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Archiv "Gesundheits- und sozialpolitische Vorstellungen der deutschen Ärzteschaft: Stationäre Versorgung" (07.05.1987)

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Strukturreform im Gesundheits- wesen? Die Gesundheits- und so- zialpolitischen Vorstellungen der deutschen Ärzteschaft ("Blaues Papier") enthalten Antworten, Anregungen und Vorschläge aus ärztlicher Sicht. Berücksichtigt werden alle wesentlichen Bereiche unseres Gesundheitswesens. Aus- züge des Ärzteprogramms sind seit seiner Verabschiedung durch den 89. Deutschen Ärztetag im Mai vergangeneo 1 ahres mehrfach an dieser Stelle dokumentiert wor- den. Nachstehend folgen einige Abschnitte aus dem wichtigen Ka- pitel "Stationäre Versorgung".

Stationäre Versorgung

Allgemeine Grundsätze

Neben der ambulanten Versor- gung der Patienten durch niederge- lassene Ärzte kommt der stationä- ren Versorgung in den Krankenhäu- sern einschließlich der Hochschulkli- niken besondere Bedeutung zu. Bei- de, Krankenhaus und freie Praxis, müssen im besonderen Maße zusam- menwirken, um dem Ziel, den kran- ken Menschen zu helfen, noch bes- ser als bisher näherzukommen.

Persönliches Vertrauen zwi- schen den Patienten und den sie be- handelnden Ärzten sowie den übri- gen Mitarbeitern ist eine wesentliche Grundlage der Heilung. Wie in allen Bereichen des Gesundheitswesens ist gerade in den Krankenhäusern und Hochschulkliniken - bei aller notwendigen und unvermeidlichen Technisierung von Diagnostik und Therapie - eine Atmosphäre der Menschlichkeit zu sichern.

Eine Voraussetzung hierfür ist, daß überall Organisationsstrukturen verwirklicht werden, die mehr denn je zuvor auf den einzelnen Kranken bezogen sind. Insbesondere ist

~ eine klare Verantwortung für die Betreuung jedes einzelnen

DEUTSCHES

ARZTEBLATT

Patienten durch einen sachkompe- tenten Arzt zu gewährleisten,

~ die gegenseitige Konsulta- tion und die interdisziplinäre Zu- sammenarbeit aller Mitarbeiter im Krankenhaus zu erleichtern und da- mit allen Tendenzen zur Desintegra- tion der Medizin entgegenzusteuern,

~ bei seiner Behandlung die Unabhängigkeit des Arztes in seiner beruflichen Entscheidungsfreiheit, auch gegenüber administrativen Eingriffen, seien sie direkt oder indi- rekt, zu sichern,

~ die Wahrung des Patienten- geheimnisses gegenüber nicht am Behandlungsprozeß Beteiligten, al- so die Schweigepflicht des Arztes, zu gewährleisten,

~ Weiterbildung und ständige Fortbildung der Ärzte und der ande- ren am Krankenhaus Tätigen zu er- möglichen.

Jeder Bürger hat Anspruch auf die der Art und Schwere seiner Er- krankung entsprechende Behand- lung, Pflege, Unterbringung und Verpflegung im Krankenhaus. Da- bei muß ihm, soweit möglich, die Wahl unter den nächsterreichbaren Krankenhäusern und auch unter den behandelnden Ärzten freistehen.

Allen Patienten im Kranken- haus muß das Recht erhalten blei- ben und, wo es nicht besteht, einge- räumt werden, im Rahmen der fach- lichen Spezialisierung mit einem

Fachgruppenarzt bzw. Belegarzt au- ßerhalb der Regelungen der Sozial- versicherung in privatrechtliche Be- ziehungen zu treten. Darüber hin- ausgehende Möglichkeiten einer in- dividuellen Lebensgestaltung, wie sie in allen Bereichen des gesell- schaftlichen Lebens bestehen, müs- sen auch im Krankheitsfall gegeben sein und bleiben.

Über die allgemeinen Kranken- hausleistungen hinausgehende Wahlleistungen (Einzelzimmer oder besser ausgestattete Krankenzim- mer, besondere Verpflegung, sonsti- ger Komfort) muß der Patient gegen Zahlung eines kostengerechten Zu- schlags in Anspruch nehmen kön- nen.

Wie in allen anderen Bereichen unseres Gesundheitswesens ist auch in Krankenhäusern und Hochschul- kliniken ein sparsamer Einsatz der finanziellen Mittel erforderlich. Je- doch müssen auch hier die Erforder- nisse der Krankenbehandlung Vor- rang vor ökonomischen Überlegun- gen haben. Der Patient hat An- spruch auf eine bedarfsgerechte, dem gesicherten Stand der medizini- schen Entwicklung und der techni- schen Möglichkeiten entsprechende Versorgung.

Nur durch ein enges, vertrau- ensvolles und geordnetes Zusam- menwirken zwischen den Ärzten in Krankenhäusern einschließlich der Hochschulkliniken und den Ärzten in freier Praxis, in Betrieben und Verwaltungen sowie im öffentlichen Gesundheitsdienst können die ge- meinsamen Aufgaben für die Ge- sundheit der Bürger wirkungsvoll er- füllt werden. Insbesondere muß die stationäre Behandlung in den Kran- kenhäusern und Hochschulkliniken und die ambulante Behandlung durch niedergelassene Ärzte lücken- los ineinandergreifen.

Die Einrichtungen unseres Ge- sundheitswesens für die stationäre Versorgung als Institution sollen keine Aufgaben übernehmen, die individueller und patientennäher von niedergelassenen Ärzten über- nommen werden können. C>

Dt. Ärztebl. 84, Heft lY, 7. Mai 19~7 (3Y) A-1281

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Medizinische und ökonomische Gründe gebieten ein nach der Lei- stungsfähigkeit gestuftes und flä- chendeckend gegliedertes System verschiedener Arten von Kranken- häusern mit differenzierter medizini- scher Aufgabenstellung und Lei- stungsfähigkeit sowie gesicherter Zusammenarbeit der Krankenhaus- ärzte und Krankenhausträger unter- einander.

Die Zusammenarbeit der Kran- kenhäuser soll sich nicht nur auf die Inanspruchnahme gemeinsamer Einrichtungen im Versorgungsbe- reich erstrecken, sondern - unbe- schadet der Aufgaben von Speziai- krankenhäusern - insbesondere zwi- schen Krankenhäusern gleicher Ver- sorgungsstufe Schwerpunktbildun- gen im ärztlich-medizinischen Be- reich ermöglichen. Das gilt beson- ders in Ballungsgebieten.

Das gegliederte System der Krankenhäuser und Hochschulklini- ken für die stationäre Versorgung der Patienten kann ergänzt und ent- lastet werden durch

~ Einrichtungen für die statio- näre Nachsorge, die aber in enger räumlicher Verbindung mit größe- ren Allgemeinkrankenhäusern ste- hen müssen und in die Patienten auf- grund schneller unbürokratischer Entscheidung zur weiteren Betreu- ung überwiesen werden können (Rehabilitationseinrichtungen),

~ Altenpflegeheime und Pfle- gestationen mit ständiger Betreuung durch niedergelassene oder Kran- kenhausärzte,

~ Praxiskliniken, die es insbe- sondere den in einer Gruppenpraxis zusammengeschlossenen Arzten durch Angliederung stationärer oder halbstationärer Behandlungsmög- lichkeiten gestatten, Patienten au- ßerhalb der Krankenhäuser zu ver- sorgen und hier Eingriffe vorzuneh- men, die keiner längeren stationären Behandlung und Krankenpflege be- dürfen,

~ Sozialstationen und Gemein- dekrankenstationen, die im Auftrag niedergelassener Ärzte die häusliche Pflege von Patienten übernehmen,

wenn diese nicht mehr der Behand- lung im Krankenhaus bedürfen.

Durch solche Ergänzungsein- richtungen kann der vollstationäre Versorgungsbereich nicht unerheb- lich entlastet und ein Beitrag zur Er- höhung der Effizienz der gesamten Gesundheitsversorgung geleistet werden.

Krankenhausplanung und Krankenhaus- finanzierung

Die bisherigen Ergebnisse der Krankenhausbedarfsplanung sind nicht befriedigend. Die hierfür in den Ländern entwickelten und auge- wandten Bedarfsdeterminanten sind uneinheitlich und halten zudem ei- ner kritischen Überprüfung nicht stand. Für zukünftige Krankenhaus- planungen müssen bessere und er- gänzende Kriterien erarbeitet wer- den, die insbesondere eine objekti- vierbare, den qualitativen und fach- lichen Gegebenheiten sowie der lo- kalen Situation entsprechende Beur- teilung ermöglichen.

Soweit irgend möglich, sind krankenhausspezifische Regelme- chanismen an die Stelle administrati- ver Planungsüberlegungen zu set- zen. Verantwortungsbewußte Pla- nung schließt die stärkere Berück- sichtigung der Belange von Patien- ten und von ärztlich-medizinischen Gesichtspunkten nicht aus.

Im stationären Sektor setzt eine gute Versorgung Strukturen voraus, die die Belange der Patienten, aber auch der im Krankenhaus Beschäf- tigten ausreichend wahren. Dazu ge- hört vor allem eine patientengerech- te und wohnortnahe Bettenplanung in einem pluralistischen Kranken- haussystem.

Dabei sind auch für den Kata- strophenfall ausreichend Kapazitä- ten vorzusehen.

Aufgrund von , ,analytischen Bedarfsformeln" wurde in Teilen des Bundesgebietes ein pauschaler Bettenüberhang ermittelt. Dies darf nicht zu einer schematischen, medi-

A-1282 (40) Dt. Ärztebl. 84, Heft 19, 7. Mai 1987

zinische Entwicklung nicht berück- sichtigenden Reduzierung von Kran- kenhaus betten führen. Einem Über- hang an Betten in einigen Fachge- bieten steht häufig ein zusätzlicher Bettenbedarf in anderen Fachgebie- ten gegenüber.

Ein Abbau von Krankenhaus- betten und die damit verbundene Konzentration des Bettenangebots führt im übrigen keineswegs überall zu den von den Planungsbehörden erwarteten ökonomischen Vortei- len. Wenn nicht die Patientenversor- gung verschlechtert werden soll, müssen nämlich mit der Intensivie- rung der Krankenhausbetreuung die Personal- und Sachkosten und damit auch die Pflegesätze zwangsläufig steigen --unbeschadet jedoch mög- licher effizienterer Kapazitätsstruk- turen. Vor allem aber hat die Still- legung insbesondere kleinerer, lei- stungsfähiger Krankenhäuser einen beklagenswerten Verlust an Bürger- nähe und oft auch die Gefährdung personaler Beziehungen zwischen den Kranken und ihrer Mitwelt zur Folge. Beim Abbau von Kranken- hausbetten muß eine Umwidmung in Pflegebetten und Betten zur Nachsorge und -behandlung chro- nisch Kranker bedacht werden.

Diesbezüglich besteht vielerorts noch Bedarf.

Ein dezentralisiertes Netz sta- tionärer Einrichtungen unter Ein- schluß von leistungsfähigen kleine- ren Krankenhäusern bietet auch in Not- und Katastrophenfällen die Möglichkeit ortsnaher Hilfe für Ver- letzte und Erkrankte. Außerdem be- stehen bei einer dezentralisierten Versorgung beim Ausfall einzelner Häuser bessere Erhaltungschancen für das Gesamtsystem und damit ins- gesamt für die Versorgung der Be- völkerung.

Soweit Krankenhäuser stillge- legt oder wesentlich verkleinert wer- den, sind den Trägern hierfür bei Bedarf finanzielle Übergangshilfen zu gewähren. Freigesetzten Mitar- beitern ist die notwendige Hilfe für die Beschaffung eines neuen Ar- beitsplatzes zu bieten. D

Referenzen

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