50 I VERBANDSMITTEILUNGEN / ANNOUNCEMENTS
© Anästh Intensivmed 2006;47:50-51 DIOmed-Verlags GmbH
BDAktuell / DGAInfo
Präambel
Die ambulante Durchführung von operativen Eingriffen, auch vor dem Hintergrund der im Sozialgesetzbuch V geforderten Maßnahmen zur internen und externen Qualitätssicherung setzt die Einhaltung von Qualitätsstandards voraus. An praxis- und kli- nik-ambulant durchgeführte Anästhesieverfahren müssen die glei- chen Qualitätsmaßstäbe angelegt werden wie an stationäre; sie haben sich nach den medizinischen Erfordernissen und dem aktuellen Leistungsstandard des Fachgebietes zu richten.
Bei der Planung und Durchführung ambulanter Anästhesien ist zu berücksichtigen, dass der Anästhesist die Verantwortung sowohl für das Betäubungsverfahren als auch für die Überwachung und Aufrechterhaltung der vitalen Funktionen während des Eingriffs und postoperativ bis zur Aufhebung der Wirkung des Anästhesieverfahrens trägt. Dies beinhaltet auch die Bewältigung von Komplikationen und die Zwischenfalltherapie während und nach der Anästhesie. Die für den Arzt für Anästhesiologie gelten- den Qualitätsmaßstäbe sind auch für jeden anderen Arzt, der Anästhesieverfahren durchführt, verbindlich.
Die gleichzeitige Durchführung des operativen Eingriffs und der dazugehörigen Narkose durch den Operateur ist mit den anästhe- siologischen Qualitätsstandards unvereinbar, da die erforderliche kontinuierliche und qualifizierte Überwachung des Anästhesieverfahrens und der Vitalfunktionen nicht gewährleistet ist. Das gleich gilt für Eingriffe in Regionalanästhesie, wenn der Eingriff und/oder das Anästhesieverfahren erfahrungsgemäß mit einer Beeinträchtigung der vitalen Funktionen verbunden sein kann.
Neben den im folgenden aufgeführten Hinweisen zur Prozess- und Strukturqualität sind die rechtlichen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen, z.B. Infektionsschutzgesetz, Transfusionsgesetz, Medizinproduktegesetz, Medizinproduktebetreiberverordnung und die Vereinbarungen von Qualitätssicherungsmaßnahmen im Rahmen der Verträge zum § 115 b des Sozialgesetzbuches V sowie die Berufsgenossenschaftliche Vorschriften für Sicherheit und Gesundheit und die jeweiligen Landesgesetze über den Öffentlichen Gesundheitsdienst.
A. Patientenauswahl und -erfassung
1. Soziale Aspekte
Der Patient oder sein gesetzlicher Vertreter muss fähig sein, Wesen, Bedeutung und Tragweite des geplanten operativen Eingriffs, des Anästhesieverfahrens und der Nachsorge zu erken- nen.
Der Patient muss
– telefonisch erreichbar sowie in der Lage sein,
– seinen Heimtransport durch eine verantwortliche Person sowie – eine sachgerechte Versorgung in seinem Haushalt zu organi- sieren, ggfs. durch eine geeignete Person in den ersten 24 postoperativen Stunden.
Die Person, die die Versorgung des Patienten gewährleistet, muss in der Lage sein, die ärztlichen bzw. organisatorischen Instruktio- nen zu verstehen sowie physisch und mental fähig sein, notwen- dige Entscheidungen zum Wohle des Patienten zu treffen.
Der Operateur prüft und dokumentiert die entsprechende Sozial- anamnese und informiert den Anästhesisten.
2. Medizinische Aspekte Es muss sich um einen
– körperlich und psychisch stabilen Patienten handeln,
– bei dem morbiditäts-/diagnosebedingte Tatbestände, die gegen die ambulante Durchführung sprechen (entsprechend Anlage 2 zum Vertrag nach § 115 b Abs. 3 SGB V), fehlen, z.B.
– klinisch relevante Begleiterkrankungen, – besondere postoperative Risiken, – Schwere der Erkrankung, – erhöhter Behandlungsaufwand.
3. Patientenerfassung
Erforderlich und zu dokumentieren sind – eine rechtzeitige Anamneseerhebung, – eine körperliche Untersuchung,
– die Erfassung und Auswertung von Vorbefunden, – ggfs. die Veranlassung weiterer Untersuchungen,
– die Prüfung und ggfs. Fortsetzung der präoperativen Präambel
Die Präsidien des Berufsverbandes Deutscher Anästhesisten (BDA), der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) und des Berufsverbandes der Deutschen Chirurgen (BDC) haben vereinbart, dass nachfolgende Ent- schließung des BDA und der DGAI zur Qualitätssicherung ambu-
lanter Anästhesien nur in Verbindung mit dem Kommentar zur Entschließung von W. Weißauer als gemeinsame Vereinbarung von BDC, BDA und DGAI Gültigkeit hat.
Prof. Dr. M.-J. Polonius Prof. Dr. B. Landauer Prof. Dr. J. Radke Präsident des BDC Präsident des BDA Präsident DGAI
Vereinbarung zur Qualitätssicherung ambulante Anästhesie des Berufsverbandes Deutscher Anästhesisten, der Deutschen
Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin und des Berufsverbandes der Deutschen Chirurgen
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Medikation nach Absprache zwischen Operateur und Anästhesist,
– die Einwilligung des Patienten bzw. des gesetzlichen Vertreters nach rechtzeitiger und ausreichender Aufklärung unter Beachtung der Grundsätze der Rechtsprechung, z.B. im Rahmen einer Anästhesiesprechstunde vor dem Tag des Eingriffs,
– der Hinweis auf Einhaltung und Bedeutung der Nahrungs- karenz in mündlicher und schriftlicher Form,
– der schriftliche Verhaltens- und Warnhinweis zu den Besonderheiten des postoperativen Verlaufes, zu Art und Zeitpunkt möglicher Medikation einschl. des notwendigen Hinweises zu Straßen- und Verkehrsfähigkeit. Diese Hinweise sind dem Patienten/der Betreuungsperson in nachweisbarer Form auszuhändigen, nach Möglichkeit bereits im Rahmen der präoperativen Anästhesiesprechstunde.
Bei klinik-ambulanten Eingriffen ist der Anästhesist rechtzeitig über den ambulanten Status des Patienten zu unterrichten.
B. Struktur- und Prozessqualität
1. Räumliche Anforderungen Vorhanden sein müssen
– geeignete Räume und Einrichtungen für ambulante Eingriffe entsprechend den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) zur Arbeits- platzausstattung und den Richtlinien der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung ambulanter Operationen.
2. Persönliche Qualifikation
Das Anästhesieverfahren hat dem Facharztstandard zu entspre- chen; dies gilt auch für die postoperative Betreuung. Es ist speziell eingearbeitetes Assistenzpersonal mit ausreichender Qualifikation in ausreichender Zahl erforderlich. Die Qualifikation hat dem Risikospektrum der Patienten und der Art der durchgeführten Eingriffe Rechnung zu tragen.
3. Sicherstellung der Notfallversorgung Die Sicherstellung der Notfallversorgung erfordert
– einen Organisationsplan für Notfälle/Anästhesiezwischenfälle, – eine regelmäßige hausinterne Fortbildung im Notfall-
management,
– eine apparative und medikamentöse Ausstattung zur Notfallversorgung und Behandlung eventueller Zwischenfälle, – die Erreichbarkeit eines der beteiligten Ärzte, der Zugriff auf die
Patientendokumentation nehmen kann (Name und Angabe der Telefonnummer) über 24 Stunden,
– die Kooperation mit einem aufnahmebereiten Krankenhaus.
4. Postoperative Überwachung Die postoperative Überwachung erfordert
– geeignete Räumlichkeiten, in denen der Patient postoperativ unter Aufsicht von speziell eingearbeitetem Assistenzpersonal überwacht wird, bis er wieder im Vollbesitz seiner Schutzreflexe und kooperativ, zeitlich und örtlich orientiert ist und von Seiten
der Vigilanz, der Atmung und des Kreislaufs keine Komplika- tionen zu erwarten sind,
– eine adäquate apparative und medikamentöse Ausstattung mit einem den behandelten Patienten entsprechenden Monitoring, – die unmittelbare Verfügbarkeit eines Arztes während der post-
operativen Überwachung.
C. Entlassung des Patienten
Die Entlassung des Patienten erfolgt nach einer zu dokumentie- renden Abschlussvisite; folgende Kriterien müssen mindestens erfüllt sein:
– Patient ist im Vollbesitz seiner Schutzreflexe, – stabile Kreislaufverhältnisse,
– keine respiratorischen Einschränkungen, – Orientierung nach Zeit und Ort,
– kein akutes postanästhesiologisches Erbrechen, – Nahrungsaufnahme möglich,
– Sicherstellung einer adäquaten postoperativen Schmerztherapie.
Bei Regionalanästhesien ist zusätzlich zu prüfen und zu doku- mentieren,
– dass die Blockade von Sensorik und Motorik rückläufig ist, – bei rückenmarksnahen Verfahren ist zusätzlich die Blasen-
funktion zu berücksichtigen.
D. Interdisziplinäre Kooperation
Für die Zusammenarbeit zwischen Anästhesist und Operateur gel- ten, soweit vor Ort nichts Abweichendes vereinbart ist, die zwi- schen den beteiligten Berufsverbänden und Fachgesellschaften getroffenen Vereinbarungen über die Aufgaben- und Verant- wortungsteilung. Aus der Sicht seines Fachgebietes hat auch der Anästhesist eigenständig zu prüfen, ob Art und Schwere des beabsichtigten Eingriffs unter Berücksichtigung des gesundheit- lichen Zustandes des Patienten und der vorhandenen räumlich- apparativen wie personellen Infrastruktur unter Prüfung des häus- lichen Umfeldes des Patienten eine ambulante Durchführung des Eingriffes erlauben.
E. Dokumentation
Die fachspezifische Dokumentation umfasst die Aufzeichnung insbesondere
– der Ergebnisse der anästhesiologischen Voruntersuchung, – der erfassten Vitalparameter,
– der für die Patientenversorgung relevanten intra- bzw. post- operativen Anästhesieverlaufsbeobachtungen unter Einschluss der verabreichten Medikamente und sonstiger Maßnahmen in Zuordnung zum Zeitablauf.
Die Abschlussvisite zur Entlassung des Patienten ist zu dokumen- tieren.
Soweit erforderlich, sind notwendige Informationen für den nach- behandelnden Arzt zu dokumentieren und dem Patienten bzw. sei- nem gesetzlichen Vertreter bei der Entlassung auszuhändigen.