• Keine Ergebnisse gefunden

II. Empirischer Teil

5.3 Interview 3

Das dritte Interview wurde im Dezember 2018 mit Roland, dem Vater des vierjährigen Michaels, geführt. Im Rahmen der Analyse wurden auch für dieses Interview zwei unterschiedliche Paradigmen (Abbildung 9 und Abbildung 10) angefertigt, welche sich im Anhang der vorliegenden Arbeit befinden. Während das erste Paradigma (Abbildung 9) die Frage nach dem Einfluss der italienischsprachigen Großeltern auf die mehrsprachige Erziehung und Entwicklung des Enkelkindes diskutiert, beleuchtet das zweite Paradigma (Abbildung 10) die Frage nach dem Einfluss der deutschsprachigen Großeltern.

Da in beiden Kodierparadigmen neben dem Phänomen „Ein eher kleiner bisheriger Einfluss der Großeltern auf die sprachliche Entwicklung des Enkelkindes aus Sicht des Vaters“ die Kontext-Felder zur Gänze, die ursächlichen Bedingungen zum überwiegenden Teil sowie die Handlungsstrategien zu einem großen Teil miteinander übereinstimmen, werden diese in einem ersten Schritt für beide Paradigmen gemeinsam behandelt. Im Anschluss daran werden die Konsequenzen der beiden Paradigmen getrennt voneinander besprochen.

Wie aus jenen Kategorien, welche dem Kontext zugeordnet werden, hervorgeht, kommt Roland ursprünglich aus Deutschland, während seine Frau Maria Italienerin ist (I3 2018: 28ff.). Bereits in einer E-Mail hat Roland erwähnt, dass die Eltern seiner Frau in Italien leben, während seine Eltern in Deutschland wohnen würden (E-Mail von Roland, November 2018). Die geographische Distanz zu beiden Großelternpaaren beträgt dabei circa 300 Kilometer (I3 2018:

114-118).

Insgesamt werden im innerfamiliären Kontext aber drei Sprachen gesprochen.

Während die Mutter ausschließlich Italienisch mit Michael spricht, ist Deutsch die gemeinsame Sprache von Vater und Sohn (I3 2018: 32-93). Auch in dieser

94 Familie kommt folglich das im Jahr 1913 von Jules Ronjat116 vorgeschlagene Konzept „eine Person – eine Sprache“ (Tracy 2008: 108) zu tragen. Da Maria der deutschen Sprache nicht so gut mächtig ist, hat das Ehepaar vor der Geburt des Sohnes Englisch miteinander gesprochen (I3 2018: 70-74). Mit der eintretenden Schwangerschaft und der Geburt des Sohnes mussten – wie unter anderem auch im Kapitel 2.5 der vorliegenden Arbeit besprochen wurde – mehrere Aushandlungsprozesse, welche sich einerseits auf der individuellen Ebene, andererseits aber auch zwischen den Eltern abspielten, für die Neugestaltung der innerfamiliären Sprachenkonstellation durchlaufen werden (vgl. hierzu u. a.

Cunningham 2011: 31). Während die gemeinsame Sprache der Eltern früher eben ausnahmslos Englisch war, änderte sich dies mit der Geburt von Michael. Ab diesem Zeitpunkt handelte es der Vater auf der individuellen Ebene mit sich selbst aus, sowohl mit der Mutter als auch mit dem Sohn nur mehr Deutsch sprechen zu wollen. Maria hingegen verwendete in der Kommunikation mit dem Sohn ausnahmslos die italienische Sprache, während sie mit dem Vater weiterhin manchmal Englisch sprach. Für ebendiese Vorgehensweise entschied sich das Elternpaar aufgrund dessen, dass – wie oben bereits beschrieben wurde – Maria sich in der englischen Sprache sicherer fühlt als in der deutschen. Der Vater wollte nach der Geburt des Kindes aber nicht mehr länger auf Englisch mit seiner Ehefrau sprechen, weil er die Befürchtung hatte, dass der Sohn sonst zu wenig Einfluss des Hochdeutschen erhalten würde.117 Anfangs hatte der Vater zwar Bedenken, dass es für den Sohn zu viel wäre, wenn er auch noch Englisch im familiären Alltag hören würde. Die Verwendung der drei Sprachen stört dem Vater zufolge den familiären Alltag aber in keinerlei Hinsicht. So erzählt er im Interview, dass er schon bemerkt hätte, dass sein Sohn eigentlich viel mehr auf Englisch verstehe, als er eigentlich angenommen hätte (I3 2018: 28-88).

Wie aus dem Textauszug unten hervorgeht, empfindet der Vater die Sprachenkonstellation in seiner Familie als „natürlich“:

„Ähm: (.) es war sehr natürlich, weil die Maria eben muttersprachlich Italienerin ist und ich muttersprachlich Deutsch spreche. Da haben wir uns gedacht, wenn wir jetzt eine andere Sprache jeweils (.) dem Kind lernen, hat es immer einen Akzent oder (.) es klingt nicht richtig schön, (unv.)

116 Nähere Informationen zu Jules Ronjats Publikation finden sich unter der Fußnote 36 der vorliegenden Arbeit.

117 In Michaels Kindergarten sprechen viele Kinder Kärntnerisch und auch die Pädagog_innen sprechen nicht ausschließlich Hochdeutsch (I3 2018: 79-84).

95 also war das klar, dass wir jeweils in der natürlichen Muttersprache sprechen.“ (I3 2018: 28-33)

Die Mutter verspürte vor der Geburt des Kindes das Bedürfnis, sich in das Thema der mehrsprachigen Erziehung einzulesen und eine Expertin aufzusuchen, um sich zu versichern, dass es in Ordnung wäre, wenn sie mit dem Vater teils weiterhin Englisch sprechen und dieser ihr auf Deutsch antworten würde. Da die Expertin keine Einwände gegen die gewählte innerfamiliäre Sprachenkonstellation hatte, entschied sich das Elternpaar endgültig dazu, diese auch ihren Vorstellungen entsprechend umzusetzen. Während die Sprachenkonstellation für den Vater von Anfang an als „natürlich“ erschien, war es für die Mutter hingegen wichtig, sich noch einmal mit einer Expertin dazu kurzzuschließen (I3 2018: 562-589). Die Mutter von Michael hatte somit das Bedürfnis, auch eine externe Person in die geschilderten Aushandlungsprozesse miteinzubeziehen.

Mit der Zeit hat Maria aber zunehmend damit begonnen, weniger Englisch und dafür sowohl mit dem Vater als auch mit dem Sohn mehr Italienisch zu sprechen:

„Das passiert eigentlich am Tag eigentlich auch schon fünfzig Prozent, dass sie dann Italienisch mit uns beiden spricht, ja […]“ (I3 2018: 612ff.)

Mit der englischen Sprache wird Michael nicht nur zu Hause in den Gesprächen der Eltern, sondern ebenso im Kindergarten konfrontiert. So zeichnet sich der Kindergarten des Jungen durch einen englischen Schwerpunkt aus. Diesen besuchen auch noch andere Kinder, welche zu Hause mit den Eltern ebenso Italienisch sprechen. Wie der Vater berichtet, sei es für ihn schön zu sehen, wenn die Kinder des Öfteren auch Italienisch miteinander sprechen würden (I3 2018:

34-156). Auch der Alltag von Michael ist – ähnlich wie der von Luisa und Mara im ersten Interview – aufgrund des zweisprachigen Kindergartens, den er besucht, nicht nur von einer individuellen, sondern auch von einer institutionellen Mehrsprachigkeit (Riehl 2014: 12) geprägt.

Im Allgemeinen verwendet Michael jedoch, wie aus den Kategorien des Kontextes hervorgeht, überwiegend die deutsche Sprache. Wenn seine Mutter mit dem Sohn auf Italienisch spricht, versteht er zwar alles, antwortet für gewöhnlich aber eher auf Deutsch. Dies begründet Roland damit, dass die deutsche Sprache die Umgebungssprache seines Sohnes ist und Michael mit dieser im alltäglichen Leben folglich viel stärker konfrontiert wird als mit der italienischen Sprache (I3

96 2018: 53-56). Um ebendieses Ungleichgewicht zu kompensieren, werden dem Sohn, wenn er Fernsehen darf, hauptsächlich italienische Filme gezeigt. Darüber hinaus fährt die Familie oft nach Italien. Dabei erhält der Sohn den Ausführungen des Vaters zufolge die Möglichkeit, seine italienischen Sprachkenntnisse zu trainieren (I3 2018: 143-151).

Wie ebenso aus dem Kontext hervorgeht, wird die Mehrsprachigkeit für den Sohn immer „natürlicher“. So meint der Vater: „[…] ich denke, er ist jetzt schon so weit, dass er sich in beiden Sprachen wohlfühlt […] und deswegen glaube ich, dass (ist ähm) auf lange Sicht gar kein (.) Problem, dass es zwei verschiedene Sprachen sind. Es wird immer natürlicher.“ (I3 2018: 445-448)

Nachdem der Kontext näher ausgeführt wurde, soll nun zu den ursächlichen Bedinungen übergeleitet werden. Diese betreffen – ähnlich den bisher geschilderten Ergebnissen der Analysen des ersten und zweiten Interviews – unter anderem die Beziehung und Kontakthäufigkeit der Großeltern, der Eltern und des Enkelkindes.

Den Ausführungen des Vaters zufolge hat Michael trotz der großen geographischen Distanz eine Bindung zu seinen Großeltern. Sieht er sie länger nicht, vermisst Michael sie. Die Großeltern betrachtet der Sohn dabei als

„Freunde“ und „Spielgefährten“, welche die Zeit haben, um mit ihm gemeinsam zu spielen (I3 2018: 296-304). Hier spiegelt sich auch die im zweiten Kapitel der vorliegenden Arbeit bereits geschilderte Erfahrung der Sprachwissenschaftlerin Zwetelina Ortega (2016: o. S.) wider, welche ebenso beschreibt, dass ihre Eltern als Großeltern im Rahmen der gemeinsamen Zeit mit den Enkelkindern den Großteil ihrer Aufmerksamkeit ausschließlich den Kindern widmen würden.

Im Allgemeinen spricht der Vater von einer „sehr engen“ und „herzlichen“

Beziehung zwischen dem Enkelsohn und den Großeltern. Auf der Seite der Großeltern väterlicherseits ist Michael das erste Enkelkind, was für die Großeltern laut dem Vater „was Besonderes“ ist. Ebenso freuen sich die italienischen Großeltern darüber, Michael zu sehen (I3 2018: 190-201).

Auch die Großeltern und Eltern haben eine gute Beziehung zueinander, wobei der Vater angibt, dass er aufgrund der Sprachbarrieren im Kontakt mit Marias Eltern mehr Distanz verspüre, als er dies für die Beziehung von Maria und ihren Schwiegereltern wahrnehmen könne. Die Deutschkenntnisse der Mutter sind nämlich wesentlich besser entwickelt als die Italienischkenntnisse des Vaters.

97 Roland hat zwar zwei Italienischkurse absolviert, kann aber kaum auf Italienisch sprechen (I3 2018: 206-214).

Aufgrund der geographischen Distanz zu den Großeltern, welche zu jedem Großelternpaar in etwa 300 Kilometer beträgt, finden persönliche Kontakte nur im eingeschränkten Maße statt. Die Eltern versuchen circa alle zwei Monate – meist ein Wochenende oder ein paar Tage – gemeinsam mit den Großeltern zu verbringen. Wie der Vater selbst ausführt, geschieht dies zu verschiedensten Anlässen wie z.B. zu Feiertagen und Geburtstagen. Darüber hinaus fahren sie auch zusammen mit den Großeltern in den Urlaub (I3 2018: 118-141). Häufigere persönliche Treffen sind dem Vater zufolge, solange sie als Eltern noch berufstätig sind, kaum möglich (I3 2018: 549ff.).

Neben den persönlichen Treffen halten die Großeltern, die Eltern und das Enkelkind via Telefonie und Videotelefonie den Kontakt. Darüber hinaus werden auch Postkarten aus dem Urlaub an die Großeltern versandt (I3 2018: 172-175).

Mit den Großeltern mütterlicherseits wird den Angaben des Vaters zufolge in einem Rhythmus von circa drei Wochen videotelefoniert (I3 2018: 685-688).

Zu den weiteren ursächlichen Bedingungen, welche das Phänomen bedingen, zählt unter anderem die Frage danach, wie Michael die persönlichen Treffen mit den Großeltern erlebt. Dabei geht die Zeit, die bei den Großeltern in Italien oder Deutschland verbracht wird, für den Sohn immer mit einer gewissen

„Umstellung“ einher. So schläft er nicht nur auswärts, sondern der Alltag ist dort allgemein ganz anders strukturiert, als er dies zu Hause ist (I3 2018: 220-235).

Wie der Vater ausführt, „[…] passiert dann ja immer irgendetwas […]“ (I3 2018:

233), da sie unter anderem ständig Leute – neben den Großeltern auch andere Verwandte sowie Freund_innen und Bekannte – treffen würden, die Michael nur selten sehe. Aus diesen Gründen denkt der Vater, dass die Zeit bei den Großeltern für den Sohn tendenziell spannender und interessanter sei als der ganz normale Alltag in Österreich (I3 2018: 233-236). An dieser Stelle kommt unter anderem der andere „Rhythmus“, den zahlreiche Enkelkinder laut Ortega (2016: o.S.) bei ihren Großeltern erleben, zum Ausdruck: „Großeltern haben oft einen ganz anderen Rhythmus mit ihren Enkelkindern als wir Eltern.“ (ebd.)

Dies scheint, wie die bisherigen Ausführungen zu den Interviews 1, 2 und 3 zeigen, sowohl auf die gemeinsame Zeit mit den Großeltern, die in der Nähe der

98 Enkelkinder leben, als auch auf die gemeinsame Zeit mit Großeltern, welche im Ausland leben, zuzustimmen.

Als ursächliche Bedingung – speziell für den Einfluss der italienischsprachigen Großeltern auf die sprachliche und kulturelle Entwicklung des Enkelsohnes – wird auch die Tatsache betrachtet, dass Michael im Kontakt mit diesen dazu gezwungen ist, Italienisch zu sprechen. Während er seiner Mutter auch auf Deutsch antworten kann, verstehen die italienischsprachigen Großeltern die deutsche Sprache nicht (I3 2018: 52-58). Darüber hinaus wird er im Rahmen von Besuchen bei den italienischsprachigen Großeltern sowie im Rahmen von gemeinsamen Urlauben mit diesen in Italien im Allgemeinen verstärkt mit der italienischen Sprache und Kultur konfrontiert (I3 2018: 841-851).

Die letztgenannte ursächliche Bedingung bezieht sich auf den Zusammenhang zwischen der geographischen Distanz und dem Einfluss beider Großelternpaare auf die Erziehung des Enkelsohnes im Allgemeinen. Aus Sicht des Vaters lässt hierbei die geographische Distanz nur einen geringen Einfluss der Großelternpaare auf die Erziehung des Sohnes zu:

„[…] aber das ist nicht so wie, wenn man zum Beispiel di:e, so wie die Krippe, dass man wöchentlich das Kind einmal abgibt und ä:h […] dann aufpasst und so, das ist schon ganz anders. […] es ist nicht so, wie wenn das in der Erziehung direkt eine Rolle spielen würde, glaube ich. Es ist eine kleine Rolle.“ (I3 2018: 123-130).

Nachdem die ursächlichen Bedingungen für das Phänomen beider Kodierparadigmen – „Ein eher kleiner bisheriger Einfluss der Großeltern auf die sprachliche Entwicklung des Enkelkindes aus Sicht des Vaters“ – näher beschrieben wurden, soll nun zu den Handlungsstrategien übergeleitet werden, welche auf das Phänomen einwirken bzw. mit diesem im Zusammenhang stehen.

Diese betreffen unter anderem die Positionen, welche die Großeltern gegenüber der mehrsprachigen Erziehung aktiv einnehmen sowie Erwartungen, welche von den Großeltern an die Eltern wie auch umgekehrt von den Eltern an die Großeltern – die mehrsprachige Erziehung von Michael betreffend – möglicherweise gestellt wurden bzw. weiterhin gestellt werden.

Wie die Eltern sprachen auch die Großeltern mit dem Enkelsohn von Anfang an in ihren jeweiligen Erstsprachen – d.h., die Großeltern väterlicherseits Deutsch und die Großeltern mütterlicherseits Italienisch. Die jeweilig andere Sprache beherrschen die Großelternpaare nicht (I3 2018: 50-113). Im Allgemeinen haben

99 beide Großelternpaare die mehrsprachige Erziehung des Enkelsohnes nie behindert, sondern immer gutgeheißen (I3 2018: 428-434). So hat die deutschsprachige Großmutter sogar Italienischkurse besucht, um unter anderem auch die Kommunikationsmöglichkeiten mit den Schwiegereltern zu verbessern.

Der Vater wertet dies als eine offene und wertschätzende Haltung gegenüber der mehrsprachigen Erziehung sowie gegenüber der zweisprachigen Identität des Enkelsohnes (I3 2018: 334-351). Wie Roland im Textauszug unten näher ausführt, unterstützen die deutschsprachigen Großeltern die mehrsprachige Erziehung im Allgemeinen nicht nur durch Wertschätzung, sondern auch durch aktive Handlungen:

„[Und] di:e ä:h unterstützen das auch wirklich aktiv und (.) meine Mutter geht sogar so weit, dass sie sagt, ah jetzt würde ich mal gerne wissen, wie er jetzt Italienisch spricht und will dann irgendetwas fragen, was dann natürlich für ihn sehr künstlich ist, (wenn meine) Mutter dann plötzlich (was Italienisches) sagt und er wird dann auf Deutsch antworten. Das versteht er nicht, dass wer (ihn) abfragen will und das mag er auch nicht, (irgendwie) so Situationen wie (irgendwas), was vorsingen oder was aufsagen. Das ist (nicht da, (.) das ist keine) natürliche: (ähm, ä:h) Situation. Das macht er dann ungern.“ (I3 2018: 353-362)

Wie in der vorliegenden Arbeit bereits mehrmals aufgezeigt wurde, wird davon ausgegangen, dass bereits eine positive Grundhaltung der Großeltern gegenüber der Mehrsprachigkeit des Enkelkindes „förderlich“ für die multilinguale Erziehung sein kann (vgl. Montanari 2000: 25). Dies bringt auch der Vater von Michael zum Ausdruck, indem er auf die Frage der Interviewerin, was die Wertschätzung der Mehrsprachigkeit vonseiten der Großmutter aus seiner Sicht beim Enkelsohn bewirken würde, die folgende Antwort gibt: „Also, dass […] die Beziehung einfach gut ist und ä:h dass er sich da wohlfühlt. Und ich denke, er ist jetzt schon so weit, dass er sich in beiden Sprachen wohlfühlt, wenn er was spricht […]“ (I3 2018: 444ff.)

Zu den Reaktionen der italienischsprachigen Großeltern auf die Lernfortschritte des Enkelsohnes meint der Vater: „[…] die freuen sich auch über jede Entwicklung, ja. (.) Wenn er immer mehr versteht und mehr antworten kann, ja.“

(I3 2018: 424ff.)

Erwartungen an die Eltern die mehrsprachige Erziehung des Kindes betreffend bekamen Roland und seine Ehefrau in der Zeit rund um die Geburt ihres Kindes vonseiten der beiden Großelternpaare nicht zu hören. Auch umgekehrt verspürte

100 der Vater keinerlei Erwartungen an die Großeltern (I3 2018: 378-388). Auch an eine mögliche Kritik der Großeltern an der Handhabung der mehrsprachigen Erziehung kann sich der Vater nicht erinnern (I3 2018: 325-332). Einen wesentlichen Grund hierfür sieht der Vater darin, dass es „[…] ein sehr natürlicher Prozess ist, dass man (.) das so macht, wie wir das machen […]“ (I3 2018: 332f.)

Eine weitere Handlungsstrategie vonseiten der Großeltern und Eltern betrifft den gezielten Einsatz der Videotelefonie, um einerseits den Kontakt zu halten und andererseits den Großeltern und dem Enkelkind die Möglichkeit zu bieten, auch visuell miteinander in Beziehung zu treten. Wie der Vater im Interview selbst ausführt, haben sie vor der Geburt des Sohnes mit den eigenen Eltern nicht videotelefoniert118. Seit Michaels Geburt stellt die Videotelefonie jedoch ein wichtiges Medium dar, durch das die Großeltern trotz der großen geographischen Distanz die Entwicklung des Enkelkindes gut mitverfolgen können (I3 2018: 648-661).

Während die Mutter von Maria bereits vor der Geburt von Michael mit den technischen Hilfsmitteln, welche für die Videotelefonie benötigt werden, ausgestattet war, mussten diese bei den Großeltern väterlicherseits von Roland erst besorgt bzw. eingerichtet werden. Gerne machten sie sich mit der Technik vertraut, um den Enkelsohn auch abseits der persönlichen Treffen regelmäßig

„sehen“ zu können. Roland erzählt, dass sich seine Eltern dabei von Anfang an sehr bemüht hätten, die Aufmerksamkeit des Enkelsohnes im Rahmen der Videotelefonie auf sich zu lenken, um mit ihm in Kontakt treten zu können. So haben sie etwa Spielzeuge wie Plüschtiere für den Enkelsohn sichtbar in die Kamera gehalten, um seine Aufmerksamkeit zu erlangen. Ob die Großeltern väterlicherseits oder sie selbst als Eltern als erstes einen verstärkten Kontakt via Videotelefonie angestrebt haben, daran kann sich Michael nicht mehr erinnern.

Sie waren sich jedoch einig, dass sie die technischen Hilfsmittel demnächst besorgen bzw. einrichten müssten und einen Kontakt auf dieser Ebene beiderseits befürworten würden (I3 2018: 629-706).

118 Diese Aussage trifft vor allem auf die deutschssprachigen Großeltern zu. Roland ist sich nicht sicher, ob seine Ehefrau mit ihren Eltern vor der Geburt des Sohnes videotelefoniert hat (I3 2018:

690-706).

101 Trotz aller Bemühungen bringt Michael in seinem Alter aber noch nicht die nötige Aufmerksamkeitsspanne und Ausdauer mit, um per Videotelefonie längere Gespräche mit den Großeltern zu führen: „Und ä:hm (.) er telefoniert auch nicht wirklich (.) sehr viel. […] Er möchte nicht lange jetzt da rumtelefonieren. Er ist dann kurz da: und sagt etwas und (rennt) dann gleich wieder weg.“ (I3 2018: 544-547)

Der Enkelsohn legt demnach die Handlungsstrategie zu Tage, derzeit noch kein allzu großes Interesse an der Videotelefonie – sowohl mit den italienischsprachigen als auch mit den deutschsprachigen Großeltern – zu zeigen.

Die vorliegende Arbeit sieht darin – vor allem bezogen auf die Frage nach den Einflussmöglichkeiten der italienischsprachigen Großeltern auf die sprachliche Entwicklung des Enkelsohnes – eine Handlungsstrategie, welche es den Großeltern erschwert, einen verstärkten Beitrag zur sprachlichen Entwicklung des Enkelkindes zu leisten. Im Kontakt mit den italienischsprachigen Großeltern zeigt sich eine weitere Handlungsstrategie des Enkelsohnes, welche dessen Sprachwahl in der Kommunikation mit den Großeltern betrifft. So schildert der Vater, dass Michael, wenn sie in Italien ankommen würden, zuerst immer auf Deutsch mit den Großeltern zu sprechen versuche. Sobald er bemerkt, dass diese wirklich der deutschen Sprache überhaupt nicht mächtig sind, ändert er seine Sprachwahl:

„Und wenn er dann erstmals antwortet, merke ich, also, wenn wir frisch hinkommen, dass er noch ähm: erstmal auf Deutsch probiert und dann merkt er, na gut, die verstehen es absolut nicht und dann kommt er langsam rein und dann geht es auch ganz gut.“ (I3 2018: 58-61)

Wie aus dem Textauszug oben hervorgeht, kommuniziert Michael dann – nach dem Versuch, das Sprechen der italienischen Sprache zu umgehen – mit den Großeltern aber ganz gut. Dabei führt der Vater das Verhalten des Sohnes darauf zurück, dass ihm die deutsche Sprache aufgrund dessen, dass diese auch seine Umgebungssprache ist, vertrauter ist (I3 2018: 55f.).

Nachdem die in den beiden Kodierparadigmen abgebildeten Handlungsstrategien besprochen wurden, sollen nun die Konsequenzen diskutiert werden. Da diese in den beiden Kodierparadigmen (Abbildung 9 und Abbildung 10 im Anhang) nicht miteinander übereinstimmen, werden zuerst jene Konsequenzen beschrieben, welche die Frage nach dem Einfluss der italienischsprachigen Großeltern auf die sprachliche und kulturelle Entwicklung des Enkelkindes betreffen (Abbildung 9

102 im Anhang). Im Anschluss daran werden die Konsequenzen des zweiten

102 im Anhang). Im Anschluss daran werden die Konsequenzen des zweiten