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Erleben des Einflusses von Großeltern auf die mehrsprachige Erziehung und Entwicklung von Kindern aus Sicht der Eltern

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Academic year: 2022

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Jasmin Weiss-Urank, Bakk.phil. B.A. MA

Erleben des Einflusses von Großeltern auf die mehrsprachige Erziehung und Entwicklung

von Kindern aus Sicht der Eltern

Masterarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts (MA)

Masterstudium Sozial- und Integrationspädagogik Alpen-Adria-Universität Klagenfurt

Fakultät für Kulturwissenschaften

Begutachter: Univ.-Prof. Dr. Hans Karl Peterlini

Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung

Mai 2020

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Eidesstattliche Erklärung

Ich versichere an Eides statt, dass ich

- die eingereichte wissenschaftliche Arbeit selbstständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel benutzt habe,

- die während des Arbeitsvorganges von dritter Seite erfahrene Unterstützung, einschließlich signifikanter Betreuungshinweise, vollständig offengelegt habe,

- die Inhalte, die ich aus Werken Dritter oder eigenen Werken wortwörtlich oder sinngemäß übernommen habe, in geeigneter Form gekennzeichnet und den Ursprung der Information durch möglichst exakte Quellenangaben (z.B.

in Fußnoten) ersichtlich gemacht habe,

- die eingereichte wissenschaftliche Arbeit bisher weder im Inland noch im Ausland einer Prüfungsbehörde vorgelegt habe und

- bei der Weitergabe jedes Exemplars (z.B. in gebundener, gedruckter oder digitaler Form) der wissenschaftlichen Arbeit sicherstelle, dass diese mit der eingereichten digitalen Version übereinstimmt.

Mir ist bekannt, dass die digitale Version der eingereichten wissenschaftlichen Arbeit zur Plagiatskontrolle herangezogen wird.

Ich bin mir bewusst, dass eine tatsachenwidrige Erklärung rechtliche Folgen haben wird.

Jasmin Weiss-Urank e. h. Klagenfurt am Wörthersee, Mai 2020

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Danksagung

In meiner ersten Masterarbeit „Trauma und ornamentales Erzählen in Isaak Babel's ‚Konarmija‘“, welche ich im Jahr 2014 am Institut für Slawistik eingereicht habe, habe ich meine Studienzeit in der Danksagung mit einer Fahrt in einer Achterbahn verglichen. Wie eine solche zeichnet sich auch ein Studium durch Gefühle wie Anspannung, Aufregung und Glück sowie durch ein oftmaliges Auf und Ab aus. Gemeint sind damit Phasen der Zuversicht, des Selbstvertrauens und des Schaffens, denen Phasen der Demotivation sowie des Zweifelns gegenüberstehen. Im Gegensatz zu meinem ersten Studium und Abschluss befand ich mich im Zuge meines Masterstudiums der Sozial- und Integrationspädagogik aber in einer ganz anderen Lebenssituation. Zum einen habe ich das Studium berufsbegleitend begonnen und dann doch auf Eis gelegt.

Zum anderen wurde ich in dieser Zeit Mutter und habe das Studium erst in meiner Karenzzeit wieder aufgenommen. Studieren mit Kind – und später auch noch das Studieren und Arbeiten mit Kind – wurden dabei zu neuen Erfahrungen, welche sich an manchen Tagen wahrhaftig wie eine wilde Fahrt in einer Achterbahn angefühlt haben. Meine Achterbahnfahrt wäre aber ohne meine Tochter Daria sicherlich nicht so spannend geworden, zumal auch das Thema der vorliegenden Arbeit eng mit ihrer eigenen Erziehung verknüpft ist. In den letzten Monaten hat mich aber nicht nur meine Tochter, welcher ich insbesondere an Tagen trüber Stimmung für ihre kindliche Aufheiterung danke, sondern auch unser noch ungeborener Sohn stets begleitet. Sämtliche Gefühlsverwirrungen hat vorrangig aber mein Ehemann Stefan Urank mit mir durchgestanden, wofür ihm wohl der größte Dank gebührt. Ihm, unserer Tochter Daria sowie unserem – schon mit großer Vorfreude erwarteten – Sohn Jan soll die vorliegende Arbeit gewidmet sein. Meinen herzlichsten Dank aussprechen möchte ich an dieser Stelle auch unseren Eltern, welche als Großeltern stets großes Engagement an den Tag legen, was mir das Fertigstellen meiner Masterarbeit ebenso erleichtert hat.

Zu guter Letzt möchte ich mich noch bei meinem Betreuer, Univ.-Prof. Dr. Hans Karl Peterlini, herzlichst für die Betreuung meiner Arbeit bedanken. Besonderer Dank gebührt natürlich auch jenen Müttern und Vätern, welche sich dazu bereit erklärt haben, an meiner Studie teilzunehmen.

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung ... 6

I. Theoretischer Teil ... 10

2 Mehrsprachigkeit ... 10

2.1 Der Begriff Mehrsprachigkeit ... 11

2.1.1 Formen des mehrsprachigen Spracherwerbs... 12

2.1.2 Die Sprachkompetenz von Mehrsprachigen ... 15

2.2 Der kindliche Spracherwerb ... 17

2.3 Auswirkungen von Mehrsprachigkeit auf den Bereich der Kognition ... 19

2.4 Einflussfaktoren auf den Spracherwerb ... 24

2.5 Aushandlungsprozesse im Rahmen mehrsprachiger Erziehung ... 25

2.6 Einfluss von Großeltern auf die mehrsprachige Erziehung und Entwicklung von Enkelkindern ... 27

3 Generationenbeziehungen zwischen Großeltern, Eltern und Enkelkindern ... 29

3.1 Großelternschaft und Generationenbeziehungen als Gegenstand der Forschung ... 29

3.2 Großelternschaft im Wandel der Zeit ... 32

3.3 Aktuelle Großeltern-Rollenbilder ... 37

3.4 Großeltern im Rahmen von Sozialisation und Identitätsbildung ... 40

4 Erhebungs- und Auswertungsmethode ... 43

4.1 Das narrative Interview ... 43

4.2 Die Grounded-Theory-Methodologie ... 48

4.2.1 Grundbegriffe in der GTM... 49

4.2.2 Die Kodiertypen in der GTM ... 52

II. Empirischer Teil ... 59

5 Analyse der Interviews ... 61

5.1 Interview 1 ... 63

5.2 Interview 2 ... 75

5.3 Interview 3 ... 93

5.4 Interview 4 ... 104

5.5 Interview 5 und Interview 6 ... 115

6 Forschungsergebnisse im Vergleich ... 135

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5 6.1 Typ I – Einfluss von im Ausland lebenden Großeltern, welche

der deutschen Umgebungssprache der Enkelkinder nicht mächtig sind ... 137

6.2 Typ II – Einfluss von Großeltern, die in der Nähe des Enkelkindes leben und beide Erstsprachen des Enkelkindes beherrschen ... 146

6.3 Typ III – Einfluss von Großeltern, die im Inland oder Ausland leben und ausschließlich die deutsche Umgebungssprache des Enkelkindes gut beherrschen ... 151

6.4 Großelterliches Engagement und großelterliche Haltung gegenüber der mehrsprachigen Erziehung als Schlüsselkategorien ... 157

7 Resümee ... 164

Literaturverzeichnis ... 170

Quellenverzeichnis ... 177

Abbildungsverzeichnis ... 179

Anhang ... 181

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1 Einleitung

Die vorliegende Arbeit, welche den Titel „Erleben des Einflusses von Großeltern auf die mehrsprachige Erziehung und Entwicklung von Kindern aus Sicht der Eltern“trägt, wird am Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt als Masterarbeit für den Studiengang Sozial- und Integrationspädagogik eingereicht. Zugeordnet ist sie dabei dem Prüfungsfach Inter- und transkulturelle Dimensionen der Sozial- und Integrationspädagogik.

Mit dem Themenbereich der Mehrsprachigkeit habe ich mich in den vergangenen Jahren auf vielfältige Weise auseinandergesetzt. Im Zuge meines Masterstudiums der Sozial- und Integrationspädagogik habe ich das Wahlfachmodul Mehrsprachigkeit absolviert. Zudem habe ich mir während meines Slawistik- Studiums, welches ich im Jahr 2014 abgeschlossen habe, sprachwissenschaftliche Grundlagen angeeignet und unter anderem eine Bachelorarbeit zur Mehrsprachigkeit von in Kärnten lebenden tschetschenischen Jugendlichen verfasst. Zu guter Letzt habe ich einen persönlichen Zugang zu dem Thema, da meine bald vierjährige Tochter aufgrund des mehrsprachigen Hintergrundes meines Gattens ebenso zweisprachig aufwächst. Dabei ist es mir bewusst, dass im Rahmen des gesamten Forschungsprozesses mein persönlicher Zugang reflektiert werden muss, um die Qualität der Forschungsarbeit zu wahren.

Wie der Titel meiner Masterarbeit bereits verrät, beschäftigt sie sich damit, wie Elternteile den Einfluss von Großeltern auf die mehrsprachige Erziehung und Entwicklung ihrer Kinder wahrnehmen. Den Anstoß für meine Themenwahl gab mir hierbei ein Artikel der Sprachwissenschaftlerin Zwetelina Ortega, welcher im November 2016 in dem Blog „Blog: Linguamulti“ der Online-Ausgabe der Tageszeitung „Der Standard“ erschienen ist. Zum Einfluss von Großeltern auf die mehrsprachige Entwicklung von Kindern schreibt Ortega (2016: o.S.) in diesem unter anderem:

„Die Großeltern einer mehrsprachigen Familie sind eine wunderbare Chance für die Kinder, die Erbsprache ihrer Eltern zu verbessern, direkteren Zugang zu der Ursprungskultur der eigenen Eltern und Großeltern zu bekommen und diese beiden Komponenten, Sprache und Kultur, miteinander in Beziehung zu setzen. […] Bei so vielen Sprachen können die Großeltern einen entscheidenden Beitrag leisten. Sie können dabei helfen, dass vor allem die schwachen Sprachen in der Familie nicht

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7 verloren gehen, indem sie nahe an dem Enkel bleiben und ihm die Funktion der Sprachen näherbringen.“

Ebendieser Artikel hat mich angesprochen, da auch die Großeltern unserer Tochter einen entscheidenden Beitrag zu ihrer mehrsprachigen Erziehung und Entwicklung leisten – sei es durch die Wertschätzung der Zweisprachigkeit oder gar durch die Stärkung der schwächeren Sprache, wie es von Ortega (ebd.) oben erläutert wird. Da ich nach einer ausgiebigen Literaturrecherche zu dem Schluss gekommen bin, dass Großeltern in der Fachliteratur zur mehrsprachigen Erziehung und Entwicklung von Kindern eher eine Randstellung einnehmen, wollte ich meine Masterarbeit diesem Thema widmen, um die verschiedenen Rollen von Großeltern im Kontext der mehrsprachigen Erziehung von Kindern näher zu beleuchten. Dabei stellt sich die vorliegende Arbeit die folgenden zwei Forschungsfragen:

Wie erleben Eltern den Einfluss von Großeltern auf die mehrsprachige Erziehung und Entwicklung ihrer Kinder?

Wie erleben Eltern innerfamiliäre 1 Aushandlungsprozesse, welche die mehrsprachige Erziehung und Entwicklung der Kinder betreffen? Wie nehmen sie die Großeltern im Rahmen dieser Aushandlungsprozesse wahr?

Der Begriff Aushandlungsprozesse steht hierbei in der vorliegenden Arbeit für alle Vorstellungen, Gespräche und Handlungen, im Rahmen derer Entscheidungen die mehrsprachige Erziehung betreffend entweder individuell – das heißt, unabhängig von anderen Familienmitgliedern – oder gemeinsam abgewogen, diskutiert, reflektiert wie auch umgesetzt werden. Welche Aushandlungsprozesse dies sein können, wird das zweite Kapitel der vorliegenden Arbeit noch näher veranschaulichen. Im Gegensatz zur erstgenannten Forschungsfrage, welche in der vorliegenden Arbeit vorwiegend fokussiert wird, nimmt die zweite Forschungsfrage aber eher eine Randstellung ein. Würden beide Forschungsfragen bei der Erhebung und Auswertung der Daten gleichermaßen berücksichtigt werden, würde dies den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen. Wie die vorliegende Arbeit noch veranschaulichen wird, ist aber auch die zweite Forschungsfrage für die nachfolgende

1 „Innerfamiliär“ meint im Kontext der vorliegenden Arbeit nicht nur innerhalb der Kernfamilie (Mutter, Vater, Kinder), sondern steht für einen Familienbegriff, der weiter gefasst ist. So geht es hier vor allem um Aushandlungsprozesse, in denen auch Großeltern involviert sind.

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8 Untersuchung nichtsdestotrotz von besonderer Wichtigkeit. Der Grund hierfür liegt darin, dass sie eigentlich nicht als getrennt von der ersten Forschungsfrage betrachtet werden kann. So können insbesondere jene Aushandlungsprozesse, welche mit den Großeltern geführt werden, für die elterliche Wahrnehmung des großelterlichen Einflusses auf die mehrsprachige Erziehung und Entwicklung der Kinder eine bedeutende Rolle spielen.

Was die erstgenannte Forschungsfrage – Wie erleben Eltern den Einfluss von Großeltern auf die mehrsprachige Erziehung und Entwicklung ihrer Kinder? – anbelangt, nahm diese im Zuge der vorliegenden Untersuchung eine immer präziser werdende Gestalt an. Schlussendlich geht es in der vorliegenden Untersuchung nicht nur darum, wie die Eltern den Einfluss erleben, sondern insbesondere auch um die Frage nach jenen Bedingungen und Faktoren, welche dazu beitragen, dass die Eltern den großelterlichen Einfluss entweder als förderlich und unterstützend oder als nicht wesentlich relevant für die mehrsprachige Erziehung und Entwicklung erleben. Dementsprechend lautet die vertiefende Frage zur oben vorgestellten Forschungsfrage wie folgt: Welche Bedingungen und Faktoren lassen die Eltern den großelterlichen Einfluss als eher förderlich für die sprachliche und kulturelle Entwicklung der Kinder wahrnehmen und beschreiben und welche lassen diesen als eher nicht besonders relevant erscheinen?

Um die Forschungsfragen oben adäquat beantworten zu können, werden sowohl eine Literaturrecherche als auch Interviews mit ausgewählten Elternteilen, welche in Kärnten leben und ihre Kinder mehrsprachig erziehen, durchgeführt. Für die Interpretation der Daten werden die Erkenntnisse aus der Literaturrecherche herangezogen. Im Sinne des hermeneutischen Zirkels wird im Rahmen der Auswertung der Daten immer wieder zu dem Vorwissen, welches durch die Literaturrecherche angeeignet wurde, zurückgekehrt. Ebendieses Vorwissen wird im Zuge der Analyse zudem erneuert beziehungsweise erweitert werden.

Um eine gute Übersicht gewährleisten zu können, setzt sich die vorliegende Arbeit aus zwei großen Teilen – einem theoretischen und einem empirischen Teil – zusammen. Auf die Einleitung folgt der theoretische Teil, der aus mehreren Kapiteln besteht. Das zweite Kapitel der vorliegenden Arbeit ist dem Thema der Mehrsprachigkeit und somit der Definition von Grundbegriffen, Formen der mehrsprachigen Erziehung und dem Spracherwerb von mehr- und einsprachigen

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9 Kindern gewidmet. Darüber hinaus thematisiert dieses Kapitel Aushandlungsprozesse, welche eine mehrsprachige Erziehung prägen können.

Auch auf den möglichen Einfluss von Großeltern auf die sprachliche Entwicklung der Enkelkinder wird hier kurz Bezug genommen. Im Anschluss daran behandelt das dritte Kapitel die Generationenbeziehung als Gegenstand der Forschung sowie vergangene und aktuelle Rollenbilder, welche mit der Großelternschaft in Beziehung stehen. Außerdem gibt das dritte Kapitel einen kurzen historischen Überblick über die Großelternschaft in Europa. Das vierte Kapitel rundet den theoretischen Teil ab. Es beinhaltet die Auseinandersetzung mit jenen Methoden, welche im Rahmen der vorliegenden Arbeit für die Datenerhebung und -auswertung eingesetzt werden. Dies sind das narrative Interview und die Grounded-Theory-Methodologie nach Anselm L. Strauss und Juliet Corbin.

Auch der empirische Teil der Arbeit setzt sich aus mehreren Unterkapiteln zusammen. Eingangs werden im Rahmen des fünften Kapitels die Vorgehensweise bei der Datenerhebung und die Zusammensetzung der Stichprobe vorgestellt. In Unterkapiteln wird im Anschluss daran die Analyse der einzelnen Interviews nach der Grounded-Theory-Methodologie dargelegt. Erst im Zuge des sechsten Kapitels werden die Interviews sowie deren Auswertungen miteinander in Beziehung gesetzt. Zu guter Letzt rundet ein Resümee die vorliegende Arbeit ab.

Die Transkripte der Interviews befinden sich im Anhang der vorliegenden Arbeit.

Transkribiert wurden diese nach den Empfehlungen des Erziehungswissenschaftlers Udo Kuckartz.2 Alle personenbezogenen Angaben wurden in diesen anonymisiert.

Nichtgängige Abkürzungen, welche in der vorliegenden Arbeit vorkommen, werden im Fließtext oder in Fußnoten näher erläutert.

2 Nähere Angaben zu den Transkriptionsregeln nach Kuckartz enthält etwa der folgende Artikel,

welcher im Literaturverzeichnis der vorliegenden Arbeit detailliert bibliographiert wird:

„TRANSKRIPTIONSREGELN UND TRANSKRIPTIONSSYSTEM FÜR DIE QUALITATIVE INHALTSANALYSE“.

Ferner geben Susanne Fuß und Ute Karbach (2014: 27ff.) in ihrem Werk „Grundlagen der Transkription“ einen Überblick über die Transkriptionsregeln nach Kuckartz.

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I. Theoretischer Teil 2 Mehrsprachigkeit

Wie die Sprachwissenschaftlerin Rosemarie Tracy (2008: 42) ausführt, werden weltweit insgesamt 4000 bis 6000 unterschiedliche Sprachen gesprochen. Den Wissenschaftler_innen Hannes Androsch und Renate Osterode (2013: 54) zufolge beläuft sich die Gesamtzahl der weltweit gesprochenen Sprachen sogar auf ungefähr 7000.

Wiederum weltweit betrachtet ist Einsprachigkeit wesentlich weniger weit verbreitet, als es dies für Mehrsprachigkeit der Fall ist (Montanari 2000: 17;

Tracy 2008: 493).

Dabei sind Sprachen unter anderem „[…] Mittel des Zugangs zu den Bezugsgruppen der Familie, Grundlage der Zughörigkeit und der Akzeptanz.“

(Haller 2000: 9)

Sie prägen die Identitätsbildung des Menschen und sind Teil seiner Identität (vgl.

Angerer-Pitschko 2016: 64). Darüber hinaus bestimmen Sprachen die gesellschaftlichen Strukturen und Verhältnisse, da sie auch „[…] Ausdruck geopolitischer und kultureller Macht […]“ (Androsch; Osterode 2013: 54) sein können. So gibt es beispielsweise Sprachen, die weltweit betrachtet in gesellschaftlichen Domänen wie der Politik, Wirtschaft und Wissenschaft, einen besonderen Stellenwert einnehmen (ebd.). Wie auch der Erziehungswissenschaftler Hans-Karl Peterlini (2016: 144) ausführt, erlauben oder verwehren es Sprachen dem Menschen, sich an gesellschaftlichen Prozessen zu beteiligen. Peterlini (ebd.) spricht in Folge von der Sprache als einem „[…]

Instrument der Teilhabe an Macht und Gemeinschaft […]“. Ob es einem Individuum gelingt, von einer Gesellschaft anerkannt zu werden, in bestimmten Bereichen mitzuwirken oder gar den Aufstieg zu schaffen, hängt also auch von jenen Sprachen ab, die es beherrscht (ebd.).

3 Tracy bezieht sich an dieser Stelle auf die folgenden Publikationen: Romaine, Suzanne 1995:

Bilingualism. Oxford: o.V.. / Myers-Scotton, Carol 2006: Multiple Voices. Malden: o.V..

Die Verlagshäuser, in denen die genannten Publikationen erschienen, werden von Tracy nicht angeführt. Die Abkürzung o.V. steht für „ohne Verlag“. Sie wird an mehreren Stellen der vorliegenden Arbeit verwendet.

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11 Nachdem kurz in Erinnerung gerufen wurde, dass Sprache mehr als etwa das Erwerben, Wahrnehmen und Hervorbringen von Lauten, das Beherrschen von Schriftsystemen oder ein Mittel zur Kommunikation ist und weiters nicht getrennt von Aspekten wie (politischer) Macht und Chancen(un)gleichheit betrachtet werden kann (vgl. Peterlini 2016: 144; Wakounig 2016: 67f.4), wird in den folgenden Unterkapiteln ein Überblick über die verschiedenen Definitionen und Formen von Mehrsprachigkeit gegeben. Zudem werden der Spracherwerb von ein- und mehrsprachigen Kindern, Varianten der mehrsprachigen Erziehung sowie Aushandlungsprozesse, welche den Alltag von multilingualen Familien prägen können, behandelt. Zu guter Letzt wird kurz auf den Einfluss von Großeltern auf die mehrsprachige Erziehung und Entwicklung von Kindern eingegangen.

2.1 Der Begriff Mehrsprachigkeit

„Mehrsprachigkeit“ steht für die Linguistin Claudia Maria Riehl (2014: 9) für einen Begriff, der „[…] verschiedene Formen von gesellschaftlich oder institutionell bedingtem und individuellem Gebrauch von mehr als einer Sprache […]“ miteinschließt.

Wie aus der Forschungsliteratur hervorgeht, ist die Frage, welche Kriterien ein Individuum erfüllen muss, um als zwei- oder mehrsprachig angesehen werden zu können, nicht einfach zu beantworten. Der Grund hierfür liegt darin, dass keine einheitliche Definition vorliegt (Keim 2012: 22; Triarchi-Herrmann 2012: 14).

Während beispielsweise laut der Sprachwissenschaftlerin Inken Keim (2012:

22f., bezugnehmend auf Bloomflied 19335) der Linguist Leonard Bloomfield davon ausgeht, dass Menschen, um als zwei- bzw. mehrsprachig zu gelten, mindestens zwei Sprachen von klein auf erlernen und in Folge die jeweiligen Sprachen auf muttersprachlichem Niveau beherrschen müssten, existieren

4 Der Pädagoge Vladimir Wakounig verweist an dieser Stelle im Rahmen seiner Ausführungen

auf die folgende Publikation: Dittrich, Eckard; Lentz, Astrid 1994: Die Fabrikation von Ethnizität.

In: Kößler, Reinhart; Schiel, Tilman [Hg.] 1994: Nationalstaat und Ehtnizität. Frankfurt am Main:

Verlag für Interkulturelle Kommunikation. S. 23-43.

5 Keim bezieht sich an dieser Stelle auf Leonard Bloomfields Publikation „Language“, welche im Jahr 1933 in New York erschien.

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12 innerhalb der Sprachwissenschaft auch Definitionen, welche mehr Spielraum für unterschiedliche Formen von Mehrsprachigkeit lassen. Inken Keim (2012: 23) meint hierzu weiterführend:

„In der Realität sind viel eher die Formen von Zwei- und Mehrsprachigkeit anzutreffen, die unter einer weiten Definition gefasst werden. Personen werden dann als bi- oder multilingual bezeichnet, wenn sie irgendwann in ihrem Leben regelmäßig zwei oder mehr Sprachen bzw.

Varietäten benutzen, unabhängig von den Erwerbsmodalitäten und von der Symmetrie in der Beherrschung der Sprachen.“

Laut den Wissenschaftlerinnen Elisabeth Allgäuer-Hackl, Ulrike Jessner und Kathrin Oberhofer (2013: 69) werden die Definitionen von Zwei- und Mehrsprachigkeit insbesondere vor dem Hintergrund zweier Kriterien6 verfasst.

Während das erste Kriterium die Frage danach betrifft, wann und über welchen Weg die jeweiligen Sprachen erworben werden, bezieht sich das zweite Kriterium auf das Niveau der Sprachkenntnisse in den verschiedenen Sprachen.

2.1.1 Formen des mehrsprachigen Spracherwerbs

Im Allgemeinen unterscheidet die Sprachwissenschaft den simultanen und den sukzessiven Spracherwerb. Der Begriff simultaner Spracherwerb beschreibt die Situation eines Kindes, das zeitgleich mindestens zwei Erstsprachen7 erwirbt (Müller u.a. 2011: 15; Riehl 2014: 11). Dabei gelten alle Sprachen, die das Kind bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres zu erwerben beginnt, als simultan

6 Riehl (2014: 11-16) hingegen spricht von insgesamt vier Kriterien: die Art des Spracherwerbs, die gesellschaftlichen Bedingungen, in deren Rahmen die Sprachen erworben und gesprochen werden, die Sprachkompetenz der jeweiligen Sprecher_innen sowie die Sprachkonstellation.

Riehls Ausführungen werden in die folgenden Unterpunkte miteinfließen und können darüber hinaus im Kapitel 1.2 ihres Werkes „Mehrsprachigkeit. Eine Einführung“ (siehe

Literaturverzeichnis der vorliegenden Arbeit) näher nachgelesen werden.

7 Als Synonym für die Erstsprache wird häufig auch der Begriff Muttersprache verwendet.

Sprechen Mutter und Vater mit dem Kind von Geburt an verschiedene Sprachen, wird gewöhnlich zwischen einer Mutter- und einer Vatersprache differenziert (Triarchi-Herrmann 2012: 28f.). Der Begriff Muttersprache erscheint jedoch nicht eindeutig, da es etwa der Fall sein kann, dass nicht nur die Mutter, sondern ebenso der Vater, Geschwister, Verwandte oder auch andere

Bezugspersonen diese Sprache mit dem Kind sprechen. Darüber hinaus kann es sein, dass die Mutter ihre eigene Erstsprache an das Kind gar nicht weitergibt (vgl. Triarchi-Herrmann 2012:

28f.; Allgäuer-Hackl, Jessner und Oberhofer 2013: 70). Ferner wird mit diesem Begriff – so Allgäuer-Hackl, Jessner und Oberhofer (2013: 70f.) – nach wie vor überwiegend die Assoziation verbunden, dass jene Erstsprache eines Individuums, welche als Muttersprache betrachtet wird, die am stärksten entwickelte Sprache eines Individuums ist und dies auch sein ganzes Leben lang bleibt, was aber nicht der Fall sein muss.

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13 erworbene Erstsprachen (Chilla; Rothweiler; Babur 2013: 23). Im Fall von zwei Erstsprachen wird von Bilingualismus gesprochen oder von einem bilingualen Erstsprachenerwerb8 (Müller u.a. 2011: 159; Riehl 2014: 11).

Von einem sukzessiven Spracherwerb wird den Ausführungen oben entsprechend hingegen gesprochen, wenn der Erwerb einer zweiten Sprache frühestens mit dem dritten Lebensjahr beginnt. Dieser Einteilung liegt der Gedanke zugrunde, dass das Kind bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres wesentliche Spracherwerbsschritte auch in seiner Erstsprache, die es von Geburt an hört, noch nicht zur Gänze durchlaufen hat (Chilla; Rothweiler; Babur 2013: 23).

Findet der Erwerbsprozess einer zweiten Sprache ab dem dritten Lebensjahr statt, wird der Begriff kindlicher Zweitsprachenerwerb verwendet (Chilla; Rothweiler;

Babur 2013: 23). Beginnt das Kind eine weitere Sprache erst im Alter von circa drei Jahren zu erwerben, spricht Keim (2012: 22) in Anlehnung an die Spracherwerbsforschung vom frühen Zweitspracherwerb. Handelt es sich schon um die dritte Sprache des Kindes, verwendet sie den Fachbegriff früher Drittspracherwerb. Wie sie unten ausführt, ist es für die Ergebnisse der Erwerbsprozesse relevant, ob es ich um einen frühen Zweit-/Drittspracherwerb oder einen Zweit-/Drittspracherwerb im Jugend- oder Erwachsenenalter handelt:

„Im Alter bis zu etwa 7 Jahren eigenen sich Kinder die zweite Sprache vor allem intuitiv an, ähnlich wie die Erstsprache. Unter günstigen Erwerbsbedingungen gelingt der „muttersprachähnliche“ Erwerb der Zweitsprache mühelos […] In späteren Lebensphasen werden andere Erwerbsstrategien eingesetzt und die grammatischen Regeln der Zweitsprache werden gezielt gelernt. Die Spracherwerbsforschung hat gezeigt, dass es in einem höheren Lernalter schwerer ist und großer Motivation bedarf, um „muttersprachliche“ Kompetenz in einer Zweitsprache zu erwerben.“ (ebd.)

8 Keim (2012: 22) verwendet in Anlehnung an die Spracherwerbsforschung hierfür die Bezeichnung doppelter Ersterwerb. Sollte das Kind noch im Kleinkindalter drei Sprachen zu erlernen beginnen, durchläuft es einen dreifachen Ersterwerb.

9 Die Autorinnen verweisen im Rahmen ihrer Definition zum simultanen Spracherwerb auf die folgende Publikation: Lambeck, K. 1984: Kritische Anmerkungen zur Bilingualismusforschung.

Tübingen: Narr.

Ferner führen die Wissenschaftlerinnen Natascha Müller, Tanja Kupisch, Katrin Schmitz und Katja Cantone (ebd.) aus, dass in der Forschung kein Konsens darüber besteht, bis zu welchem Alter das Kind erstmals mit einer zweiten Sprache konfrontiert werden muss, um tatsächlich von einem simultanen Spracherwerb bzw. einem Bilingualismus ausgehen zu können. Während einige Forschungsarbeiten den Erwerb beider Sprachen von Geburt an voraussetzen, um von einem Bilingualismus sprechen zu können, meinen andere Publikationen, dass für die Verwendung des Begriffes lediglich ein Erwerbsbeginn zweier Sprachen innerhalb der ersten drei Lebensjahre zutreffen muss. Für die erstgenannte Forderung geben die Wissenschaftlerinnen eine Publikation von Houwer an, die im Jahr 1990 erschien. Nähere Angaben zu ebendieser Publikation fehlen im Literaturverzeichnis ihres Werkes jedoch.

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14 Für die Pädagoginnen Solveig Chilla, Monika Rothweiler und Ezel Babur (2013:

30) ist folglich der Erwerb einer weiteren Sprache bereits ab dem Alter von circa zehn Jahren als Zweit- oder Drittspracherwerb Erwachsener zu sehen. Obwohl der Erwerb einer weiteren Sprache ab dieser Altersgrenze für die Lernenden schwieriger zu sein scheint, können die erworbenen Sprachkompetenzen der Sprecher_innen am Ende aber dennoch sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. So kann es auch Erwachsenen durchaus gelingen, eine Sprache so gut zu erlernen, so dass ihre Sprachfertigkeiten denen von Muttersprachler_innen beinahe gleichen.

Allgäuer-Hackl, Jessner und Oberhofer (2013: 69-71) zufolge existieren in der Mehrsprachigkeitsforschung gängige Synonyme für die oben eingeführten Begriffe. Folglich finden sich in zahlreichen Publikationen anstatt der Begriffe Muttersprache/Erstsprache, Zweitsprache, Drittsprache etc. die Abkürzungen L1, L2, L3 und Ln wieder, wobei „L“ für das englische Wort „language“ steht.

Während die Abkürzung L1 als Synonym für die Begriffe Muttersprache und Erstsprache betrachtet werden kann, bezeichnen die Abkürzung L2 die Zweitsprache und die Abkürzungen L3-Ln Sprachen, die darüber hinaus gelernt werden – so z.B. Fremdsprachen. Im Falle von zwei Erstsprachen spricht Tracy (2008: 106) dann zum Beispiel von 2L1.

Neben den bisher eingeführten Unterscheidungen differenziert die Mehrsprachigkeitsforschung zwischen einem gesteuerten und einem ungesteuerten Spracherwerb. Während mit dem gesteuerten Spracherwerb das gezielte Erlernen von Fremdsprachen – in einer dafür künstlich geschaffenen Umgebung – gemeint ist, wird unter dem Begriff des ungesteuerten Spracherwerbs das Erwerben einer Sprache im Rahmen natürlicher Situationen im Alltag verstanden (Chilla; Rothweiler; Babur 2013: 30; Keim 2012: 22; Riehl 2014: 11). Bei näherer Überlegung scheint es jedoch ersichtlich, dass eine strikte Trennung der beiden Kategorien gesteuerter und ungesteuerter Spracherwerb – wie es auch Allgäuer-Hackl, Jessner und Oberhofer (2013: 69) hervorheben – einiges außer Acht lässt. So können auch Migrant_innen sowie deren Kinder, die die Sprache unter anderem im natürlichen Gespräch im Alltag erlernen, zusätzlich Kurse oder eine Schulbildung in der jeweiligen Zielsprache absolvieren (vgl.

Triarchi-Herrmann 2012: 20f.).

Riehl (2014: 12) weist darüber hinaus auch auf die gesellschaftlichen Bedingungen hin, in deren Rahmen Mehrsprachigkeit entsteht und gelebt wird.

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15 So spricht die Mehrsprachigkeitsforschung zudem von individueller, gesellschaftlicher und institutioneller Mehrsprachigkeit.10 Hierzu schreibt Riehl (ebd.):

„Während sich individuelle Mehrsprachigkeit auf den einzelnen Sprecher bezieht, versteht man unter gesellschaftlicher Mehrsprachigkeit den Sprachgebrauch in mehrsprachigen Staaten oder Regionen und unter institutioneller Mehrsprachigkeit die Verwendung mehrerer Amtssprachen in Institutionen.“11

Nachdem die verschiedenen Formen und Bedingungen des mehrsprachigen Spracherwerbs vorgestellt wurden, soll nun das von Allgäuer-Hackl, Jessner und Oberhofer (2013: 69) und Riehl (2014: 11) genannte Kriterium der sprachlichen Kompetenzen diskutiert werden.

2.1.2 Die Sprachkompetenz von Mehrsprachigen

Riehl (2014: 14) zufolge ist eine Form der Mehrsprachigkeit, bei der zwei oder mehr Sprachen ungefähr gleich gut entwickelt sind, vermutlich am seltensten anzutreffen. Auch Keim (2012: 23) kommt zu diesem Schluss.

Aus diesem Grund wird in der Forschung von einer stärkeren und einer schwächeren Sprache gesprochen. Erstere wird auch als sogenannte dominante Sprache bezeichnet. Dabei fungiert die dominante Sprache möglicherweise aber nicht in allen Lebensbereichen als die stärkere Sprache (Müller u.a. 2011: 6512).

Natascha Müller, Tanja Kupisch, Katrin Schmitz und Katja Cantone (ebd.) verweisen hierbei auf den in der Forschung immer wieder verwendeten Begriff der Sprachdominanz. Allgäuer-Hackl, Jessner und Oberhofer (2013: 76) sprechen von „domänenspezifischer Kompetenz“:

10 Was die geschilderte Einteilung anbelangt, verweist Riehl an dieser Stelle auf die folgende Publikation: Lüdi, Georges 1996: Mehrsprachigkeit. In: Goebl, Hans u.a. [Hg.] 1996:

Kontaktlinguistik. Ein internationales Handbuch zeitgenössischer Forschung. Berlin; New York:

de Gruyter. S. 320-327.

11 Nähere Ausführungen und Beispiele hierzu finden sich im Kapitel 1.2 von Riehls Werk

„Mehrsprachigkeit. Eine Einführung“. Bibliographische Angaben zu diesem befinden sich im Literaturverzeichnis der vorliegenden Arbeit.

12 Hinsichtlich der Verwendung des Begriffpaars stärkere und schwächere Sprache verweisen Müller, Kupisch, Schmitz und Cantone hier auf die folgende Publikation: Bernardini, P.; Schlyter, S. 2004: Growing syntactic structure and code-mixing in the weaker language: the Ivy

Hypothesis. In: Bilingualism: Language and Cognition, 7, S. 49-69.

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16

„[…] Sprachen kann man in unterschiedlichen Fertigkeiten – im Lesen, Schreiben, Hören oder Sprechen – oder bezogen auf unterschiedliche Themenbereiche wie Religion, Wirtschaft und Fachsprache, Sprache der Gefühle, usw. besser oder weniger gut beherrschen. Wir müssen uns von einem Denken verabschieden, das Zwei- bzw. Dreisprachigkeit als

»perfekte« Kompetenz in allen Bereichen aller Sprachen definiert.“

Die Sprachwissenschaftlerin Wiebke Scharff Rethfeldt (2018: o. S.13) bezeichnet die Mehrsprachigkeit als einen „komplexen und dynamischen Prozess“, was bereits nahelegt, dass die sprachlichen Kompetenzen eines Individuums im Lauf der Zeit nicht gleichbleiben, sondern varieren können (vgl. Riehl 2014: 14f.14).

Darüber hinaus wurden Riehl (2014: 16f.) zufolge in der Mehrsprachigkeitsforschung lange Zeit nur jene Individuen als mehrsprachig angesehen, welche mindestens zwei Standardsprachen sprechen konnten. Diese Sichtweise hat sich inzwischen geändert. Folglich wird neuerdings zwischen einer inneren und einer äußeren Mehrsprachigkeit differenziert.15 Spricht ein Individuum mindestens zwei Standardsprachen, so bezeichnet die Sprachwissenschaft dies als äußere Mehrsprachigkeit. Handelt es sich neben einer Standardsprache bei weiteren Sprachen um keine Kultursprachen, sondern um Varietäten16, so wird von einer inneren Mehrsprachigkeit ausgegangen. Relevant für diese Unterscheidung ist, dass Standardsprachen meist ein höheres Ansehen als Dialekte genießen. Darüber hinaus sind die Unterschiede zwischen Dialekten und den zugehörigen Standardsprachen, welche auch als Dachsprachen bezeichnet werden, meist um wesentliches geringer, als dies zwischen zwei Hochsprachen der Fall ist.

Auch Tracy (2008: 4917) betont, dass die meisten Menschen weltweit zumindest unterschiedliche Varietäten einer Sprache sprechen und die Vorstellung eines einsprachigen Menschen somit eigentlich eine „Illusion“ ist. Der

13 An dieser Stelle bezieht sich Rethfeldt auf eine eigene frühere Publikation: Scharff Rethfeldt, Wiebke 2013: Kindliche Mehrsprachigkeit. Grundlagen und Praxis der sprachtherapeutischen Intervention. Stuttgart: Thieme.

14 Riehl verweist hier auf die folgende Publikation: Grosjean, Francois 2013: Bilingualism. A short introduction. In: Grosjean, Francois; Li, Ping [Hg.] 2013: The Psycholinguistics of Bilingualism. Malden u.a.: Wiley-Blackwell. S. 5-25.

15 Riehl (ebd.) zufolge geht das Begriffspaar äußere und innere Mehrsprachigkeit auf den Wissenschaftler Mario Wandruszka zurück. Dabei stützt sich die Sprachwissenschaftlerin an dieser Stelle auf die folgende Publikation von Wandruszka: Wandruszka, Mario 1979: Die Mehrsprachigkeit des Menschen. München; Zürich: Piper.

16 Als Varietäten werden – so Riehl (2014: 16) – etwa Dialekte und Soziolekte betrachtet.

17 An dieser Stelle stützt sich Tracy auf die folgende Publikation: List, Gudula; List, Günther [Hg.] 2001: Quersprachigkeit. Tübingen: o. V..

(17)

17 Sprachwissenschaftler Rudolf de Cillia (2001: 2) verwendet hierfür den Begriff

„muttersprachliche Mehrsprachigkeit“.

Im Folgenden wird der Spracherwerb von Kindern näher besprochen.

2.2 Der kindliche Spracherwerb

In den vergangenen Jahrzehnten wurden im Rahmen der Mehrsprachigkeitsforschung zahlreiche Studien durchgeführt, die die Sprachentwicklung von ein- und mehrsprachigen Kindern miteinander verglichen. Für den Erwerbsprozess ließen sich dabei keine wesentlichen Unterschiede zwischen ein- und mehrsprachigen Kindern feststellen. Die für den Spracherwerb typischen Entwicklungsschritte ereignen sich bei ein- und mehrsprachigen Kindern in derselben Reihenfolge (Triarchi-Herrmann 2012:

80f.).

In der Regel geben Kinder in einem Alter von circa einem Jahr ihre ersten Wörter von sich. Mit etwa eineinhalb Jahren beherrschen sie in etwa 50 Wörter. Bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres steigt ihr Wortschatz auf 200-300 Wörter an. Darüber hinaus beginnt das Kind mit circa eineinhalb Jahren, wenn es ungefähr 50 Wörter zur Verfügung hat, diese aneinanderzureihen. Es bildet sogenannte Zwei- und Dreiwortsätze (Chilla; Rothweiler; Babur 2013: 15). Die weitere Sprachentwicklung schildern Chilla, Rothweiler und Babur (2013: 16) wie folgt:

„Im Laufe des dritten Lebensjahres bis ins vierte hinein durchläuft der Grammatikerwerb nun verschiedene Phasen, und am Ende dieser Zeit, spätestens mit Abschluss des vierten Lebensjahres, hat das Kind die Satzstruktur und weitere morphosyntaktische Eigenschaften des Deutschen erworben und kann sogar Nebensätze bilden.“

Sowohl die Sprachtherapeutin Vassilia Triarchi-Herrmann (2012: 80f.) als auch die Sprachwissenschaftlerin Rosemarie Tracy (2008: 11618) weisen darauf hin, dass in der Vergangenheit Studien zu dem Ergebnis kamen, dass Kinder, welche einen doppelten Erstspracherwerb durchlaufen, des Öfteren erst ein paar Monate

18 Tracy bezieht sich hier etwa auf die folgende Studie: Oller, David K.; Eilers, Rebecca E.;

Urbano, Richard; Cobo-Lewis, Alan B. 1997: Development of precursors to speech in infants exposed to two languages. In: Journal of child language, 24/2, S. 407-425.

(18)

18 später als einsprachige Gleichaltrige mit der Produktion ihrer ersten Wörter beginnen. Beide kommen jedoch zu dem Schluss, dass die Frage danach, ob mehrsprachige Kinder im Allgemeinen später zu sprechen beginnen als ihre einsprachigen Altersgenossen, verneint werden kann. Triarchi-Herrmann (2012:

81) schreibt, dass sich jene Sprachen, welche von mehrsprachigen Kindern zeitgleich erworben werden, unterschiedlich schnell entwickeln können.

Mindestens eine von den Sprachen, welche von dem mehrsprachigen Kind simultan erworben werden, weist aber einen altersgerechten Entwicklungsstand auf. In dieser Sprache kommt es demnach zu keinerlei Verzögerungen der Entwicklungsschritte. Wie Chilla, Rothweiler und Babur (2013: 44f.) darüber hinaus ausführen, muss bedacht werden, dass auch einsprachige Kinder die bisher aufgezeigten Entwicklungsschritte nicht in gleicher Geschwindigkeit und zum gleichen Zeitpunkt durchlaufen.

Charakteristisch sind für die Sprache von mehrsprachigen Kindern hingegen unter anderem die sogenannten Interferenzfehler. Ebendiese kennzeichnen sich dadurch, dass in Sätzen, welche in einer Sprache entweder schriftlich oder mündlich konstruiert werden, verschiedenartige Elemente der anderen Sprache auftauchen. Dabei können die Interferenzen etwa die Intonation und den Sprachrhythmus, aber auch die grammatikalische Sprachebene oder die Lexik betreffen. Die meisten Interferenzen bleiben nur für eine bestimmte Zeit lang bestehen und sollten dabei im Normalfall nicht als Indiz für eine Sprachstörung betrachtet werden. Interferenzen treten unter anderem dann vermehrt auf, wenn die sprechende Person müde ist oder sich gestresst fühlt. Sollten die Sprachen, die ein Kind beherrscht, derselben Sprachfamilie angehören und einander somit ähnlich sein, tendiert das Kind womöglich stärker zu Interferenzfehlern (Triarchi- Herrmann 2012: 35-41). Für den Bereich der grammatikalischen Interferenzfehler fasst Triarchi-Herrmann (2012: 39) ein Beispiel aus George Saunders Werk

„Bilingual Children: Guidance for the Family“19 zusammen:

„Thomas, ein sechsjähriger Englisch und Deutsch sprechender Junge antwortet auf die Frage: „Where did you see him?“ mit: „in T.V.“ statt

„on T.V.“ (deutsch „im Fernsehen“). Auf Deutsch sagt er „in diesem Bild“ statt „auf diesem Bild“, weil es im Englischen „in this picture“

heißt.“ [kursiv im Original]

19 Triarchi-Herrmann zufolge erschien Saunders Publikation im Jahr 1982 im Verlag Multilingual Matters in Clevedon.

(19)

19 Ein ähnliches Phänomen ist der Sprachwechsel – entweder im Gespräch oder sogar in ein und demselben Satz. Dies wird auch als Code-Switching bezeichnet (Tracy 2008: 209f.). Sowohl Tracy (ebd.) als auch Allgäuer-Hackl, Jessner und Oberhofer (2013: 76) betonen, dass das Phänomen des Sprachwechsels darauf zurückzuführen ist, dass mehrsprachigen Kindern, welche sich erst mitten im Spracherwerbsprozess befinden, in einer Sprache oft noch nicht genügend Wörter zur Verfügung stehen und sie folglich auf Wörter aus der oder den anderen Sprache/n zurückgreifen. Ebensolche Sprachmischungen werden öfters vorschnell als Indiz für eine Sprachstörung betrachtet. Dabei wird – so Allgäuer- Hackl, Jessner und Oberhofer (ebd.) – außer Acht gelassen, dass auch einsprachige Kinder häufig inkorrekte Formen und Strukturen bilden und Neologismen produzieren.

Wie der Linguist Naxhi Selimi (2014: 26) ausführt, bleibt es bis heute nicht gänzlich geklärt, welche Faktoren in welchem Ausmaß und Zusammenspiel Kinder dazu befähigen, eine Sprache zu erlernen. Laut aktueller Forschungslage scheinen sowohl angeborene Fähigkeiten des Menschen als auch dessen soziale Umwelt für den Spracherwerb zentral zu sein.20

Nachdem in diesem Kapitel der Spracherwerb von ein- und mehrsprachigen Kindern in Form eines kurzen Überblickes besprochen wurde, soll im nächsten Kapitel die Forschungslage zu möglichen Vor- und Nachteilen des mehrsprachigen Spracherwerbs aufgezeigt werden. Fokussiert wird dabei insbesondere der Bereich der Kognition.

2.3 Auswirkungen von Mehrsprachigkeit auf den Bereich der Kognition

Wie Allgäuer-Hackl, Jessner und Oberhofer (2013: 78) ausführen, ging die Forschung über lange Zeit hinweg davon aus, „[…] dass der Erwerb von mehr als einer Sprache Kinder überfordere und ihre geistige und sogar seelische

20 An dieser Stelle verweist der Autor auf eine Publikation, welche von Gogolin I. et al. im Jahre 2006 herausgegeben wurde. In dem dazugehörenden Literaturverzeichnis finden sich aber keine näheren bibliographischen Angaben zu dieser Forschungsarbeit.

(20)

20 Entwicklung beeinträchtigen könne.“ Eine mehrsprachige Erziehung würde – aus damaliger Forschungsperspektive – folglich auch negative Folgen für die kognitive Entwicklung des Kindes haben (Triarchi-Herrmann 2012: 104).

Ebendiese Annahmen wurden – so Allgäuer-Hackl, Jessner und Oberhofer (2013:

78f.) – erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hinterfragt und allmählich entkräftet. Einerseits lieferten neuere Studien weitaus andere Ergebnisse, andererseits wurde Kritik an der Art der Durchführung älterer Forschungsarbeiten geübt. Zu den Kritikpunkten zählte hierbei unter anderem eine zu starke Fokussierung auf IQ-Tests sowie die Durchführung von Testungen in der schwächeren Sprache der betroffenen Kinder, ohne dass mögliche Leistungen in der stärkeren Sprache berücksichtigt worden wären. Darüber hinaus wurden weitere Einflussfaktoren wie beispielsweise der sozioökonomische Status der Herkunftsfamilien kaum in die Untersuchungen miteinbezogen. Ferner muss auch der gesellschaftliche und politische Hintergrund des 19. und beginnenden 20.

Jahrhunderts bedacht werden, vor dem die älteren Forschungsarbeiten geplant und durchgeführt wurden. Ebendiese Zeit war vor dem Hintergrund der Nationalstaatenbildung von der Vorstellung geprägt, dass in einer Nation nur eine Sprache gesprochen wird. Allgäuer-Hackl, Jessner und Oberhofer (ebd.) gehen davon aus, dass dies die Forschung beeinflusst haben könnte.

Maßgeblich ins Rollen gebracht haben das Umdenken auf diesem Gebiet die kanadischen Forscher_innen Elizabeth Peal und Wallace Lambert mit einer im Jahr 1962 veröffentlichten Studie, welche den Titel „The relation of bilingualism to intelligence“ 21 trug (Allgäuer-Hackl; Jessner; Oberhofer 2013: 79;

Cunningham 2011: 167; Triarchi-Herrmann 2012: 106).

Wie Triarchi-Herrmann (2012: 106) erläutert, wurden in die vergleichende Studie von Peal und Lambert sowohl mehr- als auch einsprachige kanadische Schüler_innen einbezogen. Während die bilingualen Kinder, die Englisch und Französisch sprachen, Schüler_innen einer zweisprachigen Schule waren, besuchten die anderen Kinder eine einsprachige Schule. Für die Erhebung der Daten verwendeten Peal und Lambert mehrere verschiedene sprachliche und nicht-sprachliche Tests, welche allesamt sowohl den kognitiven als auch den

21 Allgäuer-Hackl, Jessner und Oberhofer führen in ihrem Literaturverzeichnis eine detaillierte Quellenangabe an: Peal, Elizabeth; Lambert, Wallace E. 1962: The relation of bilingualism to intelligence. Washington: American Psychological Association (= Psychological monographs:

general and applied, Bd. v. 76, no. 27; whole no. 546Bd.).

(21)

21 sprachlichen Entwicklungsstand der einzelnen Kinder abbilden sollten. Zu den Ergebnissen der Studie schreibt Triarchi-Herrmann (ebd.):

„Die statistische Auswertung dieser Längsschnittuntersuchung ergab, dass die zweisprachige Gruppe in allen Teilabschnitten der Intelligenz- und Sprachtests signifikant höhere Werte als die monolinguale Gruppe erzielt hatte. Darüber hinaus schnitten sie auch in den Schulleistungen besser ab als die monolingualen Kinder der Kontrollgruppe.“

Allgäuer-Hackl, Jessner und Oberhofer (2013: 79) heben hervor, dass Peal und Lambert – im Vergleich zu den älteren Studien anderer Wissenschaftler_innen – erstmals nicht nur IQ-Tests berücksichtigten und darüber hinaus die Untersuchungs- und Kontrollgruppe so zusammensetzten, dass sich die Kinder auch in Bereichen wie dem sozioökonomischen Hintergrund und dem besuchten Schultyp glichen. Wie Triarchi-Herrmann (2012: 107f.22) ausführt, folgten auf die Studie von Peal und Lambert, über deren Ergebnisse sowohl das Forschungsteam als auch andere Wissenschaftler_innen erstaunt waren, in den 70er und 80er Jahren des 20. Jahrhunderts zahlreiche weitere Untersuchungen zur kindlichen Mehrsprachigkeit. Dabei kamen bereits mehrere Studien zu dem Ergebnis, dass Mehrsprachigkeit im Kindesalter mit unterschiedlichen positiven Folgen, welche in der vorliegenden Arbeit unten noch näher besprochen werden, für die Entwicklung von Kindern einhergeht.23

Wie aus der neueren Forschungsliteratur überwiegend hervorgeht, bringt Mehrsprachigkeit für die betroffenen Individuen Vorteile auf kognitiver Ebene mit sich. So konnte Allgäuer-Hackl, Jessner und Oberhofer (2013: 7724) und Tracy (2008: 60) zufolge unter anderem nachgewiesen werden, dass bi- und multilinguale Kinder in einem früheren Stadium als einsprachige Kinder über

„metasprachliche Fähigkeiten“ verfügen. Dies kann – so Tracy (2008: 6025) –

22 An dieser Stelle verweist Triarchi-Herrmann auf die folgende Publikation: Kielhöfer, B.;

Jönekeit, S. 2002: Zweisprachige Kindererziehung. 11. Aufl.. Stauffenburg; Tübingen: o.V..

23 Einen guten Überblick über die nachfolgenden Forschungsarbeiten geben der Linguistin Una Cunningham (2011: 167) zufolge unter anderem die folgenden Publikationen:

Bialystok, Ellen 2001: Bilingualism in Development: Language, Literacy, and Cognition.

Cambridge: Cambridge University Press.

Bialystok, Ellen; Craik, Fergus I. M. 2010: Cognitive and linguistic processing in the bilingual mind. In: Current Directions in Psychological Science, 19 (1), S. 19-23.

24 An dieser Stelle stützen sich die Autorinnen auf die folgende Publikation: Bialystok, Ellen;

Craik, Fergus I.; Klein, Raymond; Viswanathan, Mythili 2004: Bilinigualism, aging, and cognitive control: Evidence from the Simon task. In: Psychology and Aging, 19, S. 290-303.

25 Tracy verweist hier auf die folgende Publikation: Nitsch, Cordula 2007: Mehrsprachigkeit: Eine neurowissenschaftliche Perspektive. In: Anstatt, Tanja [Hg.] 2007: Mehrsprachigkeit bei Kindern und Erwachsenen. Tübingen: o.V.. S. 47-68.

(22)

22 darauf zurückgeführt werden, dass mehrsprachige Kinder – meist von Beginn ihres Lebens an – ständig damit konfrontiert sind, dass ein Gegenstand verschieden benannt werden kann. Allgäuer-Hackl, Jessner und Oberhofer (2013:

7726) zufolge folgt daraus ein höheres Maß an „[…] Flexibilität im Umgang mit Konzepten und mit Sprache […]“. Auf ähnliche Weise fasst auch Riehl (2014:

18) die gewinnbringenden Vorteile einer mehrsprachigen Erziehung zusammen:

„Was den kognitiven Aspekt angeht, so besitzen Mehrsprachige ein differenziertes Bewusstsein von Sprache und andere Fertigkeiten, die ihnen auch das Erlernen weiterer Sprachen erleichtern, z.B. die Fähigkeit zu paraphrasieren oder zwischen den Sprachen zu wechseln. Sie haben auch kognitive Vorteile, die über das rein Sprachliche hinausgehen, nämlich eine stärkere Fähigkeit zur Aufmerksamkeitskontrolle. Darüber hinaus verfügen sie über ein kreatives Potential, was auch in Kreativitätstests belegt werden kann […]“

Studien zur Aufmerksamkeitskontrolle bei Ein- und Mehrsprachigen kamen zu dem Schluss, dass mehrsprachige Kinder ihre Aufmerksamkeit stärker auf wesentliche Informationen fokussieren können und sich von unwichtigen Details weniger leicht irritieren lassen, als dies einsprachige Gleichaltrige tun (Chilla;

Rothweiler; Babur 2013: 26). Zurückzuführen ist dieser Vorteil vermutlich auf die Tatsache, dass mehrsprachige Kinder während des Sprechens diejenige Sprache, die im Moment nicht gesprochen wird, ignorieren müssen. Ebendiese Kompetenz, gerade nicht Relevantes in den Hintergrund zu drängen, macht sich folglich auch in anderen Bereichen sichtbar (Chilla; Rothweiler; Babur 2013: 26, in Anlehnung an Bialystok 200127; Riehl 2014: 57, in Anlehnung an Bialystok 200128). Physiologisch wird dies – so Riehl (2014: 58, bezugnehmend auf Abutalebi; Green 200829) damit erklärt, dass bei Mehrsprachigen in zwei Gebieten des menschlichen Gehirns im Vergleich zu Einsprachigen weitaus mehr graue Materie nachgewiesen werden kann, „[…] nämlich im anterioren Cingulum (anterior cingulate cortex) und im linken Nukleus caudatus (left caudate).“

26 Hier bezieht sich das Autorinnenteam auf die folgende Publikation: Baker, Colin 2003:

Foundations of Bilingual Education and Bilingualism. 3. Aufl.. Clevedon: Multilingual Matters.

27 Nähere bibliographische Angaben zu Ellen Bialystoks im Jahre 2001 veröffentlichter Publikation „Bilingualism in Development. Language, Literacy, and Cognition“ befinden sich unter der Fußnote 23 der vorliegenden Arbeit.

28 Nähere bibliographische Angaben zu Ellen Bialystoks im Jahre 2001 veröffentlichter Publikation „Bilingualism in Development. Language, Literacy, and Cognition“ befinden sich unter der Fußnote 23 der vorliegenden Arbeit.

29 Abutalebi, Jubin; Green, David W. 2008: Control mechanisms in bilingual language production.

Neural evidence from language switching studies. In: Language and Cognitive Processes, 23 (4), S. 557-582.

(23)

23 Ebendiese Hirnregionen spielen sowohl im Rahmen von „sprachlichen Kontrollprozessen“ als auch im Rahmen „außersprachlicher Aufmerksamkeitskontrolle“ eine zentrale Rolle (ebd.).

Feststellen konnte die Forschung die Vorteile in Bezug auf die Aufmerksamkeitskontrolle aber lediglich bei mehrsprachigen Kindern und Erwachsenen, welche mindestens zwei Sprachen auf einem sehr hohen Niveau beherrschten (Riehl 2014: 58, bezugnehmend auf Bialystok30). Zudem kamen – so Riehl (2014: 57, bezugnehmend auf Comeau; Genesee; Lapaquette 200331) – inzwischen mehrere Studien zu dem Ergebnis, dass mehrsprachige Kinder bereits relativ früh dazu in der Lage sind, auf ihre sprachliche Umgebung mit der in der jeweiligen Situation geforderten Sprache zu reagieren. Sie erkennen, welche Sprache ihr Gegenüber beherrscht und versuchen dann selbst – so gut es möglich ist – in ebendieser Sprache zu sprechen.

All jenen Studien, welche ab Mitte des 20. Jahrhunderts eindeutige Vorteile einer mehrsprachigen Erziehung belegen konnten, stehen – so Triarchi-Herrmann (2012: 10832) – aber auch Forschungsarbeiten gegenüber, die bei in Deutschland, Peru und Schweden lebenden Kindern mit Migrationshintergrund Sprachentwicklungsverzögerungen sowie Auffälligkeiten im Verhalten und Schwierigkeiten in der Schule feststellten. Zusammenfassend meint Triarchi- Herrmann (2012: 108) folglich:

„In der Forschung sind also unterschiedliche Befunde diesbezüglich zu finden, weswegen nicht allgemein behauptet werden kann, dass sich jede Art von mehrsprachiger Erziehung nur positiv oder nur negativ auf die Entwicklung des Kindes auswirkt.“

Wie in dem vorliegenden Kapitel bereits festgestellt wurde, trafen die in den Studien festgestellten Vorteile mehrsprachiger Kinder gegenüber einsprachigen Gleichaltrigen vor allem dann zu, wenn die mehrsprachigen Kinder die Sprachen auf einem hohen Niveau beherrschten (Riehl 2014: 58, bezugnehmend auf

30 An dieser Stelle führt die Autorin nur den Namen der Forscherin, nicht aber eine spezifische Publikation an.

31 Nähere bibliographische Angaben zu jener Studie, welche Riehl an dieser Stelle exemplarisch anführt, lauten: Comeau, Liane; Genesee, Fred; Lapaquette, Lindsay 2003: The modeling hypothesis and child bilingual codemixing. In: International Journal of Bilingualism, 7 (2), S.

113-126.

32 Triarchi-Herrmann bezieht sich an dieser Stelle auf eine eigene Publikation aus früheren Jahren:

Triarchi, Vassilia 1983: Sprachstandserfassung bei griechischen Kindern in verschiedenen konzipierten, bayrischen Einrichtungen. Ladewig; München: o.V..

(24)

24 Bialystok33). Damit aber in allen Sprachen gut entwickelte Sprachkompetenzen erreicht werden können, müssen bestimmte Bedingungen gegeben sein. Diese werden im nachfolgenden Kapitel aufgezeigt.

2.4 Einflussfaktoren auf den Spracherwerb

Was die Einflussfaktoren auf den Spracherwerb anbelangt, spricht Triarchi- Herrmann (2012: 112ff.) von einem „multifaktoriellen Bedingungsgefüge“.

Relevant sind hierbei Faktoren auf der emotionalen, der sozio-kulturellen und der sprachlichen Ebene, wobei diese miteinander im Zusammenhang stehen, sich gegenseitig bedingen oder wechselseitig beeinflussen können. Faktoren, welche für die emotionale Ebene zentral sind, betreffen die Gefühlswelt des Kindes und mit dieser alle Empfindungen, die es gegenüber seinen Erstsprachen verspürt.

Auch Selimi (2014: 28f.34) verweist darauf, dass das Selbstwertgefühl der mehrsprachigen Kinder sowie die Sicherheit, die sie etwa beim Sprechen ihrer Erstsprachen verspüren, zum Spracherfolg beitragen können.

Auf der sprachlichen Ebene ist einer der wohl zentralsten Faktoren das Ausmaß sowie die Qualität des sprachlichen Inputs, mit dem ein Kind tagtäglich konfrontiert wird. Darüber hinaus ist es auch von Belang, ob die betroffenen Sprachen derselben Sprachfamilie angehören oder nicht. Je ähnlicher sich die einzelnen Sprachsysteme sind, desto weniger Schwierigkeiten treten beim Spracherwerb auf (Triarchi-Herrmann 2012: 115-118).

Selimi (2014: 28f.35) hebt darüber hinaus das Prestige, das die betroffenen Sprachen innerhalb einer Gesellschaft haben, sowie den Grad der Integration der Eltern als Einflussfaktoren auf die sprachliche Entwicklung von Kindern hervor.

Nachdem in den vorangegangen Unterkapiteln der kindliche Spracherwerb sowie seine Auswirkungen auf andere Bereiche wie den der Kognition besprochen

33 An dieser Stelle bezieht sich Riehl auf Bialystok, ohne dabei eine genaue Publikation anzugeben.

34 Naxhi Selimi verweist an dieser Stelle auf die folgende Publikation: Stamm, Margit 2005:

Forschungsstand. In: Moser, Urs; Stamm, Margit; Hollenweger, Judith [Hg.] 2005: Für die Schule bereit? Lesen, Wortschatz, Mathematik und soziale Kompetenzen beim Schuleintritt.

Oberentfelden: Sauerländer Verlag. S. 27-36.

35 Selimi verweist an dieser Stelle auf eine Publikation von Margit Stamm. Nähere

bibliographische Angaben zu dieser befinden sich unter der Fußnote 34 der vorliegenden Arbeit.

(25)

25 wurde, soll nun zu den Aushandlungsprozessen im Rahmen mehrsprachiger Erziehung übergeleitet werden.

2.5 Aushandlungsprozesse im Rahmen mehrsprachiger Erziehung

Die Gründe, weshalb Kinder mit mehreren Sprachen aufwachsen, sind sehr vielfältig. Sie reichen unter anderem von den verschiedenen Formen der Migration über das Sprechen von Minderheitensprachen innerhalb der Familie bis hin zur institutionellen mehrsprachigen Erziehung im Rahmen von Kindertagesstätten. Wie Xiao-lei Wang (2008: 42) in ihrem Werk „Growing up with Three Languages. Birth to Eleven“ ausführt, kann die Entscheidung für die mehrsprachige Erziehung auch mit der Verbundenheit zu den eigenen Herkunftsländern und jenen Familienmitgliedern in Zusammenhang stehen, welche in diesen vor Ort leben. So war es Wang und ihrem Ehemann auch bewusst, dass es ihren Kindern nur möglich sein würde, eine Beziehung zu ihren chinesischen Großeltern aufzubauen, wenn sie die chinesische Sprache erlernen würden. Wie der Textauszug unten wiedergibt, beeinflusste auch dies ihre Entscheidung, ihre Kinder dreisprachig zu erziehen:

„The first and most important reason for our desire to raise trilingual children was our wish to preserve our heritage cultures and family ties.

[…] Furthermore, both Philippe and I were from close-knit families. We wanted our parents and relatives to have close relationships with our children. Helping our children speak the heritage languages would encourage that to happen, and it was especially important for a relationship between the monolingual Chinese grandparents and their grandchildren. Even though the Swiss grandparents were multilingual, knowing French would help promote the emotional and heritage ties between the Swiss grandparents and grandchildren.“ (Wang 2008: 42f.) Unabhängig von den Gründen der Mütter und Väter für ihre Entscheidung, ein Kind mehrsprachig zu erziehen, müssen beide Elternteile Aushandlungsprozesse durchlaufen, im Zuge derer sie sich unter anderem einigen müssen, wann wer welche Sprache mit dem Nachwuchs spricht. Wie Tracy (2008: 108) erläutert, wird hierfür unter anderem das Modell „eine Person – eine Sprache“ („une personne – une langue“ [kursiv im Original]) angewendet, welches bereits im

(26)

26 Jahr 1913 von dem französischen Linguisten Jules Ronjat36 vorgestellt wurde.

Wie der Name des Modells verrät, sprechen die Elternteile diesem zufolge je eine Sprache mit dem Kind. Dabei müssen sie auch klären, welche Sprache sie selbst – das heißt, beide Elternteile – für Gespräche untereinander verwenden wollen.

Neben dem Modell von Ronjat existieren aber noch weitere Möglichkeiten, um ein Kind mehrsprachig aufwachsen zu lassen. Während in Ronjats Modell Sprachen Personen zugeordnet sind, kann die Sprachwahl etwa auch von dafür bestimmten Tageszeiten oder Orten abhängig gemacht werden. Die Eltern wählen die Sprachen folglich situations-, zeit-, oder ortsgebunden. Sollten beide Elternteile etwa dieselbe Erstsprache sprechen und sollte diese der Umgebungssprache nicht entsprechen, so kann es auch der Fall sein, dass die Erstsprache der Eltern zu Hause als Familiensprache fungiert, während das Kind die Umgebungssprache in der Öffentlichkeit, der Kindertagesstätte etc. erlernt.

Die Entscheidungen, die die Eltern zu Beginn der mehrsprachigen Erziehung treffen, müssen nicht endgültig sein. Die Familienkonstellation, das soziale Umfeld oder der Wohnort können sich mehr oder weniger plötzlich verändern, wodurch auch die familiäre Sprachenpolitik unter Umständen an die neue Lebenssituation angepasst werden muss (Tracy 2008: 107-110).

Wie auch Cunningham (2011: 31) ausführt, leben zahlreiche Eltern, welche ihre zukünftigen Kinder zweisprachig erziehen wollen, bereits vor der Geburt des ersten Kindes, einen mehrsprachigen Alltag. Haben beide Elternteile unterschiedliche Erstsprachen, so entscheiden sie sich schon im Rahmen einer Partnerschaft – und nicht erst im Zuge der bevorstehenden Elternschaft – möglicherweise für eine Sprache, die sie miteinander sprechen. Wird das Kind geboren, so kann diese Sprache für Gespräche untereinander beibehalten werden oder es wird eine neue innerfamiliäre Sprachenpolitik bestimmt. Sollten sich, wie oben bereits erwähnt, die Lebensumstände ändern, oder die Eltern auch einfach nur bemerken, dass ein Kind in der einen oder anderen Sprache Hilfestellungen oder allgemein mehr Input benötigt, werden sie dies in Bezug auf die Sprachwahl innerhalb der Familie eventuell berücksichtigen.

Neben den bisher dargelegten Entscheidungen sind noch weitere Aushandlungsprozesse relevant, welche die mehrsprachige Erziehung betreffen

36 Nähere Angaben hierzu gibt Tracy in ihrem Literaturverzeichnis: Ronjat, Jules 1913: Le développement du langage observé chez un enfant bilingue. Paris: H. Champion.

(27)

27 können. Wenn ein Elternteil mit dem Kind in seiner Erstsprache spricht, die nicht der Umgebungssprache gleicht, und dies nach dem oben geschilderten „eine Sprache – eine Person“-Modell auch durchgehend tut, kann es zu Situationen kommen, in denen er oder sie sich dabei unwohl fühlt. In Gegenwart von Freund_innen, die ausschließlich der Umgebungssprache mächtig sind, ist es möglicherweise schwierig in allen Gesprächen in der Erstsprache zu verharren (Tracy 2008: 108).

Cunningham (2011: 28f.) führt zudem eine Reihe von Situationen aus, in denen Aushandlungsprozesse innerhalb der Familie sowie der Verwandtschaft im Mittelpunkt stehen. So spricht sie beispielsweise von Situationen, in denen die Elternteile zu spüren bekommen, dass der oder die anderssprachige Partner_in von den eigenen Eltern nicht so akzeptiert wird, wie man es sich wünschen würde. Darüber hinaus empfinden Familienangehörige und Verwandte die mehrsprachige Erziehung des Kindes möglicherweise als keine gute Idee.

Eventuell gibt es Familienangehörige, die die mehrsprachige Erziehung ablehnen, während andere Familienangehörige wiederum versuchen, die Eltern zu dieser zu motivieren – z.B. aus Angst davor, mit den eigenen Enkelkindern nicht sprechen zu können, wenn sie die Sprache der Großeltern nicht erwerben.

Nachdem einige Aushandlungsprozesse, welche in mehrsprachigen Familien möglicherweise eine Rolle spielen können exemplarisch dargestellt wurden, soll im Folgenden noch näher auf den Einfluss von Großeltern auf die mehrsprachige Erziehung und Entwicklung ihrer Enkelkinder eingegangen werden.

2.6 Einfluss von Großeltern auf die mehrsprachige Erziehung und Entwicklung von Enkelkindern

Wie Tracy (2008: 109) im Folgenden hervorhebt, können Großeltern und Verwandte eine wichtige Ressource für die mehrsprachige Erziehung und Entwicklung eines Kindes darstellen:

„.Gerade im Fall von Minderheitensprachen, die außer einem Elternteil wenig Unterstützung haben, wirkt das Oma/Opa-Prinzip Wunder! Mit Oma und/oder Opa sind kleine Kinder in der Regel gerne zusammen, zumal sie oft auch noch etwas Besonderes mitbringen, was für die

(28)

28 Entwicklung kommunikativer Kompetenzen vorteilhaft ist: Muße für die Kommunikation und Spaß am ausgiebigen Gespräch mit den Enkeln.“

Zudem kann es sein, dass die miteinander verbrachte Zeit zu Hause anders gestaltet wird, als es dies bei den Großeltern der Fall ist. Ortega (2016: o. S.) schildert hierzu ihre eigenen Erfahrungen wie folgt:

„Bevor meine Kinder die Oma, meine Mutter, besuchen, hat sie alles auf die Seite geschoben, damit sie sich voll und ganz den Enkelkindern widmen kann. Der Haushalt muss warten und es gibt auch kein Smartphone, auf dem E-Mails und Facebook zwischendurch gecheckt werden. Sie ist mit ihrer ganzen Aufmerksamkeit bei den Kids. Und in der frühen Sprachentwicklungsphase ist es genau das, was die Kinder brauchen: jemanden [sic!] der viel mit ihnen spricht.“

Hinzu kommen die unterschiedlichen Sprachkenntnisse von Eltern und Großeltern. Wenn die Eltern des Kindes beispielsweise der zweiten Migrant_innengeneration angehören, beherrschen sie die Umgebungssprache inzwischen möglicherweise besser als ihre Erstsprache. So beschreibt auch Ortega (ebd.), dass ihr Vater ihrer Erstsprache mächtiger ist als sie selbst.

Neben dem sprachlichen Input, der dank Großeltern zusätzlich gegeben werden kann, empfindet die Sprachwissenschaftlerin Elke Burkhardt Montanari (2000:

24f.) in ihrem Ratgeber „Wie Kinder mehrsprachig aufwachsen“ auch die großelterlichen Einstellungen gegenüber der Mehrsprachigkeit wesentlich für die sprachliche Entwicklung von Kindern:

„So förderlich eine positive Einstellung der Tagesmutter oder Großmutter zur Mehrsprachigkeit sein kann, so hemmend kann sich andererseits eine Ablehnung auswirken. Deshalb sollten Sie sicherstellen, dass auch die anderen Erziehenden Ihr Anliegen unterstützen.“ (Montanari 2000: 25) Auch die Sprachwissenschaftlerin Wiebke Scharff Retheldt (2018: o. S.) hebt die Bedeutung von Bezugspersonen, zu welchen auch die Großeltern gehören können, für die kindliche Sprachentwicklung hervor. Dabei spricht sie ihnen eine wesentliche Verantwortung zu. Das Gelingen einer mehrsprachigen Erziehung hängt ihr zufolge nämlich maßgeblich vor allem davon ab, in wie vielen Interaktionen im alltäglichen Leben von dem Kind die jeweiligen Sprachen im Rahmen der zwischenmenschlichen Kommunikation angewendet werden, weil es sie in ebendiesen Interaktionen auch benötigt.

Ferner zeigt Selimi (2014: 124) auf, dass auch Großeltern und andere Verwandte, welche in einem anderen Land als ihre Enkelkinder leben, Einfluss auf deren

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