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II. Empirischer Teil

5.4 Interview 4

Das vierte Interview wurde im Jänner 2019 mit Malina, der Mutter von zwei Töchtern namens Lara und Sofija, geführt. Während Lara zum Zeitpunkt des Interviews vier Jahre alt war, war Sofija noch ein Säugling (siehe Interviewkopf, Interview 4). Auch im Rahmen der Analyse des vierten Interviews wurden zwei verschiedene Kodierparadigmen angefertigt (Abbildung 11 und Abbildung 12), welche sich – wie bereits unter Punkt 5 besprochen wurde – im Anhang der vorliegenden Arbeit befinden. Während das erste Kodierparadigma (Abbildung 11) die Frage nach dem Einfluss der Großeltern mütterlicherseits auf die sprachliche und kulturelle Entwicklung der Enkeltöchter behandelt, befasst sich das zweite Paradigma (Abbildung 12) mit den Forschungsergebnissen bezogen auf den Einfluss der Großeltern väterlicherseits. Da die Kontext-Felder in den beiden Kodierparadigmen vollständig miteinander übereinstimmen, wird der Kontext in einem ersten Schritt für beide Paradigmen gemeinsam diskutiert. Erst im Anschluss daran werden die beiden Paradigmen getrennt voneinander besprochen.

Dem Kontext zufolge gehören sowohl die Mutter als auch die beiden Mädchen der slowenischen Volksgruppe in Kärnten an. Wie Malina im Rahmen des Interviews selbst ausführt, sei es für sie aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur slowenischen Minderheit „ganz klar“ gewesen, dass sie ihren Kindern die slowenische Sprache weitergeben werde (I4 2019: 18-21). Folglich erwerben Lara und Sofija im Rahmen ihres bilingualen Erstsprachenerwerbs (Riehl 2014:

105 11) die slowenische und die deutsche Sprache. Während Malina ausnahmslos Slowenisch mit den Töchtern spricht, fungiert Deutsch als Vater- und Familiensprache (I4 2019: 22-26). Auch in dieser Familie wird somit das von Jules Ronjat121 im Jahr 1913 vorgeschlagene Konzept „eine Person – eine Sprache“ (Tracy 2008: 108) für die mehrsprachige Erziehung der Kinder angewandt.

Dabei wies die innerfamiliäre Sprachenkonstellation in Malinas Herkunftsfamilie ein „ähnliches Spektrum“ (I4 2019: 27) auf, wie es dies in der derzeitigen mehrsprachigen Erziehung der Töchter tut. Während die Mutter von Malina als Angehörige der slowenischen Minderheit von Anfang an Slowenisch mit ihren Kindern sprach, war ihr Vater ursprünglich einsprachig Deutsch erzogen worden.

Bewusst scheint Malina hier von einem „ähnlichen Spektrum“ (ebd.) zu sprechen, da sich trotz der gleichen Konstellation der von den Eltern in die Ehe

„mitgebrachten“ Sprachen ein entscheidender Unterschied zwischen ihrer eigenen und der mehrsprachigen Erziehung ihrer Töchter feststellen lässt. Ebendieser Unterschied betrifft auf der einen Seite die Familiensprache, andererseits jene Sprachen, welche von den Vätern in der Erziehung und somit in der Kommunikation mit den Kindern angewendet werden. Wie oben bereits erwähnt wurde, spricht Malinas Ehemann ausschließlich Deutsch mit Lara und Sofija. Die deutsche Sprache fungiert folglich auch als Familiensprache der Kernfamilie (I4 2019: 25f.), da der Vater der Kinder die slowenische Sprache auch gar nicht ausreichend beherrscht, um sich tagtäglich mit seiner Frau und seinen Töchtern auf Slowenisch unterhalten zu können. Malinas Vater hingegen spricht Slowenisch. Aus ihren Beschreibungen geht hervor, dass die Familiensprache in ihrer Herkunftsfamilie Slowenisch ist und auch ihr Vater des Öfteren nicht Deutsch, sondern Slowenisch mit ihr spricht, obwohl er diese Sprache nicht besonders gut beherrscht (I4 2019: 27-114). Malina vermutet darin ein „[…]

Zugehörigkeits- ähm:, (.) ja, (.) Statement oder so irgendwie […]“ (I4 2019:

118).

Auch Malina erwähnte bereits im Rahmen des ersten Telefongespräches, dass sowohl ihre als auch die Eltern ihres Mannes in Kärnten leben würden (Telefongespräch mit Malina, Dezember 2018).

121 Nähere Informationen zu Jules Ronjats Publikation finden sich unter der Fußnote 36 der vorliegenden Arbeit.

106 Nachdem der Kontext der beiden Kodierparadigmen besprochen wurde, soll nun zur näheren Besprechung der Forschungsergebnisse den Einfluss der Großeltern mütterlicherseits auf die sprachliche Erziehung und Entwicklung der Enkelkinder betreffend übergegangen werden. Das Phänomen dieses Paradigmas (Abbildung 11) lautet dabei „Marginaler Einfluss der Großeltern auf die Erziehung der Enkelinnen und deren Zweisprachigkeit aus Sicht der Mutter“. Wie es bisher auch im Rahmen der anderen Interviews der Fall war, umfassen die ursächlichen Bedingungen für das oben genannte Phänomen unter anderem Faktoren wie die Beziehungsqualität zwischen den Großeltern, den Eltern und den Enkelkindern sowie deren Kontakthäufigkeit.

Was das Verhältnis von Lara und Sofija zu den Großeltern anbelangt, spricht die Mutter von einem „Oma-Opa-Verhältnis“ (I4 2019: 56), das aus ihrer Sicht „eher begrenzt“ 122 (I4 2019: 57) ist, sich aber dennoch durch eine sehr gute Beziehungsqualität auszeichnet (I4 2019: 169-175). Auch ihre eigene sowie die Beziehung ihres Mannes zu ihren Eltern bezeichnet sie als „sehr gut“ (I4 2019:

230-234).

Persönliche Treffen finden einmal in der Woche statt, wobei die Enkelkinder dann mit den jeweiligen Großeltern meist vier bis fünf Stunden alleine verbringen. Wöchentlich wird zwischen den Großelternpaaren gewechselt, was bedeutet, dass die Enkelkinder eine Woche vier bis fünf Stunden bei Malinas Eltern und in der nachfolgenden Woche vier bis fünf Stunden bei ihren Schwiegereltern verbringen. Darüber hinaus sehen sich die Großeltern, Eltern und Enkelkinder im Rahmen von Familienessen, welche für gewöhnlich sonntags stattfinden. Insgesamt kommt es demnach pro Großelternpaar meist zumindest zu einem wöchentlichen Kontakt mit den beiden Enkeltöchtern (I4 2019: 193-210).

Bevor die erstgeborene Tochter in den Kindergarten gekommen ist, war der Kontakt von Großeltern und Enkelkindern noch häufiger gegeben. Dies lag daran, dass beide Großelternpaare nach der Karenzzeit der Mutter die Betreuung der Enkeltochter übernahmen. Auch dies wurde im abwechselnden Rhythmus gehandhabt. Insgesamt verbrachte Lara in dieser Zeit ungefähr fünfzehn Stunden pro Woche bei den Großeltern. Während Malinas Eltern in einer Woche die

122 Gemeint ist an dieser Stelle vermutlich, dass sich die Großeltern und Enkelkinder nicht so

häufig sehen, wie es dies vielleicht in anderen Familien der Fall ist.

107 Arbeitszeit der Mutter durch ihre Betreuungstätigkeiten abdeckten, taten dies die Schwiegereltern in der darauffolgenden Woche (I4 2019: 192-223).

Nachdem die aus der Analyse der Daten hervorgegangenen ursächlichen Bedingungen besprochen wurden, soll nun zu den Handlungsstrategien übergegangen werden, mit welchen die Großeltern und Eltern auf das Phänomen

„Marginaler Einfluss der Großeltern auf die Erziehung der Enkelinnen und deren Zweisprachigkeit aus Sicht der Mutter“ einwirken. An erster Stelle wird hierbei die Sprachwahl der Großmutter mütterlicherseits im Kontakt mit den beiden Enkelinnen angeführt. So spricht diese seit der Geburt der ersten Enkelin ausschließlich Slowenisch mit Lara und Sofija. Den Angaben der Mutter zufolge wurde ihre Sprachwahl im Vorfeld der Geburt der ersten Tochter mit der Großmutter mütterlicherseits allerdings nie direkt besprochen (I4 2019: 121-158).

Zwischen den Eltern und der Großmutter kam es folglich diesbezüglich zu keinen Aushandlungsprozessen, da es für alle selbstverständlich war, dass Malinas Mutter mit Lara und Sofija Slowenisch sprechen würde. Würde sie mit ihnen Deutsch sprechen, würde sich dies für Malina auch „sehr seltsam“ (I4 2019: 162) und „total befremdlich“ (I4 2019: 167) anfühlen. Wie Malina selbst erzählt, verspüre sie diesbezüglich „[…] eine Erwartung plus Forderung […]“ an ihre eigene Mutter (I4 2019: 422). Wie die aufgelisteten Handlungsstrategien verdeutlichen, scheint aber nicht nur die Mutter Erwartungen an die Großmutter mütterlicherseits zu stellen, sondern auch umgekehrt die Mutter an die Tochter.

Aus Malinas Sicht nimmt die Weitergabe der slowenischen Sprache und Kultur für die Großmutter mütterlicherseits im Allgemeinen einen großen Stellenwert ein (I4 2019: 468-484). Dies zeigt sich unter anderem darin, dass auch in dieser Familie die Großmutter als „Vermittlerin kultureller Werte“ (vgl. Brake; Büchner 2007: 212, bezugnehmend auf Mead 1974123) fungiert. So unternimmt sie mit der älteren Enkeltochter regelmäßig ein slowenisches Kulturprogramm, in dessen Rahmen sie etwa slowenische Theaterstücke mit Lara besucht. Darüber hinaus kauft sie slowenische Kinderbücher oder besorgt Hörspiele in Slowenien.

Ebendiese Förderung der slowenischen Sprache und Kultur empfindet Malina als Unterstützungsleistung vonseiten ihrer Mutter, welche sie ebenso nie direkt eingefordert hat, sondern ihre Mutter von sich aus übernommen hat (I4 2019:

123 Nähere bibliographische Angaben zu Meads Publikation befinden sich unter der Fußnote 112 der vorliegenden Arbeit.

108 484-574). Dabei hat Malina – wie ebenso unter den Handlungsstrategien in der Abbildung 11 angeführt – das Gefühl, dass auch ihre Mutter sich erwartet, dass Malina ihre Kinder auf sprachlicher und kultureller Ebene fördert und das slowenische „Erbe“ somit bewahrt (I4 2019: 462-471). Dabei geht Malina sogar davon aus, dass es im Falle einer Verweigerung ihrerseits, ebendieses Erbe nicht weiterzugeben, vermutlich zu einem Streit zwischen ihr und ihren Eltern gekommen wäre: „Also, ich glaube, da wäre das, da wäre das fatal gewesen oder ich glaube, da hätten wir uns wirklich zerkriegt, wenn ich das Slowenische nicht weitergeführt hätte, ja.“ (I4 2019: 522ff.)

Ebendiese Aussage unterstreicht die Wichtigkeit der Weitergabe der slowenischen Sprache für Malinas Herkunftsfamilie ein weiteres Mal.

Während die bisherigen Handlungsstrategien Positionen und Handlungen der Großmutter und Mutter betroffen haben, bezieht sich die nächstfolgende Strategie auf den Umgang des Großvaters mütterlicherseits mit der innerfamiliären Mehrsprachigkeit. So spricht nicht nur die Großmutter mütterlicherseits, sondern auch deren Ehemann Slowenisch mit den Enkelinnen. Die deutsche Sprache hingegen wendet der Großvater mütterlicherseits in der Kommunikation mit den Enkeltöchtern nur selten an (I4 2019: 627-658). Wie die Mutter unten ausführt, sei es aber ihr Wunsch, dass ihr Vater mit ihren Töchtern Deutsch und nicht Slowenisch sprechen würde, da er die slowenische Sprache in Wahrheit nicht ausreichend beherrsche, um den Enkeltöchtern auf ihre Fragen Rede und Antwort zu stellen:

„[…] ich habe mittlerweile einfach das Problem, dass meine Tochter schon sehr, dass man ihr einfach schon Sachen erklären muss, ja. Oder, oder, dass man ihr schon auch die Sachen erklären kann. Also sie interessiert zum Beispiel, wie ä:h keine Ahnung, (.) ja, (.) wie ein Traktor oder so funktioniert, ja. Wo muss man den einschalten und solche Sachen, das interessiert sie. Und mein Vater kann das auf (.) Slowenisch nicht erklären und dann erklärt er ihr einfach nichts und da ist mir mittlerweile einfach wichtiger, (.) dass er über seinen äh, über irgendwo Stolz oder was auch immer ähm: (.) springt und ihr einfach da jetzt, ja, dann trotzdem ihr das (.) in Deutsch erklärt. [Ja, das wäre […] mein] Wunsch.“ (I4 2019:

634-648)

Ihren Wunsch hat Malina gegenüber ihrem Vater schon des Öfteren geäußert.

Doch scheint sie mit ihren Argumenten abzuprallen, „[…] weil er so stolz darauf ist, dass er, dass er (.) zumindest ein bisschen Slowenisch kann, ja.“ (I4 2019:

633f.)

109 Die Aushandlungsversuche vonseiten der Mutter schlagen somit fehl und die Textstelle führt vor Augen, was geschieht, wenn die Bezugspersonen sich hinsichtlich der Umsetzung der mehrsprachigen Erziehung nicht einig sind. Wie es die Sprachwissenschaftlerin Elke Burkhardt Montanari (2000: 25) ausführt, ist gerade die Einigkeit darin als eine Bedingung für eine gelungene mehrsprachige Erziehung anzusehen.

In diesem Fall wird der Enkeltochter – wie die Mutter oben schildert – förderlicher sprachlicher Input vorenthalten. Darüber hinaus wird die oben geschilderte Problematik und die mit dieser im Zusammenhang stehenden Aushandlungsprozesse Malina und ihre Familie somit noch länger begleiten. Wie aus ihren eigenen Schilderungen hervorgeht, resigniert Malina aber nicht.

Weiterhin möchte sie versuchen, ihren Vater davon zu überzeugen, dass es für Lara und Sofija „vorteilhafter“ wäre, wenn er Deutsch mit ihnen sprechen würde (I4 2019: 675-681).

Nachdem die Handlungsstrategien besprochen wurden, werden die Konsequenzen näher beleuchtet. Hierbei wäre es aus Malinas Sicht für die sprachliche und kulturelle Entwicklung ihrer Kinder hilfreich, wenn ihre Mutter auch in Zukunft weiterhin gemeinsam mit Lara und Sofija an slowenischen Kulturveranstaltungen teilnehmen würde. Darin sieht Malina eine Rolle und Aufgabe der Großmutter im Rahmen der mehrsprachigen Erziehung (I4 2019:

586-596). Zeitgleich gibt sie aber auch an, dass ihre Geschwister vermutlich keine andere Rolle die mehrsprachige Erziehung der Nichten betreffend einnehmen würden, wenn diese in Kärnten leben würden. Damit stellt sie die Frage in den Raum, ob die Rolle der Großeltern allgemein in der Gesellschaft nicht doch manchmal zu stark bewertet wird:

„[…] (A(b), das stimmt, aber im Vergleich, (.) also das könnten jetzt genauso meine Geschwister sein, ja. Die würden, glaube ich, den gleichen Stellenwert einnehmen, […] hätte ich jetzt, also, was die zweisprachige Erziehung betrifft. Also vielleicht (schon den, den Einfluss), (.) weil die sehen wir eigentlich (.) […] Gleich oft. (.) Ä:hm teilweise hat di:e, (.) ich finde, dass Großeltern, (.) (I: Ja.) es ist toll, dass man sie hat, ja, ähm, aber manchmal finde ich ihren Stellenwert einfach etwas zu hoch angesetzt.“

(I4 2019: 691-701)

Die Zeit für das gemeinsame Kulturprogramm würden Malinas Geschwister aus ihrer Sicht nicht investieren, um ihre Schwester zu unterstützen, sondern aus Freiwilligkeit heraus (I4 2019: 732-742). Auch wenn ihre Geschwister in Kärnten

110 leben und Lara und Sofija sowohl auf sprachlicher als auch auf kultureller Ebene fördern würden, würde – so Malina – der Einfluss ihrer Mutter dadurch nicht geringer werden (I4 2019: 749-753). Aber für die Eltern würde es, wenn die Geschwister der Mutter vor Ort leben würden, bedeuten, dass sie mehrere Bezugspersonen der Kinder für deren Betreuung zur Auswahl hätten: „[…] wie soll ich sagen, ich glaube, man würde dann (..) eher jemanden fragen, ob er jetzt einmal irgendwie einspringen kann, (.) als wir es derzeit irgendwie vielleicht (.) wollen, (genau).“ (I4 2019: 769ff.)

Im Moment fühlt sich die Mutter nämlich des Öfteren als „Bitsteller“, wenn sie Großelternteile für die Betreuung ihrer Kinder benötigt. Sie spricht hierbei von einer „zweischneidigen Geschichte“, führt das Dilemma im Rahmen des Interviews aber nicht mehr näher aus (I4 2019: 782-789). So ergibt sich als eine weitere Konsequenz aus den Handlungen der Großeltern mütterlicherseits, dass sich die Mutter von diesen mehr Einsatz in Bezug auf die Kinderbetreuung wünschen würde (I4 2019: 235-238). Zeitgleich vertritt sie die Haltung, dass der

„Stellenwert“ von Großeltern in der Gesellschaft oftmals überbewertet wird:

„[…] ich finde, dass Großeltern, (.) […] es ist toll, dass man sie hat, ja, ähm, aber manchmal finde ich ihren Stellenwert einfach etwas zu hoch angesetzt.“ (I4 2019:

699ff.)

Trotz allem zieht Malina jedoch den Schluss, dass ihre Erwartungen an die eigene Mutter die mehrsprachige Erziehung der Enkelinnen betreffend erfüllt worden sind (I4 2019: 473-481). Demgegenüber resultiert aus den Handlungsstrategien des Großvaters ein fortwährender Aushandlungsprozess, in dessen Rahmen die Mutter immer wieder versucht, ihren eigenen Vater davon zu überzeugen, dass es für die Enkelinnen besser wäre, wenn er mit ihnen Deutsch – und nicht Slowenisch – sprechen würde (I4 2019: 627-681). Trotz der geschilderten Meinungsverschiedenheiten fühlt sich die Mutter in der Umsetzung der mehrsprachigen Erziehung ihrer Kinder vonseiten ihrer eigenen Eltern aber nicht behindert (I4 2019: 582ff.).

Zusammenfassend soll an dieser Stelle noch einmal erwähnt werden, dass – wie die bisherigen Schilderungen zeigen – die Mutter zu Beginn des Interviews gleich von einem „marginalen Einfluss“ der Großeltern auf die Erziehung und Mehrsprachigkeit der Enkelkinder gesprochen hat, währenddessen sie später doch einige Unterstützungsleistungen – vor allem vonseiten ihrer eigenen Mutter – die

111 mehrsprachige Erziehung und Entwicklung der eigenen Kinder betreffend benennen konnte. Nichtsdestotrotz betonte sie aber auch am Ende des Interviews, dass der Stellenwert der Großeltern aus ihrer Sicht innerhalb der Gesellschaft oftmalig überschätzt werde.

Nachdem der Einfluss der slowenischsprachigen Großeltern auf die mehrsprachige Erziehung und Entwicklung der Kinder näher besprochen wurde, soll nun in einem weiteren Schritt der Einfluss der Großeltern väterlicherseits diskutiert werden (Abbildung 12 im Anhang). Das Phänomen lautet hierbei

„Keine Erwartungen – außer Akzeptanz der mehrsprachigen Erziehung – vonseiten der Mutter an die Großeltern väterlicherseits“. Bedingt wird dieses unter anderem von mehreren Faktoren, welche den multilingualen Hintergrund des Großvaters wie auch der Großmutter väterlicherseits sowie deren Entscheidung gegen eine mehrsprachige Erziehung ihrer eigenen Kinder betreffen. So wurde auch in der Herkunftsfamilie der Großmutter väterlicherseits zu Hause Slowenisch gesprochen, während ihr Ehemann mit den Sprachen Französisch und Luxemburgisch aufwuchs (I4 2019: 30-313). Letzterer kam erst für das Studium nach Österreich, wobei er seine zukünftige Frau in Graz kennengelernt hat (I4 2019: 89ff.). Obwohl der Vater nach der Geburt der eigenen Kinder mit ihnen entweder Französisch oder Luxemburgisch sprechen hätte können, entschied er sich – wie Malina unten ausführt – bewusst gegen die Weitergabe der beiden Sprachen:

„[…] irgendwie hat er sich dann entschlossen, (.) als die Kinder dann auf der Welt waren, nein, es ist, es ist eh genug, wenn, (.) wenn er jetzt mit den Kindern eben nur Deutsch redet, also und, und ä:h eh schon sein Dialekt so quasi und er möchte jetzt irgendwie schauen, dass die Kinder wenigstens gescheit Deutsch reden, bevor sie jetzt dann noch Französisch oder Luxemburgisch eben dazu, dazulernen […].“124 (I4 2019: 92-97) Warum die Großmutter väterlicherseits die slowenische Sprache an ihre eigenen Kinder nicht weitergegeben hat, geht aus dem Interview nicht hervor. Wie Malina angibt, spricht ihre Schwiegermutter im Fall ihrer Erstsprache auch nicht von Slowenisch, sondern von „Windisch“ (I4 2019: 312f.).

124 Interessant wäre es, ob auch die hier geschilderte Entscheidung des Großvaters mit der – im

Unterkapitel 2.3 der vorliegenden Arbeit thematisierten – damaligen, in der Gesellschaft gängigen Vorstellung, eine mehrsprachige Erziehung könnte die Kinder überfordern (Allgäuer-Hackl;

Jessner; Oberhofer 2013: 78), im Zusammenhang stand. Um dies herauszufinden, müsste aber der Großvater dazu befragt werden. Die Ausführungen der Mutter in dem Interview reichen nicht aus, um eine derartige Schlussfolgerung zu ziehen.

112 Da es die Ressourcen der vorliegenden Arbeit nicht anders erlauben, kann auf den Begriff „Windisch“ an dieser Stelle nur oberflächlich eingegangen werden. Der Sprachwissenschaftler Rudolf de Cillia (2013: 15) gibt in seinem Artikel „Von Volksstämmen, Minderheiten und Volksgruppen. Terminologische Bemerkungen zum Thema“ die folgende Definition:

„[…] Windisch [kursiv im Original] war ein Ethnonym, um die Slowenischsprechenden in Kärnten und der Steiermark zu bezeichnen und sie von denen der Gegend um Ljubljana […] zu unterscheiden […].125 Die negative und abwertende Konnotation hat der Begriff in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts angenommen, ursprünglich zunächst alle Slowen/inn/en in pejorativer Weise bezeichnend, später dann diejenigen Slowen/inn/en, die bereit waren, sich an die Deutschsprachigen zu assimilieren, sich germanisieren zu lassen. Mit der Zeit hat diese Gruppe der slowenischsprachigen Bevölkerung im 20. Jahrhundert diese Fremdbezeichnung / dieses Exonym als Selbstbzeichnung / Endonym übernommen.“

Weiterführend spricht Rudolf de Cillia (ebd., in Anlehnung an Priestly 1997126) von „[…] einem Instrument der deutschnationalen Assimilationspolitik […]“, als das der Begriff nach 1918 fungierte. Dies ging so weit, dass jene Kärntner Slowen_innen diesen Begriff selbst zu gebrauchen begannen, welche sich von der slowenischen Sprache und somit von jenen Gruppierungen unter der slowenischen Volksgruppe abgrenzen wollten, die sich mit den eigenen sprachlichen und kulturellen Wurzeln identifizierten und diese keinesfalls aufgeben wollten (ebd.).

In Anbetracht der Ausführungen oben wäre es interessant, die Großmutter dazu zu befragen, weshalb sie selbst von „Windisch“ und nicht von „Slowenisch“

spricht sowie zu ihren Gründen, ihre Erstsprache nicht an ihre Kinder weitergegeben zu haben.

Mit den Enkelkindern sprechen die Großeltern väterlicherseits – wie mit den eigenen Kindern auch – ausschließlich die deutsche Sprache (I4 2019: 103-107).

Die Mutter erzählt, sie habe das Gefühl, dass es dem Ehemann aufgrund dessen, dass er selbst – trotz des familiären mehrsprachigen Hintergrundes – nur

125 An dieser Stelle stützt sich De Cillia (ebd.) auf eine Publikation von Tom Priestly, welche er in

seinem Literaturverzeichnis wie folgt angibt: Priestly, Tom 1997: On the development of the Windischentheorie. o. O.: o. V..

Nähere Angaben zu dem Erscheinungsort und dem Verlag fehlen zu diesem Werk in dem Literaturverzeichnis von De Cillia.

126 Nähere bibliograhische Angaben hierzu befinden sich unter der Fußnote 125 der vorliegenden Arbeit.

113 einsprachig erzogen wurde, „noch wichtiger“ zu sein scheine, dass sie als Elternpaar die mehrsprachige Erziehung ihrer Töchter nun umso konsequenter umsetzen würden (I4 2019: 30-39). Auch diese Haltung wird in der vorliegenden Arbeit als ursächliche Bedingung für das Phänomen „Keine Erwartungen – außer Akzeptanz der mehrsprachigen Erziehung – vonseiten der Mutter an die Großeltern väterlicherseits“ betrachtet. Zudem wird die Sichtweise von Malina, dass die Großeltern nur einen „marginalen Einfluss“ auf die Erziehung und Mehrsprachigkeit ihrer Kinder einnehmen würden, im Fall des zweiten Kodierparadigmas als ursächliche Bedingung dafür gesehen, dass sie an die Großeltetern väterlicherseits keine Erwartungen – außer Akzeptanz der mehrsprachigen Erziehung – stellt.

Die Handlungsstrategien, welche die Großeltern und Eltern an den Tag legen, betreffen vorwiegend die Einnahme von Positionen der Großeltern gegenüber der

Die Handlungsstrategien, welche die Großeltern und Eltern an den Tag legen, betreffen vorwiegend die Einnahme von Positionen der Großeltern gegenüber der