand zum Beispiel in der Teleradio- logie und Telepathologie heranzie- hen, betonte der Kammerpräsi- dent. Telemedizinische Anwendun- gen nach dem Motto „Chirurg in Kyritz an der Knatter operiert Blind- darm in Alaska“ spielten dagegen die geringste Rolle in der näheren Zukunft der Telemedizin, vermutet

Montgomery. Doch immerhin expe- rimentiere man mit neuen Technolo- gien und gewinne dabei möglicher- weise sinnvolle Erkenntnisse für die Zukunft. Das entscheidende Feld der Telematik werde allerdings die Administration der Daten im Ge- sundheitswesen sein.

Van Eimeren ist außerdem da- von überzeugt, daß die Telemedizin

erhebliche Einsparpotentiale erzie- len kann – etwa durch Wegfall von Doppeluntersuchungen. Auch ver- spätete oder unwirksame Behand- lungsansätze ließen sich erwarten.

„Allein der Verwaltungsweg zum Rezept könnte über die elektroni- sche Dokumentation um 400 Millio- nen DM jährlich entlastet werden“, so van Eimeren.

Eine Ursache für die geringe Nutzung der Telematik sieht Dr.

Montgomery unter anderem in der besonderen Ausprägung des Daten-

Kommunikation im Gesundheitswesen

Telematik: Patientenschutz steht an erster Stelle

Die Nutzung moderner Informationstechnologie im Gesundheitswesen kann die Versorgungsqualität und Wirtschaftlichkeit fördern. Sie darf jedoch nicht zu einem Verlust an Menschlichkeit in der Medizin führen.

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Prof. Dr. van Eimeren (links), Dr. Giesen: Datenschutz ist keine bürokratische Veranstaltung.

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schutzes. Dieses hohe Schutzniveau ist seiner Auffassung nach jedoch auch erforderlich, „denn ein hoher Patientenschutz ist zugleich der be- ste Arztschutz, den es überhaupt ge- ben kann“.

In einer vom Bundesgesund- heitsministerium in Auftrag gegebe- nen Untersuchung wird gefordert, eine gemeinsame Telematikplatt- form der Selbstverwaltungen im Ge- sundheitswesen einzuführen. Mont- gomery unterstützt diesen

Vorschlag. Die Plattform bietet seiner Auffassung nach ausreichende Sicher- heit für den Vertrauens- schutz des Arzt-Patienten- Verhältnisses. Sie sei außer- dem in der Lage, die Da- tenmengen zu verwalten und durch berufsrechtliche Regelungen Schutz für die Patienten zu gewährleisten.

Schutz der Privatsphäre

Als problematisch be- zeichnete Montgomery die offenbar vom Bundesge- sundheitsminister beabsich- tigte Verpflichtung, alle kryptographischen Verfah- ren, Schlüssel und Codes für die Sicherheitsorgane trans- parent zu machen. Damit

erhielten auch die Geheimdienste Einblick in den Datenverkehr des von der ärztlichen Selbstverwaltung aufgebauten Gesundheitsnetzes.

Wegen der Grundgesetzänderung zum „Großen Lauschangriff“ be- schleiche ihn ein ungutes Gefühl.

„Ich kann nicht einsehen, daß die Geheimdienste von uns unkontrol- lierten Zugang in das Netz des deut- schen Gesundheitswesens erhalten sollen. Wir unterliegen als Körper- schaften öffentlichen Rechts der Kontrolle durch die Aufsichtsbehör- den der Länder. Das reicht“, so Montgomery. Eine weitergehende Kontrollmöglichkeit gefährde das Grundrecht der Menschen auf Ver- schwiegenheit im Arzt-Patienten- Verhältnis.

Montgomerys Position wurde vom sächsischen Datenschutzbeauf-

tragten, Dr. jur. Thomas Giesen, ge- teilt. Datenschutz sei keine bürokra- tische Veranstaltung, die die ärztli- che Berufsausübung behindere und unnötig reglementiere, „sondern der Schutz unserer Privatsphäre vor der neugierigen Gesellschaft, besser: vor der neugierigen Obrigkeit“, hob Giesen vor. Schließlich seien die äl- testen Datenschützer der Welt Ärzte und Priester gewesen. Die Schweige- verpflichtung im Eid des Hippokra-

tes sei die wichtigste soziologische Grundlage der ärztlichen Kunst; das Ansehen der Ärzteschaft sei un- trennbar mit der Schweigepflicht über alles, was der Patient dem Arzt anvertraut hat, verbunden. Das Pri- vatleben stelle ein zu hohes Gut dar, als daß es dem neugierigen Zugriff von „Hinz und Kunz“ offenstehen dürfe.

Eine besondere Bedeutung komme auch den mit der Telemedi- zin verbundenen technischen Her- ausforderungen zu. Es sei ein we- sentlicher Unterschied, ob eine Pati- entenakte mit der Post von A nach B transportiert wird oder ob Informa- tionen in Sekundenschnelle über of- fene Netze möglicherweise um die halbe Welt geschickt werden. „Da- ten, die innerhalb Deutschlands von einem Krankenhaus an ein anderes

übermittelt werden sollen, gehen un- ter Umständen über zahlreiche Kno- tenpunkte, die sich im Ausland be- finden. Die Patientendaten mögen in den Händen der CIA sicher aufbe- wahrt sein; mit der ärztlichen Schweigepflicht wäre ein solcher Vorgang sicherlich nicht zu verein- baren.“ Im telemedizinischen Zu- sammenspiel sollte ein Datenhalter bestimmt werden. Das müsse der Hausarzt sein. Zu ihm habe der Pati-

ent ein besonderes, ganz persönli- ches Verhältnis. Gemeinsam mit ihm solle der Arzt bestimmen, „wer tele- medizinisch mitwirken soll“.

Der Hausarzt als Datenhalter

Der Patient müsse Subjekt blei- ben und dürfe nicht „Herr der Da- ten“ sein. Das Bild vom mündigen, aufgeklärten und selbstverantwortli- chen Patienten möge hilfreich sein, wenn es zum Beispiel um Zucker- krankheit oder Bluthochdruck geht.

Giesen hält jedoch nichts davon, je- den Patienten zum Datenhalter zu machen, weil er dann dem neugieri- gen Zugriff von Ehefrauen und El- tern, von „AOK-Beratern“ und Ar- beitgebern ausgesetzt ist. „Ihrem Dr. Montgomery: Raus aus der Steinzeit der Bürokommunikation!

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sublimen sozialen Druck wird der Patient nicht ausweichen können; da hilft auch kein Gesetz.“ Der Patient könne auch deshalb nicht Herr sei- ner Daten sein, weil er nicht selbst darüber bestimmen darf, was in die Dokumentation eingetragen wird.

„Der Patient ist nicht mündig, son- dern der Patient ist krank“, brachte es der Datenschutzbeauftragte auf den Punkt.

Diese Bemerkung stieß jedoch auf Widerspruch bei mehreren Dele- gierten. Prof. Dr. med. Hans Maus- bach, Landesärztekammer Hessen, faßte die Kritik zusammen: „Der Pa- tient kann zwar nicht alle Fakten richtig beurteilen, er ist dennoch ein mündiger Bürger mit Entschei- dungspflichten.“ Der Patient sei mündig auch als Kranker. Die Ärzte benötigten den Patienten als Part- ner. Dagegen vertrat Dr. med. Dieter Mitrenga, Ärztekammer Nordrhein, ebenso wie andere Delegierte die Auffassung, daß der Patient zwar in erster Linie krank sei, aber dennoch mündig bleibt, weil er Mensch ist.

Mitrenga warnte davor, Giesens Satz mißzuverstehen.

Die Delegierten beschlossen ei- nen vom Vorstand der Bundesärzte- kammer vorgelegten Antrag. Darin wird der Gesetzgeber aufgefordert,

„die erforderlichen gesetzlichen und finanziellen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die Chancen, die in dieser Technologie liegen, von den Verantwortlichen genutzt werden können“. Vergleichende Untersu- chungen der Kosten und Nutzen telemedizinischer Anwendungen sol- len gefördert werden. Es müßten Regelungen getroffen werden, die Patientendaten vor Eingriffen auto- risierter Stellen, wie zum Beispiel Geheimdiensten, zu schützen. Die Industrie sollte durch die Vereinba- rung von Normen zum erleichterten Einsatz der elektronischen Kommu- nikationsmedien beitragen.

Bei allen Befürchtungen vor Mißbrauch der Telematik dürfe letztendlich jedoch nicht vergessen werden, „daß wir einen vernünftigen Gebrauch regeln sollten und nicht aus Angst vor Mißbrauch uns ver- stecken oder verkriechen dürfen“, resümierte Montgomery.

Gisela Klinkhammer

ls eine „unendliche Ge- schichte von denen, die aus- zogen, Qualitätssicherung zu betreiben und denen immer neue Hindernisse in den Weg gerollt wer- den“, beschrieb Prof. Dr. med.

Friedrich-Wilhelm Kolkmann die aktuelle Situation. Der Präsident der Landesärztekammer Baden-Würt- temberg betonte in seinem Referat auf dem 101. Deutschen Ärztetag in Köln, die Qualitätssicherung befin- de sich in einer Phase der Neu- orientierung und Umstrukturierung, die von den Partnern der Selbstver- waltung, allen voran den Kranken- hausträgern und den gesetzlichen Krankenkassen, beträchtlich behin- dert werde.

Leitsätze des

Deutschen Ärztetages

Anlaß des Kompetenzgerangels ist die seit 1997 auch gesetzlich ver- ankerte Prämisse, daß die Qualitäts- sicherung ärztlicher Leistungen ori- ginäre Aufgabe der Ärzteschaft ist.

Ein Entschließungsantrag des Vor- standes der Bundesärztekammer, der einstimmig angenommen wurde, bekräftigt die Gültigkeit von Leitsät- zen, die bereits der 96. Deutsche Ärztetag 1993 in Dresden beschlos- sen hatte. Darin heißt es unter an- derem, Qualitätssicherung sei seit je- her eine gemeinschaftliche Aufgabe der Ärzteschaft. Sie umfasse alle Be- reiche ärztlicher Berufsausübung, diene ausschließlich der Sicherung und Verbesserung der Patientenver- sorgung und dürfe nicht mit Maß-

nahmen zur Verbesserung der Wirt- schaftlichkeit verwechselt werden.

Der derzeitige Streit darum, wem welche Kompetenzen auf dem Gebiet der Qualitätssicherung zustehen, geht nach Ansicht von Kolkmann auf das Gesundheits-Reformgesetz von 1988 zurück. Dort wurde die Qualitätssi- cherung erstmals im Sozialrecht ver- ankert, und die Krankenhausträger wurden auf entsprechende Maßnah- men verpflichtet. Die Ärztekammern blieben allerdings unerwähnt.

In der Folge etablierte sich ein Modell der zweiseitigenVerträge zwischen Krankenhausträgern und Krankenkassen. „Ein Strukturfeh- ler“, diagnostizierte Kolkmann. „Ver- bänden der GKV und Krankenhaus- trägern wurde damit ein Instrument in die Hand gegeben, Qualitätssiche- rung für eigene Ziele, zum Beispiel der Kostendämpfung, einzusetzen.“

Das Gesundheitsstrukturgesetz von 1992 habe den Ärztekammern zwar ein Beteiligungsrecht eingeräumt, je- doch mit dem Resultat, daß die betei- ligten Ärzte fortan an den Katzen- tisch verbannt waren. Erst mit dem 2. GKV-Neuordnungsgesetz von 1997 habe sich das Blatt gewendet. Dem Gesetz zufolge sollen die Bundesärz- tekammer, die Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) gemeinsam einen Katalog der Leistungen festlegen, die der Qua- litätssicherung unterliegen. Aufgabe der Bundesärztekammer ist es, die Anforderungen für Qualitätssiche- rungsmaßnahmen im Krankenhaus zu bestimmen, deren Umsetzung je- weils die Landesärztekammern über-

Qualitätssicherung ärztlicher Berufsausübung

Kompetenzstreit –

und es bewegt sich nichts

Qualitätssicherung ist primär Sache der Ärzteschaft.

So steht es im Gesetz. Der Ärztetag hat Kassen und Krankenhausträger aufgefordert, sich dem nicht länger zu widersetzen.

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Köpfe, Gesten, Gespräche auf dem Deutschen Ärztetag. Im Uhrzeigersinn:

Dr. Vilmar mit der druckfrischen Ausgabe

des Ärzteblattes, Prof. Brandstädter am Mikrophon, darunter:

Abgelehnte Anträge werden zerrissen, ganz unten: Justitiar Schirmer: Erläuterungen vor verzwickten Abstimmungen, links daneben: zwei Berliner im Gespräch (Dr. Huber, Dr. Jacoby), darüber:

Gedankenaustausch zwischen Dr. Möhrle (rechts) und Prof. Loch.

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prüfen sollen. Die Krankenkassen und die DKG entwerfen Rahmen- empfehlungen zur Umsetzung der Maßnahmen auf Landesebene.

Die Tatsachen, die vor dem 1. Ju- li 1997 geschaffen wurden, lassen sich jedoch nicht so einfach vom Tisch wi- schen. Bereits 1994 wurden unter Ausschluß der Bundesärztekammer das „Bundeskuratorium für die Qua- litätssicherung von Fallpauschalen und Sonderentgelten“ sowie eine

„Servicestelle Qualitätssicherung“

beim Deutschen Krankenhausinstitut eingerichtet, die für die inhaltliche Gestaltung und die organisatorische Umsetzung der Qualitätssicherung von Fallpauschalen und Sonderent- gelten zuständig sind. Die Bundesärz- tekammer lehnt das vom Kuratorium praktizierte Verfahren jedoch ab.

Kolkmanns Mängelliste

Kolkmann listete die Mängel auf: Das Verfahren sei auf die exter- ne Kontrolle beschränkt. Ansätze für ein internes Qualitätsmanage- ment fehlten. Die Dokumentation der Behandlungsdaten sei zu um- fangreich und zu bürokratisch. Zu- dem sei der finanzielle Aufwand in Millionenhöhe für diese eine Maß- nahme nicht zu verantworten. Die mangelnde Akzeptanz von seiten der betroffenen Krankenhausärzte habe überdies eine flächendeckende Einführung verhindert. Ein entspre- chender Ärztetags-Antrag von Prof.

Dr. med. Stefan Wysocki, Landesärz- tekammer Baden-Württemberg, der angenommen wurde, bekräftigt die- se Kritik. Dort heißt es unter ande- rem: „Der Deutsche Ärztetag be- grüßt die substantiierte Kritik zum Qualitätssicherungsverfahren Son- derentgelte und Fallpauschalen und dringt darauf, es zu reformieren. Die Fachgesellschaften werden gebeten, ihre Mitarbeit beim Deutschen Krankenhausinstitut zu beenden und nur mit der Bundesärztekammer zusammenzuarbeiten.“

Das Fazit von Kolkmann lautet:

„Wir stehen vor einer Lagerbildung:

auf der einen Seite Krankenhausträ- ger und Kassenverbände, auf der an- deren Seite die verfaßte Ärzte-

schaft.“ Obwohl das 2. NOG bereits im Juli letzten Jahres in Kraft getre- ten ist, wird auf Bundesebene erst seit Februar offiziell verhandelt, „mit eher mäßigem Erfolg“, wie Kolk- mann einräumte. Verhandlungsziel der Bundesärztekammer ist eine Ver- einbarung, die die Qualitätssicherung der Gesamtheit ärztlicher Leistungen im Krankenhaus regelt, was auch Fallpauschalen und Sonderentgelte einschließt. Während die Kranken- kassen Einigungswillen signalisiert hätten, sei die DKG bislang inflexi-

bel und verhandlungsunwillig, stellte Kolkmann fest. „Es ist wichtig, daß der Deutsche Ärztetag hier ein deut- liches Zeichen setzt und die Verhand- lungslinie der Bundeärztekammer bestätigt.“

Ende der Zurückhaltung

„Die Zeit der taktischen Zurück- haltung sollte vorbei sein“, appel- lierte der Referent an die Delegier- ten. In einem Entschließungsantrag, der angenommen wurde, heißt es:

„Der 101. Deutsche Ärztetag appel- liert an alle Verhandlungspartner, mit dazu beizutragen, die Vorschrif- ten des § 137 a SGB V zügig zu ver- wirklichen.“ Die Deutsche Kranken- hausgesellschaft müsse im Sinne ei- ner kooperativen Zusammenarbeit ihren „Herr-im-Hause-Standpunkt“

überdenken und unverzüglich einer

Vertragslösung zustimmen, die dem gemeinsamen Ziel einer guten Pati- entenversorgung gerecht werde.

Derzeit prüfen die Bundesärzte- kammer und der Verband der An- gestellten-Krankenkassen ein Vorha- ben zur Zertifizierung von Kranken- häusern. Das Projekt sei auf die Qua- lität der Patientenversorgung und die Mitarbeiterzufriedenheit ausgerich- tet und kein Krankenhaus-TÜV, be- tonte Kolkmann. Es gehe vielmehr darum, interne Strukturen, Prozesse und Prozeduren in allen Bereichen

des Krankenhauses nach fachlichen Kriterien zu beurteilen sowie die Er- gebnisse kritisch zu bewerten und zu vergleichen. Dazu lag den Delegier- ten ein Antrag von Dr. med. Ingo Flenker, Präsident der Ärztekammer Westfalen Lippe, vor, der mit etlichen Gegenstimmen angenommen wurde.

Dort heißt es: „Der 101. Deutsche Ärztetag fordert die DKG und die übrigen Vertreter der GKV auf, sich umgehend an dem Modellprojekt Zertifizierung von Krankenhäusern zu beteiligen, um schnellstmöglich ein einheitliches Zertifizierungsver- fahren etablieren zu können.“

Bei der Qualitätssicherung im ambulanten Sektor lobte Kolkmann die gute Zusammenarbeit von Bundes- ärztekammer und Kassenärztlicher Bundesvereinigung über die Ärztli- che Zentralstelle für Qualitätssiche- rung in der Medizin. Thema sei der- zeit die Qualitätssicherung des ambu- lanten Operierens. In einem Antrag Prof. Kolkmann: Wir stehen vor einer Lagerbildung.

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des Vorstandes der Bundesärzte- kammer, dem die Delegierten mit großer Mehrheit zustimmten, heißt es dazu: „Die Vertragspartner (DKG, Kassen und KBV, Anm. der Red.) werden aufgefordert, Maßnahmen zur Qualitätssicherung beim ambu- lanten Operieren so zu gestalten, daß einheitliche Qualitätssicherungsmaß- nahmen für medizinische Leistungen in Praxis und Klinik von Kassenärztli- chen Vereinigungen und Ärztekam- mern gemeinsam erarbeitet und bei diesen angesiedelt werden.“

Maßnahmen zu bündeln ist eine Herausforderung, der sich die Bun- desärztekammer stellen muß. Eine weitere Aufgabe der Zentralstelle wird es laut Kolkmann deshalb sein, ein Clearingverfahren für Leitlinien zu etablieren. Die wissenschaftlich- medizinischen Fachgesellschaften

hätten seit 1993 rund 500 Leitlinien entwickelt. Die Zentralstelle habe mittlerweile eine „Leitlinie für Leit- linien“ erarbeitet, anhand derer überprüft werden könne, ob diese nach anerkannten Regeln formuliert wurden. Des weiteren müsse geprüft werden, ob die bestehenden Leitlini- en notwendig und praktikabel seien, welche Auswirkungen sie auf die Versorgung und welche ökonomi- schen Folgen sie hätten. Bei dem ge- planten Clearingverfahren wolle die Zentralstelle eng mit der Arbeitsge-

meinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften zusammenarbeiten. Einem Antrag von Dr. Dr. habil. Wulf Dietrich, Bayerische Landesärztekammer, in dem der Vorstand der Bundesärzte- kammer aufgefordert wird, die Um- setzung von Richtlinien und Leit-

linien in die Praxis verstärkt zu för- dern, stimmten die Delegierten zu.

Die Diskussion im Vorfeld der Abstimmung war kurz. Die Redner waren sich einig, daß Qualitätssiche- rung in die Kompetenz der Ärzte- kammern gehört. Dr. med. Stefan Wysocki meinte: „Fallpauschalen und Sonderentgelte sind das ent- scheidende Gefecht, ob die Ärzte- schaft ihre Interessen durchsetzen kann.“ Es wurden jedoch auch kriti- sche Stimmen laut. Dr. med. Jürgen Seeger, Landesärztekammer Hes- sen, gab zu bedenken: „Wir vermit- teln zu sehr, daß wir alles selbst kön- nen.“ Die Ärzteschaft müsse in Fra- gen der Qualitätssicherung auch fachfremde Kompetenz aus Patien- tenverbänden und Selbsthilfegrup- pen einbeziehen. Vereinzelt wurde der Bundesärztekammer auch Un- tätigkeit vorgeworfen. Wulf Dietrich drückte seine Enttäuschung über den Vorstandsantrag aus, der sich auf den 96. Deutschen Ärztetag be- zog: „Hier werden alte Richtlinien wiederholt. Ich will endlich ein Er- gebnis sehen.“ Dr. med. Joachim Calles, Bayerische Landesärztekam- mer, kritisierte die hohen Kosten, die die Qualitätssicherung verursa- che: „Bisher kann ich aber auf Bun- desebene kein Konzept erkennen.“

Seine Forderung: Ab sofort Doppel- strukturen vermeiden. Prof. Dr.

med. Wolfgang Wildmeister, Ärzte- kammer Nordrhein, forderte eine Bestandsaufnahme: „Wir müssen endlich pragmatisch vorgehen. Leit- linien zu Leitlinien, das ist eine Per- siflage. Wir brauchen praktische Er- gebnisse.“ Heike Korzilius Perfekt organisiert: Berge von Anträgen müssen innerhalb von Minuten verteilt werden.

Unter „Finanzen“ entspann sich eine kleine Diskussi- on zum Thema Menschenrechte. Das Ergebnis: Die Bun- desärztekammer wird jährlich mit 10 000 DM die Arbeit des BÄK-Menschenrechtsbeauftragten (Dr. Montgomery) unterstützen. Der entsprechende Beschluß lautet: „Der Deutsche Ärztetag bekräftigt die Entschließungen der deutschen Ärzteschaft und des Weltärztebundes zur Rolle von Ärztinnen und Ärzten bezüglich Folter, Hinrichtun- gen, Zwangsamputationen, Durchführung von Zwangs- operationen von Mädchen und Frauen (Beschneidung), der Organentnahme bei hingerichteten Gefangenen zu Transplantationszwecken und anderen Verstößen gegen

Standesethik, Menschenrechte und Menschenwürde. Die Arbeit der Menschenrechtsbeauftragten der Bundesärzte- kammer und der Landesärztekammern auf diesem Gebiet wird begrüßt und unterstützt. Um die Voraussetzungen zur effektiven Umsetzung der Deklaration von Tokio des Weltärztebundes zu schaffen, in der gewissenhaften Ärz- ten, die sich der Folter entgegenstellen, im Falle eigener Verfolgung die solidarische Unterstützung der Weltärzte- schaft zugesichert wird, beschließt der Deutsche Ärztetag die Einrichtung eines jährlichen Budgets von 10 000 DM aus den Mitteln der Bundesärztekammer für die Men- schenrechtsarbeit der Deutschen Ärzteschaft.“ N

Unterstützung für den Menschenrechtsbeauftragten

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