• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Gesundheits- und sozialpolitische Vorstellungen der deutschen Ärzteschaft: Alterssicherung" (26.11.1986)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Gesundheits- und sozialpolitische Vorstellungen der deutschen Ärzteschaft: Alterssicherung" (26.11.1986)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Die Dokumentation besonders wichtiger Abschnitte aus den vom 89. Deutschen Ärztetag 1986 beschlossenen "Gesund- heits- und sozialpolitischen Vor- stellungen" wird nachfolgend weitergeführt. Zusammengefaßt in einem Band, sind diese im Deutschen Ärzte-Verlag, Post- fach 40 02 65, 5000 Köln 40 (157 Seiten, 12,80 DM) erschienen.

Alterssicherung

Zur Menschenwürde gehört auch das Freisein von der Sorge um die materielle Sicherung der Existenz im Alter. Die "Aiterssicherung", nämlich die Vorsorge für Ersatz- einkünfte im Falle einer vorzeiti- gen Berufsunfähigkeit, zur Siche- rung der Hinterbliebenen und für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Erwerbsleben, wird in der Bundesrepublik Deutschland durch ein geglieder- tes Alterssicherungssystem ge- währleistet. Dieses besteht einmal aus den gesetzlichen Rentenversi- cherungen (Angestelltenrenten- versicheru ng, Arbeiterrentenversi- cherung - inkl. Handwerkerversi- cherung - und Knappschaft! iche Rentenversicherung). Selbständig stehen neben diesen die Beamten- versorgung, die Altershilfe für Landwirte und die berufsständi- schen Versorgungswerke für die verkammarten Freien Berufe. Zu- sätzliche Alterssicherung erfolgt über die betriebliche Altersversor- gung (im privaten und öffentlichen sowie kirchlichen Dienst) und die private Lebensversicherung.

Die Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherung ist zumindest seit der Mitte der Siebziger Jahre angespannt. Dies ist mit dem Nachlassen der wirtschaftlichen Dynamik seit dieser Zeit zu erklä- ren, aber auch mit den durch die Rentenreform 1972 eingeführten flexiblen Altersgrenzen, die zu großen Belastungen der Renten- versicherung geführt haben, weil keine versicherungsmathemati- schen Abschläge von der Rente,

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Gesundheitsd·

sozialpolitische un Vorstellungen der deutschen lrzteschaft

sei es wegen der längeren Bezugs- dauer oder der verkürzten Bei- tragszahlung, vorgesehen werden. Vor allem aber werden die sich in Zukunft ergebenden Veränderun- gen im Altersaufbau unserer Be- völkerung die im Umlageverfahren finanzierte Rentenversicherung vor schwierige Probleme stellen. Wissenschaft, Sachverständige und Politik sind sich in der Bewer- tung einig, daß der gesetzlichen Rentenversicherung, vor allem aus demographischen Gründen, spätestens Mitte der Neunziger Jahre eine Finanzkrise droht:

~ Die Zahl der Rentner wird an- steigen, die der Erwerbstätigen dramatisch abnehmen.

~ Die stark verkürzte Wochen- und Lebensarbeitszeit vermindert Höhe und Dauer der Beitragslei- stung und erhöht damit die Sela-

stung der Rentenversicherung weiter.

~ Der Invaliditätsbegriff ist durch die Rechtsprechung des Bundes- sozialgerichtes erheblich ausge- weitet worden; fast 50 Prozent der Arbeitnehmer gehen heute vor dem sechzigsten Lebensjahr "in Rente", nur etwa 10 Prozent eines Jahrgangs erreichen das normale Renteneingangsalter von 65 Jah- ren, fast 40 Prozent der Rentenzu- gänge eines Jahrganges gehen in die Berufs- und Erwerbsunfähig- keitsrente.

~ Die überwiegend strukturell, teilweise konjunkturell bedingte Arbeitslosigkeit belastet die Ren- tenversicherungsträger wegen langfristiger Beitragsausfälle er- heblich.

~ Die 1972 im Deutschen Bun- destag beschlossene Rentenre- form hat dazu geführt, daß die auf- gebauten Rücklagen der Renten- versicherung verbraucht sind und in näherer Zukunft fehlen.

Für die gesetzlichen Rentenversi- cherungen ist daher eine Struktur- reform zur Bewältigung der aufge- zeigten Problematik unerläßlich.

An folgenden Schwerpunkten müssen Reformen ansetzen:

~ Übergang von der Brutto- zur Nettoanpassung der Renten.

~ Schrittweise Erhöhung und Stabilisierung des Zuschusses des Bundes zur Rentenversicherung.

~ Modifizierung der Vorausset- zungen zur Einweisung in die Be- rufs- und Erwerbsunfähigkeits- Frührente der gesetzlichen Ren- tenversicherung.

Für die prinzipiell im Umlagever- fahren finanzierte Zusatzversor- gung im öffentlichen Dienst und die öffentlich finanzierte Beamten- versorgung dürften sich ähnliche Probleme wie .für die gesetzlichen Rentenversicherungen aufwerfen. Diese Alterssicherungssysteme werden durch Steuern finanziert.

Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 48 vom 26. November 1986 (33) 3355

(2)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Bei einem Einbruch in der Wirt- schafts- und damit Steuerentwick- lung, müßte der Bürger neben ei- ner gesteigerten Steuerbelastung die gesamte Versorgung der öf- fentlich Bediensteten mittragen.

Kapitalgedeckte und ohne Staats- zuschuB finanzierte Alterssiche- rungssysteme, wie die betriebliche Altersversorgung der Privatwirt- schaft, die Lebensversicherung

und die berufsständischen Versor- gungswerke der verkammerten Freien Berufe, sind- schon durch die andere Art ihrer Finanzierung - nicht vor gleiche Probleme ge- stellt. Angesichts des sich verstär- kenden Zugangs zu den Heil- und rechtsberatenden Berufen wird die Relation Erwerbstätige zu Rentnern von derjenigen in der gesetzlichen Rentenversicherung positiv abweichen. Fallende Ein-

Leistungsausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung für Allgemeinversicherte

in% vom Grundlohn

Heil- und Hilfsmittel

Zahnersatz Zahnärzte

Ärzte

1970 1985

Der Anteil des" Leistungsblocks Ärzte" ist seit 1970 nahezu unverändert. Auffallend sind die Verschiebungen zugunsten von zwei Positionen: der Anteil der Ausgaben für das Krankenhaus und vor allem der Solidarbeitrag, den die aktive Generation der Beitragszahler für die Krankenversicherung der Rentner erbringt, nahmen er- heblich zu (Quellen: amtliche Statistik; Statistik der Krankenkassen; KBV, 1986)

3356 (34) Heft 48 vom 26. November 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

künfte beeinträchtigen zwar die Anwartschafts- bzw. Rentenposi- tion in einem berufsständischen Versorgungswerk, gefährden je- doch nicht deren Bestand. Diebe- rufsständischen Versorgungswer- ke würden jedoch in ihrem Be- stand gefährdet, wenn der Gesetz- geber in der für die Rentenversi- cherung notwendigen Strukturre- form das im Angestelltenversiche- rungsgesetz (AVG) verankerte Be- freiungsrecht für angestellte Ärzte oder Angehörige anderer Freier Berufe beseitigen würde.

Für die Strukturreform der Ren- tenversicherung kann die im Rah- men der Neuordnung der Hinter- bliebenenversorgung eingeführte Anrechnung von Erwerbs- und Er- werbsersatzeinkünften auf die Hinterbliebenenrente kein Vorbild sein. Das System der Einkommen- sanrechnung höhlt den Grundsatz der Beitragsbezogenheit der Ren- te aus und stößt damit auf verfas- sungsrechtliche Bedenken. Eine Stabilisierung der Finanzen der gesetzlichen Rentenversiche- rung ist sicher nur schwer zu errei- chen. Eine Aufgabe des geglieder- ten Systems würde jedoch die Pro- blematik nur verschärfen.

Die berufsständischen Versor- gungswerke der Ärzte und der an- deren verkammarten Freien Beru- fe werden die sich aus der sich ab- zeichnenden demographischen Entwicklung ergebenden Proble- me aus eigener Kraft und ohne Staatszuschuß lösen. Der Staat sollte deshalb:

~ jeden Eingriff in das bewährte Alterssicherungssystem unterlas- sen.

~ von Maßnahmen und Eingrif- fen absehen, die die Eigenständig- keit und gesunde Entwicklung der berufsständischen Versorgungs- werke der verkammarten Freien Berufe beeinträchtigen könnten.

~ seine ganze Kraft auf die Stabi- lisierung der gesetzlichen Renten- versicherung richten. D

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

„Die deutschen Ärzte ehren in Helmut Ehrhardt einen Arzt, der sich durch seine Arbeiten im Bereich der forensischen und Sozialpsychiatrie, aber auch durch seinen Einsatz in der

Aus dem Vorrang der gesundheit- lichen Verantwortung des einzel- nen vor der Verantwortlichkeit der Gesellschaft und des Staates er- gibt sich eine abgestufte

die ethische , in der Deklaration des Weltärztebundes von Oslo be- kräftigte Verpflichtung des Arztes, auch das ungeborene Leben im Mutterleib zu schützen und nur dann

ln einem Gesundheitssystem, in dem jeder Arzt sich in freier Praxis niederlassen kann, muß durch die Rechtsordnung gewährleistet sein, daß der niederlassungswilli- ge

Es muß grundsätzlich bezweifelt werden, ob durch eine Versiche- rung des Pflegefallrisikos eine wirkliche Besserung der Situation der Pflegebedürftigen erreicht werden kann, oder

Der sich aus der Krankenversor- gung ergebenden Sonderstellung der medizinischen Fakultäten (me- dizinische Fachbereiche) ist Rech- nung zu tragen. Vergütungen und Honorare a)

— die Zusammenarbeit mit dem Arzt dadurch gewährleistet sein muß, daß vor Durchführung einer Psychotherapie eine fachkundige ärztliche Untersuchung stattfin- det, um

Eine vollständige Wiedereinglie- derung in das Berufsleben ist oft erst nach einer sehr langen Ar- beitspause wieder möglich, wäh- rend der Rekonvaleszent sich zwar zunehmend