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Archiv "Gesundheits· und sozialpolitische Vorstellungen der deutschen Ärzteschaft: Leitsätze zur Gesundheitspolitik und zur Sozialpolitik" (17.09.1986)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Die "Gesundheits- und sozialpolitischen Vor- stellungen der deutschen Ärzteschaft" lie- gen jetzt als Buchveröffentlichung vor. Das Ärzte-Programm - nach der Farbe des Ein- bandes kurz "Blaues Papier" genannt- trifft auf einen an Programmen gut bestückten Markt: kommen doch

, mit Blick auf die Bun-

destagswahl, Parteien und viele gesellschaft-

liehe Gruppen ebenfalls mit ihren "Vorstel- lungen

"

heraus - eine Aufforderung zum Vergleich der politischen Forderungen

.

Das

"Blaue Papier

"

1986 (frühere Fassungen stammen aus den Jahren 1974 und 1980) ist im Mai vom 89

.

Deutschen Ärztetag in Han- nover mit sehr großer Mehrheit verabschie- det worden. Nachfolgend zwei Abschnitte.

Leitsätze zur

Gesundheitspolitik und zur

Sozialpolitik

Im freiheitlichen und sozialen Rechtsstaat wird die in den politi- schen Gesamtzusammenhang ein- gefügte Gesundheitspolitik ..". bestimmt durch den Wert der Gesundheit als eines wesentlichen Elementes der persönlichen Exi- stenz des Menschen

..". begrenzt durch den Vorrang des Grundrechtes des Menschen auf Schutz der freien Entfaltung seiner Persönlichkeit.

Im freiheitlichen und sozialen Rechtsstaat muß die Sozialpolitik ..". die für die Entfaltung der indi- viduellen Freiheit notwendige so- ziale Sicherheit schaffen

..". den Ausgleich der unterschied- lichen individuellen Chancen und

Risiken in der Gesellschaft ermög-

lichen.

Wie alle politischen Aufgaben lie- gen die gesundheitspolitischen und sozialpolitischen Aufgaben im Spannungsfeld zwischen Indivi- duum und Gesellschaft. Die Auf- gaben des Staates müssen mit der persönlichen Verantwortung des einzelnen abgestimmt sein. Das rechtsstaatliche Bekenntnis zum Vorrang der Freiheit der Per- son bedeutet, daß jeder Mensch für die Gestaltung seines eigenen Lebens zunächst selbst verant- wortlich ist. Gesundheitspolitik

Gesundheitsd·

sozialpolitische un Vorstellungen der deutschen lrzteschaft

und Sozialpolitik dürfen die per- sönliche Verantwortlichkeit und Verantwortungsbereitschaft für die eigene Lebensführung nicht schwächen, abbauen oder zerstö- ren. Gesundheitspolitik und So- zialpolitik müssen die persönliche Verantwortlichkeit vielmehr för- dern und ihr zur Entfaltung verhel-

fen. Die gesundheitspolitische Ak-

tivität des Staates muß sich darauf richten, hierfür die Möglichkeiten zu schaffen, indem sie den Men- schen vor nachteiliger Beeinflus- sung von außen bewahrt und ihm

die Chance zu individueller Entfal- tung gibt.

Aus dem Vorrang der gesundheit- lichen Verantwortung des einzel- nen vor der Verantwortlichkeit der Gesellschaft und des Staates er- gibt sich eine abgestufte Verant- wortung nach dem Subsidiaritäts- prinzip. Nicht jede Aufgabe, die das Vermögen des einzelnen über- steigt, ist sogleich eine Aufgabe des Staates. Zahlreiche Gemein- schaften und gesellschaftliche Gruppen -von der Familie bis zu kirchlichen Organisationen und Versichertengemeinschaften müssen hier je nach ihren ver- schiedenen Aufgaben und Mög- lichkeiten wesentliche gesund- heitspolitische Verantwortungsbe- reiche übernehmen.

Die abgestuften Verantwortungs- bereiche betreffen

..". die persönliche Verantwor- tung,

..". die soziale, d. h. mitmensch- liche oder Gruppenverantwor- tung,

..". die staatspolitische Verantwor- tung.

Ziel der auf die Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit ge- richteten Gesundheitspolitik und Sozialpolitik muß es sein, den bestmöglichen Effekt durch ratio- nellen Einsatz der Mittel zu errei- chen. Zwangsmaßnahmen sind nur dann gerechtfertigt, wenn sie zum Schutz der Allgemeinheit un- erläßlich sind.

Wirksame Mittel der Gesundheits- politik und Sozialpolitik sind: C>

Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 38 vom 17. September 1986 (19) 2507

(2)

..,. Einflußnahme auf Handeln und Verhalten der Bürger durch Bil- dung und Aufklärung sowie durch die Gesetzgebung

..,. Verwaltung (Organisation) der territorial organisierten Rechtsge- meinschaften und partieller So- zialgebilde

..,. öffentliche Investitionen und Subventionen.

ln einer freiheitlichen Gesell- schaftsordnung läßt sich Gesund- heitspolitik nur in verantwortlicher Zusammenarbeit zwischen dem Staat und seinen Bürgern und der sachverständigen Ärzteschaft ver- wirklichen.

Die in der Präambel zur Satzung der Weltgesundheitsorganisation gegebene Definition des Begriffes

"Gesundheit" als "der Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefin-

dens" kann in dieser universalen

und totalen Form nicht Grundlage einer Ortsbestimmung der Ge- sundheitspolitik sein. Dieser Ge- sundheitsbegriff ist irreal. Ge-

DEUTSCHES 1tRZTEBLATT

sundheit ist die aus der persona- len Einheit von subjektivem Wohl- befinden und objektiver Belast- barkeit erwachsende körperliche und seelische, individuelle und so- ziale Leistungsfähigkeit der Men- schen.

Es gibt ein weites Feld fließender Übergänge zwischen Gesundheit und Krankheit. Sozialpolitik und Gesundheitspolitik müssen dem gerecht werden.

Gesundheitspolitik und Sozialpoli- tik sind gleichrangige Elemente der allgemeinen Politik. Nur die ei- genständige Handhabung von Ge- sundheitspolitik und Sozialpolitik sichert die sachgerechte Beach- tung ihrer unterschiedlichen Krite- rien.

Die Eigenständigkeit der Gesund- heitspolitik ergibt sich aus ihrer Aufgabe,

..,. die bestmöglichen Vorausset- zungen für Schutz, Förderung, Er- haltung und Wiederherstellung der Gesundheit jedes einzelnen Menschen zu schaffen

Unveräußerliche Rechte der Bürger bei der Inanspruchnahme des Arztes

1. Unverzügliche Inanspruchnahme

2. ohne Rücksicht auf die wirtschaftliche Situation 3. ohne Beeinträchtigung der sozialen Position

4. bei freier Arztwahl

5. Versorgung nach den Regeln ärztlicher Kunst 6. Aufklärung über Diagnose und Prognose 7. Verschwiegenheit des Arztes gegen Dritte

Rechte und Pflichten des Patienten und des Arztes sollen in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen (aus dem "Blauen Papier" von 1980)

2508 (20) Heft 38 vom 17. September 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

..,. in Abstimmung mit der Bil- dungs-, der Wirtschafts-, Finanz- und der Rechtspolitik sowie mit der eigenständigen Sozialpolitik eine optimale Berücksichtigung des Gesundheitswesens inner- halb der Einheit der gesamtpoliti- schen Zusammenhänge zu ermög- lichen.

Die Eigenständigkeit der Sozialpo- litik

..,. bildet die Grundlage für soziale Gerechtigkeit und sozialen Aus- gleich

..,. anerkennt den Iichen Pluralismus.

gesellschaft- 0

Schutz des

ungeborenen Lebens

Der Schutz des Lebens ist ober- stes Gebot ärztlichen Handelns.

Dies gilt auch für das ungeborene menschliche Leben. Daraus resul- tiert

..,. die strenge Bindung der extra- korporalen Zeugung mensch- licher Embryonen zum Zwecke der Behandlung von Fertilitätsstörun- gen an berufsrechtlich verankerte ethische Grundsätze, die den Schutz der Embryonen gewährlei- sten;

..,. die ethische, in der Deklaration des Weltärztebundes von Oslo be- kräftigte Verpflichtung des Arztes, auch das ungeborene Leben im Mutterleib zu schützen und nur dann eine Schwangerschaft abzu- brechen und damit eine Tötung dieses ungeborenen mensch- lichen Lebens zuzulassen, wenn dies als therapeutische Maßnah- me erforderlich ist, um das Leben der Mutter zu erhalten oder von ihr schweren Gesundheitsschaden abzuwenden.

Die Ärzteschaft beobachtet mit Sorge die nach wie vor hohe Zahl von Schwangerschaftsabbrüchen.

Ziel aller gemeinsamen Anstren- gungen muß es daher sein, unge-

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